Sollen wir die Vormundschaft beantragen?

Guten Morgen. Ich war schon vor ein paar Tagen auf dieser Seite mit unserem Sohn. Leider war ich übernervös und überhaupt nicht gut drauf. Ich muß mich noch entschuldigen.
Die Situation ist folgende: Ich vergaß natürlich zu erwähnen, und das war wichtig, dass unser Sohn autistische Züge hat. Es ging um die „asoziale“ Familie. Er wird im Februar 18. Das ganze Jahr über hat er wegen Mädchen viel die Schule versäumt. Er war angeblich immer krank und stand nicht auf. Jetzt ist er seit Dienstag zu seiner neuen Freundin, die im November 15 wurde. er wollte nur zwei Tage bleiben. Gestern rief er an, er bleibe noch über Weihnachten. Ihre Mutter hätte gerne, dass er Heilig Abend dort verbringt.
Ich muß erwähnen, ich hatte mir die Familie angeschaut. Ich war eben erschrocken über den Schmutz, der da herrschte und das Durcheinander. Der Stiefvater schläft auf der Couch, umhüllt von alten, schmutzigen Decken. Der große Hund, die Mutter, ihre drei Kinder, alle im Wohnzimmerraum, und mein Sohn. Ein Durcheinander, ein Gegröle. Nun gut. Aber das er nicht nach Hause kommen möchte, jetzt reichts. Er besucht seit Jahren eine Nachhilfeschule. Ich weiß nicht, was er im Juni, wenn er fertig ist damit, machen möchte oder soll. Er hat einen schlechten Durchschnitt. Er ist außerdem jetzt das 8. Mal durch die Prüfung gefallen für, bei uns nennt man das Accompagner?, also er fährt und einer von uns sitzt daneben. Er lernt nichts dafür. Wir packen nicht seine Erziehung. Wenn er etwas im Kopf hat, kriegt man es nicht mehr heraus, bis er es durchgesetzt hat. Sonst haben wir nichts mehr zu lachen. Er bohrt, und bohrt. Immer sagt er das gleiche. Ich wollte ihn schon vor Jahren in ein Internat machen (wird bei uns in Frankreich finanziell voll getragen für solche Kinder). Aber mein Mann war dagegen. Er meinte, der Junge sei ohne uns dort ganz und gar verloren. Gestern habe ich meine Mann vorgeschlagen, vielleicht die Vormundschaft noch ein paar Jahre zu beantragen, bis er geistig ausgereift ist. Bitte mich nicht zu hart angreifen. Ich bin für alles eigentlich offen. Ich weiß, dass wir „Schlechte Eltern“ sind wegen der Erziehung. Ich muß noch erwähnen, dass der ältere Junge, von mir aus erster Ehe, das Tourette-Syndrom hat. Eine völlig andere, schlimme, belastende Krankheit. Deswegen war er 10 Jahre im Internat und ist uns dankbar. Heute lebt er 100 Meter von uns entfernt selbständig in seiner Wohnung. Ich hatte vor zwei Jahren darauf bestanden, dass er auszieht. Er muß selbständig werden, und es war eine gute Entscheidung.
Was meint Ihr?
Glaubt mir, wir sind eine total normale Arbeiterfamilie. Aber, da wo unser Jüngster jetzt verkehrt, müßte nicht sein. Bei uns würde er verwahrlosen, wenn wir nicht sein Zimmer aufräumen würden. Ihn zum Waschen zwingen. Aber er scheint dieses Mädchen zu lieben. Und er fühlt sich in der Familie wohl, wohl weil es eine Familie ist. Unsere hat uns der Kinder wegen gemieden. Wir haben keine Familie. Weder auf meiner Seite noch auf der meines Mannes. Die Kinder hatten wegen ihrer Hyperaktivität immer gestört. Auf Hochzeiten, auf anderen Festen, nie wurden wir eingeladen. Aber wir haben uns damit abgefunden. Der Junge soll das Mädchen ja auch lieben. Ich schlug auch gestern meinem Mann vor, ihn, wenn er unbedingt will, über Weihnachten zu lassen. Aber er möchte ihn zwingen, zu kommen. Ich bin sehr gespannt auf Eure Meinung und Ratschläge. Und nochmals, entschuldigt meine letzte Reaktion. Bin ich eine kalte Mutter??? Aber ich liebe doch meine Kinder. Sie sollen doch selbständig werden. Ich möchte doch dem jüngsten Sohn helfen, den richtigen Weg zu finden.

Hallo,

Wir packen nicht seine Erziehung.

Das ist eine klar Aussage.

Gestern habe ich meine Mann
vorgeschlagen, vielleicht die Vormundschaft noch ein paar
Jahre zu beantragen, bis er geistig ausgereift ist.

Aha und wie passt das jetzt zu der Aussage oben?

Was meint Ihr?

Was habt ihr die letzten 18 Jahre gemacht? Jetzt wo das Kind plötzlich erwaschen wird und das Haus verlassen will, willst du ihn an dich binden? Obwohl du eigentlich weißt wie schief euere Erziehung gelaufen ist und ihr damit völlig überfordert seit?

Und was ändert sich dann, wenn ihr nochmal 5 Jahre mit ihm „aushalten müsst“?
Meinst du er lernt plötzlich weil du die Vormundschaft hast? Meinst du er bleibt bei dir, weil du das jetzt bestimmen kannst?

Wenn du denkst dein Sohn braucht mehr Kontrolle oder Führung, dann denke doch mal über eine Wohngruppe nach. Da kann das Jugendamt auch weiter helfen.
Aber eine Familie, die die letzten Jahre mit dem jungen Mann eh schon überfordert war, sollte doch nicht noch länger für ihn verantwortlich sein.

Gruß Jenny

Problem konkretisieren
Hallo,

was genau ist denn deine Angst? Wenn es dir gelingt, für dich herauszufinden, was dir am meisten Sorge macht, lassen sich vielleicht auch Ideen für eine Lösung finden.

Schöne Grüße
Jule

Hallo

sei mir bitte nicht böse: ich mache mir mehr Sorgen um Dich! Ich glaube Dir gerne, dass die Familie des Mädchens nach unseren (deutschen) Maßstäben asozial ist wohnt. Vor Drogen, Suff, Sekten, Nazis, Radikalen … hätte ich Angst, nicht vor Dreck.

Ihr habt ihn so gut erzogen, wie ihr es vermochtet, und sicher war es gut! Was ihr ihm vorgelebt habt (nicht was ihr wolltet), hat ihn geprägt. Du wirst nicht sein Leben lang sein Zimmer aufräumen können. Freue Dich, dass er glücklich ist und gut aufgenommen wird. Seit da wenn er Euch braucht. Wenn er sich im Dreck wohlfühlt, akzeptiert es. Wenn er keinen Führerschein will, akzeptiert es. Wenn er Eure Hilfe oder Schulter nicht will, akzeptiert es. Ein Jahr nicht waschen ist auch nicht schlimmer als 1 Jahr rauchen oder täglich Pommes (oder so).

Ich mache mir viel mehr Sorgen um Dich. Die Sache mit der Party hat Dich aufgewühlt, die Selbstständigkeit Deines Mannes läuft noch nicht rund, Dein zweiter („letzter“?) Sohn „verlässt das Haus“, die viele Liebe, Zuneigung und Zeit die Du ob seiner Problem vermutlich mehr als üblich eingebracht hast, wird auf einmal nicht mehr gebraucht …

sie wird noch gebraucht. Halte Dich bereit und vielleicht kannst Du die gewonnen Zeit ohne jede Panik und Sorge nutzen, die guten Dinge, das was geklappt hat, zu reflektieren.

Liebe Grüße und ein gesegnetes Weihnachtsfest

achim

Hallo,

wenn ich mir das alles so richtig durchlese, du bist mit der Erziehung deines Sohnes komplett überfordert.

Sorry das sind harte Worte, die hört niemand gerne.

Du warst doch schon in der anderen Familie, nimm doch mal eine Freundin mit, damit sich ein Aussenstehender ein Urteil bilden kann. Und bitte diese Freundin auch gleich noch ein echtes Urteil über deine Familie abzugeben. Sag ihr allerdings vorher, egal wie das Urteil ausfällt du bist nicht sauer auf sie.

Gruß
Kati

Gestern war mein Mann das erste Mal mit in dieser Familie. Ihn hat fast der Schlg getroffen. Ich getraue mich ehrlich gesagt nicht, jemanden aus meinem Freundeskreis mitzunehmen. Aber wir wenden uns im Januar direkt bei uns in Frankreich an ein psycholgisches Zentrum hier bei uns. Die kennen unseren Sohn auch von diesem Jahr, als er Probleme hatte. Wir werden, wenn nötig, das Sozialamt einschalten. Unser Sohn darf ab sofort nicht mehr dort übernachten. Die Schlafzimmer, die wir gestern das erste Mal sahen, waren so abscheulich verschmutzt, dass wir es verbieten. Da unser Sohn 18 wird im Februar und das Mädchen erst 15 geworden ist, werden wir die Übernachtungen dort verbieten lassen. Das Sozialamt wird wohl weiter die Hand über unseren Jungen legen und uns behilflich sein.
Auf jeden fall danke ich Dir für Deinen freundlichen Ton und Deine Rat. Weißt Du, Vorwürfe, wie viele es hier tun, brauche ich nicht. Wir sind wirklich überfordert, das geben wir ja zu.
Ein frohes Weihnachtsfest wünscht Dir Zimmerling

Hallo Zimmerling,

Weißt Du, Vorwürfe, wie viele es hier tun, brauche
ich nicht. Wir sind wirklich überfordert, das geben wir ja zu.

Ich habe mich jetzt schon mehrmals gefragt, wieso du so oft gleich gereizt reagierst, wenn dir jemand auf deine Fragen hin versucht eine Sichtweise zu eröffnen, auf die du selbst noch nicht gekommen bist. Z.B. dass du zwar einerseits klagst, dein Sohn sei nicht erwachsen und selbstständig genug um ab Februar für sich selbst verantwortlich zu sein, du gleichzeitig aber die Vormundschaft beantragen willst und sein Zimmer aufräumst. Dass da ein Widerspruch drinsteckt, ist dir noch nicht aufgefallen. Jemand macht dich darauf aufmerksam. Wieso ist das ein Vorwurf? Hilfe geben heißt nicht, jemanden in der gewählten Sichtweise zu bestärken, sondern die objektiv am besten erscheinende Lösung herauszuarbeiten. Deshalb fragt man doch andere Menschen: Damit man nicht nur auf die eigenen Lösungswege kommt, sondern auch noch andere Ideen erhält, an die man noch gar nicht gedacht hat. Vllt. kannst du die Antworten ja versuchen in diesem Licht zu sehen. Und nicht immer gleich als Angriff auf deine Person und dein Handeln. Kritik kann man eben auch konstruktiv sehen!

Gruß

du gleichzeitig aber die Vormundschaft beantragen willst und sein Zimmer aufräumst. Dass da ein Widerspruch drinsteckt, ist dir noch nicht aufgefallen

Hallo. Wieso steckt da ein Widerspruch drin? Wenn ich das nicht einmal die Woche bei ihm tue, würde er vermüllen. Ehrlich. Und ich möchte doch nicht, dass er in seinem Leben vermüllt. Er ist leichter Autist. Und in dieser Hinsicht würde er sich momentan noch total fallenlassen in Sachen Hygiene. Er weiß überhaupt nicht richtig, wofür eine Bank da ist. Wenn wir es erklären wollen, verschwindert er, weil der Junge es nicht versteht. Das merkt er. Also, zieht er sich zurück.
Vielleicht haben wir das Glück, und er reift in den nächsten Jahren aus. Ich möchte mit meinen 58 Jahren, dass er für sich irgendwann selber leben kann. Wenn es geht.
Entschuldige bitte, wenn es sich so liest, als gehe ich auf Angriff über. Es tut mir leid. Ich merke das gar nicht. Ich bin eben so ein Mensch, der mit „Seidenhandschuhen“ vielleicht angepackt werden muß. Ich bin sehr, sehr, sensibel und anfällig. Das weiß ich. Mir wäre lieb, ich könnte vorher überlegen, und nicht danach, wenn ich etwas gesagt habe.
Bitte nicht böse sein.

Hallo,

ich bin nicht böse und du brauchst dich auch nicht entschuldigen. Ich habe nur meinen Eindruck geäußert.

Was den Widerspruch angeht: Wie soll ein Mensch selbstständig werden, wenn ihm ständig alles nachgetragen wird? Bevor dein Sohn lernen kann, wie man z.B. ein Zimmer aufräumt, hast du es für ihn schon erledigt, weil deine persönliche Schmerzgrenze, wann das Zimmer als „vermüllt“ gilt, schon überschritten ist. Was ein vermülltes Zimmer aber bedeutet und welche Auswirkungen das auf das eigene Leben haben kann, lernt dein Sohn damit nicht. Sein Zimmer ist ja quasi nie wirklich vermüllt, weil Mutti immer schon vorher aufräumt. Er kommt gar nicht erst in die Bredouille, sich vor Außenstehenden für sein Zimmer zu schämen, keine frischen Klamotten mehr zum Anziehen zu haben oder z.B. schlechten Geruch ertragen zu müssen, weil da Essen vergammelt.
Ich habe - sowohl im Rückblick auf mich als Teenager, als auch im Umgang mit Freunden - im Laufe meines Lebens die Erkenntnis gewonnen, dass man nicht alle Probleme damit lösen kann, dass man Leuten gut zuredet oder dass man Leute vor Fehlern bewahrt (und sei es auch nur ein unaufgeräumtes Zimmer). Manches fruchtet nur, wenn man es mal selber erlebt hat. Z.B., dass man eben grad eine frische Hose braucht, aber keine da ist. Klar, wenn die Dreckwäsche nur im eigenen Zimmer rumliegt und Mutti sie da nicht freiwillig rausholt. Für solche Erkenntnisprozesse muss aber die EIGENE Schmerzgrenze überschritten sein und nicht die der anderen! Wenn ich Gäste habe und Mutti sich für mein Zimmer schämt, was ich noch ganz passabel finde - was juckt es mich. Wenn ich Gäste habe und mein Zimmer auch für mich aussieht wie Sau - schäme ich mich und werde nächstes Mal wahrscheinlich vorher aufräumen, damit mir so eine Blamage nicht nochmal passiert. Verstehst du, was ich meine?

Ich würde dir raten, ihn bei Sachen, die nicht existentiell sind, nicht zu seinem Glück zu zwingen. Der Zustand seines Zimmers gehört für mich nicht zur existenziellen Wichtigkeit dazu, seine Körperhygiene und die Hygiene der elterlichen Wohnung der Freundin ebenfalls nicht. Davon stirbt er nicht und zu eklig oder peinlich muss ihm was auch immer davon selbst werden, damit er einen Grund sieht, was zu ändern. Ein Auge hätte ich aufs Thema Schule und damit erstmal gut.

Gruß

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EIGENE Schmerzgrenze überschritten sein
Ich muß einfach noch einmal antworten. Ich war schon dreimal bei der Familie seiner Freundin, in der er seit Dienstag lebt. Mein Mann holt ihn heute raus, das haben wir ihm gestern bei unserem Besuch dort gesagt. Unserem Sohn war es egal, ob sein Papa gestern dabei oder nicht. Diese Wohnung, so wie sie aussah (gestern sahen wir erstmals die Schlafzimmer, weil unser Sohn uns etwas im Zimmer der Freundin zeigen wollte), schon das 4. Mal in der ganzen Wohnung am Tag die Läden unten. Und da erst sind wir beide darauf gekommen, dass sich unser Sohn nicht schämt, weil er diesen Zustand wohl nicht richtig erfaßt. Aber das mit seinem Zimmer ist auch nicht wichtig. Wirklich wichtig ist, dass er bis jUni seine Schule macht und eine Ausbildung. Solange möchten wir, daß er unter unserer Obhut oder der einer anderer Einrichtung, steht. Und wir werden es durchbekommen. Unsere Augen sind aufgegangen.
So, gut jetzt. Aber es macht mir nichts aus, hin- und her zu schreiben.

Hallo,

nur so als Anmerkung , warum bietet ihr nicht an, das das junge Mädchen jederzeit zu euch kommen kann?

lg

Brenna

Hallo,
gibt es bei euch auch so etwas wie betreutes Wohnen in Wohngemeinschaften?
Das bedeutet: dein Sohn kann selbstständig leben, wird aber ambulant von einem geschulten Sozialarbeiter o.ä. betreut. Ambulant bedeutet einmal oder mehrfach die Woche (genehmigte/vereinbarte Stundenzahl) kommt jemand und sieht nach deinem Sohn und seinen Lebensumständen.

Vorteile:

  1. er lernt alleine klarzukommen, hat aber regelmäßig Hilfe vom Sozialarbeiter, im Freizeitbereich, Wohnbereich, auch bei Behördengängen, Finanziellem usw.

  2. Du als Mutter kannst dich da raushalten und ihn „gehen“ lassen. Das entspannt ungemein und stellt den Umgang mit ihm auf eine befreitere und unbefangenere Stufe. Emotionale Reaktionen bzgl. seines Lebens und seiner Krankheit sind dann klarer trennbar von eigenen Sorgen. Oftmals interpretieren Familienangehörige aus Liebe und aus anderen Emotionen heraus Situationen völlig anders als ein engagierter, erfahrener Sozialarbeiter. Familienangehörige und vor allem Mütter sind da oft „Betriebsblind“ und viel zu sehr emotional verwickelt um so manches richtig einzuordnen. Sorge und Liebe - aber auch die eigene Art zu Leben mitsamt eigener persönlicher Bedürfnisse und Ansichten - können gerne mal die Sicht auf die Dinge beeinflussen.

Viele Grüße
Sabine

Sein Zimmer, nicht die Whg der Freundin (owt)
Hallo Zimmerling,

Dein Posting hat m.E. wenig mit Stiefelkatzies zu tun.

Gruß achim

Hallo,

ob er da nun die von dir gesehenen „Zustände“ als schlimm, nicht so schlimm oder überhaupt nicht wahrnimmt, ist meines Erachtens zweitrangig. Du brauchst uns hier auch nicht immer wieder beteuern, wie schlimm/schmutzig/was auch immer irgendwas ist. Ich denke, das Grundproblem kennen wir nun. Was ich dir sagen will, ändert sich nicht, indem du mir mehr Details gibst (z.B. zum Aussehen der Wohnung der Freundin). Sieh es abstrakter! Es geht darum, dass dein Sohn irgendwann mal ein eigenverantwortliches Leben haben soll. Das geht nicht von null auf hundert und von jetzt auf gleich, sondern ist ein Lernprozess. Ein Lernprozess setzt Versuch und Irrtum sowie Erkenntnisse voraus. Wenn du ihm alle Gelegenheiten, sich zu positionieren, Erfahrungen zu sammeln, sich eine Meinung zu bilden usw. usf. abnimmst, hat er keine Chance zu lernen, was im Leben sehr wichtig, wichtig und weniger wichtig ist. Das einzige was hängen bleibt, ist: „Mutti schreibt mir vor, wie ich zu leben habe.“ Dieser Gedanke kann einerseits in genau den Frust ausufern, den ihr jetzt schon spürt: „Sobald ich 18 bin, zieh ich aus.“ Andererseits kann dieser Gedanke dazu führen, dass elementare Sachen (Ordnung halten usw.) nicht gelernt werden, weil sie sich nie zu existentiellen Problemen ausgewachsen haben: „Um meine Wäsche brauch ich mich nicht kümmern, macht eh immer Mutti.“

Wenn du einen selbstständigen, verantwortlichen jungen Menschen in die Welt entlassen willst, gehört es meiner Ansicht nach dazu, dass du ihn auch mal Schwierigkeiten erfahren lässt. Auch wenns dir wehtut und du der Meinung bist, du musst ihn jetzt „retten“ (z.B. indem du oder dein Mann ihn aus der Müllwohnung holt). Außer ein bisschen Dreck passiert ihm da nichts! Da gibt es keine existenzbedrohenden Gefahren! Nur Dreck! Es wäre eine gute Gelegenheit, ihn einfach mal „laufen“ zu lassen. Wenn er am Ende feststellt, wie schön doch eine saubere Wohnung im Gegensatz zu einer vermüllten ist, hat er einen Lerneffekt, den ihr mit meckern und selber sein Zimmer aufräumen nie erreicht hättet.

Und, so zum Nachdenken: Er muss sein Leben nicht führen, wie ihr das gut findet. Man kann auch glücklich und zufrieden werden, wenn man andere Maßstäbe ans Leben anlegt als die Eltern einem beigebracht haben. Für mich hören sich deine Beiträge halt an, als wüsstest du bzw. dein Mann - und nur ihr! - was gut für ihn ist und dazu wollt ihr ihn zwingen. Es gibt aber mehr als ein einziges seelig machendes Lebenskonzept. Lasst ihn stückweise seins entwickeln und fangt bei den weniger wichtigen Dinge wie z.B. der Sauberkeit seines Aufenthaltsortes damit an, ihm Freiraum zu geben.

Gruß

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Liebe Sabine,
wir haben uns entschlossen, einen Sozialarbeiter ab Januar hinzuzuziehen, der sich in all diesen Dingen um unseren Sohn kümmert. Deine Idee ist genial. Wir hatten uns gestern mit Freunden getroffen und sind auf diesen Entschluß gekommen.
Damit bekommen wir selber einmal wieder Luft zum Durchatmen. Eine gute Idee, auf die wir gar nicht kamen.
iebe Grüsse
Gudrun

Wir haben ihn gestern aus diesem Dreck herausgeholt. Er darf nicht mehr dort schlafen und sie nicht mehr bei uns. Sie kann nachmittags kommen, abends geht sie heim. Sie ist noch fast ein Kind. Jetzt nehme es nicht zu hart: Basta. Gestern abend hat er es auch verstanden, nachdem wir lange gesprochen haben. Mit 18 ist das nicht gelöst. Mit 18 macht er noch lange nicht was er will. Außerdem werden wir nach den Ferien zum Sozialamt gehen, die uns schon bei dem großen Sohn damals geholfen haben. Das ist hier in Frankreich lobenswert. Ich weiß nicht, wie schnell man in Deutschland reagiert. Und er bekommt einen Sozialarbeiter vorgesetzt, der ihn betreut. Vielleicht noch, bevor der 18 wird. Warum sollen wir uns weiter verrückt machen, dass es unser Sohn lernen muss, alleine zu leben. So, nach unserem Vorbild und nicht im Müll. Warum sollen wir ihn aufgeben und absacken lassen.
Und nur wir als Eltern kennen unseren Sohn an besten. Wir wissen was gut und was nicht gut für ihn ist. Und dafür sorgen wir ab sofort, weil das Beste möchten. Wenn er es dann nicht kapiert, c’est la vie.

Das haben wir gemacht. Sie kann nichts dafür. Sie darf jeden Mittag zu uns kommen. Sie kann, wenn sie älter ist, bei uns übernachten. Aber nicht mit gerade 15, die sie jetzt wurde. Ich möchte nicht zusehe, dass mein Sohn nachher noch im Gefängnis landet und wir dazu Schwierigkeiten bekommen. Das ist die Gefahr, die passieren könnte. Wir kennen dies von einem Bekannten. Es war im Herbst. Der Junge ist 19 gewesen und das Mädchen 16. Und auf einmal stand die Polizei vor seinem Elternhaus und steckte ihn zwei Tage ins Gefängnis. Ihr Vater hatte Anzeige erstattet und behauptet, seine Tochter wurde von dem jungen Mann vergewaltigt. Er durfte raus aus dem Gefängnis, weil die Tochter dies widerrufen hatte. Und was wäre passiert, wenn sie es zugelassen hätte, was ihr Vater behauptet hatte???
Verstehst Du, die Sache ist uns zu gefährlich. Ich glaube, viele im Forum kennen nicht das Alter des Mädchens, was ich aber geschrieben hatte. Was ist, wenn sie noch schwanger wird???

Dein Sohn tut mir leid und ich hoffe, das Ihr mit Eurem Ansinnen nicht durchkommt.

Lerne loszulassen, Dein Sohn muß eigene Erfahrungen machen. Eine unordentliche Wohnung ist da eher eine der harmloseren Erfahrungen, die man so im Laufe eines Lebens macht.

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