Spezielle Pfändungsfrage

Folgender fiktiver Fall. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen nicht ganz zufällig.

Familie A ist im Besitz eines Mopses M mit Stammbaum. Weil A dem Finanzamt F einen hohen Geldbetrag schuldet, pfändet X, Mitarbeiter von F M und versteigert ihn über seinen privaten Account auf der Internetplattform EBucht, wobei P für 750 € den Zuschlag erhält. Nach der Versteigerung stellt sich heraus, dass M unter einer schweren Augenerkrankung leidet, weshalb Arztkosten in Höhe von 1800 € anfielen.

Gepfändet werden dürfen Tiere nur dann, wenn sie als besonders wertvoll gelten. Haustiere dürfen generell nicht gepfändet werden, äußert sich das zuständige Innen(!)Ministerium.

Wer ist Eigentümer von M unter Berücksichtigung, dass M nicht hätte versteigert werden dürfen, weil

  • Haustier
  • der Wert durch die Augenerkrankung erheblich gemindert wurde
    und M über den privaten Account versteigert wurde.
    Hat P Ansprüche und wenn ja gegen wen? F oder X?
    Hat jemand Ansprüche gegen A durch den Schaden in Folge der Augenerkrankung, in den Varianten
  • A hat gewusst, dass die Augenerkrankung vorliegt
  • A hat das nicht gewusst
    Welchen Einfluss hat die Augenerkrankung auf die Minderung der Steuerschuld?
    Bezahlt das Innen(sic!)ministerium die nötigen Rechtsberater?

Servus,

hier ist einiges ziemlich zweifelhaft.

Weshalb sollte hier das Innenministerium (des Bundes, des Landes??) zuständig sein?? Wer ist an dieses und weshalb herangetreten? Wie kommt ein Mitarbeiter eines Finanzamtes dazu, ein gepfändetes Tier über seinen privaten e-Bay-Account zu versteigern?

Es sieht aus, als fehlten hier ein paar wesentliche Einzelheiten in der Darstellung des Sachverhaltes.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

so stand es aber in „den Medien“.

Jetzt fehlt nur noch, dass der Mops in Wahrheit eine Ente ist.

Gruss
Jörg Zabel

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Diese Mopsbesitzer, Schuldner hätten doch nur eine eidesstattliche Versicherung ablegen müssen und dann den Gerichtsvollzieher nicht rein lassen müssen. diese EV kann man im Gericht abgeben oder im Büro des gerichtsvollziehers. er hätte auch ins Privatinsoverfahren gehen können und sich gegen die Pfändung des Tieres auch mit Anwalt wehren können. dazu gibt es schuldnerberatung und Verbraucherberatung. Ein Anwalt würde auch über Beratungshilfe und PKH bezahlt werden. Man hätte darlegen können, dass das Tier unabdingbar wichtig ist für die psychische Gesundheit der Familie, für den behinderten Mann im Rollstuhl, der sonst schon keine Freude mehr im Leben hatte. man wird jetzt mühsam gegen den Versteigerer vorgehen müssen und das ist hinterher immer schwerer als wie oben gesagt vorher.

Recht haben sie - auch wenn ich nicht verstehe, was gerade die nun damit zu tun haben bzw. inwiefern sie „zuständig“ sein sollen. Das steht in § 811c Abs. 1 ZPO. Davon abgesehen bedarf es für eine Pfändung eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichtes, das dann auch die Zwangsversteigerung durchführt. Mithin wurde M von X auch nicht tatsächlich gepfändet, da dafür keine Rechtsgrundlage vorhanden war. Naheliegend ist die Vermutung (die Sachverhaltsschilderung ist da mangelhaft), dass sich X durch Täuschung von A in den Besitz von M gebracht hat. Das wäre schwerer Amtsmissbrauch - offensichtlich vorsätzlich, da M ja auch nicht im Rahmen einer Zwangsvollstreckung nach ZVG versteigert wurde, sondern privat. Hier liegt der Verdacht einer persönlichen Bereicherungsabsicht des X nahe.

Zunächst: die Augenerkrankung und auch die Art des Verkaufs ist für die Eigentumsfrage völlig unerheblich. Allenfalls könnte hinsichtlich Augenerkrankung ein Anspruch von P gegenüber dem Verkäufer auf Minderung, Wandlung oder Rückgängigmachung des Kaufs bestehen. Problematisch, da P zwischenzeitlich den Mangel durch einen Tierarzt selbst beseitigen ließ ohne diesen beim Veräußerer geltend zu machen - jedenfalls besagt die Sachverhaltsschilderung dazu nichts.

Da sich X rechtswidrig in Besitz von M gesetzt hat, könnte P Eigentümer von M sein, wenn hier ein gutgläubiger Erwerb gem. §§ 929 ff BGB vorläge. An der Gutgläubigkeit von P ist nach Sachverhaltsschilderung nicht zu zweifeln, allerdings steht dem mE § 935 Abs. 1 Satz 1 3. Fall BGB entgegen - M wurde A zwar nicht entwendet und ist auch nicht verloren gegangen, ist aber durch eine vermeintlich rechtmäßige (vorgetäuschte) Pfändung „sonst abhanden gekommen“. Eigentümer ist also nach wie vor A. P ist zur Herausgabe von M an A verpflichtet und hat gegenüber X Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Bei der tierärztlichen Behandlung von M handelt es sich um eine eigenmächtige Selbstvornahme durch den Käufer P ohne Fristsetzung (jedenfalls steht in der Sachverhaltsschilderung nichts von einer Reklamation seitens des P), vgl. §§ 280 ff BGB. P könnte allerdings von X Erstattung der Tierarztkosten verlangen und andernfalls mit einer Anzeige wegen Betrugs drohen, da X in P den Irrtum erregt hat, rechtmäßiger Eigentümer von M zu sein und dieser nur aufgrund dieser Täuschung die Behandlung durch einen Tierarzt vornehmen ließ. Ob es ggf. zu einer Verurteilung des X wegen Betrugs mit Verpflichtung zur Erstattung der Tierarztkosten käme, lässt sich aufgrund der Sachverhaltsschilderung nicht eindeutig beantworten. X hat nach meiner Einschätzung immerhin wenigstens dienstrechtliche, wenn nicht darüber hinaus auch strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten.

Keinen. Da die Pfändung rechtswidrig war, konnte sie nicht zu einer Minderung der Steuerschuld führen - völlig unabhängig vom Gesundheitszustand von M. Falls X tatsächlich den Erlös aus der Versteigerung an die Staatskasse abgeführt haben sollte (über dieses wichtige Detail schweigt sich die Sachverhaltsschilderung aus), muss diese ihn P zurückerstatten.

Wieso sollten die? Wenn es zu einem Rechtsstreit käme, dann mit dem Finanzministerium als Dienstherrn von X. Dann könnte evt. ein Urteil (oder ein Vergleich) festlegen, dass Auslagen und Verfahrenskosten durch das Finanzministerium zu tragen sind. Ansonsten gilt: wer bestellt, bezahlt.

Was glaubst du, warum ich das „Innen“ in „Innenministerium“ mit Ausrufezeichen und Sic! versehen habe?

Dafür muss man als Mopsbesitzer aber überhaupt erst einmal seine Rechte kennen. Was im ganzen Medienrummel um den Mops untergegangen ist: Die wollten erst den Rollstuhl pfänden und haben nur deshalb davon Abstand genommen, weil der gar nicht im Eigentum der Familie war, sondern der BG.

:smiley:
Die Antwort les ich mir noch mal bzgl. der technischen Fragen 5 Mal und in Ruhe durch. Was die letzten Zeilen angeht, sind auch die ein Sidekick auf eine Pressemeldung.

Nachtrag: Ich habe keine Ahnung. Die Pressemeldungen geben zu dem Punkt nichts her. Allerdings vermute ich, dass, wenn X das nicht gemacht hätte, da auch stünde, dass die ganze „Pfändungsaktion“ der persönlichen Bereicherung gedient hat. Dagegen steht, dass ich mir schon nicht vorstellen kann, wie X so etwas auch nur halbwegs legal einzahlen und verbuchen könnte. Genau weil der Fall so bekloppt ist, habe ich die Frage gestellt.

Im Übrigen möchte ich ergänzend zu meiner Ehrenrettung darauf hinweisen, dass ich schon absichtlich X nicht zum Mitarbeiter von I sondern von F gemacht habe. Genau genommen pfänden die ja soweit ich weiß nicht mal selbst. Die lassen doch pfänden - oder nicht? Aber das stünde dann wieder auf einem anderen Blatt.

Mir war nicht klar, dass der Fall nicht so ganz „fiktiv“ ist. Habe jetzt mal entsprechende Meldungen recherchiert und festgestellt, dass der Gläubiger von A nicht das Finanzamt, sondern die Kommune ist. Das erklärt auch, wieso das Innenministerium involviert ist - die ist oberste Kommunalaufsichtsbehörde.

Das weiß ich halt nicht. Bin dafür zu unge-BILD-et.

Wenn bei Mandanten irgendwas in Vollstreckung ging (was freilich nicht gar so oft vorkam), hab ich das jedesmal klargekriegt, ohne dass denen jemand den Mops weggenommen hat.

Das Hübscheste war, als der VZ zusammen mit einem Mandanten im Wartezimmer saß - er hatte auf dem Weg zur Zwangshaft mit ihm nochmal beim StB vorbeigeschaut - und darauf wartete, dass ich dessen Überschussrechnung nebst Steuererklärungen fertig machte, von denen es abhing, ob der Kandidat nach Hause durfte oder einfahren musste.

Und das Schönste, als ich einen Erlass von nicht weniger als 18.000 DM Steuerschulden (nun ja, das meiste davon waren Zinsen und Nebenleistungen) zu beantragen hatte, der dann auch vom FA abgenickt wurde, so dass die Sache dann eben nicht in Vollstreckung ging. Andere wurden für solche Aktionen als ‚Gerechter unter den Völkern‘ geehrt, bloß ich bin dabei halt einmal wieder der Depp am Klavier gewesen.

Wie auch immer - ebbes geht immer, und eine Vollstreckung durch das FA hat immer eine Vorgeschichte, die meistens für die Medien nicht so attraktiv ist.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

es ist der FinKa bzw. wie hier der Stadt- oder Gemeindekasse vollkommen gleichgültig, wer etwas einzahlt.

Eingehende Zahlungen und Überweisungen werden ganz legal immer zu der Steuernummer bzw. dem Kassenzeichen gebucht, das als Verwendungszweck angegeben worden ist, egal von wem sie kommen - d.h. die Verbuchung ist das allerkleinste Problem in diesem Fall.

Übrigens ein gerne genommenes Modell für Geldwäsche: Man gründet in D zwei Briefkasten-Unternehmen, und das, was eines davon als Vorsteuer abzieht und erstatten lässt, zahlt irgendein Mister X für das andere an USt bar irgendwo ein. Weil nirgendwo ein Steuerbetrag verkürzt oder hinterzogen worden ist, ist das den beteiligten Finanzämtern egal - und die lange, lange Zeit, die es braucht, bis jemand (falls überhaupt) draufkommt, dass da was nicht in Ordnung sein könnte, reicht lang und dick dafür aus, dass die gefakten Unternehmen ganz ordentlich und sauber abgewickelt und die Strohmänner außer Landes sind. Kein Geldstrom ist weiter rückverfolgbar als bis zu dem Punkt, an dem eben Bargeld eingezahlt wurde, und das Unternehmen, dem das Geld von der Finanzkasse überwiesen worden ist, hat es vollkommen ‚sauber‘ vom Staat bekommen.

Schöne Grüße

MM

Eigentlich schon. Bei web.de steht u. a.:

Kämmerer Dirk Schlebes (parteilos) hatte am Donnerstag erläutert, man
habe „etwas weniger“ als die auf Ebay angegebenen 750 Euro
Verhandlungsbasis erlöst. Der Betrag sei in die Stadtkasse geflossen.
Die Pfändung des Hundes sei ein „legales Mittel“ gewesen.

das weiß ich, dass sie erst seinen rollstuhl pfänden wollten, weil es dabei gesagt wurde im TV und Radio. ich verstehe nicht, wieso die betroffenen schuldner sich nicht sofort an einen anwalt wenden und scheinbar nur an die medien.

Äh, weil sie vielleicht kein Geld für einen Anwalt haben, die Medien aber kostenlos sind?!

aber über Beratungshilfe kann jeder kostenlos bzw über 10 Euro Eigenbeteiligung zum Anwalt gehen und den Schein dazu bekommt man ebenfalls kostenlos in der Rechtsantragsstelle im Amtsgericht.

zu was haben die denn alle heute die handies und das internet, wenn sie sie es nicht dort rausfinden können? mir würde keiner einen mops jemals pfänden…und jeder hat eine verbraucherberatung in der Nähe.

Und du glaubst, das wissen alle? Ich wage es zu bezweifeln.

Nein, es wissen nicht alle. Deshalb habe ich es noch mal hier rein geschrieben. Es gehört aber in der Schule unterrichtet, der Umgang mit Schulden und Anwälten und PKH. Das wäre wichtiger als die höhere Mathe.

Das Ziel der Schule ist nicht, künftige Hartz-IV-Empfänger über ihre Rechte zu unterrichten, sondern eher, die Schüler davor zu bewahren. Andere „lebenspraktische“ Sachen würde ich in der Schule durchaus für sinnvoll untergebracht sehen, aber das nun gerade nicht, sorry.