Stadtrat verurteilt

Hi all,
letzte Woche wurde in München ein Stadtrat verurteilt: http://www.br-online.de/aktuell/hitlergruss-prozess-…

Meine Frage: Was für Folgen hat es für einen Stadtrat wenn er verurteilt wird?
Ich meine das jetzt generell, also auch für z.B. Drogendelikte oder Körperverletzungen.
Wie „schnell“ Ist man so ein Amt wieder los?

Gruß
Nick

Hallo Nick!

Also ich kann dir lediglich im Bereich des niedersächsischen Kommunalrechtes Auskunft geben, da das Kommunalrecht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt sein kann, und ich in Niedersachsen Verwaltungsbeamter bin. Im Wesentlichen gibt es jedoch Übereinstimmung in solchen Fällen!
Allerdings hat das ganze nicht direkt „kommunalrechtliche“ Konsequenzen sondern vielmehr wird dann bei Straftaten (je nach Art der Tat und Höhe des Strafmaßes) der politische Druck sehr groß, da der Stadtrat, als allgemeiner Vertreter des Bürgermeister/Oberbürgermeisters gilt und vom Rat gewählt bzw. bestimmt wird. Und dementsprechend kann der Rat natürlich auch sagen, dass wenn sich der Stadtrat nicht mehr als „würdig“ erweist dieses Amt zu bekleiden, dass der gute Mann dann dieses Amt nicht mehr ausüben darf also er wird abgewählt/abgesetzt.
Rein logisch wird dies relativ schnell erfolgen, denn schließlich will kein Rat und auch kein Bürgermeister, dass ein vorbestrafter Stadtrat die Stadt nach außen und bei den Amtsgeschäften vertritt (von internen Parteidifferenzen mal ganz zu schweigen).
Der Stadtrat bleibt also zumeist keinesfalls bis zum Ende seiner Amtszeit in seinem Amt. Dies wäre erstens nur schwer zu begründen und
zweitens auch moralisch nur schwer tragbar.

Was aber viel wichtiger als dieser kommunalrechtliche Aspekt ist, ist selbstverständlich, wie du es ja schon erwähnt hast, der strafrechtliche Gesichtspunkt. ABER auch in Sachen beamtenrechtliche Vorschriften gibt es doch einiges zu beachten. Denn der Stadtrat wird als sog. Beamter auf Zeit (also für einen bestimmten Zeitraum) bestimmt und hat somit auch einen Großteil (nicht alle) Pflichten und Rechte eines „normalen“ Beamten.
Es kann also, um nur mal einen Aspekt zu nennen, ein sog. Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet werden und dabei kann z.B. entschieden werden, dass die ihm normalerweise zustehende Weiterzahlung seiner Besoldung bis zum eigentlichen Ende seiner Amtszeit und evtl. Pensionsansprüche teilweise oder komplett gestrichen werden.

Ähnliche Fälle gab es übrigens bereits so gut wie in jedem Bundesland. Zwar handelt es sich meistens nicht gleich um Straftaten oder Stadträte aber im Wesentlichen, also in seinen Grundzügen, funktioniert jede Amtsenthebung aus einem repräsentativen Amt fast genauso.

Ich hoffe ich konnte ein bisschen weiterhelfen. Falls weitere Fragen auftreten, werde ich gerne versuchen diese zu beantworten.

MFG

Chris

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi,

könntest Du Deine Ansichten mit irgendwelchen Vorschriften untermauern?
Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass das so zu trifft. Die Gemeinderatsmitglieder werden von den Gemeindebürgern gewählt und nicht von den anderen Gemeinderatsmitgliedern oder dem Bürgermeister.
Wer wählbar ist sagt Art. 21 BayGLKrWG ( http://by.juris.de/by/gesamt/KomWG_BY_2006.htm ):

  1. Für das Amt eines Gemeinderatsmitglieds oder eines Kreisrats ist jede Person wählbar, die am Wahltag
  1. Unionsbürger im Sinn von Art. 1 Abs. 2 ist,
  2. das 18. Lebensjahr vollendet hat,
  3. sich seit mindestens sechs Monaten im Wahlkreis mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhält; Art. 1 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(2) Nicht wählbar ist, wer am Wahltag

  1. nach Art. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen ist,
    2.infolge deutschen Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt,
  2. sich wegen einer vorsätzlichen Straftat in Strafhaft oder in Sicherungsverwahrung befindet oder
  3. sich als
    a) erster Bürgermeister in seiner Gemeinde als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied,
    b) Oberbürgermeister einer kreisfreien Gemeinde als Kreisrat,
    c) Landrat in einer kreisfreien Gemeinde als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied,
    d) Landrat als Kreisrat
    bewirbt, wenn seine Amtszeit nicht mit der Wahlzeit des zu wählenden Gemeinderats oder Kreistags übereinstimmt. Das gilt nicht, wenn im Einzelfall aus besonderen Umständen darauf geschlossen werden kann, dass das Ehrenamt tatsächlich angetreten wird.

Es spielt also keine Rolle, ob jemand ein verurteilter Straftäter ist oder nicht, solange er sich nicht in Strafhaft oder Sicherungsverwahrung befindet. Wenn es aber schon bei der Wahl keine Rolle spielt, kann dies erst recht auch später keine Rolle mehr spielen. Dann ist dieser Gemeinderat demokratisch legitimiert von den Gemeindebürgern. Es wäre nun ziemlich undemokratisch, wenn er von den anderen Gemeinderäten oder dem Bürgermeister abgesägt werden könnte. Sonst könnte die Mehrheit ja auch einfach politisch unliebsame andere Gemeinderäte ausschließen.

gruß

Hi,
das ist eben die Frage: Darf der Stadtrat ein Mitglied ausschlieesn, absetzen oder Ähnliches.

Praktisch gesehen läufts ja meistens so, daß der Betroffene wenn der Druck zu stark wird zurücktritt, aber wenn sich einer stur stellt? Was für Möglichkeiten hat man den dann loszuwerden?

Kurzes Update zum ursprünglichen Fall: Der verurteilte Stadtrat geht in Berufung und kündigt an, daß er durch alle Instanzen gehen wird.
Damit ist die endgültige Entscheidung vermutlich bis laaange nach dem Ende seiner Amtszeit verschoben.

Gruß
Nick

hi

das ist eben die Frage: Darf der Stadtrat ein Mitglied
ausschlieesn, absetzen oder Ähnliches.

ich dachte, ich hätte sie beantwortet. Der Gemeinderat darf nur in einem einzigen Fall einem anderen Mitglied den Verlust des Amtes aussprechen, nämlich im Fall des Art. 48 III BayGO:

Artikel 48 Teilnahmepflicht; Ordnungsgeld gegen Säumige

(1) Die Gemeinderatsmitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen und Abstimmungen teilzunehmen und die ihnen zugewiesenen Geschäfte zu übernehmen. Kein Mitglied darf sich der Stimme enthalten.

(2) Gegen Mitglieder, die sich diesen Verpflichtungen ohne genügende Entschuldigung entziehen, kann der Gemeinderat Ordnungsgeld bis zu zweihundertfünfzig Euro im Einzelfall verhängen.

(3) Entzieht sich ein ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied nach zwei wegen Versäumnis erkannten Ordnungsgeldern innerhalb von sechs Monaten weiterhin seiner Pflicht, an den Gemeinderatssitzungen teilzunehmen, so kann der Gemeinderat den Verlust des Amts aussprechen.

also nur, wenn sich das Gemeinderatsmitglied seiner Teilnahmepflicht mehr als zwei Mal entzieht.
Desweiteren gibt es folgende Gründe für den Verlust eines Gemeinderatsamtes:

  • Tod
  • Verlust der Wählbarkeit (und damit u.U. des Bürger-Status) z.B. bei Wohnsitzwechsel, Art.45 Abs.1 Nr.1 i.V.m. Art.20, 1, 2 GLKrWG
  • „Rücktritt“ materiell-rechtliche Voraussetzungen entspr. Art.19 Abs.4 i.V.m. 2 S.1 BayGO
  • Verlust nach strafgerichtlicher Verurteilung, vgl. § 45 StGB, Art.2 Nr.1, Art.20 S.2 GLKrWG
  • Verlust bei Verweigerung der Eidesleistung Art.31 Abs.5 BayGO, Art.45 Abs.1 Nr.2 GLKrWG
  • Verlust bei Übernahme einer Tätigkeit als Beamter oder Angestellter derselben Gemeinde, Art.31 Abs.4 GO, Art.45 Abs.1 Nr.3 i.V.m. Art.34 Abs.3 GLKrWG.

(Quelle: http://www.jura.uni-passau.de/fileadmin/dateien/faku… )

Vorliegend kommt lediglich der Verlust wegen strafrechtlicher Verurteilung in Betracht. Dies aber nur im Rahmen des § 45 StGB, dieser sagt:

§ 45 Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts
(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.
(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

Laut dem Artikel wurde der Herr wegen eines Verstoßes gegen § 86a StGB verurteilt. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Verbrechen, sondern um ein Vergehen (siehe § 12 I StGB). Somit hat er das Amt auch nicht automatisch verloren.

gruß
Raoul

Hallo!

Also ich glaube wir reden ein wenig aneinander vorbei!
Wie gesagt kenne ich mich im bayrischen Kommunalrecht nicht aus! Ich bin vom niedersächsischen Recht ausgegangen.
Und hier in Niedersachsen ist Stadtrat nicht der Stadtrat im Sinne des Gemeinderates sondern wie bereits erwähnt der allgemeine Vertreter des Oberbürgermeisters.
Also wurde nun der Stadtrat oder ein Mitglied des Stadtrates/Gemeinderates (also ein Ratsmitglied) entfernt???

Hallo!

Also ich glaube wir reden ein wenig aneinander vorbei!
Wie gesagt kenne ich mich im bayrischen Kommunalrecht nicht
aus! Ich bin vom niedersächsischen Recht ausgegangen.
Und hier in Niedersachsen ist Stadtrat nicht der Stadtrat im
Sinne des Gemeinderates sondern wie bereits erwähnt der
allgemeine Vertreter des Oberbürgermeisters.

Ah, ok! Das wusste ich tatsächlich nicht. Hier in Bayern gibt es diese Unterscheidung nicht. Das heißt, in Niedersachsen wäre der Typ zwar kein Stadtrat mehr, aber immer noch Teil des Gemeinderats?

gruß