Steig- und Sinkrate bei Ryanair

Hi!

Bin nun zum ersten Mal mit Ryanair geflogen. Das erste mal also mit einem „Billigflieger“.
Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass Sinkrate und Kurvenflug des Flugzeugs sich von anderen Gesellschaften unterscheiden, d.h. engere Kurven und steilerer Sinkflug bei Ryanair. Kann das sein oder bilde ich mir das nur ein. Und wenn ja, welchen Vorteil hat es für Ryanair. Die Höhe bekommen die Piloten doch vom Fluglotsen vorgegeben. Was bringt es schneller als andere auf diese Höhe zu kommen oder die Kurve enger zu fliegen.

Ciao
Kaj

Hi,

wie Du schon richtig sagst, wird der Anflug von der Bodenkontrolle vorgegeben. Der ist egal, ob da nun Ryanair oder die Lufthansa ankommt.

Gruß
Christian

Hallo,

wie Du schon richtig sagst, wird der Anflug von der
Bodenkontrolle vorgegeben. Der ist egal, ob da nun Ryanair
oder die Lufthansa ankommt.

Die Sinkrate ist nur im Anflug per ILS fixiert (durch den Gleitpfad), ansonsten gibt’s von der Flugsicherung im Wesentlichen Höhenfreigaben. Wie schnell man dahin steigt oder sinkt, ist meistens dem Piloten überlassen. In seltenen Fällen kommt die Anweisung z.B. „climb flight level 100, 1000 ft/min or less“, dann ist meistens eine andere Maschine irgendwo über einem und es soll verhindert werden, dass man durch zu schnelles Steigen die Staffelung unterschreitet. Ist diese Gefahr vorrüber, kommt oft noch vor Erreichen der Zielhöhe die Anweisen „climb at your convenience“, also so wie man will.

Eine Vermutung: In größeren Höhen verbrauchen die Maschinen weniger Sprit pro Strecke. Wenn man also schnell steigt und die Reiseflughöhe relativ spät verlässt und dann 'ne ordentliche Sinkrate hinlegt, spart das Sprit, auch wenn’s für die Passagiere oft nicht so angenehm ist.
Ob das allerdings so viel ausmacht, dass eine Fluggesellschaft das gezielt macht, weiß ich nicht.

Grüße
Sebastian

P.S.: Manchmal haben Fluglotsen auch Humor: Wir haben mit einer Piper Seneca die Anweisung bekommen, mit nicht mehr als 1500 Füßen pro Minute zu steigen … Spaßvogel, die hätten wir sowieso nie geschafft. Und dann hat er zu allem Überfluss diese Beschränkung auch noch großzügig wieder aufgehoben … „climb at your convenience“ … und wir haben uns artig bedankt *kicher*

Hi Kaj,

Verkehrsflugzeuge fliegen nach den sog. IFR-Regeln, das heißt „Instrument Flight Rules“. Es bedeutet daß man sich nicht an landschaftlich markanten Punkten der Erdoberfläche orientiert, sondern sich in einem Netz von Luftstraßen bzw. -korridoren bewegt, die durch Funkfeuer und andere Navigationshilfen definiert werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: man kann auch oberhalb der Wolken, in der Dunkelheit oder bei Nebel fliegen. Andererseits: es erfordert daß jedes Flugzeug im jeweiligen Luftraum die Regeln einhält und nicht auf direkter Linie zwischen Start und Ziel fliegt.

Für die Luftkorridore und die dortigen Straßen gibt es Regeln, so wie auf der Straße hier unten auch. Sozusagen unabhängig vom Luftstraßennetz in der Höhe gibt es An- und Abflugschemata für alle Flughäfen. Zwischen beiden gelten dann nochmal gesonderte Übergangsregeln, in denen der Übertritt vom einen System in das andere definiert wird.
Dabei regeln Anweisungen sowohl den lateralen Flugweg, also woher man fliegen darf, als auch die vertikalen Bewegungen, also auf welcher Höhe man fliegen darf und wann man wo steigt oder sinkt. Ist ein Luftraum relativ leer und drohen keine Konflikte kann die Flugsicherung einem Freigaben zum Abweichen von der Standardroute geben, was sich normalerweise in der Einsparung des einen oder anderen, sonst abzufliegenden Wegpunktes äußert (man sagt dann daß man ein „Direct“ bekommen habe).

Da der Luftdruck mit der Höhe sinkt werden die Verbrauchswerte eines Flugzeugs mit zunehmender Höhe immer besser, sprich: es konsumiert weniger Treibstoff. Daher sind alle Airlines daran interessiert in maximaler Höhe zu fliegen, wobei das Maximum ein sinnvoller Kompromiß zwischen Fluglänge, Treibstoffverbrauch/Triebwerksbeanspruchung im Steigflug, möglicher Sinkflugentfernung und natürlich der im Luftraum möglichen Höhenstaffelung ist.
Die Grundregel (von der es natürlich auch Ausnahmen gibt und die ich jetzt etwas vereinfacht darstelle) für letztere besagt daß alle Flüge in Richtung Westen, also Kompaßkurse zwischen 180 und 360°, auf geraden Flugflächen unterwegs sind: 10.000, 12.000, 14.000 usw. Fuß. Flüge in Ostrichtung, also Kurse zwischen 0 und 179°, fliegen dementsprechend auf ungeraden Höhen. Dieses System geht hinauf bis auf Flugflächen von 43.000 Fuß, mit ein paar hier nicht näher erwähnten Besonderheiten.

Der Flugweg eines Verkehsflugzeugs wird also bestimmt durch die maximal mögliche, in der jeweiligen Richtung zulässige Höhe und das Luftstraßennetz, auf dem man unterwegs ist. Im An- und Abflugbereich der Airports gelten gesonderte, aber eben auch vorgeschriebene Regeln.

Die Ryanair fliegt also wie alle anderen auch, die Flughöhen-Kalkulation ist keine andere als bei der Konkurrenz, auch die Kurven nicht enger als bei anderen Airlines. Es wäre natürlich denkbar daß Ryanair zumindest in der An- und Abflugphase aufgrund der kleineren, peripheren Airports mehr Freiheiten ausnutzen kann als Maschinen, die sich sehr genau und mit weniger Chancen auf „Directs“ an große, stark frequentierte Airports herantasten müssen.
Das Limit setzt aber in der Regel weniger die spezielle Vorliebe der Airline, sondern schlichtweg die Performance des Flugzeugs und natürlich die Vorgaben der benutzten Lufträume bzw. der Flugsicherung.

Da die Ryanair tendentiell eher kurze Strecken fliegt hat das aus Gewichtsgründen oft nicht vollgetankte Flugzeug natürlich eine bessere Steigleistung als Maschinen mit hohem Gewicht, betankt für mehrstündige Flüge. Außerdem geht der Trend der letzten Jahrzehnte (bei Flugzeugen dauert es wegen der hohen Entwicklungskosten sehr viel länger bis zum Modellwechsel als beim Auto) deutlich zum stärker motorisierten Flugzeug. Die modernen Boeing 737-800 der Ryanair können deswegen auch mit anderen Steigraten erfreuen als das bei manchen anderen Konkurrenten der Fall ist.

MecFleih

Ausführlichkeit, die begeistert! thnx! (nt)
nt

Da der Luftdruck mit der Höhe sinkt werden die Verbrauchswerte
eines Flugzeugs mit zunehmender Höhe immer besser, sprich: es
konsumiert weniger Treibstoff. Daher sind alle Airlines daran
interessiert in maximaler Höhe zu fliegen, wobei das Maximum
ein sinnvoller Kompromiß zwischen Fluglänge,
Treibstoffverbrauch/Triebwerksbeanspruchung im Steigflug,
möglicher Sinkflugentfernung und natürlich der im Luftraum
möglichen Höhenstaffelung ist.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Faktoren, die hier sehr maßgeblichen Einfluß haben: Die Windrichtung /-geschwindigkeit, Turbulenzen und leider auch der Flugplan.
Während es für einen Charterflieger oder einen LoCo-Carrier sehr interessant ist, möglichst ökonomisch zu fliegen (= in der Regel in großer Höhe), ist es für eine Linienfluggesellschaft oftmals interessanter Pünktlich anzukommen oder eine Verspätung aufzuholen.
Dies kann z.B. dadurch erreicht werden, daß man oftmals etwas tiefer fliegt und dort etwas schneller fliegen kann, auch wenn es etwas mehr Sprit verbraucht.
Es gibt noch einen weiteren Grund nicht zu hoch zu fliegen: Die Höhenstrahlung. Leider ist bisher nicht klar, wie sich genau die Strahlung auswirkt oder ob sie nicht doch vielleicht unschädlich ist (*wer’s glaubt…*) - insofern kann es auch von diesem Punkt aus durchaus interesant sein, ein wenig tiefer zu fliegen, da dieses die Strahlendosis schon deutlich reduziert.

Da die Ryanair tendentiell eher kurze Strecken fliegt hat das
aus Gewichtsgründen oft nicht vollgetankte Flugzeug natürlich
eine bessere Steigleistung als Maschinen mit hohem Gewicht,
betankt für mehrstündige Flüge. Außerdem geht der Trend der
letzten Jahrzehnte (bei Flugzeugen dauert es wegen der hohen
Entwicklungskosten sehr viel länger bis zum Modellwechsel als
beim Auto) deutlich zum stärker motorisierten Flugzeug. Die
modernen Boeing 737-800 der Ryanair können deswegen auch mit
anderen Steigraten erfreuen als das bei manchen anderen
Konkurrenten der Fall ist.

In der Regel sind moderne Flugzeuge nicht stärker motorisiert als früher. Von den absoluten Werten gesehen natürlich schon, aber diese in Relation zum Gewicht gesehen nicht mehr unbedingt. Es ist eher der umgekehrte Falle eingetreten, daß Flugzeuge aufgrund der besseren Optimierungs-Tools mit weniger Leistungsreservern konstruiert werden konnten. Ein Beispiel dafür z.B. ist der A340, der extrem ökonomisch auf Langstrecken ist, auf der anderen Seite aber verspottet wird, weil seine Steigleistung so mäßig ist.

Viele Grüße
Nabla

1 Like

Hallo Nabla,

Ein Beispiel

dafür z.B. ist der A340, der extrem ökonomisch auf
Langstrecken ist, auf der anderen Seite aber verspottet wird,
weil seine Steigleistung so mäßig ist.

…ich nehme an, dass Du Airline Pilot bist…? Ich habe 1996 eine A340 in München beobachtet und im Gegensatz zu allen anderen Airlinern sieht sie beim Abheben wirklich lahm aus. Allerdings habe ich in einigen Fachzeitschriften gelesen, dass das Teil der 340er Ökonomie ist. Mit Hilfe der Bordrechner und ALLER zur Verfügung stehenden Daten (Temp., FLughafenhöhe, Landebahninfo - incl. Temp.,Gewicht, etc.)wird die MINIMALE nötige Leistung für einen sicheren Abflug errechnet und damit geflogen. Je weniger die Turbinen gefordert werden je länger bleiben sie im Einsatz. Falls die A340 steil wegfliegen muss kann sie das durchaus und besser als alles andere auf dem Markt.

3top

Hi,

Falls die A340 steil wegfliegen muss

kann sie das durchaus und besser als alles andere auf dem
Markt.

Nein, kann er leider nicht. Beim A340 wird der konstruktive Unterschied zwischen einer Kurz- und eine Langstrackenmaschine sehr deutlich.

Der A340 ist aerodynamisch auf eine hohe Reisegeschwindigkeit bei niedrigem Verbrauch ausgelegt - auf Kosten der Steigleistung. Je besser die Steigleistung eines Flugzeuges sein soll, desto hoeher muss unter anderem der Auftriebsbeiwert des Flaechenprofils (ca-Wert) sein. Die Flaechen des A340 weissen einen eher geringen ca-Wert, aber damit auch einen geringeren Luftwiderstand auf.

Der A340 hat nicht mehr Reserven als jedes andere Flugzeug auch. Die Steigleistungen eines A320 oder z.B. einer B767 erreicht der A340 jedoch definitiv nicht.

gruss
Pasqual

Der A340 hat nicht mehr Reserven als jedes andere Flugzeug
auch. Die Steigleistungen eines A320 oder z.B. einer B767
erreicht der A340 jedoch definitiv nicht.

gruss
Pasqual

Hallo,again!

Ich kenne mich mit den Airlinern nicht sehr gut aus, aber ich glaube, dass Du hier Äpfel mit Birnen vergleichst. Du vergleichst die A340 mit den „Kleinen“. Einen 500 PS 40-tonner Fern-LKW kann man ja auch nicht mit einem 280 PS Zustell-LKW vergleichen.

Wie sehen die Leistungsverhältnisse im Vergleich mit z.B. einer B747-400 aus?

3top

Hi,

Ich kenne mich mit den Airlinern nicht sehr gut aus, aber ich
glaube, dass Du hier Äpfel mit Birnen vergleichst.

Stimmt, das tut er zweifelsohne. Allerdings ist es auch schwierig passende Vergleiche zu machen weil es immer gewisse Unterschiede in Größe, Reichweite, Konzept und Ökonomie von Flugzeugtypen gibt.

Du
vergleichst die A340 mit den „Kleinen“. Einen 500 PS 40-tonner
Fern-LKW kann man ja auch nicht mit einem 280 PS Zustell-LKW
vergleichen.

…wobei es vom A340 inzwischen auch schon 4 Varianten gibt. Also wäre auch immer die Frage welche A340-Version man mit welchem Konkurrenten vergleicht und dazu kommt (siehe oben) daß Vergleiche immer hinken.

Wie sehen die Leistungsverhältnisse im Vergleich mit z.B.
einer B747-400 aus?

Wie geschrieben: es gibt verschiedene Versionen A340: ganz kurz, ein bißchen kurz, etwas länger und gaaaanz lang. Außerdem ist der A340 konzeptionell ein paar Jährchen jünger als die 747, auch deswegen stellt sich die Frage welche Kriterien vergleichbar sind.

Schönen Gruß,

MecFleih

PS: In Pilotenkreisen sagt man daß der A340 nur abhebt weil die Erde eine Kugel ist… :smile:

HI,

MecFleih

PS: In Pilotenkreisen sagt man daß der A340 nur abhebt weil
die Erde eine Kugel ist… :smile:

…nun vielleicht sollte man den Herrn Piloten dann einfach mal die Wartungsrechnungen für die Triebwerke verrechnen, mal sehen wie die Kommentare dann ausfallen!!

In Fernfahrerkreisen gab es auch eine ähnliche Maulerei, bis die Transportfirmen anfingen Dieselbonus zu zahlen. Auf einmal war jeder der immer den Gasfuss am Boden hatte schön kleinlaut, bis sie die erfahren Füchse beobachteten, wie die Treibstoff sparen, mit einer intelligenten Fahrweise…
Ausserdem sind die Treibstoffausgaben der Speditionen um mehr als 35% (…stand to be corrected!) gesunken!!! Stell Dir dass mal in der Luftfahrt vor!!
3top

Die Anfangssteigleistung einer 747-400 liegt deutlich (etwa Faktor 2) ueber der eines A340, aber weit unter der einer 767 oder einer TribleSeven. Die 747 ist deutlich progressiver ausgelegt und erreicht nicht die Wirtschaftlichkeit eines A340.

Aepfel mit Birnen - kann ich dir nicht ganz zustimmen - sagen wir verschiedene Apfelsorten. Gut, der A320 ist inder Tat etwas Fehl am Platz, aber in der Lige der grossen Langstreckenairliner gehoeren neben dem A340 und dem A330 eben auch B747, B777 und B767.

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