'Sozialverträgliches Ausscheiden'

Hallo!
Was bedeutet „sozialverträgliches Ausscheiden“ im Zusammenhang mit dem Ausscheiden eines Mitarbeiters aus einer Firma?
Besten Dank für schnelle Hilfe
Euer Donovan

Hallo!
Was bedeutet „sozialverträgliches
Ausscheiden“ im Zusammenhang mit dem
Ausscheiden eines Mitarbeiters aus einer
Firma?

Hallo Donovan,
dies dürfte bedeuten, daß bei der Auswahl des zu kündigenden Mitarbeiters eine soziale Auswahl vorgenommen wird. Es gibt ein Schema, das angewendet werden muß, wenn aus einem Kreis von Mitarbeitern, die praktisch gleiche Qualifikation und Aufgaben haben, einer (oder einige) entlassen werden sollen. Dabei spielt eine Rolle, wie lange die Betriebszugehörigkeit ist, das Lebensalter, der Familienstand, wieviele unterhaltspflichtige Kinder etc. Erkundige Dich, wenn Du es im Detail brauchst, mal bei Eurem Betriebsrat, einer Gewerkschaft oder einer anderen Arbeitnehmerorganisation.

Gruß
Martin

Hallo Donovan,

also ich würde sagen: Abfindung und schöne Worte. In welchem Zusammenhang brauchst Du das?

mfg
ralph

Unwörter der Jahre 1991-1998!
Hi Ralph,
bin Übersetzer.
„sozialverträglich“ war das Unwort des Jahres 1998. Eine Schande, daß solche Wörter im Umlauf sind. Weitere Beispiele (aus dem Internet):


Zwei weitere von der Jury gerügte Unwörter entstammen ebenfalls dem unangemessenen öffentlich-sprachlichen Umgang mit
Menschen:

»Belegschaftsaltlasten« und »Humankapital«.

»Belegschaftsaltlasten« meint Mitarbeiter, die ein Betrieb gern wieder loswerden möchte. Das Wort ist ein weiterer Beleg für
die um sich greifende Anwendung von Abfallmetaphern auf Menschen. Es wurde vom Genfer Betriebswirt Michael Schmilinsky
in einem taz-Interview vom 24.1.1998 verwendet.

»Humankapital« ist im gerügten Zusammenhang eines ZEIT-Aufsatzes vom 2.4.1998 von Albrecht Schmidt, Chef der
Bayerischen Vereinsbank, nicht mehr nur als abstrakte betriebswirtschaftliche Größe gebraucht worden, sondern als
Bezeichnung von Kindern.

Schließlich hat die Jury auch die Wortbildung

»Moralkeule«

in der Paulskirchen-Rede von Martin Walser gerügt. Mit dieser Rüge ist keine Stellungnahme im Streit um diese Rede
verbunden, wohl aber die Verwunderung, daß ein so sprachsensibler Autor wie Walser den positiv besetzten und
schützenswerten Begriff »Moral« mit einem Totschlaginstrument, einer »Keule«, in sprachlich engste Verbindung bringen
konnte.

Unwörter des Jahres 1991-1997

1991:
Ausländerfrei (fremdenfeindliche Parole in Hoyerswerda)
durchraßte Gesellschaft (Mischung der Deutschen mit Ausländern; E. Stoiber)
intelligente Waffensysteme (aus der Golfkriegbericherstattung)
Personalentsorgung (für Entlassungen)
Warteschleife (Phase sozialer Unsicherheit von Arbeitskräften in den östlichen Bundesländern)

1992:
Ethnische Säuberung (Propagandaformel im ehem. Jugoslawien)
weiche Ziele (militärsprachl. Umschreibung für Menschen)
auf -/abklatschen (tätliche und tödliche Angriffe auf Ausländer)
aufenthaltsbeende Maßnahmen (Abschiebungen im sog. Asylkompromiß; GG Art. 16a)
Beileidstourismus (für Trauerkundgebungen anläßlich der Morde von Mölln)

1993:
Überfremdung (Scheinargument gegen Zuzug von Ausländern)
kollektiver Freizeitpark (Unterstellung einer sozialpolitische Wunschvorstellung; H. Kohl)
Sozialleichen (Verstorbene, die aus völliger Verelendung stammen; Objekte für Auto-Crashtests)
schlanke Produktion / lean production (mit weiteren Varianten) (Unternehmensstrategie mit Arbeitsplatzvernichtung)
Selektionsrest (für schwerstbehinderte Kinder, die nicht in „Normalklassen“ integriert werden können)

1994:
Peanuts (abschätziger Bankerjargonismus; H. Kopper)
Besserverdienende (Pseudodefinition für neue staatliche Einnahmequellen)
Dunkeldeutschland *(Ironismus für östliche Bundesländer)
Buschzulage *(Gehaltszulage für sog. Aufbauhelfer in den östl. Bundesländern)
Freisetzungen *(für Entlassungen)

* ausdrücklich mit Blick auf besondere Aktualität in den östlichen Bundesländern als Belege „sprachlicher Demütigung“ gewählt.

1995:
Diätenanpassung (Beschönigung der Diätenerhöhung im Bundestag)
Altenplage (Beleidigung der älteren Generation)
biologischer Abbau (Zynismus für Ausscheiden aus dem Arbeitsleben)
sozialverträglicher Stellen-/ Arbeitsplatzabbau (schönfärber. Umschreibung für Entlassungen)
abfackeln (von Sachen und Menschen) (jugendsprachlich zynische Gleichsetzung)

1996:
Rentnerschwemme (falsches, angstauslösendes Naturbild für einen sozialpolitischen Sachverhalt)
Flexibilisierung (Bez. für eine betriebswirtschaftl. Strategie, die den Wert aktiver individueller „Flexibilität“ leugnet, diesen Begriff
aber schönfärberisch ausbeutet)
Outsourcing (Imponierwort, das der Auslagerung/Vernichtung von Arbeitsplätzen einen seriösen Anstrich zu geben versucht)
Umbau des Sozialstaats (mißbräuchl. Verwendung einer (Auf-) Baumetapher)
Gesundheitsreform (mißbräuchl. Verwendung des positiv besetzten Begriffs „Reform“)
Sozialhygiene (höchst problematische Anwendung von Hygienevorstellungen auf soziale Sachverhalte; vgl. „Rassenhygiene“,
„ethnische Säuberungen“)

1997:
Wohlstandsmüll (Umschreibung arbeitsunwilliger wie arbeitsunfähiger Menschen; H.Maucher, Nestlé)
Organspende (Pervertierung der Begriffe „Spende/ spenden“ in der Transplantationsmedizin)
Blockadepolitik/-politiker (diffamierende Unterstellung einer argumentationslosen Verweigerungshaltung)
neue Beelterung (bürokrat. Umschreibung neuer Erziehungsberechtigter, die an die Stelle der leiblichen Eltern treten sollen)

1998:
sozialverträgliches Frühableben (zynische Ironisierung von Therapieentzug; K. Vilmar)
Belegschaftsaltlasten (Abfallmetapher für Mitarbeiter, die ein Betrieb gern wieder loswerden möchte)
Humankapital (als Bezeichnung von Kindern)
Moralkeule (fatale Koppelung von „Moral“ und einem Totschlaginstrument; M. Walser)

und Vorschläge für 1999
Lieber Donovan

Ooh, jaa, die haben mich auch geärgert. Ich habe da noch weitere Vorschläge:

Flüchtlingswelle, Ausländerflut
Friedensmission (schon als Schüler habe ich mich geärgert, daß das lateinische „debellare“ mit „befrieden“ zu übersetzen war).
Hofjude (TAZ von wann weiß ich nicht: Ignatz Bubis war kein Hofjude)

Haben die von Dir nachgefragten „Führungsgesellschaften“ im Rechtsbrett auch damit zu tun? Ich kenne so etwas nämlich nicht, sondern nur „herrschende Gesellschaften“ im Konzernrecht.

mfg
ralph

‚Führungsgesellschaft‘??
Hi Ralph,

Deine Vorschläge sind super:

Flüchtlingswelle, Ausländerflut
Friedensmission (schon als Schüler habe
ich mich geärgert, daß das lateinische
„debellare“ mit „befrieden“ zu übersetzen
war).
Hofjude (TAZ von wann weiß ich nicht:
Ignatz Bubis war kein Hofjude)

Vor allem Flüchtlingswelle und Ausländerflut…

Haben die von Dir nachgefragten
„Führungsgesellschaften“ im Rechtsbrett
auch damit zu tun? Ich kenne so etwas
nämlich nicht, sondern nur „herrschende
Gesellschaften“ im Konzernrecht.

Nein, Führungsgesellschaft bedeutet scheinbar sowas ähnliches wie Tochtergesellschaft in bezug auf einzelne Geschäftsbereiche eines Unternehmens. Ich wäre immer noch sehr dankbar, wenn jemand die genaue Definition wüßte… Ich muß die Übersetzung, in der dieser Begriff auftaucht, heute abend liefern…
Donovan

Gerade schicke ich ein direktes Mail an Donovan, schon meint Reinhard dasselbe wie ich.

ist zumindest hier mit „management company“ übersetzt:

http://www.euromicron.de/

Die hier definieren sich auch als „Führungsgesellschaft“:
http://www.elexis.de/
http://www.freudenberg.de/

Der Begriff scheint mir im Wesentlichen identisch mit „Muttergesellschaft“ bzw. „Mutterunternehmen“ zu sein und wird wohl dann verwendet, wenn „Muttergesellschaft“ nicht paßt, weil z.B. die Mutter jünger ist als ihre Töchter…

Reinhard

Vielen Dank, Reinhard…
Die Übersetzung ist schon weg, ich hab’s mit „Geschäftsführungsgesellschaft“ übersetzt. Und selbst wenn’s falsch wäre, da kräht kein Hahn danach, es ist völlig wurscht (das sag ich gern mal, wenn ich eine Übersetzung bereits abgeschickt habe; solche Zweifelsfälle kommen aber zum Glück nur sehr selten vor)
Many thanks Euch beiden

o)

Donovan