Sterbehilfe

Hallo liebe Leute

In den Medien war ja in den letzten Tagen viel zu hoeren von einer
Amerikanerin, die jetzt per Gerichtsbeschluss sterben soll, weil es
ja doch keinen Zweck mehr habe, sie weiterhin maschinell am Leben zu
halten, nachdem man 15 Jahre vergeblich auf ein Erwachen aus dem Koma
gehofft hat. Die Eltern sprechen von Mord.
Diejenigen, die Sterbehilfe ablehnen, argumentieren oft religioes:
Nur Gott darf das Leben beenden. Der Mensch darf nicht Herr ueber
Leben und Tod spielen. U.s.w. Oder man kommt ohne Gott aus und fuehrt
das slippery-slope-Argument an, man weist also darauf hin, dass man
keine Grenzen ziehen koenne und schliesslich in willkuerlicher
Euthanasie ende, womoeglich noch gegen den Willen des Sterbenden
b.z.w. des zu Toetenden.
Uebersehen diese Menschen eigentlich alle, dass sie die
lebensverlaengernden Massnahmen mit den gleichen Argumenten
ablehnen muessten? Wenn ein Arzt einen Kranken vor dem Tode bewahrt
oder die Maschine zur Lebenserhaltung weiterlaufen laesst, dann setzt
er sich doch ebenfalls ueber den vermuteten goettlichen Willen
hinweg, und enthaelt Gott vor, was dieser zu sich nehmen wollte.
Und sind wir nicht ebenfalls ueber eine schiefe Ebene in die
Situation geraten, dass wir ansonsten Tote lebendig halten koennen,
naemlich durch den Wunsch, das Leben unnatuerlich zu verlaengern?
Konsequenterweise muessten die Gegner der Sterbehilfe jegliche
Medizin ablehnen, zumindest, wenn ihnen keine anderen Argumente
einfallen als die von mir genannten.

Wie seht ihr das?

Danke fuer Antworten, Tychi

Hallo Tychi,

Deine Aufmachung dieses Themas hier ist gut und nicht unschlüssig, in der Tat wird ja auch für beide Optionen im Namen Gottes plädiert.

Ich versuche Dir eine erste kleine Antwort auf Deine Frage zu geben:

Uebersehen diese Menschen eigentlich alle, dass sie die
lebensverlaengernden Massnahmen mit den gleichen
Argumenten
ablehnen muessten?

Ich würde hier eigentlich durchaus dazu neigen, „Ja“ zu sagen, aber:

zu „Gott“: es herrscht in den christlichen Religionen heute ein recht breiter Konsens, dass die Errungenschaften der Medizin als Gaben Gottes, als Gnade, anzusehen sind; diese Gaben nicht anzunehmen, also in unserem Fall: die Maschinen willkürlich abzuschalten, heißt dann „Herr über Leben und Tod zu spielen“. Natürlich könnte man auf der Basis der „Prämissen“ der jüdisch-christlichen Tradition auch damit argumentieren, dass die „Lebensverlängerungsmaschinerie“ dem Willen Gottes widersprechen würde (das wird ja zum Teil auch gemacht), aber ich denke der Konsens zur Medizin ist heute relativ gefestigt.

zur „slippery slope“: jede Grenzziehung und ihre praktischen Konsequenzen, die auf menschlicher Entscheidung beruht, muss gemäß dieser Position als Euthanasie angesehen werden.

Hier weiß ich nicht, wie man das umkehren könnte. Natürlich könnte man so argumentieren, dass es eine „natürliche“ Grenze gibt, deren Überschreitung eben auch eine slippery slope wäre, aber dieses Argument(X) würde seiner Struktur nach hinter das slippery-slope-Argument(Y) zurückfallen, weil (Y) keine Einsicht in eine Grenze postuliert, also kein Voraus-Wissen annimmt, sondern sich jeder Entscheidung enthält; selbstverständlich ist das Enthalten selbst eine Entscheidung, aber meines Erachtens strukturell dem (X) überlegen, welches die Entscheidung auf einem vermeintlichen Wissen fundiert.
Da aber nicht einfach eine zweifelsfreie Grenze zwischen Leben und Tod gezogen werden kann, ist dieses Wissen selbst höchst fragwürdig und „willkürlich“ (aus meiner Sicht eben auch „Natur“-religiös), womit (X) strukturell hinter (Y) zurückfällt. Deshalb halte ich das slippery-slope-Argument für unumkehrbar (persönlich aber auch für falsch, aber das nur nebenbei).

Viele Grüße
franz

Hallo,

In den Medien war ja in den letzten Tagen viel zu hoeren von
einer
Amerikanerin, die jetzt per Gerichtsbeschluss sterben soll,
weil es
ja doch keinen Zweck mehr habe, sie weiterhin maschinell am
Leben zu
halten, nachdem man 15 Jahre vergeblich auf ein Erwachen aus
dem Koma
gehofft hat.

bei dem Fall geht es nicht um Zweckmäßigkeit, sondern um den strittigen angeblichen Wunsch der Patienten, nicht durch Magensonde ernährt zu werden. Es geht auch nicht um maschinelle Aufrechterhaltung der Vitalfunktion, sondern nur um eine Ernährung über die Magensonde. Gerade, wenn du anhand eines konkreten Falles diskutieren willst, empfielt sich eine gewisse Sorgfalt bei den Tatsachen.

Diejenigen, die Sterbehilfe ablehnen, argumentieren oft
religioes:

Manche tun das, aber sicher nicht alle. Sterbehilfe läßt sich auch völlig ohne Bezug auf Religion ablehnen.

Uebersehen diese Menschen eigentlich alle, dass sie die
lebensverlaengernden Massnahmen mit den gleichen
Argumenten
ablehnen muessten? Wenn ein Arzt einen Kranken vor dem Tode
bewahrt
oder die Maschine zur Lebenserhaltung weiterlaufen laesst,
dann setzt
er sich doch ebenfalls ueber den vermuteten goettlichen Willen
hinweg, und enthaelt Gott vor, was dieser zu sich nehmen
wollte.

Ich denke, du beziehst dich auf die Bibel. Machen wir es einfach, neben dem Gebot „Du sollst nicht töten“ gibt es auch die Verpflichtung zu Nächstenliebe (in den zehn Geboten und an vielen Stellen im NT) und Barmherzigkeit. Mit erstem kann man jede Form der aktiven Sterbehilfe ablehnen, aus zweitem läßt sich jederzeit ableiten, daß es eine Christenpflicht ist, einem Kranken zu helfen.

Ansonsten wurde das Thema hier schon ausgiebig diskutiert

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Gruß

Tahere

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Tahere,

bei dem Fall geht es nicht um Zweckmäßigkeit,

bei dem Fall selbst nicht direkt (indirekt sehr wohl!), in der Diskussion der Sterbehilfe, die durch den Fall Schiavo einen Anstoß bekommen hat, spielt die Frage der Zweckmäßigkeit eine große Rolle.
Da wir uns hier der Thematik in philosophischer Hinsicht nähern wollen, nicht in rein juristischer Hinsicht, spielt sie eben auch für uns eine Rolle

sondern um den
strittigen angeblichen Wunsch der Patienten, nicht durch
Magensonde ernährt zu werden. Es geht auch nicht um
maschinelle Aufrechterhaltung der Vitalfunktion, sondern nur
um eine Ernährung über die Magensonde.

Worin bestünde für eine philosophische Diskussion dieser Problematik der Unterschied?

Gerade, wenn du anhand
eines konkreten Falles diskutieren willst, empfielt sich eine
gewisse Sorgfalt bei den Tatsachen.

Erstens will er das ja gar nicht; er möchte über die Diskussion, die der Fall ausgelöst hat, diskutieren; zweitens spielen diese Tatsachen dabei keine Rolle.

Diejenigen, die Sterbehilfe ablehnen, argumentieren oft
religioes:

Manche tun das, aber sicher nicht alle. Sterbehilfe läßt sich
auch völlig ohne Bezug auf Religion ablehnen.

Eben das hat Tychi gesagt!

Viele Grüße
franz

Hallo Franz

Diesen Teil verstehe ich nicht:

Hier weiß ich nicht, wie man das umkehren könnte. Natürlich
könnte man so argumentieren, dass es eine „natürliche“ Grenze
gibt, deren Überschreitung eben auch eine slippery slope wäre,
aber dieses Argument(X) würde seiner Struktur nach hinter das
slippery-slope-Argument(Y) zurückfallen, weil (Y) keine
Einsicht in eine Grenze postuliert, also kein Voraus-Wissen
annimmt, sondern sich jeder Entscheidung enthält;

Wie lautet das Argument Y?

selbstverständlich ist das Enthalten selbst eine Entscheidung,
aber meines Erachtens strukturell dem (X) überlegen, welches
die Entscheidung auf einem vermeintlichen Wissen fundiert.
Da aber nicht einfach eine zweifelsfreie Grenze zwischen Leben
und Tod gezogen werden kann, ist dieses Wissen selbst höchst
fragwürdig und „willkürlich“ (aus meiner Sicht eben auch
„Natur“-religiös), womit (X) strukturell hinter (Y)
zurückfällt. Deshalb halte ich das slippery-slope-Argument für
unumkehrbar (persönlich aber auch für falsch, aber das nur
nebenbei).

Waere nett, wenn du das nochmal etwas ausfuehrlicher und mit
Beispielen illustriert schreiben koenntest.

Gruss, Tychi

Hallo Tahere

bei dem Fall geht es nicht um Zweckmäßigkeit, sondern um den
strittigen angeblichen Wunsch der Patienten, nicht durch
Magensonde ernährt zu werden. Es geht auch nicht um
maschinelle Aufrechterhaltung der Vitalfunktion, sondern nur
um eine Ernährung über die Magensonde. Gerade, wenn du anhand
eines konkreten Falles diskutieren willst, empfielt sich eine
gewisse Sorgfalt bei den Tatsachen.

Diese Einzelheiten sind fuer meine Frage unwichtig. Der Fall
Schiavo diente mir doch nur als Einleitung.

Diejenigen, die Sterbehilfe ablehnen, argumentieren oft
religioes:

Manche tun das, aber sicher nicht alle. Sterbehilfe läßt sich
auch völlig ohne Bezug auf Religion ablehnen.

Wie ich schon schrieb.

Uebersehen diese Menschen eigentlich alle, dass sie die
lebensverlaengernden Massnahmen mit den gleichen
Argumenten
ablehnen muessten? Wenn ein Arzt einen Kranken vor dem Tode
bewahrt
oder die Maschine zur Lebenserhaltung weiterlaufen laesst,
dann setzt
er sich doch ebenfalls ueber den vermuteten goettlichen Willen
hinweg, und enthaelt Gott vor, was dieser zu sich nehmen
wollte.

Ich denke, du beziehst dich auf die Bibel. Machen wir es
einfach, neben dem Gebot „Du sollst nicht töten“ gibt es auch
die Verpflichtung zu Nächstenliebe (in den zehn Geboten und an
vielen Stellen im NT) und Barmherzigkeit. Mit erstem kann man
jede Form der aktiven Sterbehilfe ablehnen, aus zweitem läßt
sich jederzeit ableiten, daß es eine Christenpflicht ist,
einem Kranken zu helfen.

Gut, das ist ein Argument. Doch ist es immer fragwuerdig, was man
unter Hilfe versteht. Vielleicht wuenscht sich der Kranke ja nichts
sehnlicher als zu sterben. Ihm diesen Wunsch abzuschlagen, ist keine
Hilfe.
Ausserdem, und sogar noch wichtiger: Es besteht ein wesentlicher
Unterschied zwischen toeten und sterben lassen.

Ansonsten wurde das Thema hier schon ausgiebig diskutiert

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Danke fuer den Thread. Ins Nachrichtenbrett habe ich noch nie
geguckt. Weil er so lang ist, habe ich nur hier und da etwas
herausgepickt. Das Thema dort ist doch etwas anders gelagert als
meines hier. Mir geht es mehr um Theorie und Logik, waehrend dort
Ueberzeugungen und Gefuehle ausgetauscht werden.

Gruss, Tychi

Hallo Franz,

was willst du mit deinem Posting sagen?

Da wir uns hier der Thematik in philosophischer Hinsicht
nähern wollen, nicht in rein juristischer Hinsicht, spielt sie
eben auch für uns eine Rolle

Wir? Du und Tychi? Wir alle? Die interessierten Laien? Die Fachöffentlichkeit? Du und ich?

Ich für meinen Teil nähere mich dem Thema nicht philosophisch sondern als Mensch, meine Kategorien sind dabei Mitmenschlichkeit, medizinische Ethik, Moral.

Worin bestünde für eine philosophische Diskussion
dieser Problematik der Unterschied?

Es macht aus meiner Sicht schon einen Unterschied, ob ich einen von sich aus lebensfähigen Menschen künstlich ernähre oder einen nicht von sich aus lebensfähigen Organismus an der Herz-Lungen-Maschinekünstlich lebendig erhalte. Das macht im übrigen auch für die meisten Ärzte einen Unterschied.

Erstens will er das ja gar nicht; er möchte über die
Diskussion, die der Fall ausgelöst hat, diskutieren; zweitens
spielen diese Tatsachen dabei keine Rolle.

*BLUBB* ich zitiere: „er möchte über die (…) Diskussion diskutieren“ *BLUBB* „spielen (…) Tatsachen keine Role“ *BLUBB*

Wo lebst du denn? Diskutiert man in Wolkenkuckucksheim über Diskussionen? Spielen dabei Tatsachen keine Rolle? Hä?

Eben das hat Tychi gesagt!

Konnte ich zwar aus dem Posting nicht herauslesen, aber ich vertraue deiner analytischen Schärfe.

Gruß

Tahere

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2 Like

Hallo,

Vielleicht wuenscht sich der Kranke ja
nichts
sehnlicher als zu sterben. Ihm diesen Wunsch abzuschlagen, ist
keine
Hilfe.

(…)

Es besteht ein
wesentlicher
Unterschied zwischen toeten und sterben lassen.

ich bin zwar eigentlich nicht religiös, aber trotzdem ein paar kleine Hinweise zum Thema (die nicht meine persönliche Richtschnur darstellen):

  1. Dem Menschen steht es nicht zu, über Leben und Tod zu entscheiden, das ist alleine Gott zugestanden. Also steht es ihm auch nicht zu, die Grenzfrage, bis wann helfe ich, bewahre jemanden vor dem Tod, und ab wann helfe ich nicht mehr, bewahre nicht mehr vor dem Tod, zu beantworten.

  2. Auch wenn sich jemand wünscht, zu sterben, darf ein Christ dabei nicht behilflich sein, denn Selbsttötung ist auch eine Sünde. Auch steht es, wie unter 1., dem Menschen nicht zu über seinen eigenen Tod zu entscheiden. Auch der Helfer würde sich dabei versündigen, wenn er den Wunsch des Sterbenwollenden respektiert. Im Gegenteil, er wäre eigentlich aufgefordert, den „verirrten“ Menschen, der die Prüfung Gottes (sein irdisches Leid) nicht besteht, darin zu unterstützen, sein irdisches Leid zu ertragen. Schließlich ist das irdische Leid nur vorübergehend, der Lohn ist das Himmelreich.

  3. Der Wille des Herrn ist unergründlich. Also steht es dem Menschen nicht zu, einen möglichen Willen Gottes anzunehmen („hat entschieden, diesen Menschen zu sich zu holen“ o.ä.) und bei der Vollstreckung des angenommenen göttlichen Willens zu helfen. Es wäre blasphemisch, den Willen Gottes vorwegzunehmen.

  4. Der Körper ist der Tempel der Seele.

Und nebenbei:

Mir geht es mehr um Theorie und Logik

Religion hat eigentlich nichts mit Theorie und Logik zu tun. Schließlich soll der Mensch nicht vom Baum der Erkenntnis essen, oder?

Frag doch mal im Religionsbrett nach, da werden dir sicher noch weitere Hinweise geliefert.

Diese Einzelheiten sind fuer meine Frage unwichtig. Der Fall
Schiavo diente mir doch nur als Einleitung.

Das sind keine Einzelheiten, sondern Essentials des Falles. Wenn ein Beispiel nicht paßt, dann lass es weg. Wenn du den Fall nicht kennst, dann beziehe dich nicht darauf.

Sorgfalt bei der Formulierung eines Postings ist auch ein Gebot der Höflichkeit gegenüber den anderen Teilnehmern eines Forums, ist meine Meinung dazu.

Gruß

Tahere

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Hallo Tychi,

Wie seht ihr das?

religiöse Begründungen sind wie alle Gefühlsbegründungen nur systemrational, also innerhalb ihrer eigenen Voraussetzungen. Die Gründe selbst werden nicht mehr in Frage gestellt, sie stehen als Prämissen fest, sie stehen dann auch über möglichen argumentativen Ergebnissen, weil ja gerade nicht die Rationalität der oberste Grundsatz ist, sondern eben eine Religion oder ein Gefühl.

In der Medizin hat sich als Lösungsvorschlag für solche Probleme die Palliativmedizin herausgebildet, die versucht, statt Lebensverlängerung Lebensqualität in den Mittelpunkt der Behandlung bzw. der Betreuung unheilbar Kranker zu stellen. Ein Problem dabei ist, dass Sterbehilfe selbst in dieser Betrachtungsweise ein Randproblem im Sinne eines Extremproblems darstellt.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Organgstranplantation
Hallo Tychi,

ich antworte zwar nicht auf Deine Fragen, aber vielleicht kann ich dem Thema eine weitere Beleuchtung geben. Gestern gab es bei Maischberger eine interessante Diskussion zwischen einem Transplantationsmediziner und einer betroffenen Frau (ihr Kind war „hirnto“" und sie sollte über eine Organspende entscheiden).
Der Mediziner war als Fachmann eingeladen und sollte u.a. mal professionell erklären, welche Kriterien es da eigentlich gibt usw. Die Frau hat dann ganz gut auf die offensichtlichen Widersprüche des Experten hingewiesen. IMHO beruht vieles auf dem Wort „Hirntod“, was wie bei vielen anderen Worten dazu verleitet zu glauben, es gäbe „etwas“, was dadurch bezeichnet wird, insbesondere qualifiziere es eine Form des Todes. ABER der Mediziner selbst musste aus seiner Sicht die Situation so beschreiben, daß die Organge noch „leben“, von daher muß es nicht unbedingt richtig sein eine hirntote Person als „tot“ zu qualifizieren. (Oder nochmals anders: Organe von „wirklich“ Toten können erst gar nicht transplantiert werden.) Außerdem konnte der Fachmann nicht auf die Aussage der Frau eingehen, es müsse mittlerweile gar nicht mehr eine „Nulllinie“ im EEG vorliegen. Also alles sehr suspekt aber gut zu sehen.
Wichtig war mir vor allem, daß sich selbst die Befürworter von Organtransplantationen sehr schnell in eine von 2 nicht akzeptierbaren Alternativen verstricken: entweder das naive „es nützt, also tun wir es“ oder die Beschreibungen gestehen gewisse Werte und Qualifizierungen zu und die Position zieht sich nicht auf bloßes („so isses halt“ oder „wir machen das halt so“ oder „für uns Mediziner isses halt so“) zurück und lässt dabei klare Widersprüche hervortreten.
IMHO ein Beleg dafür, daß es keinen Rahmen gibt, der es einem erlaubt vollständige Begründugen richtigen Handelns zu geben.
Oder hat jemand hierzu eine Idee?
liebe Grüße aus Freiburg
Markus Beck

  1. Der Wille des Herrn ist unergründlich. Also steht es dem
    Menschen nicht zu, einen möglichen Willen Gottes anzunehmen
    („hat entschieden, diesen Menschen zu sich zu holen“ o.ä.) und
    bei der Vollstreckung des angenommenen göttlichen Willens zu
    helfen. Es wäre blasphemisch, den Willen Gottes
    vorwegzunehmen.

Dann müsstest du jegliche medizinische Hilfe ablehen, oder nicht? Wir entscheiden nicht nur über Tod, sondern auch über Leben! Wenn jemand ein Unfall hat, dann dürften wir ihm nicht helfen, weil wir in Gottes Entscheidung eingreifen würden. Oder wie siehst du das?

Hallo Tahere,

was willst du mit deinem Posting sagen?

Da wir uns hier der Thematik in philosophischer Hinsicht
nähern wollen, nicht in rein juristischer Hinsicht, spielt sie
eben auch für uns eine Rolle

Wir? Du und Tychi? Wir alle? Die interessierten Laien? Die
Fachöffentlichkeit? Du und ich?

in welchem Board befinden wir uns denn?

Ich für meinen Teil nähere mich dem Thema nicht philosophisch
sondern als Mensch, meine Kategorien sind dabei
Mitmenschlichkeit, medizinische Ethik, Moral.

solche Boards gibts hier auch; kannst Du an Deiner Uni eine Medizin-Vorlesung besuchen und Dich dann beim Prof. beschweren, dass dort nicht Philosophie betrieben worden ist? Natürlich nicht! Warum also umgekehrt?

Worin bestünde für eine philosophische Diskussion
dieser Problematik der Unterschied?

Erstens will er das ja gar nicht; er möchte über die
Diskussion, die der Fall ausgelöst hat, diskutieren; zweitens
spielen diese Tatsachen dabei keine Rolle.

*BLUBB* ich zitiere: „er möchte über die (…) Diskussion
diskutieren“ *BLUBB* „spielen (…) Tatsachen keine Role“
*BLUBB*

Wo lebst du denn? Diskutiert man in Wolkenkuckucksheim über
Diskussionen? Spielen dabei Tatsachen keine Rolle? Hä?

Du solltest vielleicht besser *Hicks* schreiben! Ist Dir schon mal eine Tatsache begegnet, die nicht Gegenstand von Diskussion war? Es geht darum, dass wir im Philo-Board nicht über medizinischen Tatsachen zu diskutieren haben (sonst würden wir ins Medizin-Board gehen), sondern über die einzelnen ethischen Positionen/Diskussionen zur Sterbehilfe;

Viele Grüße
franz

Hallo,

Dann müsstest du …

wie gesagt, es handelt sich bei der christlichen Sicht der Dinge nicht um meine Sicht der Dinge. Ich referiere diese Sicht, weil Tychi sich danach erkundigte, ich mache sie mir dadurch aber nicht zu eigen. Ich kann dir auch die Nationalsozialistische Rassenideologie und den Marxismus in groben Zügen erklären, ohne sie mir zu eigen zu machen.

Dann müsstest du jegliche medizinische Hilfe ablehen, oder
nicht? Wir entscheiden nicht nur über Tod, sondern auch über
Leben! Wenn jemand ein Unfall hat, dann dürften wir ihm nicht
helfen, weil wir in Gottes Entscheidung eingreifen würden.
Oder wie siehst du das?

Genau das erkläre ich in den beiden vorangegangenen Postings, es gibt das Tötungsverbot, aber es gibt auch das Gebot der Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Ersteres verbietet Sterbehilfe, zweites gebietet Hilfe für Kranke und Gebrechliche. Es lassen sich auch noch andere Stellen im AT und NT finden, aber da müsste man jemand fragen, der etwas „bibelfester“ ist als ich :smile:

Also noch mal, auch wenn ich christlich getauft bin, bin ich deswegen nicht in allen Facetten meines Denkens an der Bibel orientiert. :smile:

Gruß

Tahere

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Hallo Franz :smile:

Dialektiker sind meine zweitliebsten Feinde, nach den Psychoanalytikern *grins*. Nein, nur ein Scherz, denn ich lehne tiefenpsychologisch orientierte Methoden nicht grundsätzlich ab.

„er möchte über die (…) Diskussion diskutieren (…) spielen (…) Tatsachen (…) keine Rolle“

OK, das mit den Auslassungen, das war etwas polemisch, aber irgendwie scheint es mir auf deinen Beitrag doch zu passen :smile:

Es geht darum, dass wir im Philo-Board nicht
über medizinischen Tatsachen zu diskutieren haben (sonst
würden wir ins Medizin-Board gehen), sondern über die
einzelnen ethischen Positionen/Diskussionen zur Sterbehilfe;

Wenn ich Geduld hätte, würde ich dich fragen, wie du über ethische Positionen zur Sterbehilfe diskutieren willst, ohne dich mit medizinischen Fragen auseinanderzusetzen. Außerdem würde ich die Frage nachschieben, wer diese „wir“ sind, die „nicht über medizinische Tatsachen zu diskutieren haben“, und wer dieses Verbot in die Welt gesetzt hat. Aber da würde ich vielleicht von der „Diskussion über die Diskussion, bei der Tatsachen keine Rolle spielen“ ablenken :smile:

Was hälst du im Übrigen von Inter- bzw. Multidisziplinarität? Findest du das eigentlich NUR störend? :smile:

Du erscheinst mir etwas theorielastig, auch bei den Diskussionen über Freud und ob er das nun gesagt hat oder nicht und ob er das dann auch so gemeint hat oder nicht und ob es, falls er es so gesagt oder gemeint hat, nicht trotzdem ihm nachzusehen wäre… Das habe ich mir erlaubt, mit einem *BLUBB* und einem Wolkenkuckucksheim ein bißchen auf die Schippe zu nehmen.

Also schmoll nicht, sonst nenne ich dich wieder ein Sensibelchen, OK?

Freche Gruße

Tahere

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1 Like

Hallo Tahere,

Dialektiker sind meine zweitliebsten Feinde

Da solltest Du mal hören, was ich über die Sch…Dialektik zu sagen habe.

Es geht darum, dass wir im Philo-Board nicht
über medizinischen Tatsachen zu diskutieren haben (sonst
würden wir ins Medizin-Board gehen), sondern über die
einzelnen ethischen Positionen/Diskussionen zur Sterbehilfe;

Wenn ich Geduld hätte, würde ich dich fragen, wie du über
ethische Positionen zur Sterbehilfe diskutieren willst, ohne
dich mit medizinischen Fragen auseinanderzusetzen.

Darum geht es doch nicht! Genau wie die Medizin sich an der Philosophie orientiert, aber in bestimmten Grenzen autonom gegenüber der Entwicklung der Philosophie ist, ist dies umgekehrt eben auch der Fall; Welche unmittelbare Rolle spielt es denn für eine ethische Diskussion, ob jemand stirbt, weil die Herz-Lungen-Maschine abgestellt wird, oder ob die künstliche Ernährung abgestellt wird; in beiden Fällen stirbt ein Mensch aufgrund einer menschlichen Entscheidung; Wenn Du hier natürlich die Grenze zwischen Leben und Tod ansetzt, dann ist die Unterscheidung sehr wohl relevant; aber dann wird diese Grenze eben auch nicht „medizinisch“ zu diskutieren sein, sondern abstrakter: erkenntnistheoretisch, etc. (darum geht es ja auch oben im Singer-Fall). Ich verstehe also hier Deine Aufregung nicht so ganz.

Außerdem
würde ich die Frage nachschieben, wer diese „wir“ sind, die
„nicht über medizinische Tatsachen zu diskutieren haben“, und
wer dieses Verbot in die Welt gesetzt hat. Aber da würde ich
vielleicht von der „Diskussion über die Diskussion, bei der
Tatsachen keine Rolle spielen“ ablenken :smile:

Ablenkung wäre hier nicht schlecht, weil dieser „Diskussion…“-Satz so gewiss nicht von mir stammt;
Das „Wir“ ist die Philosophie; Philosophie benutzt philosophische Begrifflichkeiten, Medizin medizinische, etc. Um ein Verbot geht es hier also genausowenig wie dort, wo im Medizin-Board einer fragen würde, was er gegen sein Nierenleiden machen könne, und ich würde mit Nietzsche antworten: „Wolle, dass es ewig wiederkehre“, oder so; es geht also um „Kategorienfehler“, nicht um Verbote.

Was hälst du im Übrigen von Inter- bzw. Multidisziplinarität?
Findest du das eigentlich NUR störend? :smile:

Das fragst Du mich? Ich bin eigentlich für Transdisziplinarität (wenn Du jetzt einen Widerspruch zum eben Gesagten sehen solltest, dann liegst Du falsch, denn könnte man im Namen von Interdisziplinarität meinen Satz vom „ewigen Wiederkehren“ rechtfertigen? Wohl eher nicht.)

Du erscheinst mir etwas theorielastig,

Hä? :wink: Kann man Philosophie praktizieren? Man kann höchstens praktische Philosophie treiben.

Wie arbeitest Du denn wissenschaftlich? Denk mal an unsere Marxismus-Diskussion im Politik-Board. Da bin ich lieber theorielastig, als dass ich hier nur die gängige Meinung herunterbete, wie andere den Rosenkranz.

Also schmoll nicht, sonst nenne ich dich wieder ein
Sensibelchen, OK?

Deine einzig treffende Diagnostizierung war bisher die Promillezahl; die dürfte ungefähr gepasst haben.

Ansonsten: Dir könnte ich doch nie böse sein *verliebt grins*

Freche Gruße

Tahere

Nicht ganz so freche Grüße
franz

von daher muß es
nicht unbedingt richtig sein eine hirntote Person als „tot“ zu
qualifizieren.

das risiko besteht.

Organe von „wirklich“
Toten können erst gar nicht transplantiert werden.

ja.

IMHO ein Beleg dafür, daß es keinen Rahmen gibt, der es einem
erlaubt vollständige Begründugen richtigen Handelns zu geben.

hast du richtig erkannt.

es wundert mich, daß solche fragen überhaupt öffentlich gestellt werden.

bei der organtrnsplantation ist es nämlich so, daß die moralischen fragen sehr dogmatisch beantwortet werden. es gibt quasi nur eine mögliche position: dafür.

im gegensatz zu anderen bioethischen fragen gibt es keine wirkliche kritik, die in der öffentlichkeit präsent wäre. im befürworten der OT sind sich die fortschrittsfeindlichen kirchenkräfte mit den kirchenhassern nämlich völlig einig! so kommt es zur paradoxen situation, daß es menschen gibt, die sich gegen stammzellenforschung wenden, aber für OT sind: ein atmender mensch mit einem gesicht, einem namen und einer geschichte ist leichter „abzustellen“ als eine zelle, und das noch dazu vor dem hintergrund, daß stammzellenforschung die OT überflüssig machen könnte und „hirntote“ u.u. wieder „auferwecken“ könnte…

als OT-gegner wird man zwangsläufig auf weiter flur allein dastehen. es ist eine art trend, fast wie ein glaubensinhalt, der von allen breit getragen wird. dagegen zu sein ist fast undenkbar, so undenkbar, daß es staaten gibt (österreich), die jeden verunfallten ohne dessen zustimmung als „spender“ hernehmen. die einzige möglichkeit sich dagegen zu wehren, ist ein handgeschriebenes testament in der geldbörse zu tragen. imho ist das eine menschenrechtsverletzung.

dazu kommt, daß eine OT keine „heilung“ bringt. das genfremde material wird vom immunsystem abgestoßen. es müssen medikamente gegeben werden, die dan transplantierten eine art AIDS verpaßt. die meisten sterben daran - aber nicht sofort, was eine erfolgsstatistik zur folge hat.

ich persönlich hege die befürchtung, daß die OT als der größtangelegte menschenversuch aller zeiten in die geschichte eingehen wird.

gruß
dataf0x

es wundert mich, daß solche fragen überhaupt öffentlich
gestellt werden.

bei der organtrnsplantation ist es nämlich so, daß die
moralischen fragen sehr dogmatisch beantwortet werden. es gibt
quasi nur eine mögliche position: dafür.

Hallo Datafox,
zur Erweiterung Deines Horizontes erlaube ich mir auf Hans Jonas hinzuweisen, und zwar speziell auf: Technik, Medizin und Ethik. Zur Praxis des Prinzips Verantwortung. Insel Verlag 1987, S. 220f. Du wirst dort eine umfassende Erörterung der Problematik aus ethischer Sicht finden, die weder dogmatisch ist noch zu einer Position des ‚dafür‘ gelangt.

Dieses - das 10. - Kapitel des Buches entstand in seinen Grundzügen bereits 1968 als direkte Antwort auf eine Erklärung einer Kommission der Harvard Medical School, die ihrerseíts bahnbrechend war für die Einführung des Hirntod-Kriteriums (Beecher et al.: A definition of irreversible coma. Report of the ad hoc committee of the Harvard Medical School to examine the definition of brain death. Journal of the American Medical Association 1968; 205: 337-340). Der sog. Hirntod hat (neben der Entdeckung der Immunsuppressiva) den gegenwärtigen Stand der Transplantationsmedizin erst ermöglicht und ihre Praxis darüber hinaus rechtlich abgesichert.

Jonas’ Position ist IMHO immer noch aktuell und es gibt durchaus auch nicht den von Dir angedeuteten breiten Konsens, wie in Deutschland die Diskussion um das Transplantationsgesetz von 1997 gezeigt hat. Es sei erinnert, dass der Entwurf des Transplantationsgesetzes der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (s. Deutscher Bundestag Drucksache 13/2926 vom 07.11.1995) eine ‚enge Zustimmungsregelung‘ befürwortete, die jedoch zugunsten der ‚erweiterten Zustimmungsregelung‘ vom Bundestag verworfen wurde.

Was sicher richtig ist, das ist, dass diejenigen, die sich hier dem allgemeinen Trend entgegengestellen, eine verlorene Schlacht schlagen. Dies hatte Hans Jonas bereits 1968 prophezeit.

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

hallo ralf,

zur Erweiterung Deines Horizontes …

das ist dir gelungen. man findet schon in google einiges. dafür *.

gruß
dataf0x

Hallo liebe Leute

In den Medien war ja in den letzten Tagen viel zu hoeren von
einer
Amerikanerin, die jetzt per Gerichtsbeschluss sterben soll,
weil es
ja doch keinen Zweck mehr habe, sie weiterhin maschinell am
Leben zu

Hallo Tychi,
Sterbehilfe wie wir sie in diesem Fall erlebten ist kein Mord.
Man kann das Peroblem besser angehen wenn man fragt: Ist es Mord, wenn man einem Menschen nicht hilft ? Morden heisst doch, jemanden vom Leben zum Tod befördern und zwar aktiv (mit Messer, Pistole etc.)
Oder sind wir alle Mörder, wenn wir tausende von Menschen verungern lassen ?
Mit Gruss: hardy

Hallo Hardy,

Sterbehilfe wie wir sie in diesem Fall erlebten ist kein Mord.
Man kann das Peroblem besser angehen wenn man fragt: Ist es
Mord, wenn man einem Menschen nicht hilft ? Morden heisst
doch, jemanden vom Leben zum Tod befördern und zwar aktiv (mit
Messer, Pistole etc.)

Du bringst das Problem auf eine einfache Formel - aber lässt es sich so auch befriedigend lösen? Wenn wir schon am Vereinfachen sind, dann lass uns auch noch einen Schritt weiter gehen.

Wenn ich also untätig zusehe, wie jemand verdurstet und verhungert, dann bin ich kein Mörder, weil dies ja, wie Du richtig sagst, ein aktives Tun voraussetzt. Wenn ich nun aber verhindere, dass jemand anderes dem Verdurstenden und Verhungernden zu Essen und zu Trinken gibt - dann ist dies wiederum ein aktives Tun. Da kann man dann schon fragen, ob der von den Eltern Terry Schiavos gebrauchte Begriff ‚Mörder‘ - abseits aller strafrechtlichen Definitionen - nicht doch in ethischer Hinsicht eine gewisse Berechtigung hat.

Nehmen wir z.B. Jacques Dutroux - ein Extrem beispiel (bitte nicht als Vergleich missverstehen) zur Verdeutlichung. Seine Gefangenen Julie und Melissa verhungerten, wobei es Dutroux (anders als Mr. Schiavo) nicht einmal möglich war, selbst etwas dagegen zu tun - er saß da ja wegen Autodiebstahl sechs Monate im Gefängnis. Natürlich hätte Dutroux den Tod der beiden Mädchen verhindern können, indem er es zugelassen hätte, dass jemand anderes ihnen hilft - aber er hätte sich (anders als Mr. Schiavo) selbst damit geschadet. Also - kein aktives Tun. Folgerichtig gab es in diesen beiden Fällen auch keine Mordanklage. Aber das ist eine juristische Bewertung - und die klafft hier mE deutlich mit der ethischen Bewertung auseinander. In gleicher Weise sollten wir hier (dies ist schließlich nicht das Rechtsbrett) den ‚Fall‘ Schiavo von der ethischen und nicht von der juristischen Warte aus betrachten - jedenfalls nicht beide ohne weiteres miteinander gleichsetzen.

Wie schon gesagt - ich will hier nicht Äpfel und Birnen miteinander vergleichen - aber doch deutlich machen, dass Deine Fragestellung

Ist es Mord, wenn man einem Menschen nicht hilft ?

zu kurz greift.

Wir müssen uns zunächst einmal klar machen, dass keine großartige ‚Apparatemedizin‘ notwendig ist, um Jemanden im Wachkoma am Leben zu halten - anders als beim Coma depasse oder Hirntod. Es ist nicht einmal eine intensive ärztliche Betreuung notwendig, sondern lediglich eine pflegerische, sowie eine PEG-Sonde und geeignete Nahrung. Die für das Überleben von Wachkomapatienten notwendige Art von Pflege wird heute zehntausendfach z.B. in der Altenpflege angewandt, sie ist Routine.

Der eigentliche Kern der Problematik liegt ganz woanders - nämlich in der Frage, ob es ein ‚lebensunwertes Leben‘ gibt - und wer darüber entscheiden darf, ob ein Leben lebensunwert ist, wenn es der Betroffene nicht selbst im Vorfeld getan hat. Ob es in Ordnung ist, einem Menschen eine (nicht allzu aufwendige) Pflege zu verweigern und ihn damit zum Tode zu verurteilen

weil es
ja doch keinen Zweck mehr habe, sie weiterhin maschinell am
Leben zu halten

wie Tychi so griffig formulierte. Was ist der Zweck des Lebens und wer entscheidet darüber? Hier sind wir in der Tat - worauf Tychi hinwies - auf ‚slippery slope‘, auf abschüssigem Gelände und ein ‚principiis obsta‘ ist hier allemal bedenkenswert.

Freundliche Grüße,
Ralf