Hallo!
Zur Beantragung wurde ein tragfähiger Businessplan mit eingereicht, und darin ist eine Gebietsanalyse genauso wie :ein Mitberwerberanalyse und auch alles andere.
Glaubst du allen Ernstes, das liest jemand?
Viele Businesspläne sind für die Tonne, wurden von komplett ahnungslosen Leuten initiiert, von den falschen Leuten geschrieben und für die falsche Zielgruppe abgefasst. Entgegen weit verbreitetem Irrtum ist ein Businessplan nichts für Behörden und nichts für Banken. Ein Businessplan ist die Planung und Arbeitsgrundlage für den Gründer – vom Gründer für den eigenen Gebrauch erdacht und aufgeschrieben. Die Erstellung eines Businessplans, der seinen Namen verdient und seinen Zweck als Planung und Handlungsanweisung erfüllt , braucht viel Zeit, manchmal Monate oder sogar länger. Will sich ein Fremder hinterher in die vielen Details hineindenken, sie verstehen und kritisch nachvollziehen, braucht er mindestens mehrere Stunden und natürlich einige Sach- und Fachkenntnis. Dafür hat niemand Zeit, das macht keiner, das interessiert keinen, das kann keiner – außer eben der Gründer.
Die Realität sieht regelmäßig ganz anders aus: Ein Gründer will Fingernägel modellieren, MPU-Beratungen durchführen oder ein neuartiges Produkt auf den Markt bringen. Weil es am Geld fehlt, müssen Anträge für Fördermittel gestellt werden. Von Behörden, Banken und Kammern erfährt der Gründer, dass er einen Businessplan braucht. Also lädt sich der Gründer irgendeinen Scheiß aus dem Internet herunter oder beauftragt einen Gründercoach, der es richten soll. Der Coach benutzt für solche Fälle seine 08/15-Gliederung, reichert die Sache mit beeindruckend anmutenden Graphiken und Zahlen über Zusammensetzung und Kaufkraft der örtlichen Bevölkerung an und überreicht nach einiger Zeit den in Farbe ausgedruckten, hübsch gebundenen Businessplan nebst Rechnung. Für das Honorar gäbe es Fördermittel, sagt der Coach und außerdem könne der Betrag abgesetzt werden. Der Gründer weiß zwar nicht so ganz genau, was „absetzen“ überhaupt ist, aber dafür hat er seinen Steuerberater.
Kurz: Der Gründer hat vom Kaufmännischen keine Ahnung und von dem Businessplan, den er an alle möglichen Stellen weiterreicht, versteht er so viel wie die Kuh vom Tanzen. Mit diesem Kenntnisstand befindet er sich in bester Gesellschaft, denn auch der Sachbearbeiter z. B. beim Arbeitsamt wird von einem Aldi-Kassenzettel an die Grenzen seiner kaufmännischen Kompetenz getrieben und um Geschäfte musste er sich noch nie kümmern. Sein Geld kommt, weil der Monat zu Ende ist. Von geringfügigen Schattierungen abgesehen, bewegen sich Sachkunde, Verständnis und Interesse bei allen anderen Stellen von Kammern bis zur Bank auf ähnlichem Niveau. Sagt natürlich keiner und jeder will den Businessplan sehen…
Nochmal: Ein Businessplan ist Arbeitsgrundlage für den Gründer und richtig verstanden, wird der Plan eine wertvolle Hilfe sein und in Details, etwa bei der Liquiditätsplanung, als Dauerzustand fortgeschrieben. Finanzierende Stellen wollen bloß sehen, dass es den Plan gibt und nehmen seine Existenz als Indiz, dass sich der Gründer mit seinem Vorhaben auseinander gesetzt hat. Tatsächlich gelesen und analysiert wird so ein Businessplan allenfalls, wenn es um größere Vorhaben geht, etwa mit der Einbindung von Beteiligungsgesellschaften und 7stelligen Beträgen. Aber auch dabei gibt es genügend Beispiele, die zeigen, dass bestenfalls gelesen, aber wenig verstanden und nichts hinterfragt wurde.
Wie geht man nun vor? Nehmen wir für einen Augenblick an, du willst das Vorhaben sponsored by Oma realisieren. Nehmen wir an, deine Oma verfügt über Geld, hat aber von Geschäften keine Ahnung. Sie ist eine pfiffige, lebenserfahrene Frau, der niemand ein X für ein U vormachen kann. Aber sie wird schnell müde. Viel mehr als 4 oder 5 verständlich formulierte Sätze, die das Wesentliche des Sachverhalts beinhalten, kann man ihr nicht zumuten. Du merkst, Oma ist den Sachbearbeitern in Behörden und Banken zum Verwechseln ähnlich. Die werden zwar nicht sichtbar müde, schalten aber auch spätestens nach dem 5. Satz ab. Und falls auch nur ein einziges für den Laien unverständliches Wort fällt, schon nach dem ersten Satz. Dann ist die Sache gescheitert. Anders ausgedrückt: Bringe dein Vorhaben mit wenigen präzisen Worten kurz und knackig 'rüber, so dass jeder Laie sofort versteht. Es ist nun mal der Regelfall, dass alle Beurteilenden zwar nicht blöd, aber blutige Laien auf dem zu beurteilenden Feld sind.
Was ist der Kern eines Vorhabens? Nehmen wir an, du willst MPU-Vorbereitungen anbieten. Was eine MPU ist, weiß jeder wenigstens so ungefähr. Gehört also nicht zur Sache, wenn du nur 4 Sätze hast. In jeder kostenlos verteilten Stadtteilzeitung bieten alle möglichen Leute MPU-Vorbereitungen an. Dass es ein ziemlich besetzter Markt ist, weiß deshalb jeder. Offensichtlich gehört also dein Alleinstellungsmerkmal zum Kern der Sache. Du bietest z. B. MPU-Vorbereitungen für Autisten und taubstumme Senioren an. Da hält dir keiner mehr die Gelben Seiten vor. Ähnliches gilt für alle anderen Tätigkeiten. Wer z. B. als Elektronik-Entwickler arbeiten will, muss sich vorhalten lassen, dass solche Leute ganze Telefonbuchseiten füllen. Also sage genau, was du machen willst, aber sage es kurz und verständlich. Sage, dass du Miniatursender für Waldameisenbauten herstellen willst Es wird sich immer um Nischen handeln, um karierte Maiglöckchen, weil Gründer von billigen Jedermann-Produkten/Dienstleistungen i. d. R. nicht leben können. Fragt jemand nach, wer denn sowas braucht, kannst du aus der Hüfte geschossen Marktpotential und Roß und Reiter nennen, denn genau das hast du in deinem Businessplan zuvor selbst erarbeitet.
Manche Gründer erwecken den Eindruck, als wollten sie gar kein Geld, sondern vor allen Dingen sich selbst und ihre Fachkompetenz darstellen. Erzählt der Elektronikentwickler (der mit den Waldameisen), er wolle mechanische Schwingungen mit elektromagnetischen Wellen aus den Bauten der Formicidae der Gattung Hymenoptera transferieren, hat er verloren weil ihn keiner versteht. Niemand wird etwas befürworten, was er nicht versteht. Dann ist es einfacher, das krause Zeug durch Ablehnen vom Tisch zu kriegen. Vom Tisch kriegen ist für Sachbearbeiter ganz wichtig.
Beim ablehnenden Bescheid mit Verweis auf die Gelben Seiten gibt es eine noch nicht erwähnte Möglichkeit: Der Sachbearbeiter liegt richtig, der Gründer verfügt über kein Alleinstellungsmerkmal und will in einem besetzten Marktsegment tätig werden, wie es leider für die Mehrheit aller Gründer zutrifft. Weil sie nichts zu bieten haben, versuchen solche Leute über den Preis in den Markt zu kommen. Das aber pflegt regelmäßig schief zu gehen oder in Kümmerexistenzen zu münden. Falls es kein Alleinstellungsmerkmal gibt, sollte der Gründer den ablehnenden Bescheid als Tipp verstehen, das Konzept der Gründung zu überarbeiten oder das Vorhaben zu vergessen.
Gruß
Wolfgang