Hallo,
ich bin gerade ziemlich verzweifelt und hoffe das ich den Text einigermaßen verständlich zustande bringe.
Also mein Sohn ist knapp 14 Jahre alt und leidet unter Ängsten und Panikattacken.
Er schafft es nur noch selten die Schule zu besuchen,
sobald es dunkel wird, können wir ihn nicht mehr alleine lassen und schlafen tut er bei uns im Schlafzimmer.
Das nächste Problem ist , das ihn schon kleinste Anforderungen überfordern, er sich kaum auf etwas konzentrieren bzw, etwas merken kann.
Er bekommt mittlerweile seit 3 Wochen ein Antidepressiva und wir warten das er endlich einen Platz für ein Therapieprogramm bekommt.
Ich weiß langsam echt nicht mehr weiter. Meine Kraft wird mit jedem Tag wo er nicht zur Schule geht und jede Nacht in der ich nicht schlafe, da er ständig entweder im Schlaf spricht oder mit den Zähnen knirscht, weniger.
Die Therapeutin sagt das sie im Moment nicht mehr machen kann ( wir sind in einer Kinder-und Jugendpsychiatrie )und ich habe auch das Gefühl das sie das ganze nicht wirklich allzu ernst nimmt,
klar sie erlebt ihn ja auch nicht wenn er eine Panikattacke hat, sich übergibt, zittert, kaum Luft bekommt usw…
Er weiß das das nicht tödlich ist, aber er schafft es nicht die körperlichen Symptome in den Griff zu bekommen.
Vielleicht hat jemand von Euch ähnliche Probleme oder einen Rat. Wäre auch sehr froh über Erfahrungsaustausch.
Danke schon mal fürs Lesen
Hallo,
an der Situation kannst du im Augenblick nicht viel machen. Die wichtigsten Schritte hast du in die Wege geleitet. Wenn es gar nicht mehr geht, kannst du auf eine stationäre Aufnahme drängen. In akuten Krisen ist eine solche oft eher das Mittel der Wahl als eine ambulante Therapie.
Was dir und damit auch deinem Sohn helfen könnte ist, soviel Druck wie möglich rauszunehmen. Da wäre allem voran mal die Schule. Auch wenn es dir schwer fallen mag: Vergiss sie für eine Weile. Jeder Schulbesuch ist derzeit nur eine kosmetische Aktion, denn an Unterrichtsinhalten wird dein Sohn ohnehin nicht viel mitbekommen. Möglicherweise ist die Schule (oder Menschen dort) sogar ursächlich, was das Problem noch verschärfen würde.
Deshalb: Mach’ hier erst mal einen Schnitt. Lass deinen Sohn krankschreiben und - wichtig! - sprich mit dem Schulleiter persönlich. Du musst nicht ins Detail gehen, aber die Information, dass dein Sohn aufgrund von Angstzuständen in kinderpsychiatrischer Behandlung ist, wird für ausreichend Klarheit sorgen, um dort nicht in die „Schulschwänzer“-Schublade gesteckt zu werden. Das ist wichtig für die weitere Schulkarriere.
Wenn er das Schuljahr wiederholen muss, ist es eben so. Davon geht die Welt nicht unter, und wenn seine Angst für ihn beherrschbar geworden ist, wird er sich auch leichter auf andere Dinge konzentrieren können. Solange ihr im Hinterkopf habt, dass die Sache mit der Schule funktionieren muss, wird das den Stress nur erhöhen.
Möglicherweise stellt sich bereits dadurch eine Besserung ein.
In den Panikattacken könnt ihr es mit Bewegung versuchen: Auf der Stelle rennen, so schnell es geht oder Kniebeugen/ Liegestützen machen. Damit schafft ihr dem Körper eine Möglichkeit, das Adrenalin schnell wieder loszuwerden. Wenn die Psyche sagt „Renn oder kämpf um dein Leben!“ ist es oft eine gute Idee, den Bewegungsimpuls zu nutzen. Die Attacke ebbt dadurch in der Regel schneller wieder ab.
Was die Nächte betrifft, würde ich empfehlen, euch im Schlafzimmer abzuwechseln: Eine Nacht schläfst du mit deinem Sohn dort, in der nächsten sein Vater. Wenn dein Mann früh raus muss, könnt ihr auch einen zwei Tage du-einen Tag er- Rhythmus draus machen, aber es ist wichtig, dass ihr beide einigermaßen bei Kräften bleibt.
Schöne Grüße,
Jule
Hallo !
Jule hat alles gesagt was ich euch auch raten würde.
Der Druck muss raus, ihr braucht Zeit, Kraft und Vertrauen. Nicht nur euer Sohn, sondern auch ihr, denn er benötigt euren Halt.
Wichtig erscheint mir nur noch ergänzend, Folgendes :
Du schreibst, die Therapeutin nähme vielleicht das Problem nicht ernst genug.
Tut sie das wirklich nicht im Sinne von sie unternimmt gar nichts und spielt die Sache herunter oder glaubt euch nicht könntet ihr wechseln.
Ist das so ?
Manchmal hilft es, die eigenen Zweifel und Sorgen einfach anzusprechen.
Fragt sie. Bittet sie um Erklärung. An ihrer Reaktion könnt ihr bestimmt ablesen ob sie euch wirklich nicht ernst nimmt oder ob ihr „nur“ so verzweifelt seid dass es euch schwer fällt, das alles auszuhalten.
Vielleicht ist sie auch einfach bemüht, unnötigen Druck und zusätzliche Panik im Sinne von „oh Gottogott, gaaanz dringend und furchtbar“ zu vermeiden und hat außerdem Recht : Was soll denn grad getan werden ?
Sie MUSS gelassen wirken. Sie kann´s nicht JETZT ändern. Es nützt euch kein Therapeut, der eure Panik teilt.
Alles ist in die Wege geleitet und wird Zeit brauchen. Viel Zeit.
Ihr müsst damit umgehen. Und damit auch eurem Sohn das Zeichen setzten: Wir schaffen das. Wir können damit umgehen. Wir werden Hilfe bekommen aber wir helfen uns auch selbst und kriegen das auch hin, du/wir sind nicht ausgeliefert. Du kannst auf uns zählen und du/ich/wir haben die Kraft.
Das kann ihm Sicherheit vermitteln.
Das zerrt an den Kräften, sogar ohne Schlafmangel.
Es ist ohne Frage sehr schwer für Eltern, mit so einer Situation umzugehen und sie auszuhalten. Belastend, beängstigend und auch schlicht anstrengend.
Deshalb:
Habt ihr daran gedacht, euch selbst auch Hilfe zu suchen ? Das könnte wichtig sein. Es gibt Selbsthilfegruppen von Angehörigen, aber auch Beratungsangebote für Eltern. Vielleicht wäre es hilfreich, in dieser Hinsicht etwas zu suchen (fragt doch mal in der Klinik) und damit etwas für die eigene Kraft und das Durchhaltevermögen der Familie zu tun.
Und letztlich ganz wichtig ist : Euer Sohn muss seiner Therapeutin/seinen Therapeuten vertrauen können damit ihm geholfen werden kann. Das kann er nicht, wenn ihr zweifelt und kritisiert.
Ich wünsche euch alles Gute !
PS :
Wenn´s irgend geht : Schau mal, dass du/dein Mann/ ihr zusammen oder/und einzeln auch mal ganz und gar rauskommt. Was ganz anderes tun, den Kopf befreien. Kino, Chor, joggen… was auch immer.
Und: auch dein Sohn sollte nicht aufhören zu leben - Freunde treffen, Sport (! gaaanz wichtig : Stressabbau) raus aus der Butze - das sollte es auch noch geben.
Nicht den Focus völlig auf die Krise setzen ! Auch anderes in die Waagschale schmeißen.
Alles Gute !