'Sterbliche Überreste'

Hallo,

kann mir jemand erklären woher der Ausdruck „sterbliche Überreste“ kommt?

Mit diesem Begriff assoziiere ich immer, dass das, was übrig ist extra sterben muss, und außerdem, sind Reste nicht immer „über“?

Danke für eure Erklärungen!

Schöne Grüße
Miriam

Hallo, Miriam!

kann mir jemand erklären woher der Ausdruck „sterbliche Überreste“ kommt?

Dieser Ausdruck ist nur sinnvoll, wenn man das - heute doch wohl veraltete - Menschenbild der Antike - wohl gemerkt nicht der ganzen Antike, aber der platonisch beeinflussten - zu Grund legt.

Da wird der Mensch in materiellen Körper und immaterielle Seele und/oder Geist aufgeteilt.

Beim Tod huschen Geist und/oder Seele, also die unsterblichen Komponenten, ins Jenseits, in den Himmel, in die Welt der Ideen und über bleib der Körper, sterblich, vergänglich, der Verfaulung oder Einäscherung verfallen.

Die sterblichen Überreste eben.

Gruß Fritz

Hallo Miriam,

kann mir jemand erklären woher der Ausdruck „sterbliche
Überreste“ kommt?

Das ist wirklich ein interessanter Ausdruck, über den ich bisher noch nie nachgedacht habe. Ich glaube ja sowieso, dass ich ausschließlich aus sterblichen Teilen bestehe, wenn man von der Oberhaut, Haaren, Finger- und Fußnägeln einmal absieht, die bereits totes Gewebe sind und deshalb nicht mehr sterben können.

So gesehen hoffe ich, zumindest meine sterblichen Überreste nach dem Friseurtermin, der für kommenden Samstag anberaumt ist, allesamt wieder mit zu mir nach Hause nehmen zu können.
:wink:

Gruß Gernot

Servus, Fritz,

wohl auch der Grund, warum sowohl im Griechischen, als auch im Lateinischen der „sterbliche Rest“ als „Überbleibsel, Übriggebliebenes“ bezeichnet wird. Also Reliquien und leipsana (oder wie immer man das schreibt - sorry, bin keine „Griechin“)

Oder irre ich da?

Lieben Gruß aus Wien, jenny

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Servus, Jenny!

Also Reliquien und leipsana
Oder irre ich da?

Nein, natürlich nicht. Es gibt in der Tat ein

_ λειψανον leipsanon, to, Ueberbleibsel, Ueberrest, Eur. Med. 1387 u. öfter; Ar. Vesp. 1066; auch von Todten, aytoy tanontos, Soph. El. 1113; sp. D., wie in Prosa, toy somatos Plat. Phaed. 86 c; ta toy patros Hdn. 3, 15, 15.
[Pape: Griechisch-Deutsch, S. 53012
(vgl. Pape-GDHW Bd. 2, S. 27)]_

leipsana ist dazu der Plural.

Man könnte hier auch noch die Sarkophage erwähnen, die „Fleischfresser“, die das vergängliche Fleisch, aber nicht die Seele aufnehmen können.

Auch auf das Wortspiel soma = säma, Körper = Grab hinweisen.

Gruß nach Wien.

Fritz

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Hi jenny,

natürlich hat der Ausdruck „sterbliche Reste“ seinen Ursprung im lat. reliquia, griech. λειψανον leipsanon. Aber nicht der Rest ist sterblich, sondern es ist der Rest von dem, was auch im Lebenden schon sterblich ist. reliquiae sind die Reste von allem möglichen: Trümmer, Asche, und daher auch die Gebeine usw.

Daß es am Menschen etwas Sterbliches und etwas Unsterbliches gibt, ist aber kleineswegs eine Erfindung besonders der griechischen Antike. Es gibt keine antike Kultur, in der das nicht so gedacht wurde. Sofern wir von griech. Philosophie reden, geht die psyche (bei Sokrates und Platon der Begriff unter anderem für das Unsterbliche am Menschen) auch keineswegs in ein „Jenseits“ oder gar in einen „Himmel“, sondern gar nirgendwo hin. Sie ist dann halt lediglich vom Körper „befreit“.

In den griech. Mythologien und Mysterienkulten dagegen geht die Seele sehr wohl irgendwohin, nämlich ins „Reich der Toten“ (das ganz und gar nichts mit den Ideen bzw. Reich der Ideen Platons zu tun hat), das ist, je nachdem, das „Haus des Hades“ oder der Tartaros … Der ouranos, Himmel, ist weder in der einen noch in der anderen Denkweise ein Aufenthaltsort der Toten bzw. der unsterblichen Seele.

Auch im Jüdischen übrigens nicht → scheol. Das „Reich der Himmel“ alias „Reich des Gottes“ als optionaler Ort der unsterbliche Seele hat im Zarathustrismus seinen Ursprung und das wird dann im Christentum, abgewandelt, ubernommen.

Gruß

Metapher

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Servus, Metapher,

Aber nicht der Rest ist sterblich, sondern…

Ich hatte mich mit meiner Formulierung „wohl auch der Grund, warum sowohl im…“ missverständlich ausgedrückt. Ich wollte lediglich auf die Zusammenhänge hinweisen. Du hast jetzt die richtigen sprachlich-zeitlich-philosophisch-mystischen Zusammenhänge hergestellt.

Dank dir für deine ausführlichen, interessanten Erläuterungen.

Lieben Gruß aus Wien, jenny

Servus, lieber Fritz:smile:

Auch auf das Wortspiel soma = säma, Körper = Grab hinweisen.

Dank dir - in diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich (frag mich nicht, wo) gelesen habe, dass es in einigen alten indogermanischen Sprachresten auch einen etymologischen Zusammenhang zwischen „Mensch/Mann und Tod/Sterben“ gibt. Nach der Probe werde ich mal nachschauen.

Lieben Gruß aus Wien, jenny

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Auch ich bin dein Gschamster!

Vielleicht hilft dir das aus dem Kluge:

_ Tod

Substantiv Maskulinum Standardwortschatz (8. Jh.), mhd. tOt, ahd. tOd, as. dOth Stammwort. Aus g. *dauTu- m. „Tod“, auch in gt. dauTus, anord. daudr, ae. dEaT, afr. dAth. Verbalabstraktum zu g. *dau-ja- Vst. „sterben“ in anord. deyja (unklar ist die morphologische Beurteilung von gt. Tata diwano „das Sterbliche“).
Außergermanisch vergleicht sich mit diesem Verb der Bedeutung nach zunächst die Erweiterung gr. apo-thneiskO „ich sterbe“ (ig. *dhwene-), vielleicht auch l. fUnus n. „Leichenbegängnis“ und air. duine „Mensch“ („Sterblicher“).
Das weitere ist semantisch unklar; die Wörter gehören offenbar zu *dheu- „atmen, leben usw.“ (Tier), doch ist der Übergang zu „sterben“ nicht recht klar („das Leben aushauchen“?). Er zeigt sich in lit. dvesti „verenden“ neben lit. dvEsúoti „schwer atmen, keuchen“ und in akslav. daviti „würgen, erwürgen“. Die Einzelheiten bleiben klärungsbedürftig. Adjektiv: tödlich.
Ebenso nndl. dood, ne. death, nschw. död, nisl. daudur; tot.
Seebold (1970), 147-149;
Rosenthal, D.: Tod (Göteborg 1974);
Röhrich 3 (1992), 1626-1629. gemeingermanisch_

Und auch einen lieben Gruß nach Wien
Fritz

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Danke euch allen! owT
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