Hallo liebe Experten,
ich bin selbständig und umsatzsteuerpflichtig. Nun hatte ich eine Betriebsprüfung. Dabei wurde festgestellt, dass wir fälschlicherweise Ist-Besteuerung gemacht haben, ohne diese zu beantragen. Das soll nun für einen Fall korrigiert werden:
Wir hatten im Dezember 2010 eine Rechnung gestellt. Die darauf entfallende Umsatzsteuer (500€) haben wir aber erst mit der Voranmeldung für Feb 2011 abgeführt, weil die Rechnung im Feb bezahlt worden ist.
Nun möchte der Betriebsprüfer folgende Korrektur vornehmen: Die Umsatzsteuer war bereits mit Rechnungsstellung im Dezember 2010 fällig; deshalb erhöht sich die Umsatzsteuerschuld in 2010 um 500€. Diese 500€ müssen wir nachbezahlen.
Soweit verstehe ich das noch.
Allerdings führt diese Korrektur und Nachzahlung laut Betriebsprüfer nicht zu einer Verringerung des Einnahmenüberschusses in 2010. Kann mir das jemand erklären? Vielleicht stehe ich ja gerade auf dem Schlauch…
Freue mich auf eure Antwort. Schon mal vielen Dank vorab.
Hallo tinastar,
wenn ich das richtig verstanden habe, machst Du bei der Einkommensteuer: Einnahmen-Überschuss-Rechnung und keine Bilanzierung.
Daher wird bei Dir alles, was Du in 2010 bezahlst Betriebsausgabe im Jahr 2010 und alles was Du in 2011 bezahlst, im Jahr 2011 Betriebsausgabe.
So ist es auch mit der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer hast du tatsächlich erst im Februar 2011 ans Finanzamt bezahlt, somit wird sie erst 2011 Betriebsausgabe.
Zwar mußt Du den Umsatz bereits in 2010 in der Umsatzsteuer versteuern, aber die Nachzahlung für die USt 2010 wirst Du erst im Jahr 2012 bezahlen, dann wenn Du deinen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2010 erhalten wirst und das ist nun einmal erst im Jahr 2012. Somit wird die USt-Nachzahlung für das Jahr 2010 bei Dir erst 2012 Betriebsausgabe.
Allerdings mußt Du aufpassen! Im Februar 2011 hast du bereits die USt zu viel überwiesen. Also schnell die USt-Voranmeldung Februar 2011 ändern, da kriegst nämlich dann wieder 500 Euro raus.
Na, kapiert?
Viele Grüße, Moni
Hi Moni,
richtig, EÜR, keine Bilanzierung.
Klingt plausibel, wie du das beschreibst. Kapiert hab ich’s glaube ich trotzdem noch nicht so ganz :-/
Du sagst, dass die Steuer zur Betriebsausgabe wird, sobald ich sie bezahle. Soweit alles klar.
Aber wieso will dann das Finanzamt, dass ich die Umsatzsteuer dem Jahr 2010 zuordne (und deshalb nachbezahle)?
Die Rechnung wurde am 27.12.2011 gestellt (was offenbar keine gute Idee war, wenn man bedenkt, was das für einen bürokratischen Aufwand verursacht )
Richtigerweise hätte ich die Umsatzsteuer also mit der Voranmeldung für Dezember bezahlen müssen. Das wäre aber egal wie ich es drehe und wende frühestens Anfang Januar der Fall gewesen. Wieso also nun der Anspruch des Finanzamtes, die Umsatzsteuerschuld 2010 zuzuordnen?
Und vor allem: Wie kann ich das in meiner Buchhaltung abbilden?
Viele Grüße
tinastar
PS: Gut, dass wir ab 2012 ist-versteuern dürfen - das erleichtert das Leben doch ganz erheblich
Hallo tinastar,
wenn ich das richtig verstanden habe, machst Du bei der Einkommensteuer: Einnahmen-Überschuss-Rechnung und keine Bilanzierung.
Daher wird bei Dir alles, was Du in 2010 bezahlst Betriebsausgabe im Jahr 2010 und alles was Du in 2011
bezahlst, im Jahr 2011 Betriebsausgabe.
So ist es auch mit der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer hast du tatsächlich erst im Februar 2011 ans Finanzamt bezahlt, somit wird sie erst 2011 Betriebsausgabe.
Zwar mußt Du den Umsatz bereits in 2010 in der Umsatzsteuer versteuern, aber die Nachzahlung für die USt 2010 wirst Du erst im Jahr 2012 bezahlen, dann wenn Du deinen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2010 erhalten wirst und das ist nun einmal erst im Jahr 2012. Somit wird die USt-Nachzahlung für das Jahr 2010 bei Dir erst 2012 Betriebsausgabe.
Allerdings mußt Du aufpassen! Im Februar 2011 hast du bereits die USt zu viel überwiesen. Also schnell die USt-Voranmeldung Februar 2011 ändern, da kriegst nämlich dann wieder 500 Euro raus.
Na, kapiert?
Viele Grüße, Moni
Hallo tinastar,
das ist wirklich nicht leicht zu verstehen. Mach Dir nix daraus. Da müssen angehende Steuerberater auch schwer grübeln, bis sie das mal kapieren.
Freue Dich, dass Du ab 2012 nun wirklich Ist-Versteuerung machen darfst, weil in Kombination mit EÜR ist das einfach leichter und logischer.
Aber für 2010 hast nun vom Finanzamt die Soll-Versteuerung aufgebrummt bekommen (bzw. ist gesetzlich auch richtig, weil du ja diesen ollen Antrag nicht gestellt hattest.)
(Da hätte ich noch eine kleine Interessensfrage: In welchem Bundesland befindet sich Dein Finanzamt?)
Aber nun zu Deinem Problem. Ich versuchs mal zu erklären:
Du hast also in 2010 eine Leistung erbracht und am 27.12.2010 mit Rechnung abgerechnet. Das Geld hast erst in 2011 vom Kunden bekommen. Ich behaupte jetzt einfach, Deine Rechnung hat folgende Zahlen:
10.000 Euro zzgl. USt 1.900 Euro gesamt: 11.900 Euro.
Nun mußt Du die Einkommensteuer von der Umsatzsteuer getrennt sehen.
Bei der Einkommensteuer machst Du Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Also nur die Beträge, die Du cash erhalten hast, werden im jeweiligen Jahr berücksichtigt.
Im Jahr 2010 ist da kein Geld geflossen. Weder der Kunde hat Dir die 11.900 Euro bezahlt, noch hast du 1.900 Euro Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt. Also ist bei deiner EÜR nichts veranlasst im Jahr 2010.
Im Jahr 2011 (wenn du alles „richtig“ gemacht hättest, grins) hättest Du nun u. a. Deine Umsatzsteuer-Voranmeldung Dezember 2010 im Januar 2011 im Finanzamt abgegeben. Dort steht nun Dein Umsatz vom 27.12.2010 drin, weil du ja noch Soll-Versteuerung hast. Also wird Die USt in dem Monat fällig, in dem Du die Leistung erbracht hast. Dabei ist es völlig egal, wann du die Rechnung schreibst. Auch wenn du die rechnung erst 2011 geschrieben hättest. Maßgebend für die USt ist immer, wann du die Leistung erbracht hast und das war 2010 im Dezember. Also mußt du die Rechnung in der Ust-Voranmeldung Dezember erklären. Das machst du aber erst im Januar 2011. Und da erst wirst du auch die USt ans Finanzamt bezahlen, also fließen von Deinem Bankkonto 1.900 Euro ans Finanzamt ab.
Es fließt Geld, also ist es für deine EÜR maßgebend. EÜR 2011: Du hast eine Betriebsausgabe „Umsatzsteuer“ in Höhe von 1.900 Euro, da du die Ust in 2011 bezahlt hast.
Des weiteren erhältst du im Januar 2011 von deinem Kunden die 11.900 Euro. Die werden nun auch Betriebseinnahme im Jahr 2011. Somit hast du in deiner Gewinnermittlung 2011 die beiden Posten zu erfassen:
Betriebseinnahme 11.900 Euro (vom Kunden)
Betriebsausgabe 1.900 Euro (ans Finanzamt)
steuerlicher Gewinn: 10.000 Euro
Du wirst dann deine USt-Jahreserklärung 2010 abgeben und darin gehört bereits der Umsatz von 10.000 Euro rein, weil der ja im Jahr 2010 stattgefunden hat.
Soweit die Soll-Versteuerung!
Wenn Du nun ab 2012 auf ISt-Versteuerung wechselst,
dann ist wieder der Geldzufluss maßgebend (wie du ihn bereits in der Einkommensteuer mit der EÜR machst).
Pass aber auf, wenn Du die USt-Erklärung 2011 machst, weil da hast du ja noch Soll-Versteuerung. Wenn du da noch Forderungen offen hast, die du erst 2012 vereinnahmst, dann hast du die bereits in 2011 in der USt-Erklärung erfasst. Mußt also nicht bei Geldzufluss in 2012 (ist-Besteuerung) nochmals abführen. Diese Grenzfälle musst abklären. Nicht, dass USt doppelt abgeführt wird und auch die USt muss sich Einkommensteuerlich immer neutralisieren, d. h.
unterm Strich darf nur die Netto-Einnahme gewinnerhöhend sich auswirken. Allerdings kann es da schon sein, dass sich die Auswirkung über zwei Jahre erstreckt.
Ich hoffe, es ist nun klarer geworden. Es ist wirklich verzwickt und ich verstehe den Betriebsprüfer nicht wirklich, der hier streng nach Gesetz die Soll-Versteuerung durchzieht. Man hätte da vielleicht aufgrund „bürokratie“ auch ein Auge zudrücken können, grins. - Aber korrekt ist es schon, was er gemacht hat. Führt halt allerdings zu Mehrarbeit und unterm Strich hat weder Fiskus noch du einen Vorteil.
Viele Grüße, Moni
Hi Moni,
danke für deine Geduld und die ausführliche Erklärung. Die Stelle „EkSt und USt getrennt sehen“ hat mich erleuchtet Das war für mich bisher immer irgendwie ein Topf - ach, diese Laien
Danke auch noch mal für die Hinweise für 2011 - werde ich berücksichtigen, damit das alles glatt geht und ich die Steuer nicht versehentlich 2mal abführe.
Danke für deine Unterstützung
Viele Grüße
tinastar
PS: Das Finanzamt ist in NRW.