Stift? = Lehrling, woher kommt das?

Hallo,
bei uns wir der Lehrling oft noch als STIFT bezeichnet.
Woher kommt diese Bezeichnung?

Gruß Finus

Hallo !

Ladenschwengel ist eine Berufsschelte, die auf einen Ladendiener oder Ladenjungen angewandt wird. Sie ist kaum vor 1792 belegt. 1809 wird der Ausdruck in Campes Wörterbuch der deutschen Sprache, ‚pöbelhaft‘ genannt. Er dürfte vermutlich eine Schöpfung der Studentensprache sein, die analog zu dem bereits um 1300 bekannten ‚Galgenschwengel‘ gebildet wurde. Die frühere Annahme, daß es sich um eine sexuelle Pars-pro-toto- Bezeichnung handelt (W. Porzig, Wunder der Sprache), wie Stift, Stöpsel u.a., dürfte demnach nicht die primäre Deutung sein.
Schwengel kommt von schwingen, so in Pumpenschwengel, Glockenschwengel (= Klöppel). Auch an jedem Wagen, der zweispännig fuhr, mußte ein Schwengel die Ortscheite aufnehmen, die die Zugseile zogen. Der Schwengel glich die unterschiedlichen Anzugskräfte der Pferde aus, also auch:… schwingen, hin und her … Ladenschwengel ist also der junge Mann, der dienstbeflissen hin- und herrennt, um den Kunden durch reiche Angebote zufriedenzustellen. Weitere Bezeichnungen der Ladendiener, die meist auf die Sticheleien zwischen Studenten und Ladenpersonal zurückgehen, sind ‚Ladenhengst‘ (vgl. heute auch ähnlich Bildungen wie ‚Bürohengst‘ usw.), dann ‚Ladenschwung‘ und ‚Ladenschwanz‘.
Auch ‚Ladenhupfer‘, ‚Ladenhupser‘ und ‚Ladengumper‘ (nördlich Freiburgs) sind gelegentlich zu hören.

G. GROBER-GLÜCK: Motive und Motivationen in Redensarten und Meinungen (Marburg 1974), S. 413-416.

[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Ladenschwengel, S. 1 ff.Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 3641 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 3, S. 921 ff.) © Verlag Herder]

mfG Conrad

Hallo !

Oh?

Ladenschwengel

ist ja damit geklärt.
Aber der STIFT?

In dem zitierten Artikel wird darauf hingewiesen, dass der Schwengel keinen sexuellen Hintergrund haben dürfte, wie Stift, Stöpsel u. ä.

Der Stift aber, so Kluge, hat diesen Hintergrund:

_ Stift
Substantiv Maskulinum „dünner Gegenstand“ Standardwortschatz (11. Jh.), mhd. stift, steft, ahd. stift, mndd. stift Stammwort.
Wohl zu steif und Stiefel 2.
Die Bedeutung „Halbwüchsiger“ ist zunächst im Rotwelschen bezeugt (17. Jh.) und ist deshalb wohl eine sexuelle Metapher und Metonymie.
Als Bezeichnung für Schreibgeräte seit Dürer (gemeint sind Silberstifte); das Schreiben mit Silber- und Bleiweiß-Stiften geht bis in die Antike zurück._

Und auch der Pfeifer sagt:

_ Stift
Übertragener Gebrauch im Sinne von „Lehrling, Gehilfe“ wird im 19. Jh. üblich, wohl im Gedanken an etwas Kleines, Schmales, Geringes (vielleicht ‚kleiner Penis‘?), vgl. vorausgegangenes „Stiftgen“ = halbwüchsiger Junge (17. Jh.), „Stift“ = Knabe (18. Jh.)_

Gruß Fritz

Hallo Fritz, ich geb´s ja zu, dass ich die Bedeutung von Damenstift sehr wohl kenne, konnte einfach nicht wiederstehen.
Aber etwas ernsthaftet wollte ich zu beiden altertümelnden Bezeichnungen für „Azubis“ (ob dieser Ausdruck nun sehr viel besser ist?) auch sagen.
(Abgesehen von der Frage was rauskommt, wenn ihn jemand auffordert größer zu werden. Schulligong! Siehe Brett „Denk- und Ratespiele“)

Stift:
Vielleicht weil in der guten alten Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, sich niemand etwas dabei dachte die Lehrjungen, Lehrlinge in der ersten Zeit zu niederen Arbeiten und Botengängen heranzuziehen, eben alle möglichen Dinge z.B. Stifte herbei zu holen. Und/ oder weil sie bei aushäusigen Besorgungen auch ganz gerne mal für ein Weilchen „stiften gingen“. Oder sagte man das nur, wenn der „Gestiftete“ dann dauerhaft fort war?

Ladenschwengel:
Ich weiß zufällig, wann ich das Wort zum ersten Mal hörte. Bei einer abendlichen Radio- Unterhaltungssendung. „Geschichten aus dem alten Berlin“ da wurden alte Liebesromane im Stile Hedwig Courths-Mahler als „Hörspiel“ (Na ja!?) aufbereitet und vorgetragen. Und da wurde der Ausdruck gebraucht. Ich war etwa zehn Jahre alt, kannte zwei Ausdrücke für Penis und war gerade in einer uninteressierten Phase was Fortpflanzung (oder gar Sex!) anging. Dennoch wußte ich sofort, dass dies nur ein „unanständiger“ Ausdruck für das, was in unserer Familie „Puller“ hieß, war. Und dass es ein abwertender, verächtlichmachender Ausdruck für einen Lehrjungen in einem Geschäft war, war mir auch klar, ohne irgendwen fragen zu müssen. Begründen hätte ich es im Zweifelsfalle allerdings auch nicht können. Wie könnte so etwas wohl kommen?

Renate,
der mal jemand beschreiben wollte, dass er eine Fahrt als Sozius auf einem Motorrad als unnötig flott und risikofreudig empfand, und zur Beschreibung seiner Angst sagte: „Boah, ist mir da der Stift gegangen!“