Stief-

Hallo zusammen, und auch einzeln.

Geht es nur mir so, oder ist für euch auch der Vorsatz „Stief-“ bei -sohn, -tochter, -vater, -mutter, -schweter, -bruder, -cousin, -cousine, -enkel, -enkeline usw. negativ besetzt? Wie irgendwie „Geduldet, aber nicht geliebt“, weil er/sie/es ja nun mal zum neuen Partner gehörig ist? Ist die Bezeichnung nicht in der heutigen Zeit überholt? Denn für mich bezeichnet sie Distanz. Wie ist das zu sehen?

Gruß.

To.i

Servus,

hast du einen „Ersatz“ für Stief? Wäre dieser nicht auch dann „negativ“ belastet?

Man sollte die Wahrheit akzeptieren und damit umgehen können und sich nicht Sorgen machen, dass die Bezeichnung negativ belastet ist.

mfg,

Hanzo

Hi,

nope, für mich ist das nicht negativ besetzt. Dient lediglich Erklärungszwecken. Wenn ich von meinem Stiefvater spreche, ist das äußerst selten negativ belegt. :smile:

Gruß
Cess

Hi,

für mich ist „Stief-“ auch irgendwie negativ besetzt.

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei mir daher kommt, dass in Märchen oft die Stiefmutter als böse dargestellt wurde. Und im richtigen Leben habe ich nie ein(e) „Stief-“ kennengelernt, weder bei mir in der Familie, noch bei Freunden. Also blieb wohl das negative Bild :wink:

http://tinyurl.com/24vpgag

Gruß
Steffie

Hi,

noch ganz interessant:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/754/315643/text/

Gruß
Steffie

Hallo,

als mein Mann und ich zum Standesamt gingen, waren mein erwachsener Sohn und seine auch erwachsene Tochter unsere Trauzeugen. Nachdem wir dann aus dem Rathaus kamen fragte mich meine (ja dann offizielle) Stieftochter: „Sag mal, was sind wir denn jetzt?“ Ich: „??“ Sie: „Naja, verwandt oder verschwägert?“ Ich musste erst mal überlegen und sie dann: „OK, wir sind verstiefelt“.

Ich will damit sagen, dass man das nicht so ernst nehmen sollte. Die Stiefmutter hat ihren schlechten Ruf durch die Märchen bekommen. In Realität ist das heute meist anders. Kaum ein „Stief“ kann es sich leisten das angeheiratete „Stief“ schlechter zu behandeln, als die Blutsverwandten.

Mein Mann und ich haben inzwischen jeder für sich Stiefenkelkinder. Ehrlich gesagt, würden sich manche leiblichen Enkelkinder wünschen so von Oma und Opa geliebt zu werden wie wir jeweils die Nachkommen unserer Stiefkinder lieben und auch umgekehrt. Keines der insgesamt vier Kinder hat bis jetzt mitbekommen, dass entweder Oma oder Opa nicht wirklich „echt“ sind.

Gruß
Ingrid

Hi,

so ist es. Mein erster Stiefvater, war ein Stief-Vater, deshalb habe ich auch seit über 20 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm.

Mein zweiter Vater, war kein Stiefvater sondern „Ersatzvater“, zu dem ich - trotz der Scheidung - noch immer einen guten Kontakt habe.

Gruß
Tina

Hi,

ich glaub auch, dass es durch Märchen eher negativ belegt ist und dann - nur so eine Idee - gerade in den Köpfen derer, die selber keine Stiefverwandten haben, negativ belegt bleibt.

Wer selber verstiefelt ist, sieht das dann vielleicht ein bisschen anders.

Gruß
Cess

Okay, das ist für mich nachvollziehbar.

To,i

Hi Tina,

also ist es schon so, dass man größere Hemmungen verspürt, einen sozusagen „Unverwandten“ mit „Stief-“ anzusprechen, wenn mit diesem ein gutes, freundschaftliches, liebevolles Verhältnis besteht?

To.i

Hi, die Links sind sehr interessant.

Die Stiefmutter kommt natürlich nicht aus heiterem Himmel in die Märchen.

Als diese entstanden, war u.a. die Müttersterblichkeit noch sehr, sehr hoch. Es war nicht selten, dass die Mutter bei der Geburt oder dann im Wochenbett starb. Da viele Kinder da waren, 5 bis 12 waren keine Seltenheit, mussten diese versorgt sein.

Der Witwer heiratete also neu, und die neue, junge Frau war natürlich mit den vielen Kindern, die nicht ihre leiblichen waren, heillos überfordert und nicht imstande, eine Liebe zu ihnen wachsen zu lassen.

Das hab ich mal irgendwo gelesen.

To.i

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Hi Tina,

also ist es schon so, dass man größere Hemmungen verspürt,
einen sozusagen „Unverwandten“ mit „Stief-“ anzusprechen, wenn
mit diesem ein gutes, freundschaftliches, liebevolles
Verhältnis besteht?

Hi,

ja. Der erste Mann meiner Mutter ist für mich der Exstiefvater, der zweite Mann meiner Mutter ist mein Ersatzvater, auf keinen Fall mein Stiefvater. Ich bin auch nie die Stieftochter gewesen, sondern die Tochter.

Er hat mich vor Fremden, immer als seine Tochter bezeichnet.

Gruß
Tina

Hallo beieinander,

ich glaub auch, dass es durch Märchen eher negativ belegt ist
und dann - nur so eine Idee - gerade in den Köpfen derer, die
selber keine Stiefverwandten haben, negativ belegt bleibt.

Wer selber verstiefelt ist, sieht das dann vielleicht ein
bisschen anders.

das kann ich, wenn auch für meine Tochter, auch bestätigen.

Früher war der Mensch an meiner Seite „der Lebensgefährte meiner Mutter“. Jetzt ist es halt, fast schon zwei Jahre lang „mein Stiefvater“. Durchaus gern gehabt, etwas reserviert, aber das war sie ihrem Vater gegenüber noch viel mehr.

Gruß, Karin

Hallo,

angeblich werden Stiefmütter sogar weltweit in den Märchen als böse dargestellt, feindselig und gefährlich für die Stiefkinder. Das ist kein Zufall. Die schlüssigste Erklärung bietet die Evolutionstheorie bzw. -psychologie.

Warum wir überhaupt bestimmte Menschen (das sind hier die genetisch Verwandten) bevorzugen und nicht alle gleichermaßen „liebhaben“, wird durch die „Gesamt-Fitness-Theorie“ erklärt. Diese Gesamt-Fitness umfaßt das Verhalten, welches zum eigenen Fortpflanzungserfolg beiträgt (100-Weitergabe der eigenen Gene), und zusätzlich das Verhalten, das den Fortpflanzungserfolg der Verwandten fördert (die auch noch 50, 25 % oder einen geringeren Anteil der eigenen Gene tragen).

Nun muß man sich noch vorstellen, daß die Ressourcen früher knapper waren als heute, und daher Stiefkinder, zumal, wenn sie noch sehr klein sind und viel Energie binden, damit früher noch mehr als heute die Chance für die Fortpflanzung der eigenen Gene vermindert haben. Dies fällt bei älteren Stiefkindern weniger ins Gewicht und natürlich bei erwachsenen Stiefkindern ganz weg.

Es gibt Studien über das Risiko von Mißhandlung, Mißbrauch und Tötung von (Stief-)Kindern - laut Daly und Wilson ist Stiefelternschaft der wichtigte Risikofaktor für Kindesmißhandlung. Auch da Risiko der Kindstötung ist nach denselben Autoren für Stiefkinder im vieles höher, am höchsten für die ganz kleinen Kinder (40 bis 100 mal höher im Vorschulalter). Einiges steht ja dazu in dem Link von Steffie, ich möchte hier nur den Rahmen, in dem das steht, etwas deutlicher machen.

Ähnliches gilt wohl für uneheliche Kinder, sie sind erst seit wenigen Jahrzehnten ehelichen Kindern rechtlich gleichgestellt. Weitere Risikofaktoren für Tötung oder Mißhandlung: Kinder mit angeborenen Krankheiten und Mißbildungen (weil deren Reproduktionserfolg weniger wahrscheinlich ist) und Kinder von sehr jungen Müttern (Opportunitätskosten durch verpaßte Gelegenheiten).

Quelle: Evolutionäre Psychologie, von David M. Buss, ISBN 9783827370945 Buch anschauen

Grüße,

I.

Hallo Tokei-ihto,

ich finde zwar nicht, dass Stief- negativ belegt ist, aber die explizite Benennung schafft für mein Empfinden schon eine Art Distanz. Ich habe einen Stiefvater seit ich ca. 10 Jahre alt bin, hab nun seit 12 Jahren Stiefgeschwister.
Für mein Empfinden ist es mein Ersatzvater, wenn ich ihn Fremden vorstelle sag ich „mein Vater“, wenn ich davon ausgehen kann, dass der Kontakt nicht enger wird und ich irgendwann mal die Familienverhältnisse aufklären müsste. Allerdings sage ich immer „mein Bruder“ oder meine „Schwester“… Nix halbes, nur Ganzes. Wir reden da ab und zu schonmal drüber, meine Geschwister sehen die Struktur dass wir Halbgeschwister sind, aber fühlen wie normale Komplettgeschwister. Wie sie das benennen bleibt nachher ihnen überlassen, jedöch empäfnde ich vermutlich Halbschwester als leichte Denunzierung :wink:

Mein Vater hat meinen Bruder und mich damals angenommen wie eigene Kinder und hat für uns gesorgt und gekämpft wie ein sorgsamer Vater für seine Kinder, Unterhalt, Schule, Hobbies…

Allerdings sagt er auch explizit, dass er nicht der Opa meines Sohnes ist. Das Kind hätte seinen Opa (lebt sogar hier in der Stadt, kümmert sich aber einen Lufthauch um uns). Das ändert nichts daran, dass er sich um den Kleinen bemüht wie ein Großvater, er baut mit ihm, er spielt mit ihm, betreut ihn auch manchmal (nicht selbstverständlich, da meine Mutter ziemlich krank ist und ich eher die beiden entlaste, als mein Kind bei ihnen zu lassen).

Jedoch gibt es mir immer einen kleinen persönlichen Stich, wenn er betont dass er nicht der Opa ist. Er hat ja Recht, aber ich empfinde das als Distanzierung, auch wenn er nicht distanziert handelt. Mein Kleiner nennt ihn auch beim Vornamen (wie ich meinen Stiefvater auch) und nicht Opa, hat aber eine wesentlich engere Bindung zu ihm, als zu seinem richtigen Opa, er liebt ihn abgöttisch, und mein Vater (ups, da schleicht es sich schon wieder ein, mein Stiefvater!) bringt ihm allen möglichen Unsinn bei, als Rache dass ich meine Geschwister in dem Alter mit Unsinn geimpft hatte :wink: und freut sich diebisch, dass der Kleine allen Quatsch mitmacht… das Kind im Mann…

lg, Dany
Stieftochter, fühlte mich aber nie zurückgesetzt, nur das Wort empfinde ich als Distanzierung

Hi,

für mich ist „Stief-“ auch irgendwie negativ besetzt.

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei mir daher kommt, dass
in Märchen oft die Stiefmutter als böse dargestellt wurde.

und das ist noch nett.

in den originalmärchen haben die leiblichen eltern die kinder ausgesetzt, so groß war das elend damals…

http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=969&kapitel=13…

tilli

Das eigensinnige Kind

Es war einmal ein Kind eigensinnig und tat nicht, was seine Mutter haben wollte. Darum hatte der liebe Gott kein Wohlgefallen an ihm und ließ es krank werden, und kein Arzt konnte ihm helfen, und in kurzem lag es auf dem Totenbettchen. Als es nun ins Grab versenkt und die Erde über es hingedeckt war, so kam auf einmal sein Ärmchen wieder hervor und reichte in die Höhe, und wenn sie es hineinlegten und frische Erde darüber taten, so half das nicht, und das Ärmchen kam immer wieder heraus. Da mußte die Mutter selbst zum Grabe gehen und mit der Rute aufs Ärmchen schlagen, und wie sie das getan hatte, zog es sich hinein, und das Kind hatte nun erst Ruhe unter der Erde.

Für mein Empfinden ist es mein Ersatzvater, wenn ich ihn
Fremden vorstelle sag ich „mein Vater“, wenn ich davon
ausgehen kann, dass der Kontakt nicht enger wird und ich
irgendwann mal die Familienverhältnisse aufklären müsste.

warum?
kämst du dir vor wie ein lügner?
ich kläre das auch noch im nachhinein auf, wenn es denn mal relevant werden sollte.
„übrigens, ich bin nicht die echte mutter.“
hat mich nie einer für gerügt.

tilli

Hallo Tilli!

in den originalmärchen haben die leiblichen eltern die kinder
ausgesetzt, so groß war das elend damals…

http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=969&kapitel=13…

In dem verlinkten Märchen ist es die Stiefmutter.

… Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und hatten gehört, was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte …

Gruß,
Max

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hallo tilli,

warum?
kämst du dir vor wie ein lügner?

nee, käme ich nicht. Aber 1. was geht es andere an, dass er nicht mein leiblicher Vater ist? Er agiert wie mein richtiger Vater und hat bei mir auch den Stellenwert als solcher - also benenne ich ihn bei anderen auch so - warum es unterstreichen?

ich kläre das auch noch im nachhinein auf, wenn es denn mal
relevant werden sollte.

Ja, wie gesagt, wenn der Kontakt dann intensiver wird schon - aber bei einer oberflächlichen Bekanntschaft oder zum Vorstellen bei der Chefin muss ich die Familienverhältnisse einfach nicht so offenlegen *find*

Das kann jeder halten wie er möchte, aber ich trete das eben nicht gerne breit - unterschwellig ist man dann doch ein Scheidungskind, Mutter hat nochmal geheiratet. Manchmal muss man nicht jedem alle Informationen geben :smile:

lg, Dany