Sterben im Kindsbett

Hallo,

damals starben viele Frauen im Kindsbett- sprich bei der Geburt, wie ebenso viele Kinder starben (kurz nach der Geburt).

Gibt es dazu Zahlen, Belege- nach denen aufzeigbar ist, wie groß die Sterblichkeit bei den Frauen/Müttern war?

Ich möchte mich auch nicht nur auf das Mittelalter beziehen- mir geht es um die Differenz zwischen der Zeit wo es Heilkräuterfrauen oder Hebammen waren, die entbunden haben und der Zeit, wo die Medizin konkret die Überlebensraten gesteigert hat.

Kann mir das jemand sagen??

danke im voraus
kitty

Servus,

die Wende lag hier erst im Jahr 1848, als es Ignaz Semmelweis gelungen ist, die Sterblichkeitsrate an Kindbettfieber von rund fünfzehn auf 1,3 Prozent zu senken.

Schöne Grüße

MM

Danke!
Und kann man damit sagen, dass die durchschnittliche Sterberate bei Frauen „schon immer??“ bei ca 15 % lag?

lg kitty

Servus,

Und kann man damit sagen, dass die durchschnittliche Sterberate bei Frauen „schon immer??“ bei ca 15 % lag?

die dürfte bis ins 18. Jahrhundert hinein, vor Einrichtung von Entbindungskliniken, niedriger gelegen haben, weil der Infektionsdruck in Entbindungskliniken vor Semmelweis höher war als bei Hausgeburten. Wie und wo man systematische Auswertungen von Kirchenbüchern zu dem Thema finden kann, die es sicherlich gibt, kann ich allerdings nicht sagen.

Schöne Grüße

MM

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Hallo

15%? Das ist arg hoch gegriffen - dann müsste ja im Schnitt bereits bei 4 Kindern (und meist waren es doppelt so viele) schon die Hälfte der Frauen tot gewesen sein.
Die hohe Rate war eine zeitlang in den Abteilungen der Kliniken der Fall, in denen Ärzte mit Leichen und Geburtshilfe zu tun hatten.

Selbst in den ärmsten Ländern liegt die Sterblichkeit einer Frau bei einer Geburt heute bei 1100 auf 100000 Geburten, das rund 1% (wobei ja auch dort ein Teil unter ärztlicher Aufsicht steht)

Sehr viel schlechter wird es mit der Müttersterblichkeit jedoch auch bei uns nicht gewesen sein.
Aber schon bei 1-2% Müttersterblichkeit in Verbindung mit den vielen Geburten starben wohl durchaus 5-10% aller Frauen im Kindsbett (also nicht pro Geburt, sondern % der Todesursache bei Frauen)

Viele Grüsse, Sama

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Hallo Sama,

ja, die 15% stammen von den systematischen Erhebungen von Semmelweis - vorher gab es keine. Sie beziehen sich auf Sterblichkeit an Kindbettfieber in den damaligen Entbindungskliniken, wo Ärzte und Studenten Autopsien, Untersuchungen an Müttern vor der Entbindung und Entbindungen selbst ohne Desinfektion der Hände durchführten. Die Infektionen stammten also im wesentlichen aus den Kliniken selbst.

Um wie viel niedriger die Mortalität vor der Einrichtung von Entbindungskliniken lag, lässt sich nur schätzen, weil es keine Erhebungen gab; es könnte gut auch im Rahmen von Dissertationen Auswertungen von Kirchenbüchern geben, aber das ist ein Kapitel für sich.

Schöne Grüße

MM

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Anmerkung

  • noch was am Rande: Obwohl die 15% Mortalität in Entbindungskliniken vor Semmelweis dramatisch hoch erscheinen, hat es doch offenbar Anlässe und Gründe gegeben, diese Kliniken aufzusuchen, obwohl man wusste, wie viele zur anderen Tür wieder herauskamen.

Von daher kann das Risiko bei Hausgeburten nicht viel niedriger gewesen sein, sonst hätte es doch nahegelegen, die gefürchteten Entbindungskliniken schlicht zu meiden und wie früher auch eben zu Hause zu entbinden.

Schöne Grüße

MM

  • noch was am Rande: Obwohl die 15% Mortalität in
    Entbindungskliniken vor Semmelweis dramatisch hoch erscheinen,
    hat es doch offenbar Anlässe und Gründe gegeben, diese
    Kliniken aufzusuchen,

z.B Prädispositionen mit noch schlechterer Prognose

obwohl man wusste, wie viele zur anderen Tür wieder herauskamen.

war das bekannt? Also, wurden die Statistiken geführt UND publiziert?

Von daher kann das Risiko bei Hausgeburten nicht viel
niedriger gewesen sein, sonst hätte es doch nahegelegen, die
gefürchteten Entbindungskliniken schlicht zu meiden und wie
früher auch eben zu Hause zu entbinden.

heute nehmen wir für Rücken doch auch lieber Massage (oder meinetwegen Frühverrentung) statt Gymnastik (also selber tun) :wink:

Servus,

war das bekannt? Also, wurden die Statistiken geführt UND publiziert?

Weder - noch. Vor Semmelweis gab es keine Statistiken, und seine eigene Erhebung bezog sich nur auf seine Klinik.

Aber man starb Mitte des 19. Jahrhunderts nicht einsam - es war mühelos auch ohne systematische Publikation mitzukriegen, dass die Mütter in der Entbindungsklinik am Kindbettfieber starben wie die Fliegen. Wien hatte 1850 ungefähr eine halbe Million Einwohner - der bürgerliche und aristokratische Teil, für den eine Entbindung in der Klinik überhaupt in Frage kam, war mit vielleicht einem Zehntel bis höchstens einem Fünftel davon nur wenig darüber, dass man sich gegenseitig eh vom Sehen kannte.

Zum Optimismus des „Jahrhunderts der Wissenschaften“ mag gehört haben, dass man „moderne“ Wege auch beschritt, eben weil sie neu und modern waren, auch wenn sie als lebensgefährlich bekannt waren. Aber so sehr stark wird sich dieser Faktor von „Mode“ bei der Entscheidung „Hebamme oder Klinik“ auch wieder nicht ausgewirkt haben.

Schöne Grüße

MM

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