Hallo Blonde,
ich habe einen fast 15-jährigen Sohn, der für meinen
Geschmack
zu viel vor der Glotze bzw. Playstation hängt.
Was heißt das, nach deinem Geschmack? Kennst du SEINEN
Geschmack? Weißt du was er spielt? Weißt du, was ihn
daran interessiert bzw. fasziniert? Hast du mal
mitgespielt oder dir zeigen lassen, was er spielt? Hält
er seinen Konsum auch für problematisch? Wenn nicht,
was macht ihn da so sicher, dass er nicht gefährdet
ist, süchtig zu werden? Wo sind deine Ängste? Was
könnte deiner Meinung nach bei seinem Konsumverhalten
schlimmstenfalls passieren? Kennt er deine Ängste?
Hat er noch andere Hobbys? Pflegt er Freundschaften
außerhalb des Netzes? Hat er Anschluss in der Schule?
Fühlt er sich in der Schule, im Verein, der Clique …
wohl? Wo liegen seine Interessen? Wo seine Begabungen
und Talente? Kennt er seine Talente? Ist er in der
Schule notenmäßig abgefallen?
So, das waren nun erstmal ganz viele Fragen.
Wenn ich mich
mit anderen Eltern unterhalte, muss ich feststellen,
dass die meisten Kids so drauf sind.
Sind diese Eltern ähnlich besorgt?
Ich finde aber, dass das schon
Suchtverhalten ist.
Findet er das auch?
Denke daran, dass die Zeit der Erziehung nun vorbei
ist. Jetzt heißt es eine gleichwertige
partnerschaftliche Beziehung aufzubauen. Das fordert
großes Vertrauen. Ich gehe weiter unten nochmals darauf
ein.
Er lässt sich auch seit längerem für nichts mehr
begeistern, geht z.B. nicht mit uns ins Schwimmbad,
Dieses Verhalten ist vollkommen normal!
verabredet sich nur selten mit Freunden
Was heißt selten? Hast du das Gefühl im reichen seine
Kontakte oder hätte er selbst gerne mehr? Hast du
darüber mit ihm schon einmal gesprochen?
und ist nur widerwillig mit uns in den
Urlaub gefahren.
Aber er ist mitgefahren! Hut ab! Ich wäre mit 15 nicht
mehr mit meinen Eltern in Urlaub gefahren und kenne
auch niemanden, der dies gerne getan hätte.
Eine wichtige Entwicklungsaufgabe der Pubertät ist es,
sich emotional vom Elternhaus zu lösen um seine eigene
Identität zu finden. Dazu gehört ausprobieren, mal das
Gegenteil von dem machen, was die Eltern wollen, zu
rebellieren, sich zurück zu ziehen, …
Dies ist vor allem für die Eltern meist sehr schwer,
denn lange Zeit (bei Jungs 12-16 Jahren) waren die
Eltern nahezu die wichtigsten Bezugspersonen. Man hat
deren Regeln und Muster nicht hinterfragt und meistens
war es harmonisch. Und plötzlich ist es anders. Das
kommt dann oft aus heiterem Himmel.
Es ist in der Regel so, dass dies den Eltern noch
verstandesmäßig klar ist, dass die Zeit kommt, in der
die Kinder anfangen MÜSSEN ihren eigenen Weg zu suchen.
Kinder müssen dann erstmal alles in Frage stellen, was
vorher war. All das ist kopfmäßig meistens klar. Und
wenn es dann soweit ist, dann tut es trotzdem weh.
Hast Du nen Tipp, wie ich ihn animieren könnte, etwas
Spaß zu haben?
Ich denke es dir absolut klar, dass es auf keinen Fall
DEINE Aufgabe ist, ihn zum Spaß zu animieren. Du bist
seine Mutter, nicht seine Animateuse oder
Freizeitgestalterin.
Denk daran, er geht immer auf die andere Seite der
Waage von dir. Wie bei einem Esel. Wenn du ziehst, geht
er zurück, wenn du drückst geht er nach vorne. Das sind
die ausgleichenden Kräfte. Ich hoffe du verstehst, was
ich meine, ansonsten nochmals fragen.
Vielleicht noch ne Anmerkung: er ist das älteste von
meinen 3 Kindern. Die beiden jüngeren sind
aufgeschlossen und sind lebenslustig.
Wie war bisher der Charakter deines Sohnes? War er
nicht lebenslustig? Ist er schon immer eher
zurückgezogener gewesen?
Nochmals zu deiner Eingangsfrage mit der Sucht. Das
kann ich natürlich nicht beantworten, weil ich deinen
Sohn nicht kenne. Du kannst sicherlich auch eine
Suchtberatungsstelle aufsuchen. Was klar ist, dass PC-
Games, vor allen Dingen Online-Rollen-Spiele hohes
Suchtpotential haben. Man darf das nicht unterschätzen.
Aber absolut wichtig ist: Bleibe mit deinem Sohn in
Kontakt. Versuche ihn zu verstehen! Vorbehaltslos. Ohne
wenn und aber. Und genieße ihn so, wie er bis jetzt
geworden ist. Kein Mensch ist perfekt. Das ist gar
nicht so einfach.
Ich habe noch einen Buchtipp: „Pubertät“ von Jesper
Juul. Vom gleichen Autor ist auch ein weiteres tolles
kurzweiliges und schnell zu lesendes Buch mit dem
Titel: Grenzen, Nähe, Respekt.
So, ich hoffe ich konnte dir ein paar Denkanstöße geben
Liebe Grüße
Stefan (dunkelhaarig und mit mittlerweile vielen
Grauen)