Steuererklärung vs. Verlustvortrag (rückwirkend)?

Hallo zusammen,

bisher habe ich noch keine Steuererklärung gemacht und möchte das nun nachholen. Kurz zusammengefasst meine Situation:

  • 2013 bis Anfang 2016: Masterstudium
  • Mitte 2016 bis Mitte 2017: Gap Year (kein Studium, keine Arbeit, kein ALG/HartzIV)
  • ab Mitte 2017 bis heute: normale Arbeit

Regulär kann ich die Steuererklärung ja bis 4 Jahre rückwirkend, also bis Ende 2020 für bis inkl. 2016 machen. Soweit, so gut. Nun habe ich gelesen, dass man einen „Verlustvortrag“ sogar auch bis zu 7 Jahre rückwirkend machen kann (also bis Ende 2020 für bis inkl. 2013). Das würde bei mir ja gut passen, weil ich in dieser Zeit mein Masterstudium absolviert habe, wobei meine Ausgaben meine Einnahmen deutlich überstiegen haben. Dabei ist mir aber noch so einiges unklar und ich habe viele Fragen… :thinking:

  1. Stimmen meine obigen Überlegungen bzgl. des Verlustvortrags so und macht das in meiner Situation Sinn, das rückwirkend bis 2013 zu machen? Kann/darf ich das überhaupt?
  2. Was genau ist ein „Verlustvortrag“ eigentlich überhaupt und wie reiche ich den ein? Ist das eine ganz normale Steuererklärung, bei der für das Jahr eben unterm Strich ein Verlust steht? Oder ist das ein ganz eigener Vorgang, separat von der Steuererklärung?
  3. Kann ich das auch online bzw. über ELSTER machen?
  4. In welcher Reihenfolge sollte ich meine Verlustvorträge bzw. Steuererklärungen am besten beim Finanzamt einreichen? Chronologisch von 2013, 2014, 2015, 2016 (Verlustvorträge) und dann eben 2017, 2018 bis 2019 (Steuererklärungen)? Oder parallel den ersten Verlustvortrag (2013) und die erste Steuererklärung (2016 bzw. 2017)?
  5. Macht es Sinn, mit einem Verlustvortrag bzw. einer Steuererklärung bewusst noch länger zu warten? Beispielsweise bis ich Rückmeldung vom Finanzamt zu der zuerst eingereichten Steuererklärung/Verlustvortrag erhalten habe? Oder aus finanziellen Gründen (ich habe gelesen, das Finanzamt muss das mir theoretisch geschuldete Geld gut anlegen)?
  6. Mit welchen Rückmelde-Zeiträumen vom Finanzamt muss ich denn so rechnen? Wenn ich in den nächsten Wochen z.B. den Verlustvortrag für 2013 und/oder die Steuererklärung für 2016/2017 einreiche, bis wann ist das dann so bearbeitet bzw. bekomme ich Rückmeldung?

Viele Fragen, viele Fragezeichen… :sweat_smile:
Tausend Dank für eure Hilfe!

LG Landi

Sinn? Häufig nicht, manchmal schon. Muss man durchrechnen. Im Regelfall wird das aber nur bis 2016 zurück gelingen, weil ältere Jahre meisten bereits verjährt sind

Ja, wobei das Feld „Antrag auf Feststellung Berlustvortrag“ angekreuzt sein muss. Unterm Strich heißt übrigens beim Gesamtbetrtag der Einkünfte, nicht beim zu versteuerden Einkommen.

Ja.

Völlig egal.

Sehr unterschiedlich.

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Hallo Landi,

  1. Erklärung zur Feststellung des Verlustvortrags ist noch bis einschließlich 2013 möglich. Achtung: Diese Erklärung für 2013 muss bis 31.12.2020 beim Finanzamt sein. Ob es Sinn macht, kommt auf das Jahr 2017 und die dort erzielten Einkünfte und die Höhe er Studienkosten 2013-2016 an. Ist also eine Rechenaufgabe.
  2. Verlustvortrag ist die Summe der erklärten und nicht verrechneten negativen Gesamtbeträge der Einkünfte, bei Dir der Jahre 2013-2016. Die Erklärung wird genauso wie die Einkommensteuererklärung gemacht, gleiche Formulare, im Prinzip gleiche Angaben.
  3. Ja über Elster möglich.
  4. In chronologischer Reihenfolge, das macht programmtechnisch Sinn (automatische Addition der Verluste) und ist wichtig wegen der Verjährung, bis wann Du also überhaupt die jeweilige Erklärung abgeben kannst. Außerdem dankt es Dir der Typ beim Finanzamt, der das dann bearbeiten darf. Das wird sicherlich zur persönlichen Bearbeitung ausgesteuert. Übrigens 2017 kannst Du nur bis Ende 2021 abgeben, 2016 in Deinem Fall bis Ende 2023 :wink: Ist doch herrlich das Steuerrecht.
  5. Aufgrund der Verjährungs-Risiken solltest Du nicht warten. Aber Du könntest natürlich auf eine Verzinsung möglicher Guthaben spekulieren. Dann gibst Du 2013-2016 jetzt ab und 2017 bis Ende 2021. Wenn dann noch ein Verlustteil übrig ist, kannst auch 2018 bis Ende 2022 liegen lassen. Mehr lässt sich hier nicht spekulieren.
  6. Die Finanzämter sind bestrebt, die Veranlagungsarbeiten der alten Jahre zügig zu erledigen. Eine erste Reaktion für die Altjahre kann daher sicherlich innerhalb 4 Wochen erfolgen, je nach Corona-HomeOffice-Stand. Das bremst beim Finanzamt auch. Auch sind die Finanzämter in die Bearbeitung der Überbrückungshilfen und der Anträge nach Infektionsschutzgesetz eingebunden. Das kostet Manpower…

Viel Erfolg beim Rechnen und Erklären.
Steffen Göldner

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Vielen Dank für die super Antwort. :+1:
Ein paar Nachfragen hätte ich noch… :slight_smile:

  1. Erklärung zur Feststellung des Verlustvortrags ist noch bis einschließlich 2013 möglich. Achtung: Diese Erklärung für 2013 muss bis 31.12.2020 beim Finanzamt sein. Ob es Sinn macht, kommt auf das Jahr 2017 und die dort erzielten Einkünfte und die Höhe er Studienkosten 2013-2016 an. Ist also eine Rechenaufgabe.

Also ist das grundsätzlich mit dem Verlustvortrag rückwirkend bis 2013 unproblematisch oder muss ich da mit Einschränkungen/Problemen rechnen (weil der User „nurmitlesen“ das oben ja angezweifelt hatte)?
Der Plan wäre dann, mindestens 2013 (bestenfalls gleich 2013-2016 zusammen -> keine Einkünfte) bis Ende dieses Jahres beim Finanzamt einzureichen.
Die „Rechenaufgabe“, wie du es so schön genannt hast, steht mir allerdings noch bevor. Mal schauen, was ich da noch an Ausgaben/Rechnungen/Belegen zusammenkriege. Das ist der Nachteil, wenn man es so lange schleifen lässt… :roll_eyes:

  1. Verlustvortrag ist die Summe der erklärten und nicht verrechneten negativen Gesamtbeträge der Einkünfte, bei Dir der Jahre 2013-2016. Die Erklärung wird genauso wie die Einkommensteuererklärung gemacht, gleiche Formulare, im Prinzip gleiche Angaben.
  2. Ja über Elster möglich.

Alles klar, dann werde ich mir das mal ansehen, sobald mein ELSTER-Zugang steht. :nerd_face:

  1. In chronologischer Reihenfolge, das macht programmtechnisch Sinn (automatische Addition der Verluste) und ist wichtig wegen der Verjährung, bis wann Du also überhaupt die jeweilige Erklärung abgeben kannst. Außerdem dankt es Dir der Typ beim Finanzamt, der das dann bearbeiten darf. Das wird sicherlich zur persönlichen Bearbeitung ausgesteuert. Übrigens 2017 kannst Du nur bis Ende 2021 abgeben, 2016 in Deinem Fall bis Ende 2023 :wink: Ist doch herrlich das Steuerrecht.

Okay, chronologisch erscheint mir auch logisch. :wink: Aber macht es aus organisatorischer/programmtechnischer Sicht denn womöglich auch Sinn, zuerst 2013 einzureichen, dann auf eine Rückmeldung vom Finanzamt zu warten, dann 2014 einzureichen, auf RM warten, dann 2015 einreichen… 2016… 2017? Oder kann ich das wie oben geschrieben „stapelweise“ machen, ohne Nachteile für mich oder den Bearbeiter?

  1. Aufgrund der Verjährungs-Risiken solltest Du nicht warten. Aber Du könntest natürlich auf eine Verzinsung möglicher Guthaben spekulieren. Dann gibst Du 2013-2016 jetzt ab und 2017 bis Ende 2021. Wenn dann noch ein Verlustteil übrig ist, kannst auch 2018 bis Ende 2022 liegen lassen. Mehr lässt sich hier nicht spekulieren.

Kannst du das genauer erläutern? Was sind in diesem Fall „Verjährungs-Risiken“? Das mit den Zinsen hatte ich schon öfter gelesen, meist sogar verbunden mit dem Tipp, die Steuererklärung grundsätzlich rückwirkend zu machen und erst kurz vor Fristende (sprich: kurz vor Ablauf der 4 Jahre) einzureichen. Aber ist das wirklich so ratsam?
Und überhaupt, wie wird hier denn über die Jahre Verlust und Gewinn gegeneinander aufgerechnet? Kannst du da vielleicht mal ein fiktives Beispiel machen?

Herzlichen Dank!!

Hallo Landi,
zu 1. Du kannst den Verlust ab 2013 feststellen lassen. Die Erklärung 2013 muss dieses Jahr noch zum Finanzamt. - keine Einschränkungen, wenn Du das Studium als Zweitausbildung hast und danach das Ganze in die Tätigkeit mit Einkünften mündete.
zu 4. Reihenfolge chronologisch, nicht auf den Bescheid warten, sondern gleich alles fertig machen und raus damit. Sonst fängst Du später nochmal damit an und hast mehr Arbeit. Also STAPEL.
zu 5. Das Risiko ist, dass Du bei Fristablauf keine Erklärung mehr abgeben kannst. Jedes Jahr ist neu zu betrachten. Bei den Zinsen ist der Zinssatz gerade unsicher, aber grundsätzlich kannst Du warten bis gegen Ende der Abgabefrist. Anders ist es aber, wenn Du aufgefordert wirst abzugeben oder gar verpflichtet bist abzugeben. Da besteht bei Verspätung das Problem der Verspätungszuschläge.

Beispiel:

2013 Verlust EUR 2.000 - Vortrag nach 2014
2014 Verlust EUR 3.000 - Vortrag nach 2015 EUR 2.000+3.000= 5.000
2015 Verlust EUR 1.000 - Vortrag nach 2016 EUR 6.000
2016 Verlust EUR 1.500 - Vortrag nach 2017 EUR 7.500

2017 positive Einkünfte
Variante A) EUR 8.000 abzgl. Verlustvortrag 7.500 - Steuer 0 Ersparnis 0, da auch ohne Verluste nichts angefallen wäre.
Variante B) EUR 30.000 abzgl. Verlustvortrag 7.500 - Steuer 1.500 statt 2.500, also EUR 1.000 Ersparnis

das sind die Rechenaufgaben, ob überhaupt eine Wirkung entsteht.

Viele Grüße aus Landshut
Steffen Göldner

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Das ist erfahrungsgemäß höchst problematisch und kaum beim Finanzamt durchzubekommen, denn du musst einen nachvollziehbaren Zusammenhang mit den selbständigen Einkünften darlegen, das gelingt in den seltensten Fällen. Als Werbungskosten klar, aber dann tritt meistens das Verjährungsproblem ein. Ganz abgesehen davon, dass im Jahr des Berufseinstiegs oder zwischendrin oft eine Verrechnung des Verlustvortrags mit Einkünften unter dem Grundfreibetrag erfolgt, durch die er dann atomisiert wird.

Ich habe bei Studentenfällen schon sehr viele lange Gesichter gesehen, weil es praktisch sehr selten wirklich was bringt.

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Nun habe ich zwei verschiedene Aussagen zum Verlustvortrag ab 2013.
Einmal liest es sich so, als wäre das eine relativ unproblematische Sache - einmal wiederum scheint es höchst problematisch zu sein. Was stimmt nun? :slight_smile:

…denn du musst einen nachvollziehbaren Zusammenhang mit den selbständigen Einkünften darlegen, das gelingt in den seltensten Fällen.

Was bedeutet das denn? Welche Einkünfte?

Ganz abgesehen davon, dass im Jahr des Berufseinstiegs oder zwischendrin oft eine Verrechnung des Verlustvortrags mit Einkünften unter dem Grundfreibetrag erfolgt, durch die er dann atomisiert wird.

Das verstehe ich auch nicht. Ich bin steuertechnisch ziemlich unbeleckt.

Aber woher weiß ich denn nun (oder wie kann ich rausbekommen), wie meine Chancen bzgl. Verlustvortrag ab 2013 so stehen?

Oder einfach ausprobieren, darauf ankommen lassen und hoffen?

Steuererklärung abgeben. Verlustfeststellungsantrag abgeben. Wenn es um viel Geld geht (Privatuni, doppelte Haushaltsführung, häusliches Arbeitszimmer, Auslandspraktika, Ghostwriter usw.) kann die Mandatierung eines Steuerberaters sinnvoll sein, wenn es bloß die üblichen 1.000 bis 2.000 Glocken pro Jahr sind, eher nicht (aus Kostengründen).

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Das ist keine gute Idee, dies in der Steuererklärung zu dokumentieren.

Wenn du der Meinung bist, dass jedes Finanzamt eine direkt Upload-Verbindung zum Prüfungsamt jeder deutschen Uni hat und diese auch rege nutzt…

Hallo Landi
ich denke ich habe das oben schon hinreichend beschrieben. Die Verlustfeststellung ist zwar das gleiche „Formular“ aber es muss damit nicht zwingend die Einkommensteuererklärung aus rechtlicher Sicht eingereicht werden. Du kannst in Deinem Fall ab 2013 einreichen. Ob sich das rechnet steuerlich ist nicht zu beurteilen aus meiner Sicht. Das zeigt das obige Beispiel.
Du hattest geschildert, dass Du ab 2017 Geld verdienst, das sind Einkünfte. Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn Deine Ausbildungskosten mit diesem Job in unmittelbaren Zusammenhang stehen. Zwingend erforderlich ist es nicht, wenn die Ausbildung zu einem Beruf befähigt.
Der Antrag auf Feststellung des Verlustes ist keine Chance oder Glückssache sondern steuerrechtlich geregelt. Prüfe also, wie hoch Deine Studienkosten von 2013-2016 waren und dann wie hoch Deine Einkünfte (Bruttolohn etc minus zugehörige Kosten - Werbungskosten -) in 2017 waren. Dann vergleiche dies mit meinem Beispiel. So kannst Du die Situation im Grunde etwas einordnen.
Auch kann bei entsprechenden Größenordnungen die Beauftragung eines Steuerberaters sinnvoll sein. Der Hinweis von @anon50614561 zu den Kosten ist natürlich berechtigt.
Viele Grüße aus Landshut
Steffen Göldner

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Vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen, die helfen mir wirklich sehr weiter und ich weiß das auch sehr zu schätzen! :blush:

Mittlerweile steht auch mein ELSTER-Zugang, sodass es nun losgehen kann. Dazu habe ich direkt noch eine ganz konkrete, eher praktische Frage.

Auf der Startseite des Formulars für die „Einkommensteuererklärung unbeschränkte Steuerpflicht (ESt 1 A)“ muss/soll/kann man zu Beginn einige Häkchen setzen, und zwar die folgenden:

  1. Einkommensteuererklärung
  2. Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer - Sparzulage
  3. Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags
  4. Erklärung zur Festsetzung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge
  5. Belege werden nachgereicht.
  6. Belege werden nicht nachgereicht.

Nun ist mir nicht ganz klar, welche Häkchen ich hier setzen muss/sollte. Da die Jahre 2013-2016 bei mir ja Verlustvorträge sind, muss ich vermutlich bei 3. ein Häkchen setzen. Aber dann nur bei 3. oder zusätzlich zu einem Häkchen bei 1.?

Außerdem würde mich interessieren, wie ich 5. und 6. zu verstehen habe bzw. was ich hier sinnvoll anhake. Geht es hier darum, ob ich Belege GLEICH mit- oder SPÄTER nachträglich einreiche? Oder geht es hier darum, ob ich ÜBERHAUPT Belege einreiche (egal ob gleich oder nachträglich)? Und warum sollte ich mir das überhaupt aussuchen können? Zumal das Finanzamt oft ja gar keine Belege mehr haben will?

Einmal mehr vielen Dank!

Hallo Landis
Ein Kreuz bitte bei 3 und 6 für die Jahre 2013 bis 2016. Es geht darum, ob unmittelbar Belege eingereicht werden. Grundsätzlich besteht keine Belegvorlagepflicht sondern nur Vorhaltepflicht. Das Finanzamt wird dann Unterlagen anfordern. Beantworte dann die Fragen und gut ist es.
Viele Grüße aus Landshut
Steffen Göldner

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