Hallo zusammen,
Hi!
ich überlege, ob ich mein Studium (4. Semester) für einen Job
abbreche.
Es besteht zunächst mal keine Notwendigkeit das Studium abzubrechen. Es gibt Urlaubssemester oder - Geisteswissenschaftler studieren sowieso nicht in der Regelstudienzeit - man läßt das Studium nebenher laufen. Vorausgesetzt man ist nicht Diplomstudent, weil bei denen sehr schnell der Punkt erreicht ist, wo sie aus dem Prüfungsverhältnis hinausgeworfen werden und zwar endgültig, was, wenn man dann gerne wieder einsteigen würde, fatal sein kann.
Den habe ich zwar noch nicht in der Tasche, aber es
sieht doch ganz gut aus. Und das wäre evtl. auch das was ich
gerne machen würde wenn ich mein Studium abgeschlossen habe.
Praxis ist supergut, wird von zukünftigen Arbeitgebern sehr geschätzt und hat einen unschätzbaren Vorteil: man wird sich darüber klar, was man garantiert später nicht machen möchte - oder was man sein ganzes Leben lang unbedingt tun will (jedenfalls bis zur Rente oder so). Schon weil es nur eventuell dein Traumjob ist, solltes du aber erst mal eingeschrieben bleiben (vor allem, wenn du zulassungsbeschränkte Fächer studieren solltest). Falls der Traumjob sich als Flaute erweist, kannst du dann aber ins Studium zurück.
Ich könnte das also jetzt schon haben. In Gesprächen mit
Nichtstudenten höre ich oft „Dann lass es doch (das Studium)
wenn es keinen Sinn mehr hat“,
Ich würde mir mal folgende Fragen stellen (und während des Jobbens noch einmal und noch einmal): Kann ich mir vorstellen, in einer Ausbildung besser klarzukommen? Was stört mich am Studium, die Art und Weise der Wissensvermittlung (Alternative FH oder Berufsakademie (Praxis und Studium in Verbindung, aber nur in bestimmten Fächern)?), die Studienfächer? (Studienfachwechsel, nicht Studienabbruch!), das Ambiente (Profs, Kommilitionen?), meine mangelnden Kenntnisse in Studienmethodik (Wie schreibe ich eine Hausarbeit, wie überwinde ich Prüfungsangst, wieso kann ich nicht über meinen Büchern hocken bleiben?)?
Es gibt einfach Leute, für die ist ein Studium nichts oder jedenfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt nichts. Vielleicht brauchst du einfach erstmal den Kontakt zum Berufsleben (durch Praktika, Ausbildung oder ähnlich), um dir darüber klarzuwerden, was dir mehr liegt, das Praktische oder das (mehr oder weniger) Theoretische. Damit würdest du dir ja auch nichts verbauen. Nach einer Ausbildung könntest du immer noch ein Studium anhängen (oder das jetzige weiterführen, so schnell veralten Scheine nicht, schon gar nicht, wenn du schon die Zwischenprüfung oder das Vordiplom hättest), aber mit 3 Jahren Berufs- und Lebenserfahrung mehr.
meine Studikollegen sagen mir
aber immer „Tja, irgendwann geht´s aber auf der Karriereleiter
einfach nicht mehr weiter weil Du nicht studiert hast“.
Das kommt darauf an, wie wichtig dir die Karriereleiter ist. Es soll auch Leute geben (das ist jetzt nicht ironisch gemeint, sondern ganz ernst), die in ihrem Job als Sekretärin oder Müllmann aufgehen. Und darauf allein kommt es doch an. Dir muß der Job (potentiell und grundsätzlich, kein Job macht nur Spaß) Spaß machen, du mußt ihn gern und gut machen, dann ist es egal, ob Karriere (was man so landläufig Karriere schimpft) oder nicht - es sei denn du selbst legst gesteigerten Wert darauf. Außerdem gibt es auch eine Reihe von Ausbildungen, mit denen man „Karriere“ machen kann. Grundsätzlich stimmt es natürlich, je größer die Bildung, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden und desto größer (je nach Studienfach) die Karriere-Chancen. Aber was hast du persönlich von der Statistik, wenn dich dein Studium oder dein Job nur anödet?
Im Studium selbst klappt es auch nicht so bei mir. Ich bin
einfach zu faul.
Da hilft nur eins: sich selbst am Riemen reißen - und jede Hilfe in Anspruch nehmen, die man dazu bekommen kann (s.u.)
Das Studium selbst (Japanisch) macht mir zwar
Spass, aber ich kann mich nicht so organisieren wie es das
Studium erfordert.
Das ist eine Sache, die man erlernen kann (auch solche, die es bisher nicht gelernt haben - jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Chaoten, so wie ich, bleiben Chaoten, aber sie lernen das eigene Chaos soweit zu organisieren, das es hinlangt). Erkundige dich mal bei deiner Studienberatung oder in deinen Fächern. Dort werden oft Kurse (bei uns heißen die z.B. Effektiver Lernen, Reden vor Gruppen, Prüfungsangst etc.) angeboten. Manchen hilft auch die Gruppenarbeit, während andere eher Einzelkämpfer sind. Oft hilft es aber gerade den eher unorganisierten Zeitgenossen, wenn sie in einer Gruppe entsprechend motiviert werden.
Auch ein Ereignis im privaten Bereich hat
mich in den letzten Monaten ziemlich stark beeinflusst und ich
bin zu nichts gekommen.
Ja, so etwas kommt vor. Irgendwann sollte man allerdings die Kurve wiederbekommen und sich fangen - oder Hilfe in Anspruch nehmen, z.B. bei der psychosozialen Beratungsstelle an der Uni. Die Gespräche sind absolut vertraulich und gehen keinen etwas an, können aber vielleicht helfen.
Also: Mir geht es um das pro und
contra und vor allem um die Frage an die Studienabbrecher da
draußen ob ihr es bereut abgebrochen zu haben oder ob ihr es
nochmal genauso machen würdet.
Also, ich habe sehr lange studiert, nur 6 Semester bis zur Maitrise (in Frankreich), aber insg. 9 Jahre, bevor ich meinen Magister in der Tasche hatte. Dann noch eine Promotion, die ich aber aus finanziellen Gründen nach 3 Jahren geschmissen habe und, wer weiß, vielleicht im Rentenalter noch mal aufnehme.
Ich habe unter anderem deshalb so lange gebraucht, weil ich seit dem 3. Semester neben oder anstatt Studium immer gearbeitet habe. Diese praktischen Erfahrungen haben mir sehr viel gebracht, vor allem in der Frage, wer bin ich?, wo will ich hin?
Der Idealfall ist so ein langes Studium trotzdem natürlich nicht, besser ist es allemal, die Praktika in die Semesterferien zu verlegen und die Theorie ins Semester zu packen. Aber gerade so ein stetiger Wechsel zwischen Theorie und Praxis kann einem Lust auf mehr machen, ohne das eine Phase so lange dauert, daß man schon wieder Langeweile hat.
Eine andere Erfahrung noch, wenn es eher an den Inhalten des Studiums liegt, daß du nicht recht den Draht dazu findest. Sollte grundsätzlich Interesse am Fach bestehen, wird das Hauptstudium erst richtig spannend. Fast alle Studierenden sagen, daß das Grundstudium viel sture Paukerei ist, während man im Hauptstudium erst eigene Schwerpunkte herausbilden und mit der entsprechenden Motivation beackern kann. Und vom Hauptstudium bist du ja vermutlich nicht mehr so ganz weit entfernt.
Geisteswissenschaftler studieren aber jedenfalls selten in der Regelstudienzeit und haben generell größere Zweifel, an dem, was sie tun, weil ihr Studium nicht auf ein bestimmtes Berufsziel hin ausbildet. Hol dir also Beistand und Motivation und sprich´ mit anderen oder besuche, falls eure Hochschule so etwas anbietet, entsprechende Veranstaltungen zu Geisteswissenschaftler und Beruf. So daß du eine Idee bekommst, was du später mit dem Studium alles erreichen könntest. (Asien ist momentan voll im Kommen!)
Motivierend finde ich auch das Buch: So finden Magister einen Job aus dem Unicum bei Eichborn-Verlag. Nicht weniger interessant vielleicht Peter Jüde: Berufsplanung für Geistes- und Sozialwissenschaftler aus dem Staufenbiel-Verlag.
Ich habe übrigens viele verschiedene Fächer studiert, aber letztendlich nicht abgebrochen. Und darüber bin ich sehr froh.
Zwar bin ich überhaupt nicht auf Karriere aus, aber meinen Traumjob (den ich ursprünglich weder kannte, noch ausüben wollte, den ich jetzt - seit ich ihn ausübe - aber einfach super finde) kann man nur mit einem abgeschlossenen Studium erreichen und glücklicherweise konnte ich den zum richtigen Zeitpunkt vorweisen.
Wenn du weitere Fragen oder Sorgen hast, mail mir doch einfach mal persönlich ([email protected])!
Susanne Mensah
Studienberaterin
Uni Trier
Danke
K.