Sonntagskleider im letzten Jahrhundert, warum in Schwarz

Auf Portraits und andere Aufnahmen aus dem Zeitalter des 18.-19. Jahrhunderts (überwiegend Europa, Übersee) die Personen in ihrer Sonntagskleidung zeigen tragen Frauen und heranwachsende Mädchen meist schwarze, hochgeschlossene Kleider, die auch sehr an Trauerkleidung erinnern.

Welchen Grund mag es gehabt haben, daß die damalige Feiertagskleidung stark an Trauerkleidung angelehnt war ?

Heike

Vielleicht, weil es die gleiche Kleidung war? In der Zeit wurde vor allem körperlich gearbeitet, d.h. die Arbeitskleidung sah nicht besonders gut aus. Gute Trauerkleidung brauchte man aber und für einen ganzen Schrank voller schicker Sachen fehlte schlichtweg das Geld. Also war die Trauerkleidung in vielen Fällen mit dem schicken Sonntagsgewand für die Kirche identisch. Hinzu kommt, daß schwarze Kleidung nicht so schnell von Ruß und Staub dreckig wird, d.h. sie länger getragen werden konnte, bevor man sie waschen mußte (was damals dank Waschbrett einen hohen Verschleiß bedeutete). Außerdem war es meiner Erinnerung nach sehr billig, Kleidung schwarz zu färben, d.h. die Klamotten waren erschwinglicher als anders bzw. besser gefärbte Kleidung.

Nicht zuletzt ist es bei schwarz-weiß-Fotos schwierig, zwischen schwarz, rot und grün zu unterscheiden, wenn sie sich nicht auf einem Bild bei guter Belichtung begegnen.

Gruß
C.

2 Like

Vor allem in den protestantischen Gesellschaften wurden bunte Kleidungsstücke wie z.B. farbenfrohe Trachten als unangemessen angesehen. Die protestantische Gesellschaft vor allem auf dem Land war „puritanisch“. Frömmigkeit war nicht mit rauschendem Lebenswandel, Genuss, nach außen gezeigtem Reichtum und dokumentierter Lebensfreude vereinbar. Das war bei den Katholiken deutlich anders. In meiner Region rund um Marburg wurden von Ort zu Ort völlig verschiedene Trachten (bunt bzw schwarz/grau) getragen, je nachdem ob der Ort in einem protestantisch beherrschten Gebiet (Landgraf von Hessen) oder einem katholisch beherrschten Gebiet (Bistum Mainz) lag. Was genau so auch heute noch bei den Festen zu sehen ist.
Udo Becker

3 Like

Ich glaube, dass man es anders herum betrachten muss: weil ab dem 18./19. Jhdt. breite Schichten bei Trauerfeiern (schwarze) Festtagskleidung getragen haben, hat sich das Schwarz endgültig als Farbe der Trauer durchgesetzt.

Die Symbolik schwarz=Trauer war natürlich schon in früheren Zeiten gegeben gewesen, aber die feste Praxis noch nicht. Zudem, wie der Blick in andere Kulturkreise zeigt, ist Schwarz keineswegs die „natürliche“ Trauerfarbe.

Warum Festtagskleidung in dieser Zeit schwarz war? Schwarze Kleidung war teurer als ungefärbte, an schwarzer Kleidung kann man gut erkennen, wie stark sie getragen wurde (Abnutzung, Auswaschen) usw.
Das machte sie geeignet für Festtagskleidung, die ja naturgemäß die Prestige-Funktion hat, Wohlstand zur Schau zu stellen.

Für breitere Schichten ab dem Zeitpunkt als gute und für sie erschwingliche Färbemöglichkeiten für ein sattes und haltbares Schwarz zur Verfügung standen.

Das beschränkt sich übrigens sicher nicht auf protestantische Gebiete, auch wenn die Symbolik des P. auch noch eine Rolle in dem ganzen Zusammenhang gespielt haben mag.

Gruß
F.

2 Like