Hallo Horst,
Wie ist es zu erklären, dass mein Ausweis meine
Staatsangehörigkeit als Thüringen anzeigt?
Artikel 6 Nr. 3 der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 betrifft ausschließlich die Gesetzgebungskompetenz bezüglich der Statsangehörigkeit - die lag beim Reich. Genauer ausgeführt wird dies in Art. 110 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung:
„Die Staatsangehörigkeit im Reiche und in den Ländern wird nach den Bestimmungen eines Reichsgesetzes erworben und verloren. Jeder Angehörige eines Landes ist zugleich Reichsangehöriger.“
Demnach gab es primär eine Staatsangehörigkeit in den zum Reich gehörenden Ländern (z.B. in Thüringen), die sekundär eine Staatsangehörigkeit des Deutschen Reichs begründete. Das in Art. 110 angesprochene „Reichsgesetz“ ist das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) vom 22.7.1913 (also noch aus der Zeit des Kaiserreiches stammend). Es wurde zwar mehrmals geändert, jedoch nur geringfügig - bis es am 15.09.1935 durch das Reichsbürgergesetz abgelöst wurde. Dieses gehörte zu den sog. Nürnberger Rassegesetzen und beseitigte im Zuge der Gleichschaltung auch eine besondere Staatsangehörigkeit der Länder, vgl. § 1:
„Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist.“
Im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG), das im Jahr 1933 noch galt, heisst es hingegen:
„§1 - Deutscher ist, wer die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat […] oder die unmittelbare Reichsangehörigkeit […] besitzt“
und
_"§ 3 - Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird erworben:
- durch Geburt (§4)
- durch Legitimation (§5)
- durch Eheschließung (§6)
- für einen Deutschen durch Aufnahme […] und
- für einen Ausländer durch Einbürgerung"_
Also war Dein Vater Staatsbürger des Deutschen Reiches und Staatsbürger Thüringens - wobei er die thüringische Staatsbürgerschaft wiederum vermutlich von seinem Vater ‚geerbt‘ hatte, so wie er sie an Dich weitergab. Merkwürdig ist allerdings der Geburtsort Deines Großvaters - ein ‚Creuznach an der Werra‘ existiert nicht, lediglich ein Creuzburg.
Oder aber Du warst unehelich geboren und hast die thüringische Staatsbürgerschaft von Deiner Mutter geerbt; gem. § 4 RuStaG:
„Durch die Geburt erhält das eheliche Kind eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter.“
Wie schon erläutert, entfiel mit dem Reichsbürgergesetz vom 15.09.1935 eine gesonderte Staatsbürgerschaft der Bundesstaaten. Diese lebte auch in den Verfassungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik nicht wieder auf.
Ist es ein Fehler
der ausstellende Behörde?
Eine deutsche Behörde macht keine Fehler
…
Freundliche Grüße,
Ralf