Stress am Arbeitsplatz

Stress am Arbeitsplatz kennt fast jeder - doch bei mir ist der Fall folgendermaßen:
Ich arbeite seit 12 Jahren in einem Kundenservice der seit einigen Jahren mehr und mehr zu einem Call Center geworden ist.
Ablauf: Telefonieren, und Gespräche in den PC einpflegen, dazu noch die Aufträge bearbeiten, gleichzeitig weiter telefonieren und stets freundlich sein. Kein Problem soweit.
Nun wurde mir aber (als langjährige Mitarbeiterin) nahe gelegt, ich würde zuviel Pause machen. Tägliche Arbeitszeit 5 Std, davon 17 min Pause.
Alle Zeiten werden von den Vorgesetzten bis ins Kleinste dokumentiert und überwacht. Jeder Toilettengang zählt als Pause dazu.
Ich denke schon, dass ich meine Arbeit gut mache - denn es machte auch Spaß, bis zu dem Tag an dem man mir sagte - ich wäre zuviel in Pause?!
Lt. Arbeitsschutz zu Bildschirmarbeitsplätzen steht mir eigentlich noch mehr Pause zu.
Aber wie kann ich das Recht einfordern. Was sollte ich denn tun, wo kann ich Hilfe erwarten.
(Mein Arbeitgeber beschäftigt 1200 Mitarbeiter - wir verfügen aber über KEINEN Betriebsrat, nur Vertrauensleute) Betriebsarzt wäre vorhanden.
Ein Gespräch zum nächsten Vorgesetzten habe ich schon in Erwägung gezogen, traue mich aber nicht, denn etwas eingeschüchtert bin ehrlich gesagt schon. Was- wenn ich weiterhin gemobbt werde - oder noch eine Steigerrung eintritt?
Mit mobben meine ich: Wenn ich das Büro zur Toilette verlasse, wird mir schon hinterher spioniert. Telefoniere ich gerade mal nicht, wird schon geschaut was ich mache. Telefoniere ich privat (allerhöchstens 3min/ Tag) stellt man sich neben mich.
Es sind Arbeitsbedingungen die ich bislang für den Verdienst gerne ich Kauf genommen habe. Nun aber ganz klar, - ich merke - es geht nicht mehr. Aufgeben möchte ich mit all meinen erarbeiteten Sozialleistungen den Arbeitsplatz auf keinen Fall.

Vorab sage ich schon mal DANKESCHÖN

Hallo,
wenn Du von Vertrauensleuten sprichst meinst Du die Kollegen die im Rahmen von gerwerkschaftlicher Arbeit Vertrauensleute sind?
Nächste Frage: Bist Du in einer Gewerkschaft?Wenn nicht würde ich Dir das dringend anraten.Dort würde ich mir professionelle Beratung holen incl. rechtliche Beratung zu Deiner Situation die wie Du ise schilderst entsprechend der Gangarten eines Callcenters sind.
Der Vorteil wäre auch das Du arbeitsrechtlich im Falle von weiteren Maßnahmen durch den Arbeitgeber (Abmahnung ect) man weiß ja nie , einen Rechtschutz hättest.Kann es sein dass Du besser bezahlt wirst als langjährige Mitarbeiterin und Neueinstellungen günstiger sind? Das ist auch häufig ein Grund warum man anfängst bei langjährigen Mitarbeitern diese Strategie zu fahren?
Ich wünsche Dir alles Gute und hoffe ich konnte Dir einige Anregungen geben. Kannst mir gerne nocheinmal schreiben falls Du Bedarf hast.
LG
Roberta

Hallo,

danke für Ihre Anfrage, auf die ich gerne auch antworten werde, aber dies erst voraussichtlich morgen.
Die von Ihnen angesprochene Problematik ist sicher nicht so leicht mit ein paar Worte usw. zu beantworten, da es gerade zu diesem Themenkomplex keine so eindeutige Rechtssituation gibt. Neben arbeitsschutzrechtlichen Dingen spielen da natürlich auch arbeitsvertragsrechtliche Fragen eine Rolle, die beachtet werden müssen.

Ich melde mich wieder.

Mit freundlichen Grüßen
M. Rahe

Hallo,

nun melde ich mich nochmals, entschuldige wenn es etwas gedauert hat, aber ich erkenne ja auch, das das Problem bei dir schon länger vorliegt, da kommt es sicher auch nicht auf einen Tag mehr an.

Nun zu deinen Fragen:

Pausen nach Arbeitszeitrecht hast du erst ab 6 Std./Tag, also kann dir da auch nicht angerechnet werden auf etwas, was dir nicht zusteht. Die Aussage: tägl. Arbeitszeit 5 Std., davon 17 Min. Pause kann ich nicht einordnen, da dir wie geschrieben eigentlich keine Pause zusteht, aber vielleicht ist das ja in der Firma/ Tarifvertrag/Arbeitsvertrag anders geregelt, da solltest du dich schlau machen über Details. Toilettengänge sind in keinem Fall auf Pausen anrechnbar. Die Dokumentation ist eine andere Frage, dazu kann ich jedoch nicht sagen, inwieweit so was rechtlich zulässig ist. Nach der Bildschirmarbeitsverordnung ist deine Tätigkeit regelmäßig durch Pausen zu unterbrechen, damit du dich von der Tätigkeit erholen kannst. Dazu sollte es in deiner Firma eine Regelung geben, die dir auf Verlangen auch zur Kenntnis gegeben werden muß. Eine Gefährdungsanalyse ist nach Arbeitsschutzrecht und Bildschirmverordnung ebenfalls zwingend zu erstellen und dort sind solche Regelungen auch abzuleiten.

Wie kannst du dein Recht einfordern? Frage den Arbeitgeber und weise auf die Regelungen hin, falls dagegen verstoßen wird. Daraus alleine darf dir kein Nachteil entstehen, aber du kannst natürlich nicht verhindern, das der AG eventuell später als Reaktion besonders genau hinsieht, was deine Leistung und das verhalten im Betrieb angeht.

Da ihr keinen Betriebsrat habt, ist dieser wegen Fehlen auch nicht in der Lage, hier regelnd einzugreifen.

Der Betriebsarzt sollte auch zu den geltenden Regelungen etwas aussagen können, andernfalls wären die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz mit den Aufsichtskräften und die Berufsgenossenschaft Anlaufstellen für Hilfeleistungen und Prüfungen der betrieblichen Praxis. Bei uns war es gängige Praxis, Hilfeersuchen gegenüber dem Betrieb nicht offenzulegen, sondern diese Prüfungen dann so ablaufen zu lassen, daß kein Zusammenhang mit einer Meldung eines Beschäftigten herzustellen war. Aber garantieren kann ich das nicht für andere Dienststellen. Dein Arbeitgeber könnte dir eine Meldung bei Bekanntwerden als „Anschwärzen“ zurechnen und ob das arbeitsrechtliche Folgen hat, ist schwer einzuordnen.

Alle Meldungen, die du event. planen solltest, immer nicht aus dem Betrieb heraus machen, sondern immer über Quellen, die nicht so einfach rückverfolgt werden können. Ob diese Stellen allerdings auf anonyme Meldungen eingehen und das bearbeiten werden ist offen. Aber man kann auf die befürchteten Folgen seitens des Betriebes hinweisen.

Die geschilderten Sachverhalte haben allerdings mit Mobbing absolut nichts zu tun, da sie ja nicht das Ziel verfolgen, dich aus dem Betrieb zu entfernen, sondern nur abzielen, dir ein schlechtes Gewissen zu machen. Wenn du solange dort arbeitest und nicht wechseln willst, gut nachvollziehbar, dann schaffe dir etwas dickere Haut an und lasse das einfach abperlen.

Viel Glück und hoffentlich bald bessere Arbeitsverhältnisse.
Freundliche Grüße

VIELEN VIELEN DANK!!!

Das hat mir wirklich sehr weitergeholfen!!
Aber eine kleine Frage habe ich noch:
Toilettengänge: Wieviel wären denn normal? Welche Dauer?
Man sagte mir, 1x die Std. sei zuviel :wink:
Darf das sein, dass man nicht zur Toilette darf?

VG Nicole - und vielen Dank!!!

Hi,

schön, wenn ich da helfen konnte.
Es gibt keine Norm, die vorgibt, wie oft jemand zur Toilette muß, das ist so individuell, wie andere Sachen auch. Neben krankheitsbedingtem (z.B. Drang- oder Stressinkontinenz, bei Frauen häufig) häufigem Müssen müssen, spielt das Alter, das Geschlecht usw. eine Rolle. Das kann kein Chef vorgeben und erklären, was zulässig sei. Wenn ein echtes Bedürfnis zum Gang auf die Toilette vorliegt, also nix nur um zu rauchen oder sich vor der Arbeit zu drücken, dann darf man eindeutig dort hin. Es ist ja sogar so, daß man bei einem echten Notbedürfnis an fremden Haustüren klingeln darf oder in Gaststätten, die dortige Toilette benutzen darf.

Ihr scheint ja schon eine tolle Firma zu sein, wo Chefs sich um solche Kleinigkeiten so intensiv kümmern, statt mittels gutem Betriebsklima für überdurchschnittlich gute Leistungen mit zufriedenen Mitarbeitern zu sorgen.

Tipp am Rande, auch wenn kaum umsetzbar: Such dir ne Frau als Chef, die weiß, welche Sorgen du hast, wenn du nicht darfst, wenn du mußt.

Ich drücke die Daumen, das du dich durchsetzen kannst.
Freundliche Grüße