Studium Theoretische Physik

Hallo,

ich bin 19 Jahre alt und stehe ein Jahr vor meinem Studiumsbeginn und bin leider noch immer unentschlossen. Ich hab die Matura mit gutem Erfolg an einer Handelsakademie abgeschlossen, bin also an Zahlen durchaus gewöhnt. In diesen 5 Jahren habe ich (für diese Schule eher untypisch) Interesse an Physik, eher im theoretischen Bereich (String-Theorie etc, ihr kennt auch da sicher noch besser aus) entwickelt.

Jetzt überlege ich, ob ich eben einen Studiengang in der Richtung wählen soll, allerdings finde ich im Internet kaum „Tipps“ oder andere persönliche Erfahrungen mit diesem Studiengang. Also jetzt endlich zu meinen Fragen:

Was habe ich bei dem Studiengang „Theoretische Physik“ zu erwarten? Hab ich sehr hohen Nachholbedarf, weil ich auf einer Schule war, in der man nur 1 Jahr Physik hatte (Oberstufe, Unterstufe waren’s 4 Jahre)? Auch die Mathematik meiner Schule war eher wirtschaftsorientiert, ist das ein großes Problem?

Also ihr seht in welche Richtung sich meine Fragen bewegen. Vielleicht kann mir ja jemand mit Erfahrung sagen, ob mit meiner bisherigen Ausbildung dieser Studiengang zusätzlich stark erschwert wird und mir einen kleinen Enblick in dieses Fach gewähren.

Ich freue mich schon auf Antworten.

LG

Hallo,

bin also an Zahlen durchaus gewöhnt.

Höhere Mathematik hat weitgehend nix mehr mit Zahlen zu
tun.

In diesen
5 Jahren habe ich (für diese Schule eher untypisch) Interesse
an Physik, eher im theoretischen Bereich (String-Theorie etc,
ihr kennt auch da sicher noch besser aus) entwickelt.

Praktisch sind da eine Handvoll Physiker und Kosmologen,
die sich ernsthaft mit solchen Themen beschäftigen.

Daneben hat die Physik natürlich sehr viele Bereiche,
die anders als z.B. Kosmologie zum Inhalt haben.

Wenn du aber nicht zur absoluten Spitze zählst,
bleibt dann evtl. nur Physik Lehramt übrig, was natürlich
mit theoretischer Physik wenig am Hut hat.

Was habe ich bei dem Studiengang „Theoretische Physik“ zu
erwarten?

Zunächst mal Mathe bis es dir zu den Ohren und
aus dem Hals rauskommt.

Hab ich sehr hohen Nachholbedarf, weil ich auf einer
Schule war, in der man nur 1 Jahr Physik hatte (Oberstufe,
Unterstufe waren’s 4 Jahre)?

Physik scheint eher nicht so kritisch.
Was man da in der Schule lernt ist fast wie Kindergarten zu dem, was später von dir abverlangt wird.

Auch die Mathematik meiner Schule war eher :wirtschaftsorientiert, ist das ein großes Problem?

Das eher! Wirtschaftsmathematik ist in weiten Teilen eher
Rechnen. Physik geht in alle Sphären der höheren Mathematik.
Wenn du da nicht wirklich gut drauf bist, dann wird es
zuerst sehr zäh und unangenehm und später geht gar
nix mehr -> Abruch des Studiums.

Also ihr seht in welche Richtung sich meine Fragen bewegen.
Vielleicht kann mir ja jemand mit Erfahrung sagen, ob mit
meiner bisherigen Ausbildung dieser Studiengang zusätzlich
stark erschwert wird und mir einen kleinen Einblick in dieses
Fach gewähren.

Keiner kann sagen, wie gut du drauf bist und ob du das
packen kannst.
Wahrscheinlich hast du aber ein etwas idealistisches Bild
von der ganzen Sache.
Gruß Uwi

Hallo,

ich bin 19 Jahre alt und stehe ein Jahr vor meinem
Studiumsbeginn und bin leider noch immer unentschlossen. Ich
hab die Matura mit gutem Erfolg an einer Handelsakademie
abgeschlossen, bin also an Zahlen durchaus gewöhnt. In diesen
5 Jahren habe ich (für diese Schule eher untypisch) Interesse
an Physik, eher im theoretischen Bereich (String-Theorie etc,
ihr kennt auch da sicher noch besser aus) entwickelt.

Ich vermute, dass dein Interesse an Physik eher durch populärwissenschaftliche Medien begründet ist, was ja, an und für sich nichts Schlechtes ist. Nur hat das halt mit ernsthafter wissenschaftlicher Betätigung auf diesem Gebiet wenig zu tun. Zur String-Theorie: Das ist eine sehr anspruchsvolle Theorie, die in beträchtlichem Maße Kenntnisse aus der Topologie (einem Teilgebiet der Mathematik) benutzt. Selbst, um Grundwissen aus der String-Theorie zu erlangen, muss man ca. 6 Semester intensiv Mathematik und Physik studieren bzw. vorher wird man sowieso keine String-Theorie-Vorlesung hören, weil andere Sachen auf dem Programm stehen.

Also jetzt endlich zu meinen Fragen:
Was habe ich bei dem Studiengang „Theoretische Physik“ zu
erwarten?

Du kannst nicht „Theoretische Physik“ studieren, da das kein eigener Studiengang ist. Du kannst höchstens Physik studieren. „Theoretische Physik“ bezeichnet ein Teilgebiet der Physik, genauso wie Zahlentheorie ein Teilgebiet der Mathematik ist oder Anatomie ein Teilgebiet der Medizin etc. Außerdem ist es sinnvoll, erstmal solide Grundkenntnisse in Experimentalphysik, Optik, Mechanik, Elektrodynamik etc. zu erwerben, als gleich in die höchsten Sphären der Physik einzutauchen zu wollen.

Hab ich sehr hohen Nachholbedarf, weil ich auf einer
Schule war, in der man nur 1 Jahr Physik hatte (Oberstufe,
Unterstufe waren’s 4 Jahre)? Auch die Mathematik meiner Schule
war eher wirtschaftsorientiert, ist das ein großes Problem?

Ich bin zwar keine Österreicherin, daher weiß ich nicht, wie das Bildungssystem in Österreich ist, aber an und für sich ist es nicht so wichtig, was man in der Schule alles gelernt oder nicht gelernt hat, da Schule und Uni zwei unterschiedliche Welten sind, was Methodik und Herangehensweise d. Wissensvermittlung betrifft: Schule will Allgemeinwissen vermitteln; an der Uni sollen herangehende Wissenschaftler ausgebildet werden. Wenn du Physik studierst, dann musst du auch Mathevorlesungen besuchen in den ersten Semestern (das ist sehr sinnvoll!). Insbesondere wirst du Analysis und Lineare Algebra lernen, ist quasi Grundwissen in der Mathematik, das jeder Naturwissenschaftler haben muss (also auch Biologen, Chemiker, Geologen etc.). Stochastik und Numerik schadet übrigens auch nicht, kommt aber drauf an, in welchem Gebiet du dich später spezialisieren willst. Wenn du String-Theoretiker werden willst, musst du auf jeden Fall noch Topologie lernen.

Du hast aber keinen „Nachholbedarf“, weil du das alles an der Uni frisch lernst und nicht schon vorher dir aneignen musst. Es wird so gut wie kein Wissen vorausgesetzt (in der 1. Mathevorlesung wird definiert, was die Menge der natürlichen Zahlen ist).

Also ihr seht in welche Richtung sich meine Fragen bewegen.
Vielleicht kann mir ja jemand mit Erfahrung sagen, ob mit
meiner bisherigen Ausbildung dieser Studiengang zusätzlich
stark erschwert wird und mir einen kleinen Enblick in dieses
Fach gewähren.

Du wirst im Prinzip die gleichen Anfängerprobleme wie jeder andere auch haben. Auch Leute, die auf einem naturwissenschaftlichen Gymnasium waren und Physik studieren wollen, haben es nur minimal leichter als du.

Wenn du noch nähere Infos haben willst, dann frag einfach.

Ansonsten geb ich dir den Tipp: Trau dich einfach! Physik ist eine der interessantesten und schönsten Wissenschaften, die es gibt und es gibt noch soooo viel zu entdecken. Aber ehrlicherweise muss ich dazusagen, dass es auch eines der härtesten Studiengänge ist. Dennoch: Lass dich von Anfangsproblemen nicht abschrecken. Nur wer wagt, der gewinnt!

Viele Grüße,
Lisa

Hi,

ehrlich gesagt, mir ist garnicht bekannt, dass man theoretische Physik studieren kann, ohne auch Experimentalphysik zu hören.

Ich selbst hab jetzt mein Physikstudium (Bachelor) (fast) abgeschlossen. Dieses bestand aus verschiedenen Pflichvorlesungen/-veranstaltungen:
-Mathevorlesungen (3)
-Vorlesungen in theoretischer (5) und experimenteller Physik (6)
-Anfänger- (2) und Fortgeschrittenenpraktikum (1)

Dann noch die sog. Wahlpflichtveranstaltungen. Da muss man eine bestimmte Gesamtpunktzahl erreichen, man hat aber ansonsten in dem Fachbereich eine relativ freie Wahl, ob man eher Vorlesungen in theoretischer oder experimenteller Physik hört.

Dann muss man noch ein Nebenfach machen (viele haben eine andere Naturwissenschaft/ Mathe).

Und ganz zum Schluss kommt dann die Bachelorarbeit, die man in einer Arbeitsgruppe schreibt. Diese ist dann auch entweder in der experimentellen Physik oder in der theoretischen Physik möglich.

Und was die Zahlen anbelangt: ich hoffe, du weißt was Formeln sind? Zahlen kamen nicht sehr oft vor (eher während der Praktika und als Konstanten).

Ich hatte auch nicht mehr Physik als du, aber in Mathe schonmal Integrale, Ableitungen usf. durchgenommen. Also Dinge, die man besonders in der theoretischen Physik benötigt.

Ich hoffe, meine Ausführungen haben dir geholfen.

Anke

Hallo,

bis es dir zu den Ohren und aus dem Hals rauskommt.

Theoretische Physik ist eine wunderbare Sache! Vielleicht wie Bergsteigen: Anstrengend, aber lustbetont. :smile:

Hallo,
das Wesentliche weglassen ist eine üble Art der
Verfälschung :frowning:

Es hieß:
Zunächst mal Mathe,

bis es dir zu den Ohren und aus dem Hals rauskommt.

Theoretische Physik ist eine wunderbare Sache! :Vielleicht wie Bergsteigen: Anstrengend, aber lustbetont. :smile:

Mag sein, aber wer auf halben Wege keuchend und
mit Herz-Kreislaufkollaps vom Rettungsdienst abgeholt wird,
hat da wohl wenig „Spaß“ gehabt.

Man sollte sich vorher mal die Abbrecherquote ansehen
und sich ganz ehrlich fragen, ob man sich selbst als
den Typen einschätzt, der das gut übersteht.
Gruß Uwi

Hiho,

was genaue Inhalte eines möglichen Studiums sein könnten, verrät dir am ehesten die Uni, die du ansteuerst.

Was dich aber auf jeden Fall erwartet ist Mathe. Und zwar richtig!
Für jedes mathematisch geprägte Studium gilt, alles was du bisher unter Mathe verstanden hast ist Pillepalle, jetzt kommt das harte Zeug! Und bei Physik vermutlich noch ein wenig härter.

Bei mir wurde der gesamte Abiturstoff in der ersten Vorlesung wiederholt. Und das treibt die Leute schon zum aufgeben. Im Prinzip hat der Prof jede Woche eine Reihe rausgekegelt, 3 Semester lang (gut, er war dafür nicht allein verantwortlich, aber nicht unbedeutend).

Das soll jetzt nicht demotivieren, aber vor falschen Vorstellungen schützen. Wer wirklich Interesse hat, bleibt auch am Ball, aber den Kontakt darf man nie verlieren, sonst schleudert’s durch die ungeahnten Weiten…

Es kommt natürlich alles nochmal dran, aber auch nur 5 Minuten. Von daher ist es gar nicht so schlecht schon mal ein wenig anzutesten, ob der Stoff was für einen ist.
Schau mal in einer Bib, ob du den Bronstein findest. Mit dem haben wir gearbeitet und was du liest, musst du verstehen, sonst müsstest du für jedes Thema das Buch wieder von vorn anfangen… (Jetzt musst du noch nicht alles verstehen, aber so wird’s später sein.)

Abschließend:
Ein guter Freund (Mathematiker) erzählte mir dauernd, mal begeistert, mal Neid erfüllt, wie gut die Physiker alle rechnen können…

Du solltest keine Angst haben, aber Respekt. Die mathematischen Wissenschaften sind allesamt hart, aber irgendwie schön, wirken aber erstmal grausam :wink:

Viele Grüße,
peargroup

PS: Frag einfach mal ein paar Fachschaftsräte an, ob du ein paar Grundvorlesungsskripte bekommen kannst. Das hilft auch bei der Entscheidung, ob man mit dem Stoff überhaupt was anfangen kann.

Hallo Uwi,

für so absolut halte ich die Grenzen zwischen Physik / mathematischer = theoretischer Physik und Mathematik nicht. Insofern lag zwar keine böse Verfälschungs-Absicht vor; ich entschuldige mich aber, wenn es so angekommen ist.

Wichtiger ist mir, daß man einem interessierten jungen Menschen, der meinetwegen schwimmen lernen will, nicht gleich mit Horroszenarien kommt, soundsoviel ersaufen dabei usw., sondern mehr das Angenehme, Interessante, Herausfordende betont, auf Übungsmöglichkeiten verweist, die große Geschichte dieser Wissenschaft usw. mfG

Hallo,

Wichtiger ist mir, daß man einem interessierten jungen
Menschen, der meinetwegen schwimmen lernen will, nicht gleich
mit Horroszenarien kommt, soundsoviel ersaufen dabei usw.,
sondern mehr das Angenehme, Interessante, Herausfordende
betont, auf Übungsmöglichkeiten verweist, die große Geschichte
dieser Wissenschaft usw. mfG

das sehe ich etwas anders.
Wer ernsthaft ein Ziel verfolgt, der wird sich wohl
schwerlich wegen ein paar skeptischen Meinungen im Internet
davon abbringen lassen, oder?
Was würdest du von solchen Typen halten?

Wie die Praxis aber zeigt, scheint es eine nicht
unerhebliche Zahl junger Leute zu geben, die irgend ein
Studium mal so aus langer weile anfangen und dann nach mehr
oder minder kurzer Zeit abbrechen und den Schwanz einziehen.
Das halte ich für Verschwendung von Zeit und Geld.
Gruß Uwi

Ergänzung
Hallo,
oben der Artikel für peargroup demonstriert IMHO
die Realität, von wegen Prof. kegelt jede Woche eine
Reihe raus und Abiturstoff wird mal eben in
einer Vorlesung wiederholt.

Und wenn ich an mein Studium zurückdenke, waren die
ersten 2 Jahre nicht wirklich ein großer Spaß.

Später das Fachstudium und auch der Job sind natürlich
eine andere Sache. Da ist es super, wenn man genau das
machen kann, was man sich gewünscht hat.
Aber dahin muss Student erst mal kommen.
Gruß Uwi

Hallo Bananschale

Ich habe theoretische Physik studiert bzw. korrekt ausgedrückt habe ich mich im Verlauf des Studiums auf die Theorie spezialisiert, auch wenn ich persönlich string Theorie als mathematische Philosophie und nicht als Physik ansehe.

Die Warnungen der Vorredner sind durchaus berechtigt, zu Beginn des Studium steht das Erlernen der mathematischen Grundlagen, die für Experimentalphysiker und Theoretiker gleichermaßen wichtig sind. Und das ist hart für Leute, die in der Schule mit Mathematik gekämpft haben. Differential- und Integralrechnung, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Vektor- und Matrizenrechnung sind die fundamentalen Grundlagen, wenn Du damit auf Kriegsfuß stehst, wirst Du Probleme haben.

Wenn Du damit aber Spaß hattest, kannst Du dem Studium positiv entgegensehen. Zwar ist es bis zu so etwas wie string-Theorie noch ein weiter Weg, aber mit den Grundlagen gibt es ein weites Feld zwischen theoretischer Forschung, angewandter Forschung, Analyse von Experimenten, Wissens-Managment, Softwareerstellung usw. usw. Du wirst im Verlauf des Studiums Deine Schwerpunkte entdecken können und da sind schon sehr interessante Möglichkeiten dabei.

Was die Berufsaussichten angeht, so musst Du Dir bewusst sein, dass der Anteil der Arbeitsplätze im Forschungsbereich sehr klein und die Konkurrenz gewaltig ist. Aber mit dem, was Du im Studium lernst kannst Du - je nach Schwerpunkt - in allen technisch -naturwissenschaftlichen Berufen arbeiten.

Gruß
Thomas

Hallo,

ich kann dir nur sagen, wie ich es gemacht habe, ist allerdings lange her: ich habe gerade weil ich Physik studieren wollte, das Fach schon in der Schule abgewählt und statt dessen Chemie genommen. Argument war, dass ich Chemiekenntnisse später auch mal gut gebrauchen könnte, andrerseits dachte ich wegen meines Interesses für Physik, dass ich da ohnehin bis zum Abi nicht mehr viel dazulernen könnte. Beides hat sich auch im Wesentlichen bestätigt und ich habe daher nichts bereut.

Das was man in den letzten Schuljahren in Naturwissenschaften ev. nicht mitgenommen hat, ist bei ernsthaftem Interesse schnell aufgeholt.

Gruss Reinhard