Steuererstattung SBA

Liebe/-r Experte/-in,

ich habe bis zum Jahr 1995 rückwirkend einen Schwerbehindertenstatus zuerkannt bekommen.
Auf Antrag hat mir das FA bis zum Jahr 2001
den Pauschbetrag berücksichtigt und die Steuerbescheide neu berechnet. Die Daten aus den 90ern seien allerdings nicht mehr vorhanden, außerdem wäre dies auch längst verjährt.
Soweit ich weiß, gibt es bei Grundlagenbescheiden keine Verjährungsfrist. Reicht es, wenn ich meine Steuerbescheide '95-'00 beim FA einreiche oder ist das Geld für mich verloren? Welche Unterlagen wären noch hilfreich?

Über Ihren Expertenrat würde ich mich sehr freuen

Achim Hauser

Hallo Herr Hauser,

meiner Meinung nach sind die Jahre 2000 und früher noch nicht verjährt. Der Bescheid, in dem der Grad der Behinderung anerkannt wird, ist wie Sie schon sagen, ein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid.
Für die Festsetzung der selben gibt es eine Festsetzungsfrist. Der Anlauf dieser wird aber gehemmt, dass heißt die Frist beginnt erst in dem Jahr, indem Sie den Bescheid mit der Feststellung über den Grad der Behinderung erhalten haben.
Ich unterstelle mal 2011, dann beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres 2011 und beträgt 4 Jahre.
Also hat die Finanzbehörde bis Ende 2015 Zeit die Bescheide zu ändern.

Soweit die Theorie…
Inwieweit das technisch (Zugriff auf die Daten) möglich ist, kann ich leider nicht sagen. Am besten nochmal beim FA nachfragen, die alten Bescheide mitzubringen, könnte hilfreich sein.

Gruß Jule

Hallo, Herr Hauser,

Soweit ich weiß, gibt es bei Grundlagenbescheiden keine
Verjährungsfrist.

Das ist nicht ganz richtig. Auch hinsichtlich der Änderung eines Folgebescheides nach Ergehen eines Grundlagenbescheides gibt es eine Verjährungsfrist. Diese reicht maximal zwei Jahre über die normale Verjährungsfrist hinaus (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO).

Sie haben leider nicht geschrieben, wann Ihnen der Schwerbehindertenbescheid erteilt worden ist; ich gehe allerdings davon aus, dass dies jetzt im Jahr 2011 war.
Wenn das der Fall ist, können auch die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 2000 bis zum Jahr 2013 geändert werden. Das Finanzamt ist wegen der bindenden Wirkung des Grundlagenbescheides gem. § 175 Abs. 1 AO auch zur Durchführung der Änderung verpflichtet.

Allerdings führt das Finanzamt hier eine verwaltungsinterne (und deshalb für Sie rechtlich nicht verbindliche!) Vorschrift ins Feld, die wortgleich von verschiedenen Oberfinanzdirektionen erlassen worden ist. Ich beziehe mich exemplarisch auf die Verfügung der OFD Niedersachsen vom 17.9.2010 (S 0353 - 9 - StO 144). In dieser Verfügung wird zwar die grundsätzliche Änderungsmöglichkeit aufgrund Grundlagenbescheides bejaht (Ziff. 8.2 der Verfügung), gleichzeitig wird jedoch behauptet, die Änderung könne abgelehnt werden, wenn ihr der Rechtsgrundsatz der Verwirkung entgegenstehe. Das heißt auf deutsch: Wenn die Jahre, für die geändert werden müsste, zu weit zurückliegen, dürfe einfach aufgrund Zeitablaufs (Achtung: Nicht verwechseln - das hat nichts mit Verjährung zu tun!) die Änderung versagt werden, um „den Rechtsfrieden zu wahren“. Diesen perversen Gedanken versucht die Finanzverwaltung damit zu legitimieren, dass sie sagt, selbst bei Steuerhinterziehung gilt eine maximal zehnjährige Festsetzungsverjährungsfrist, und dass diese nicht länger sei, sei schließlich auch nur dem Gedanken an den Rechtsfrieden geschuldet. Für eine Änderung aus anderen Gründen dürfe deshalb nichts anderes gelten (Ziff. 8.3 der Verfügung).

Wohlgemerkt: Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich eine solche Auffassung nicht herleiten.

Das hat auch das Niedersächsische Finanzgericht so gesehen. In seinem Urteil vom 16.09.2010 (Az. 16 K 295/09) hat es unmissverständlich als Leitsatz festgestellt: „Bei Erlass eines Grundlagenbescheides scheidet eine Verwirkung der Steuerfestsetzung aus.“

Auf dieses Urteil sollten Sie sich auf jeden Fall berufen. Sie haben meines Erachtens einen Rechtsanspruch auch auf Änderung der Bescheide 1995 bis 2000 und sollten diesen auch im Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Änderung bzw. im Klageverfahren auf Verpflichtung des Finanzamts zur Vornahme der Änderung unbedingt verfolgen.

Es mag sein, dass die Daten der Jahre vor 2001 beim Finanzamt nicht mehr vorhanden sind. In diesem Fall können Sie aber, wie von Ihnen vorgeschlagen, dem Finanzamt die Steuerbescheide dieser Jahre präsentieren und auf deren Grundlage die Änderung verlangen.

Mit freundlichem Gruß

Uwe Szymborski
Steuerberater

Hallo Achim, das Finanzamt ist nicht grundsätzlich verpflichtet, über das Jahr 2001 hinaus rückwärts zu verändern, eine Verjährung findet auch bei Grundlagenbescheiden statt (so festgelegt in der Allgemeinen Abgabenordnung, der übergreifenden Bestimmung für das deutsche Steuerrecht). Die Bestimmungen sind allerdings angreifbar formuliert und führen immer wieder zu Auseinandersetzungen: bei Verschlechterungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen z.B. versuchen die Ämter es nämlich immer wieder auch anders herum und wollen die Zeiten verlängern, weil sie alle Jahre berichtigen wollen.

Zum Sachverhalt: das Amt hätte theoretisch auch bei 2005 anhalten können, wenn es sich ganz pingelig verhalten hätte, insofern ist 2001 gewissermaßen sogar noch eine Art Großzügigkeit, es hat sich aber offensichtlich an den Gepflogenheiten in der Betriebsprüfung orientiert, denn dort geht es oft auch um Zeiträume von 8-10 Jahren in drastischen Fällen.

Ich würde es auf jeden Fall unter der Vorlage aller entsprechenden älteren Steuerbescheide bzw. Steuer-Erklärungen noch mal versuchen, denn es gibt hier immer wieder auch steuerjuristische Entscheidungen zugunsten des Steuerpflichtigen und gegen das Finanzamt - dass es keine Unterlagen mehr gibt, kann dabei m.E. kein Argument sein.
HG
Jan van Dieken

Liebe/-r Experte/-in,

ich habe bis zum Jahr 1995 rückwirkend einen
Schwerbehindertenstatus zuerkannt bekommen.
Auf Antrag hat mir das FA bis zum Jahr 2001
den Pauschbetrag berücksichtigt und die Steuerbescheide neu
berechnet. … wäre dies auch längst verjährt.
Soweit ich weiß, gibt es bei Grundlagenbescheiden keine
Verjährungsfrist. Reicht es, wenn ich meine Steuerbescheide
'95-'00 beim FA einreiche oder ist das Geld für mich verloren?
Welche Unterlagen wären noch hilfreich?

Über Ihren Expertenrat würde ich mich sehr freuen

Achim Hauser

Die Daten aus den 90ern seien allerdings nicht mehr
vorhanden, außerdem wäre dies auch längst verjährt.
Soweit ich weiß, gibt es bei Grundlagenbescheiden keine
Verjährungsfrist. Reicht es, wenn ich meine Steuerbescheide
'95-'00 beim FA einreiche

Nach § 171 Abs. 10 AO beträgt die Änderungsfrist für Folgebescheide nach Ablauf der Festsetzungsfrist zwei Jahre, wenn ein neuer Grundlagenbescheid ergeht. Der Bescheid des Versorgungsamtes ist ein solcher. Mit Vorlage der originalen Einkommensteuerbescheide bis zurück zum Änderungszeitpunkt müsste ein entsprechender Antrag innerhalb dieser Frist Erfolg haben. Diese Zwei-Jahres-Frist beginnt jedoch sofort mit Bekanntmachung des neuen Grundlagenbescheides, nicht erst mit neuem Kalenderjahr (wie die Festsetzungsfrist). Zwar können die Steuerakten, die älter als zehn Jahre sind, beim FA außerhalb des Zugriffs sein und der Steuerpflichtige hat dann die Beweislast, aber mit den alten Bescheiden ist diese m.E. erfüllt. Eine Verjährungsfrist für diesen Fall außer der Festsetzungsverjährung ist mir nicht bekannt - und die ist durch den Grundlagenbescheid ausgehebelt.

Hallo Jule,
vor ca. 2 Monaten habe ich Sie um einen Rat bzgl. einer Steuer-Rückerstattung bei Schwerbehinderung gefragt.
Ich darf Ihnen mitteilen, daß mir inzwischen das Finanzamt alle relevanten Steuerbescheide der Vergangenheit neuberechnet hat.
Dafür möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die ausführliche Hilfestellung bedanken!

Mit freundlichen Grüßen
A. Hauser

Hallo Herr Szymborski,

vor ca. 2 Monaten habe ich Sie um einen Rat bzgl. einer Steuer-Rückerstattung bei Schwerbehinderung gefragt.
Ich darf Ihnen mitteilen, daß mir inzwischen das Finanzamt alle relevanten Steuerbescheide der Vergangenheit neuberechnet hat.
Dafür möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die ausführliche Hilfestellung bedanken!

Mit freundlichen Grüßen
A. Hauser

Hallo Herr van Dieken,

vor ca. 2 Monaten habe ich Sie um einen Rat bzgl. einer Steuer-Rückerstattung bei Schwerbehinderung gefragt.
Ich darf Ihnen mitteilen, daß mir inzwischen das Finanzamt alle relevanten Steuerbescheide der Vergangenheit neuberechnet hat.
Dafür möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die ausführliche Hilfestellung bedanken!

Mit freundlichen Grüßen
A. Hauser

Lieber Experte,

vor ca. 2 Monaten habe ich Sie um einen Rat bzgl. einer Steuer-Rückerstattung bei Schwerbehinderung gefragt.
Ich darf Ihnen mitteilen, daß mir inzwischen das Finanzamt alle relevanten Steuerbescheide der Vergangenheit neuberechnet hat.
Dafür möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die ausführliche Hilfestellung bedanken!

Mit freundlichen Grüßen
A. Hauser

Freut mich sehr, dass es geklappt hat.
Viele Grüße
Gerry