Hallo Tommy,
Vor einiger Zeit habe ich mal durch Zufall festgestellt, dass
an vielen elektrischen Geräten Strom am Gehäusen anliegt, was
man beim leichten darüber fahren mit dem Finger spürt.
Später las ich das man dies „klassische Nullung“ nennt.
Mit Nullung hat das nichts zu tun. Wenn die Geräte bzw. Steckdosen „genullt“ wären, wäre keine spürbare Spannung auf den Gehäusen.
Aber wie genau funktioniert das eigentlich, ist das Gerät dann
nur mit einem Leiter verbunden und das Gehäuse dient als
Rückleitung?
Der Schutzleiter wird mit dem Nullleiter verbunden. Das ist aber nicht mehr zulässig, da bei einer Unterbrechung des Nullleiters, die ja ohne weiteres mal vorkommen kann, die Gehäuse aller angeschlossenen schutzgeerdeten Geräte auf 230 V liegen würden.
Und warum ist -wie ich bei Wasserkocher und Schreibtischlampe
feststellte- auch im abgeschalteten Zustand Strom auf dem
Gehäuse?
Höchstwahrscheinlich hat der letzte Elektriker Mist gebaut und den Schutzleiter nicht angeschlossen. Durch kapazitive Einstreuung der naheliegenden 230-V-Ader hast Du nun immer eine Fehlerspannung auf dem Schutzleiter. Wenn Du sie so deutlich spürst, wird sie um die 100 V betragen. Meistens liegt sie aus Symmetriegründen etwa bei der halben Netzspannung.
Und meine letzte Frage: Wieso macht man das überhaupt, es wäre
doch viel sicherer die Zuleitungen vom Gehäuse zu isolieren,
da bei Unterbrechung eines Leiters die Gefahr eines
elektrischen Schlages besteht.
Das war nur eine Notlösung, da Installationen bis in die 60-er Jahre ohne Schutzleiter üblich waren. Insbesondere bei Geräten, die mit Wasser in Verbindung stehen, ist eine zuverlässige Isolation der Leitungen gegen ein Metallgehäuse aber nicht so einfach sicherzustellen. Deshalb hat man einen getrennten Schutzleiter in den Schukosteckern und allen Elektrogeräten mit Metallgehäuse vorgeschrieben, der eventuelle Fehlerspannungen kurzschließen soll. Diese Vorschrift änderte aber nichts daran, dass damals in den meisten Häusern noch kein Schutzleiter verlegt war, was man ja noch heute oft findet. Offensichtlich hat man die Nullung für sicherer befunden als ein nicht angeschlossenes Gehäuse.
In Deinem Fall besteht das Problem, dass im Fall eines Erdschlusses in einem der angeschlossenen Geräte der Schutzleiter auf 230 Volt liegt und damit auch alle anderen Geräte 230 Volt auf dem Gehäuse hätten. Da dies gefährlich ist, solltest Du da unbedingt nochmal einen Elektriker drüberschauen lassen.
Jörg