Sonderregelung für Kleinbetragsrechnungen?

Guten Tag,

ich hab gerade eine freiberufliche Tätigkeit als Nachhilfelehrer angefangen, und bin jetzt vor die Aufgabe gestellt, zum ersten Mal selber Rechnungen auszustellen… Die erste bürokratische Hürde, nämlich die Beantragung einer Steuernummer beim Finanzamt, ist dabei schon genommen.
Doch nun ist eine Frage aufgetaucht, die mir das Servicepersonal beim Finanzamt leider nur sehr unzureichend beantwortet hat…

Es ist so, eine Rechnung muss ja normalerweise folgende Angaben enthalten: Adresse des leistenden Unternehmers, Adresse des Leistungsempfängers, Datum, Rechnungsnummer, erbrachte Leistungen, Betrag und Steuernummer.
Jedoch scheint es für Rechnungen unter 150 Euro („Kleinbetragsrechnungen“) eine Ausnahmeregelung (UStDV §33) zu geben, der zufolge man dort nur folgende Angaben machen muss: Adresse des leistenden Unternehmers, Datum, erbrachte Leistungen und Betrag.
Es fallen also Steuernummer, Rechnungsnummer, und Adresse des Leistungsempfängers weg.

Mir würde diese Ausnahmeregelung sehr gut gefallen, denn als privater Nachhilfelehrer möchte ich gerne mit meinen Schülern in kurzen Abständen verrechnen und die einzelnen Rechnungen dabei möglichst einfach und übersichtlich halten. (Außerdem finde ich, ehrlich gesagt, dass die Namen und Adressdaten meiner Schüler das Finanzamt nicht wirklich etwas angehen!)

Um auf der sicheren Seite zu sein, bin ich also heute noch mal zum Finanzamt gegangen und hab nachgefragt, ob ich da auch wirklich alles richtig verstanden habe… Aber was ich dort erlebt habe, ist mal wieder typisch „deutsche Amtsstube“ (obwohl diese Behörde sonst eigentlich sehr vorbildhaft geführt ist):
Als ich der jungen Dame von der Beratung mein selbst gemachtes Probeexemplar einer Kleinbetragsrechnung zeigte, runzelte diese erst einmal nur die Stirn und wusste offenbar selbst nicht so recht weiter (Kleinbetragsrechnung? Ausnahmeregelung? Was ist DAS denn schon wieder komisches?). Dann wandte sie sich an die dienstältere Kollegin am Schalter neben ihr (du, lies mal DAS da - da hat jemand die Chuzpe, seine Angaben nicht vollständig machen zu wollen - so ungefähr). Und die Kollegin mit Blick auf das Blatt nur kopfschüttelnd: „Ne, das geht aber nicht… da fehlt ja alles! Da fehlt, da fehlt die Rechnungsnummer… da fehlt die Steuernummer… da fehlt die Adresse des Leistungsempfängers… NE, so was geht ganz bestimmt nicht!“
Darauf ich noch einmal (kleinlaut): „Aber es gibt da doch so eine Ausnahmeregelung für Kleinbetragsrechnungen in Paragraph 33 Umsatzsteuerverordnung…“

  • „Bitte, WAS soll es da geben? Ach… das. Aber das ist doch was ganz anderes! Damit haben Sie doch gar nichts zu tun!“
  • ich (noch kleinlauter): „Ähm… und warum?“
  • „Das ist doch nur für Unternehmer!“
  • „Aber das bin ich doch auch, im finanzrechtlichen Sinn…“
  • „Und Sie zahlen doch auch gar keine Umsatzsteuer!“ (Anmerkung: ich bin unter der Freibetragsgrenze)
  • „Aber in der Ausnahmeregelung steht doch auch gar nichts von Umsatzsteuer, oder?“
  • „Diese Regelung ist nur gedacht dafür, wenn man sich mal wo einen Kugelschreiber kauft oder so…“, andere Beamtin: „Oder wenn Sie sich zum Beispiel beim Kiosk ein paar Zeitschriften kaufen… da braucht der Händler dann zum Beispiel auf der Quittung nicht Ihren Namen oder Ihre Adresse mit anzugeben.“
  • „Aber hier geht es doch um Rechnungen, nicht um Quittungen.“
  • „Ja, aber manchmal bekommt man auch eine Rechnung, wenn man sich zum Beispiel beim Baumarkt eine Leiter kauft.“
  • „Und warum greift jetzt für mich diese Ausnahmeregelung nicht?“
  • „Aber… bei Ihnen ist das doch was ganz anderes, Sie arbeiten doch als Nachhilfelehrer!“
  • „Ja, aber auch ich bin (juristisch gesehen) Unternehmer und stelle Rechnungen unter 150 Euro aus.“
  • „Ach, das ist doch Wortklauberei!“, andere Beamtin: „Sie wollen doch auch, dass Ihre Rechnungen später alle anerkannt werden, oder? Geben Sie einfach alle Daten an, dann sind Sie auf der sicheren Seite! Oder wissen Sie etwa nicht, wer Ihre Schüler sind? Die Namen kennen Sie doch jedenfalls, oder?“
    Es ist hier nicht alles wörtlich wiedergegeben, aber so ungefähr lief das Gespräch.

Ich wollte den beiden Beamtinnen nicht weiter den Tag verderben, deswegen handelte ich schließlich nach dem Grundsatz „der Klügere gibt nach“ - doch eigentlich habe ich es jetzt immer noch nicht ganz verstanden: Warum sollte ich als Nachhilfelehrer kein Recht dazu haben, die Sonderregelung für Kleinbetragsrechnungen für mich in Anspruch zu nehmen?

(Eigentlich müsste es sogar möglich sein, das ganze Jahr lang nichts anderes als Kleinbetragsrechnungen auszustellen, oder? Ist das irgendwie moralisch verwerflich, bzw. widerspricht das irgendwelchen „Prinzipien ordnungsgemäßer Buchführung“? Könnte das Finanzamt die Anerkennung eines Stapels von, sagen wir mal, hundert Kleinbetragsrechnungen verweigern, wenn da nirgendwo noch „richtige“ Rechnungen mit dabei sind? Und wenn ich es jetzt ganz einfach mal drauf ankommen lasse - worauf muss ich mich dann später so alles gefasst machen?)

Hallo!
Sehr gerne würde ich dir helfen, denn ich fand deine Beschreibungen ja mal richtig unterhaltsam und kenne diese Verwirrungen zu Beginn einer freiberuflichen Tätigkeit. Leider kenne ich mich speziell im Bereich Auftragsarbeiten im künstlerischen Sektor aus und fürchte, dass ich dir nicht ausreichend helfen kann.
Ich habe selbst einmal Kunstunterricht gegeben und da nicht mit den einzelnen Schülern abgerechnet, sondern mit dem Haus, das mich eingestellt hat.
Meiner Meinung nach müßte es eine Möglichkeit geben, dass du lediglich Quittungen sammelst, die sich z.B. auf einen einmaligen Vertrag beziehen. Da müßtest du dann aber schon die Daten der Schüler festhalten, du könntest auch eine einmalige Rechnung für z.B. 4 Sitzungen erstellen. Das ist kein Thema.
Wenn es allerdings um die Adressangaben etc geht, weiß ich jetzt auch nicht, ob man drum herum kommt. Im Prinzip macht ja niemand etwas Illegales, weder du noch deine Schüler, deshalb spricht nichts dagegen Name und Adresse anzugeben.
Anstelle deiner Steuernummer müßtest du auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angeben können (siehe hier: http://www.bzst.bund.de/003_menue_links/005_ustidnr/…
das tue ich auch und damit sieht man nicht direkt die Steurnummer ein.

Da ich selbst einmal Coaching in Anspruch genommen habe und selbst nach der Bezahlung nur Quittungen ausgehändigt bekommen habe, müßte es sich bei dir ja ähnlich verhalten.

Ich kann dir noch folgenden Tipp für Beratungen geben:
http://vs.verdi.de/wer_sind_wir/was_bieten_wir/ver.d…
Es gibt die Möglichkeit das Mediafon zu nutzen und die Fragen telefonisch nach Terminabsprache zu klären.

Mir hat außerdem für Vertragserstellung immer das Buch „Ratgeber Freie (Kunst und Medien)“ von Goetz Buchholz geholfen, allerdings wie der Titel schon verrät, nicht so ganz deine Berufsbranche aber ansonsten sehr hilfreich bei solchen Fragen.
Hoffe, ich konnte dir helfen und viel Erfolg!

Vivien

Hallo Vivien,

vielen herzlichen Dank für die Antwort!

Es ist so, natürlich tut niemand etwas Illegales, aber bei dem komplizierten Paragraphendschungel hier in Deutschland könnten kleinliche Finanzbeamte IMMER irgendwas zu meckern finden. Und meine Schüler sprechen größtenteils nicht allzu gut Deutsch (ich gebe Deutsch-Unterricht) - deswegen gefällt mir der Gedanke überhaupt nicht, daß denen dann vielleicht demnächst ohne mein Wissen Post ins Haus flattert von der Art: „Sehr geehrte Frau Lee, Herr Jpanther hat in den Rechnungen, die er Ihnen im vergangenen Jahr am 1.1., 2.2., 3.3., 4.4., 5.5., 6.6. und 7.7. ausgestellt hat, gegen die amtliche Rechnungs-Durchnumerierungsverordnung XY-3245Z vom 11.11.1999 verstoßen… Bitte setzen Sie sich baldmöglichst mit Herrn Meyer vom Finanzamt Musterstadt in Verbindung, damit wir dieses Problem mit Ihnen besprechen können.“
(Bei so was kann man sich ja auch schlecht beschweren, es sei denn man bekommt gerne Dinge gesagt wie: „Jaja, freiberuflich tätig und sich vorher nicht gründlich juristisch beraten lassen…“)

Naja, wie dem auch sei. Jetzt hab ich noch eine weitere Frage zu dem Thema, und zwar eine relativ triviale: Ich hab eigentlich noch nie eine Steuererklärung abgegeben (bin noch Student)… Muß man bei so was die ganzen Rechnungen, die man im Laufe des Jahres ausgestellt hat, wirklich alle mit einsenden? Oder muß man die nur aufbewahren, um sie später eventuell mal auf Anfrage vorzeigen zu können? Und wenn man die einsenden muß, werden sie einem dann später wieder zurückgeschickt, oder muß man von jeder Rechnung noch zusätzlich eine Kopie für sich selbst aufbewahren (wegen der Aufbewahrungspflicht)?
Bestimmt kannst du mir auch da weiterhelfen, danke schon mal im Voraus!

Gruß,
Jpanther

Hallo Jpanther,
Ah, verstehe, obwohl ich nicht glaube, dass das Finanzamt auf die Kunden direkt zutreten kann, wenn du die Rechnungen verfaßt hast - aber man weiß ja auch nie, evtl möchte jemand auch aus anderen Gründen ungern eine Adressangabe machen.
Es ist aber so, dass du die Rechnungen nicht direkt einreichen mußt, so ist es zumindest bei mir. Du rechnest die Beträge zusammen, trägst sie in der St-Erklärung unter „Einkünfte“ oder „Gewinn“ ein und bewahrst die Rechnungen zu Hause auf.Die fortlaufenden Nummern auf den Rechn. sind auch dafür, damit bei einer Prüfung (was ja nicht ständig vorkommt, aber für den Fall) eine Zuordnung gemacht werden kann.
Eine Kopie der jeweiligen Rechnung mußt du deshalb bei dir aufbewahren, also doppelt ausdrucken oder kopieren: eine an den Kunden, eine behalten.
Ich habe für mich selbst beschlossen, einen Steuerberater den Kram erledigen zu lassen, die wissen dann auch zu wieviel Prozent du Telefon und Arbeitsweg etc du als Kosten angeben kannst. Kannst dich auch einfuchsen, mein Ding isses nicht!
Ansonsten wächst man mit seinen Aufgaben!:smile:
Alles Gute, Vivien

Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen!

Jpanther

Guten Tag,
leider kann ich hierzu keine Antwort geben. Mein Gebiet ist die Erstellung von Mahnbescheiden.
Lieber Gruß
Monika