Hallo,
man macht heute Papst Pius XII immer noch den Vorwurf, dass er
sich nicht eingemischt hat. Es hat also, für viele, die
warnende bzw. mahnende Stimme gefehlt. In einem diktatorischen
System, ohne Meinungsfreiheit und Opposition, wäre die Kirche
vor allem zur Einmischung aufgerufen gewesen, da sie Macht
hatte gegen das Unrecht aufzutreten.
je genau das meine ich, wäre es besser gewesen wenn sich die
Kirche in die Angelegegenheiten des Staates einmischt und
somit in die Opposition zu gehen?
Ob es besser gewesen wäre?Vielleicht wären Priester und Bischöffe im NS-Bereich mundtot gemacht worden. Die Einmischung hätte wohl die gleiche Qualität wie die eines Widerstandskämpfers.
Wenn sie das aber nur täte, würde sie damit nicht die
Autorität des Staates untergraben? Ja, sie wäre eine Opposition.
Ich meine in der NS-Zeit wäre es bestimmt nicht schlimm
gewesen, aber im Prinzip, ich weiß nicht ob ich mich jetzt
korrekt ausdrücke, wäre es auch so, dass sich die Kirche als
höher gestellt sieht und demnach den Staat überwacht, oder?
Im NS-Staat hatte die Kirhe keine staatsrechtliche Funktion, sie war ein Verein und hatte zu kuschen. Den Staat überwachen? Wie sollte das gehen? Sie konnte nur die Rechtsbrüche offenlegen und hoffen,dass man dem Staat in einer Notwehrreaktion den Gehorsam verweigert.
In einer demokratischen
Ordnung dagegen sollte sie vorsichtiger auftreten. Sofern hier
Unrecht geschieht, sind dafür ordentliche Instanzen vorgesehen
um solches zuverhindern, die Kirche sollte da eher als Warner
oder Kritiker (wie jede andere Institution, Partei oder Bürger
auch)auftreten; ihre Macht braucht sie hier nicht ausspielen.
Wenn jetzt aber die Kirche als Warner oder Kritiker des
Staates fungiert, wäre es ja genauso, sie wäre eine Instanz
höher als der Staat, und das soll doch nicht.
Die Kirhe ist kein verfassungsmäßiges Organ und hat demnach keine politische Funktion. Sie ist ein Verein, und wie jeder Verein kann sie auf Missstände oder Verstöße gegen die Vereinsinteressen protestieren, kritisieren etc; wie z.B. der Bund der Steuerzahler gegen zu hohe Steuern wettert. Kirche und andere Interessengruppen können nur versuchen,die öffentlihe Meinung zu beeinflussen in der Hoffnung, dass Abgeordnete und Parteien sich vor dem Zorn des Wählers fürchten und daher umschwenken.
Es soll ja genauso wenig sein, dass der Staat sich in die Angelegenheit der Kirche einmischt. Wie man es nimmt. Der Staat hat Gesetze erlassen, die der Lehre der Kirche widersprachen (z.B. Abtreibung in bestimmten Grenzen erlaubt). Die Kirche hat dagegen schwer opponiert, konnte aber höchstens den Einbau von Hindernissen erzielen (Fristenlösung) und mußte sich aber im übrigen fügen. Sie kann natürlich gegen Kirchenmitglieder Strafen verhängen - das ist dem Staat egal solange diese Strafen nicht gegen die Gesetze verstoßen (Hölle und Verdammnis: ja - Auspeitschen, Gefängnis: nein)
Oder verstehe ich da was falsch?
Ich kann nicht erkennen, wo Du Probleme hast. Im demokratischen Staatswesen machen die Bürger die Gesetze, die Kirche bezieht sich dagegen auf göttliche Gebote. Wenn weltliche Gesetze gegen Kirchenrecht verstoßen, dann kann die Kirche zwar protestieren, aber im Zusammenleben der Bürger gelten die weltlichen Gesetze. Ebenso gilt innerhalb der Kirche das Kirchenrecht, bloß - Kirchenrecht bricht nicht weltliches Gesetz.
Wolfgang D.