Hallo Kurzschluss Kabelbrand!
Erst einmal mein Beleid zum Tod deines Vaters – auch wenn es schon etwas länger her ist.
Zu deiner Frage: Alles was ich dazu ausführe ist meine persönliche Einschätzung und Meinung und damit ohne Gewähr, aber Gewissenhaft zusammengetragen.
Du schreibst, dass dein Vater 2002 verstorben ist. Wurde den schon offiziell die Erbschaft, sprich das Haus, auf die Erben umgeschrieben? Anscheinend nicht.
Denn es gibt bei Erbschaften bestimmte Freibeträge, die von der Steuer freigestellt sind, diese werden in der Türkei jedes Jahr angepasst. Genauso gibt es in Deutschland Freibeträge für Erbschaften. Nach meiner Meinung gelten dann die Freibeträge und das Erb- und Steuerrecht des Jahres, in dem Dein Vater verstorben ist, also für 2002.
Da Ihr Euren ständigen Wohnsitz in Deutschland habt, muss das Gesamteinkommen in Deutschland versteuert werden.
Aber allgemein gilt: „Türkische Erben unterliegen grundsätzlich unabhängig von ihrem Wohnsitz und dem Belegenheitsort der Immobilie der türkischen Erbschaftssteuer. Ausländer haben ebenfalls unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen die Erbschaft nach türkischem Recht zu versteuern, wenn sie Vermögenswerte in der Türkei erben oder wenn sie Vermögenswerte eines türkischen Staatsangehörigen erben und sie ihren eigenen Wohnsitz in der Türkei haben.“
Quelle: http://dogan-koyuncu.av.tr/de/content/view/29/42/ unter Punkt: VII. Erbschaftssteuer
Gleichzeitig gilt aber auch das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen der Türkei und Deutschland.
Die bisher gültige DBA besagte, das Steuern, die in der Türkei bezahlt wurden, bei der Besteuerung in Deutschland angerechnet werden müssen.
Ein Beispiel dazu:
Aus einer Kapitalanlage in der Türkei erhalte ich 3000 € Zinsen im Jahr 2010. Von den Zinsen zieht die türkische Steuer über die Bank 10% Ertragssteuer (stopaj) = 300 € ein, die mir bescheinigt werden. Da ich aber meinen Wohnsitz in Deutschland (D) habe, muss ich für mein gesamtes Einkommen (in diesem Fall: Einkommen aus TR = 3000 € brutto + Einkommen D = z.B. 40.000€; gesamt 43.000€ brutto) eine Einkommessteuererklärung in D für 2010 abgeben.
Sagen wir einfacherweise, dass D für 43.000€ brutto zu versteuerndes Einkommen auch 10% Steuerabgaben verlangt: Dies macht dann 4.300€ Steuern. Da ich aber bereits 300€ Steuern in TR abgeführt habe, werden nach dem DBA diese von den 4.300€ abgezogen. An D muss ich also „nur“ noch (4.300€ - 300€ =) 4000€ Steuern abführen. Durch das DBA wird ein doppelter Steuerabzug für dieselbe Einkunft verhindert. Diese müsste auch für die Erbschaftsteuer gelten. Wenn Du in TR für die Erbschaft Steuern zahlst, müsstest Du diesen Abzug auf Deine Steuerlast in D mindernd geltend machen können. Ob das auch bei geleisteter Erbschaftsteuer in TR wirklich so ist, bin ich mir im Gegensatz zur Kapitalsteuer aber nicht sicher!!!
Jetzt zu den Freibeträgen bei Erbschaften:
D ist bei den Erbschaftsfreibeträgen viel großzügiger als TR:
So verbleibt beispielsweise für den Ehegatten des Vererbenden (Erblassers) – nach meinem Wissen im Jahr 2002 - ein Erbe von bis zu € 307.000 komplett steuerfrei. Bei Kindern beträgt der Steuerfreibetrag € 205.000. Im Jahr 2010 betrugen die Freibeträge € 500.000 für Ehegatten und € 400.000 für Kinder des Erblassers.
Mit € 60.000 liegst Du also weit unter dem Freibetrag und es sollte schon allein dadurch keine deutsche Erbschaftsteuer anfallen.
In TR betrugen bzw. betragen die Freibeträge für Erbschaften TL 109.971 im Jahr 2010 (Quelle: http://aksam.medyator.com/2010/01/03/yazar/15762/met…) und TL 118.438 im Jahr 2011 (Quelle: http://emlak.kanald.com.tr/t/2011_emlak_vergisi_oran…).
Wie hoch der Freibetrag im Jahr 2002 war, weiss ich nicht.
Wenn man von den Werten der letztgenannten Quelle für 2011 ausgeht, so wären heute € 60.000 ungefähr (€ 60.000 x 2,30 TL/€) = TL 138.000
abzüglich TL 118.438 Freibetrag (TL 138.000 - TL 118.438) = TL 19.562
Von diesem Restbetrag musst Du nach türk. Steuerrecht 2011 nur 1% Steuern in TR abführen (Siehe oben zuletzt genannte türkische Quelle), also TL 196,62. Macht nicht einmal €100.
Auch wenn Du jetzt keine hohen Steuerforderungen aufgrund der Erbschaft weder von D- noch von der TR-Seite zu befürchten hast, bleibt noch die Frage, ob z.B. mit den Wohnungen Mieteinnahmen in all den vergangenen Jahren erzielt wurden, die steuerlich nicht deklariert wurden. Wenn nicht, weil man sie als eigene Ferienwohnungen genutzt hat, kein Problem.
Ich würde mich über eine Rückmeldung, ob mein Beitrag hilfsreich war, freuen.
Gruß
Yener