Liebe/-r Experte/-in,
Hallo!
Zu folgender Situation brauche ich einen Tip.
Ein Freund von mir steht kurz vor der Trennung von seiner Lebenspartnerin. Die beiden sind nicht verheiratet und haben zwei kleine Töchter (KiGa und Grundschule). Nur sie hat das Sorgerecht, hat ihm das gemeinsame Sorgerecht verweigert, obwohl er es schon immer wollte. Sie arbeitet Vollzeit, er seit Geburt der ersten Tochter nur teilzeit und vorwiegend an den Wochenenden, weil er so die Kinder zu Hause betreuen kann, was auch so von beiden gewollt ist. Er hat deswegen seine berufliche Karriere zurückgestellt.
Da die Beziehung schon lange sehr kompliziert ist (auch Paarberatungen haben nichts gebracht), wollen die beiden sich trennen. Im Sinne der Kinder ist es sicher, daß das Verhältnis zu ihm so bleibt wie bisher, sprich daß er täglich da ist, da er ja auch bisher die Bezugsperson Nr. 1 für die Kinder war. Da er aber kein Sorgerecht hat, stellt sich die Frage, ob das so geht. Er möchte auch weiter für die Kinder da sein. Sie ihrerseits möchte die Kinder aber lieber bei sich haben und möchte, daß er in einen eigenen Haushalt ohne die Kinder zieht. Das wird für sie u.U. auch leichter durchsetzbar sein als die erste Variante, da sie ja das alleinige Sorgerecht hat.
Was kann er nun tun, um seine Rechte und die Chance der Kinder auf einen weiteren täglichen Umgang mit ihm zu stärken? Er möchte natürlich auch keine Schlammschlacht, hat deswegen bisher vermieden, das gemeinsame Sorgerecht beim Familiengericht gegen sie einzufordern. Welche Chancen auf ein geteiltes Sorgerecht hat er denn überhaupt? Was wäre denn eine gute Lösung für die Kinder?
Vielen Dank schon mal!
Grüße
Bartholos
Hallo Bartholos,
grundsätzlich ist es so, dass solche Fragen nicht allgemein beantwortet werden können, sondern jede Lösung immer als Einzelfallentscheidung zu sehen ist - so ist das auch mit der Aussicht auf Erfolg bei der Frage, ob man das Sorgerecht gerichtlich durchsetzen kann oder nicht.
Generell rate ich immer dazu, eine Lösung im Konsens und sofern möglich ohne Gericht zu suchen. Da kann (und muss) auch das Jugendamt unterstützen.
Man muss nun unterscheiden zwischen dem Sorgerecht und dem Umgangsrecht. Das Umgangsrecht steht dem Vater immer zu, ganz unabhängig vom Sorgerecht. Hier wird die Mutter auch kaum Möglichkeiten haben, den Umgang zu unterbinden, insbesondere, wenn in der Vergangenheit die Kinder viel beim Vater allein waren, so wie das in Ihrer Frage anklang.
Es wäre also durchaus denkbar, dass die Eltern gemeinsam beschließen, dass es beim alleinigen Sorgerecht der Mutter bleibt und der Vatr nur ein sehr ausgedehntes Umgangsrecht bekommt. Das könnte für die Mutter ja auch Vorteile haben, weil sie die Kinder wohlbehütet weiß und weiter arbeiten gehen kann etc.
Ausgestaltet ist das dann so, dass der Vater in den Zeiten, in denen die Kinder bei ihm sind, die so genannten „alltäglichen Entscheidungen“ (also: Mit wem sind die Kinder zusammen, wann gehen sie ins Bett, dürfen sie fernschauen, müssen sie Zähne outzen etc.) allein fällen darf. Das sollte ebenso unproblematisch gehen, wie bisher.
Das Sorgerecht ist nur für die „weltbewegenden“ Fragen wichtig: Soll das Kind operiert werden (hier ist, wenn ein Notfall vorliegt, auch kein Sorgerecht nötig, es ist aber immer hilfreich), auf welche Schule geht es, wird es konfirmiert, welche Berufsausbildung darf begonnen werden etc.
Es ist keine Frage, dass das getrennte „Zusammenleben“ immer leichter ist, wenn die Eltern sich einig sind. Dafür ist dann eigentlich auch gar kein gemeinsames Sorgerecht nötig, weil die Eltern sich dann beide am Wohl des Kindes orientieren. Für den ohne Sorgerecht besteth aber latent die Gefahr, dass der andere mit Sorgerecht im Streitfall das „Ich bestimme das allein und Du kannst nichts dagegen Machen“-As zieht.
Das Erstreiten des Sorgerechts wird im vorliegenden Fall, wenn sich alles verhält, wie sie schreiben, durchaus aussichtsreich sein; das Recht unverheirateter Väter wurde vom Gesetzgeber deutlich gestärkt.
Meine Empfehlung ist aber, den Einzelfall anzuschauen. Dann könnte es eventuell auch geschickter sein, solche Fragen nicht in der Krise, die ja offenbar herrscht, zu klären - da sind die Beteiligten ohnedies dünnhäutig und neigen zu Widerstand. Man könnte für den Moment nur - möglichst auch schriftlich - den Umgang regeln; optimal so, wie es bislang auch war.
Dann sollte man das mal ein halbes oder dreiviertel Jahr ausprobieren. Wenn es gut läuft, wird bis dahin auch der größte Ärger über die Trennung verraucht sein und es wäre eine Diskussion des Sorgerechts weniger emotional möglich.
Wie gesagt: Hier muss der Einzelfall zählen, denn dieses Vorgehen erfordert ein Mindestmaß an verbliebenem Vertrauen zueinander.
Wenn dieses gar nicht mehr vorhanden ist und es darum geht, alle Positionen rechtssicher zu machen, wird wohl doch nur eine Klage auf gemeinsame Sorge möglich sein.
Wie bereits angedeutet: Das Jugendamt kann hier unterstützend wirken, indem in einem gemeinsamen Beratungstermin die Möglichkeiten erörtert werden.
Wenn es weiterführende Fragen geben sollte, dürfen Sie sich gerne wieder melden.
Ansonste hoffe ich, alles ergibt sich zum Besten.
Herzliche Grüße,
picard.