Mal eine recht spezielle Frage: Warum war es Stresemann so wichtig, dass der Vertrag von Locarno 1925 keine Auswirkungen auf eine Festsetzung der östlichen Grenzen Deutschlands hatte? Dachte er, wenn er noch ein bischen wartet dann weiten die sich von selber aus oder was?
Mal eine recht spezielle Frage: Warum war es Stresemann so
wichtig, dass der Vertrag von Locarno 1925 keine Auswirkungen
auf eine Festsetzung der östlichen Grenzen Deutschlands hatte?
Dachte er, wenn er noch ein bischen wartet dann weiten die
sich von selber aus oder was?
In der Weimarer Republik waren nahezu alle politischen Lager, nicht nur die Rechten, der Meinung, dass der Verlust der Ostgebiete (Westpreußen, Posen und kleinere Territorien, später auch Teile Oberschlesiens) absolut nicht hinnehmbar seien. Wie sich das wieder „bereinigen“ würde, darüber gab es unterschiedliche Vorstellungen: über außenpolitische initiativen, über die Einsicht der Völkergemeinschaft, dass die Abtrennung ein Rechtsbruch gewesen sei, über militärische Rückeroberung…
Was Stresemann selbst bevorzugte, müsste vielleicht jemand klären, der sich mit ihm selbst näher auskennt.
[…] Vertrag von Locarno 1925 keine Auswirkungen
auf eine Festsetzung der östlichen Grenzen Deutschlands hatte?
Guten Morgen, Helga!
Das ist so nicht ganz richtig. Die Ostgrenze des Deutschen Reichs war im Versailler Friedensvertrag festgelegt, und die Locarno-Verträge haben an ihnen nichts geändert.
Nur so viel:
Neu war: Die Grenzen zu Belgien und Frankreich wurden vom Deutschen Reich anerkannt, die Ostgrenzen zu Polen sollten durch eine friedliche Revision geändert werden dürfen.
Das war ein Fernziel Stresemanns und war abhängig von der Situation Polens. Stresemann darüber: „Eine friedliche Lösung der polnischen Grenzfrage, die unseren Forderungen wirklich gerecht wird, wird nicht zu erreichen sein, ohne dass die wirtschaftliche und finanzielle Notlage Polens den äußersten Grad erreicht und den gesamten polnischen Staatskörper in einen Zustand der Ohnmacht gebracht hat.“
Was u. a. hieß: Sperrung des deutschen Marktes für polnische Waren durch einen jahrelangen Zollkrieg, Demonstration der unhaltbaren Zustände durch ständige Beschwerden gegen die Polonisierung der deutschen Minderheit in Polen vor dem Völkerbund (um eine starke Volksgruppe in Polen zu erhalten als Voraussetzung für die Grenzrevision).
Aber die Siegermächte hatten kein Interesse an einer solchen Veränderung des status quo, und Polen selbst war in diesen Fragen unachgiebig; es hätte ja den Zugang zur Ostsee verloren.
Vielleicht spielte auch eine Rolle die Tatsache, dass die abgetretenen Gebiete allesamt zu Preußen gehört hatten (einschließlich des 1920 an die neue Tschechoslowakei gegangenen Hultschiner Ländchens, eines Teils von Preußisch Schlesien), und einer Stärkung Preußens durch die Rückgabe hätte völlig den Intentionen dder Siegermächte widersprochen.
Schönen Gruß!
Hannes
Volksabstimmung
Mal eine recht spezielle Frage: Warum war es Stresemann so
wichtig, dass der Vertrag von Locarno 1925 keine Auswirkungen
auf eine Festsetzung der östlichen Grenzen Deutschlands hatte?
Dachte er, wenn er noch ein bischen wartet dann weiten die
sich von selber aus oder was?
Hallo Helga,
ein entscheidender Punkt ist, dass die Bevölkerung diverser deutsche Gebiet laut den Friedensverträgen über die Zugehörigkeit zu Deutschland abstimmen sollte. Ost-Oberschlesien wurde trotz einer Mehrheitsentscheidung für Deutschland wegen des Industriegebiets Polen zugeschlagen. Das empfand man natürlich als ungerecht.
Gruß,
Andreas
Danke liebe Leute, das ist alles sehr informativ! Genau die Art von Antworten die ich brauchte!! Merciii