Steuerklasse bei unbestimmt langer Trennung

Hallo liebende Wissende,

folgender (theoretischer) Fall wirft Fragen auf:

Ein Ehepaar ist in die Lohnsteuerklassen III und V eingestuft (beide berufstätig).

Nun trennt sich das Ehepaar, eine Scheidung ist jedoch (noch) kein Thema. Die Dauer der Trennung ist unbestimmt; ein späteres Wieder-Zusammen-Ziehen denkbar.

Frage:
MUSS eine Änderung der Steuerklassen erfolgen?

Falls nein, eine Folgefrage:
Der Ehegatte mit dem geringeren Einkommen stellt fest, dass er mit einer Änderung der Steuerklasse (z.B. von V auf IV) logischerweise über ein höheres Netto verfügen würde.
Da gleichzeitig das Einkommen des anderen Ehegatten bei Änderung von III auf IV stärker sinken würde, als das erste Einkommen steigen, bietet dieser Ehegatte an, den anderen intern „auszugleichen“.
Nach dem Motto: „Du hättest bei einer Umstellung von V auf IV 100 € im Monat mehr. Lass alles so wie es ist, die 100 € zahle ich zusätzlich zum Unterhalt.“
Wäre ein solches Vorgehen steuerlich legal?
(Dass der Ehegatte auch tatsächlich zahlen würde, sei einmal vorausgesetzt.)

Im voraus besten Dank für alle fundierten Infos!!

Viele Grüße
Camelot

Im Kalenderjahr nach der Trennung müssen die Steuerklassen geändert werden und in diesem Fall auf I/I (evtl. II wenn es Kinder gibt).

http://www.michaelbertling.de/recht/fam/stetr1.htm

Schön erklärt

und ganz wichtig:
Die endgültige steuerliche Belastung richtet sich nicht nach der Eintragung in der Lohnsteuerkarte. Das Finanzamt kann ggf. - wenn die Lohnsteuerklasse nicht verändert wurde - für die auf die Trennung folgenden Jahre Steuernachzahlungen in beträchtlicher Höhe verlangen.

Krümelchen

Servus,

MUSS eine Änderung der Steuerklassen erfolgen?

nein - nicht, solange die Trennung nicht auf Dauer angelegt = endgültig ist.

Nützlich wäre hier eine Änderung auf IV/IV im Jahr nach der Trennung, auch wenn diese nicht endgültig ist. Schon allein deswegen, weil man nur mit IV/IV klar sehen kann, wer von beiden wieviel verdient - bei III/V zahlt fast immer einer für den anderen mit.

Keinesfalls sollte in I/I geändert werden (wo übrigens der Lohnsteuereinbehalt nicht anders ist als bei IV/IV): Dieser Schritt ist ein Indiz (natürlich kein Beweis!) dafür, dass die Trennung auf Dauer angelegt ist.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo Krümelchen,

darf ich Dich bitten, Deinen Standpunkt ein wenig zu begründen - z.B. aus EStG, EStR, Rechtsprechung, BMF-Schreiben?

Es ist nämlich für die Betroffenen unter Umständen eine sehr teure Angelegenheit, wenn sie ihre Steuerklassen auf I/I ändern lassen, auch wenn es dafür überhaupt keinen Anlass gibt.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Ich würde auf § 38b (1)1 a bb tippen.

Auf unbestimmte Zeit dauerhaft getrennt lebend egal ob eine Scheidung jetzt schon beabsichtigt ist oder nicht.

Wenn das Paar nicht weiterhin einen gemeinsamen Wohnsitz hat, wird es vermutlich nicht einfach dem Finanzamt zu erklären, dass man ständig am versöhnen ist und deshalb III/IV behalten darf.

Krümelchen

Hallo,

Ich würde auf § 38b (1)1 a bb tippen.

Auf unbestimmte Zeit dauerhaft getrennt lebend egal ob eine
Scheidung jetzt schon beabsichtigt ist oder nicht.

ist das nicht sehr vage? Auf " unbestimmte Zeit dauerhaft getrennt…" das könnte man einerseits so verstehen, dass schon in dem Moment, wo ein Partner in eine eigene Mietwohnung zieht (also nicht nur mal sagt: „ich gehe zu meiner Mutter…“) eine dauerhafte Trennung gegeben ist.
Welches Paar trennt sich schon mit dem festen Entschluss UND entsprechender, am besten schriftlichen, Vereinbarung, nach exakt 3 Monaten zu schauen, ob es wieder gemeinsam geht?

Andererseits könnte man das auch so verstehen, dass ein Mindest-Trennungszeitraum gegeben sein muss, um von „dauerhaft“ und „unbestimmt“ zu sprechen.

Wenn das Paar nicht weiterhin einen gemeinsamen Wohnsitz hat,
wird es vermutlich nicht einfach dem Finanzamt zu erklären,
dass man ständig am versöhnen ist und deshalb III/IV behalten
darf.

Ist das tatsächlich so, dass man auf das Verständnis bzw. die Einschätzung des einzelnen Finanzbeamten angewiesen ist? Sprich, der eine sagt: „Nach 4 Wochen ist es dauerhaft…“ und der andere: „Nö, frühestens nach 6 Monaten…“?

Viele Grüße
Camelot

FG Nürnberg
Az: VI 160/2004
Urteil vom 07.03.2005

http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?..

Besonders: http://www.breuning-winkler.de/trennung-und-versohnu…
Auszug:
_Versöhnungsversuch im Steuerrecht

Grundsätzlich führt der Versöhnungsversuch, d.h. ein erneutes zeitweises Zusammenleben der Ehegatten im Jahr nach der Trennung nämlich dazu, daß das Merkmal des dauernden Getrenntlebens für dieses Jahr nicht mehr gegeben ist und daher nochmals die günstigeren Steuerklassen gewählt werden können.

Die Finanzverwaltung legt aber an einen steuerrechtlich wirksamen Versöhnungsversuch klare Maßstäbe an.

Es muß der nachvollziehbare und belegbare Wille bestanden haben, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig, vorbehaltlos und auf Dauer wieder neu zu begründen. Ein Versöhnungsversuch von mindestens einmonatiger Dauer kann unter diesen Umständen bereits ausreichend sein. Eine kurzzeitige Rückkehr in die Ehewohnung zum Ehegatten oder ein gemeinsamer Urlaub allein sind somit aus Sicht der Finanzverwaltung i.d.R. nicht ausreichend.

Andererseits ist es der Finanzveraltung aber untersagt, unnötig in die Privatsphäre der Eheleute einzudringen. Eine Beiziehung der Akten des Scheidungsverfahrens und die u.U. abweichenden Angaben der Ehegatten zum Trennungszeitpunkt dort sollen einem Verwertungsverbot unterliegen.

Die Finanzverwaltung verlässt sich daher – bei übereinstimmenden Angaben beider Ehegatten – meist auf deren Angaben. Diese Behördenpraxis bedeutet aber natürlich keinen Freibrief für unzutreffende Angaben gegenüber dem Finanzamt, da Folge zumindest die Nachforderung der zu niedrig bemessenen Steuern, ggf. auch die Einleitung steuerstrafrechtlicher Ermittlungen sein können._

Krümelchen