Liebe Experten,
ich bin mir etwas unschlüssig, was ich davon halten soll, dass mein Sohn ( 18Jahre) sehr brutale Computer und Playstation Spiele. EIgentlich ist er ein sehr lieber Junge, der niemandem etwas antun würde.Dass er aber solche Spiele spielt, verunsichert uns als Eltern. Verbieten können wir es ihm nicht- er ist ja alt genug-
AUf die Frage hin, warum es solche Spiele mag sagt er „ich finds einfach cool“ Was haltet ihr davon und ist hier vielleicht jemand in einer ähnlichen Lage, der mir sagen kann, wie ich reagieren soll?
Ich danke euch!
Wolle
Hi,
Der Umgang mit solchen Computerspielen ist immer sehr schwierig, vor allem für Eltern die das ganze nur von Außen betrachten können.
Wenn du sagst das du mit eurem Jungen darüber reden könnt, was ihm daran gefällt und er auch noch andere Interessen hat ist es kein Grund zur Besorgnis.
Womöglich bereitet ihm gerade etwas Streß, ein Leherer oder Arbeitskolegen. Dafür benötigt er ein Ventil.
Das Spiel ihm wegnehmen oder verbieten ist absolut keine Option, damit wird es erst richtig interessant.
Was ihr sehr wohl jedoch tun könnt, ist das ihr mit ihm die Abmachung trefft das er täglich nicht länger als eine Stunde spielt und ihm andere Hobbys anbietet. Vor allem „Sport“, alles was irgendwie Körperlich aktiv ist. Damit werden Endorphien bei ihm frei gesetzt, das baut auf gesunde weise Stress ab und gibt ihm ein gutes Körpergefühl.
Behaltet sein Spielverhalten auf jedenfall im Auge und bleibt mit ihm im Gespräch.
Jedoch auf einer Ebene die ihm vermittelt das ihr an ihm interessiert seit und nicht bestimmend.
Mit lieben Grüßen
Herrin der Feder
Hallo Wolle,
zunächst muss ich erstmal nachfragen, um was für ein Spiel es sich handelt und wie genau die Gewalt dargestellt ist. Was ist genau das, was Dich verunsichert?
Das zweite ist, was ist Dein Sohn für ein Mensch? Wie steht es mit seiner „Moral“? Ist er ein Mensch mit Werten? Kann er den Computer auch ausmachen und sich mit Freunden treffen? „Nutzt“ er die Spiele für sich „um etwas zu bewirken“, wie Frust abbauen, Zerstreuung suchen, mit Freunden das Spiel online spielen, o.ä.?
Ist Dein Sohn sozial integriert? Geht er zur Schule/Ausbildung, hat er da „gute Kontakte“?
Die Tatsache allein, dass er diese Spiele spielt, bedeutet noch nicht viel. Es gibt 38 jährige Kaufleute, die das auf Turnieren mit Siegprämien von bis zu 10.000 spielen… „Counter Strike“ z.B. ist (auch) ein Sport, der hoch qualifizierte Anforderungen an die Spieler stellt (Hand-Auge-Koordinierung, Orientierung im Raum, Reaktionszeit, kreativ-vorausschauendes Denken, etc.).
Die Darstellung in den Medien deckt sich nicht wirklich mit den wissenschaftlichen Erhebungen, die es zu diesem Thema gibt. Viele Faktoren müssen zusammenkommen, damit ein Spiel die Phantasien des Spielers zum Nachteil verändern.
Tipp 1:
Spiele das Spiel Deines Sohnes. Versuche herauszufinden, was das faszinierende an dem Spiel ist. Ist es die Gewaltdarstellung an sich, oder sind es andere Komponenten?
Finde mit Deinem Sohn eine gemeinsame Sprache - die Spiele sind voller Fachtermini, lerne sie, damit ihr euch unterhalten könnt.
Wenn Dein Sohn merkt, dass es Dir ernst ist und Du ihn nicht als „kommender Amokläufer“ vorverurteilst, bleibst Du im Kontakt mit ihm.
Tipp 2:
Fragen statt moralisieren. Du hast es schon richtig gesehen, eigentlich ist Dein Sohn erwachsen. Die Erziehung wird spätestens zwischen ungefähr 12-14 Jahren abgeschlossen. Du wirst Deinen Sohn nicht „erziehen“ können. Aber (!) Deine Rolle als Vater bleibt eine wichtige in seinem Leben. Das können mal schwere, mal sehr schöne Momente sein.
Gestalte die Beziehung zu Deinem Sohn als nun heranwachsenden Mann. Nimm ihn ernst, aber hinterfrage ihn. - Gib aber nicht gleich schon die Antworten dazu. Erkenntnis will auch wachsen. Er will und muss seine Erfahrungen und Fehler selber machen. Dazu gehört auch der Umgang mit Medien. Er wird damit anders umgehen müssen als Du.
Tipp 3:
Überlege selber, wie Du mit Aggression und Frust umgehst. Welche Möglichkeiten findest Du, um mit Ärger umzugehen? Wie lässt Du Dampf ab?
Sprich mit Deinem Sohn darüber. Erzähle von Dir! Nicht von „man“. Frage ihn, wie er mit Frust und Ärger umgeht, wie seine Phantasien sind.
Wenn er Möglichkeiten für sich findet, wie er mit Aggression umgeht, die es ihm ermöglichen Dampf abzulassen, ohne sich oder andere zu gefährden, hat er einen guten Weg gefunden. Wenn Du aber merkst, dass in Deinem Sohn „kalter Hass“ gespeichert wird und er keine Möglichkeit hat, diesen Energie abzuführen, gibt es ein Problem. Dann solltest Du professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Tipp 4:
Nimm Dir Zeit. Du bist der „äußere Zaun“ für Deinen Sohn. Aber innerhalb dieses Zaunes, der ja auch Sicherheit gibt, sollte sich Dein Sohn frei bewegen können. Wenn Du den Zaun immer spürst, dann wirst Du Dich nicht frei fühlen können. Wenn Du den Zaun nie siehst, gibt es auch keine Sicherheit, denn es könnte ja keiner da sein.
Die Kunst bleibt ein gutes Gleichgewicht zu finden, wo Du für Deinen Sohn auch „moralischer Fachmann“ bleibst, ohne Dich in Bagatellen aufzureiben.
Letztlich ist das Spiel an sich ja keine Gefahr. Es geht um das Verhalten Deines Sohnes in der richtigen Welt. Unterhaltet euch darüber.
Diese Tipps sind jetzt sehr allgemein und teilweise entspringen sie ja meiner Phantasie, wie es bei Euch sein könnte. Wenn ich „ins Klo“ gegriffen habe, dann schreibe mir das bitte. Ich kann mit mehr Informationen über euch natürlich konkreteres sagen. Überlege, ob Du das möchtest.
Ich wünsche Dir und Deinem Sohn, dass ihr euch als Persönlichkeiten neu entdeckt und gemeinsam eure Vater-Sohn-Beziehung neu gestaltet.
Viele Grüße
Thorn