Suche Buch Ursachen sex. Neigungen

Hallo!

Allen erstmal ein frohes neues Jahr! :smile:

Ich suche ein Buch, das die Ursachen für bestimmt sexuelle Neigungen beschreibt. Insbesondere für den BDSM-Bereich, aber auch für Fetische (Stiefel, Lack) und Natursekt.

Kann mir jemand weiterhelfen?

Nur Sachliteratur, keine fiktionale à la Shades of Grey etc.

Liebe Grüße

BABSI

Sexuelle Präferenzen
Hallo Babsi,

auch wenn man dieses Gebiet sehr heterogener sexueller Präferenzen jenseits von „Vanilla“ sinnvoll in die vier Kategorien aufteilt - Fetischismus, Bondage, D/s und SM - findet sich in keiner entwicklungspsychologichen bzw. therapietheoretischen Schulrichtung eine Erklärung ihrer Aitiologie.

Der größte Teil der internationalen Fachliteratur befaßt sich mit dem Fetischismus, der zugleich auch historisch den Anfang (2. Hälfte 19. Jahdt.) der psychologischen Beschäftigung mit diesem Metier bildet:
Alfred Binet: „Le fetichisme dans l’amour
in: Revue Philosophique, Vol. 24, 1887 (Nachdruck: ISBN 2228893706 Buch anschauen)

Aber weder er, noch Ellis, Krafft-Ebing, Hirschfeld, Freud, Winnicott, haben im Grunde mehr als interessante Spekulationen liefern können. Und über die anderen drei Kategorien erst recht nicht.

Es kommt hinzu, daß sich die psychologische Fachliteratur sich naturgemäß nur mit den pathologischen Formen dieser „sexuellen Deviationen“ befassen kann. Aber selbst die klassische banale Abgrenzung („Leidensdruck“) gegen die natürlich viel zahlreicheren Erscheinungsformen nichtpathologischen Praktizierens ist strittig, ebenso wie die Präsentation in der ICD (unter F65.xx) und dem DSM strittig sind.

Den unzähligen und sehr unterschiedlichen Biographien von BDSM-lern wird das alles nicht gerecht. Auch die weitverbreitete Vermutung - bzgl. SM - der Reaktion auf frühen Mißbrauch resultiert vermutlich aus der selektiven Wahrnehmung der therapeutischen Praxis.

Also wirst du dich wohl oder übel durch die internationale Fachliteratur durchrecherchieren müssen. Empfehlenswerte Buchliteratur wird sich nur in diversen Kongress-Transactions finden. In populären Sachbüchern gibt nur Spekulatives.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

danke für deine (lange) Antwort :smile:

ich hätte aber irgendwie gedacht, dass hier mehr Leute schreiben. Ist doch ein interessantes Thema, vor allem weil bestimmte Sexpraktiken jetzt auch Bestsellerlisten bestücken. Wundert mich also etwas.

Einige psychologische Theorien, z.B. den Ödipuskomplex von Freud, finde ich zu weit hergeholt oder schlicht und einfach an den Haaren herbeigezogen. Dafür gibt es auch keine empirische Basis, reine Spekulation.

Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum man so schwer etwas (vor allem im dt. sprachigen Raum) findet. Es muss gleich immer sonst wie kompliziert sein.

Liebe Grüße

BABSI

ich hätte aber irgendwie gedacht, dass hier mehr Leute schreiben.

Du fragtest nach einem

Buch, das die Ursachen für bestimmt sexuelle Neigungen beschreibt.

Auch wenn es eine Reihe von hier lesenden oder schreibenden BDSM-Kundigen gibt, heißt das ja nicht, daß die auch zu der von dir gestellten Frage etwas beitragen können. (Zumal dieses Forum, obwohl es sich „Experten“ auf die Fahne schreibt, schon lange in einer Weise gesteuert wird, durch die wirkliche Experten ihrer jeweiligen Fachgebiete vergrault werden.)

Abgesehen davon, daß man auch in der Persönlichkeits- oder Sexualpsychologie bzgl. dieses Themas eh nicht von „Ursachen“ sprechen kann, sondern eben nur von Anfängen oder Auslösern einer je individuellen Entwicklung (der Persönlichkeit bzw. der Sexualpräferenz). Und gerade was BDSM angeht, tun sich sämtliche psychologischen Schulrichtungen furchtbar schwer - aus bereits angedeuteten Gründen.

Im vorigen Jahr gab es einen internationalen Kongress der DGIP (Adler-Schule) mit dem Thema „Macht und Lust“. Unter den zig Vorträgen gab es keinen einzigen (!), der D&S zum Thema hatte.

Ist doch ein interessantes Thema

Natürlich ist das ein interessantes Thema. Aber sicherlich eben gerade NICHT …

… weil bestimmte Sexpraktiken jetzt auch Bestsellerlisten bestücken.

Denn da du vermutlich Shades of Grey meinst, so ist das von einer Autorin verfaßt, die in den sensiblen Feinheiten von D&S wirklich nicht gerade beschlagen ist. Abgesehen davon, daß es an literarischer Qualität unterste Schublade ist.

Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum man so schwer etwas (vor allem im dt. sprachigen Raum) findet.

Hast du denn schon alle deutschsprachigen Fachzeitschriften der letzten 50 Jahre durchgesucht? :smile: Nun gut, daß du da nicht viel finden wirst, außer über Fetischismus und „Deviationen“, die mit BDSM nichts zu tun haben oder eben nur in den psychopathologisch und therapeutisch relevanten Formen, hatte ich ja schon erwähnt.

Wenn du aber nicht nach „Ursachen“ (siehe oben) suchst, sondern eher nach individuellen Biographien von BDSM Praktizierenden, dann wirst du schon eher fündig werden. Obwohl diese dann wiederum meist von Personen verfaßt sind, deren Ehrgeiz eher der ist, „Literatur“ sein zu wollen, als der, entwicklungspsychologisch relevant zu sein.

Es muss gleich immer sonst wie kompliziert sein.

Nun ja. Wer Kompliziertes scheut, braucht eigentlich erst gar nicht anzufangen, nach den Hintergründen psychischer Phänomene zu fragen. Das gilt schon für viel Einfacheres als BDSM.

Schönen Gruß
Metapher

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Hi Metapher,

Nun ja. Wer Kompliziertes scheut, braucht eigentlich erst gar
nicht anzufangen, nach den Hintergründen psychischer Phänomene
zu fragen. Das gilt schon für viel Einfacheres als BDSM.

Mit „kompliziert“ meine ich etwas Bestimmtes:

Die typische Plenumssituation an der Universität. Die Theorie von Freud wird vorgestellt, allen voran der Ödipuskomplex.

Ja, ja mmhhhh interessant, alle nicken und doch mit einem dicken Fragezeichen im Gesicht. Irgendwie ist so ziemlich jedem klar, mit Empirie hat das alles gar nichts zu tun. Doch keiner wagt etwas gegen den großartigen, übermächtigen Freud sagen. Wie ist er dorthin gelangt, welche Methoden hat er verwendet? Worauf fußt denn seine ‚großartige‘ Theorie??? Schweigen…vergessen…nächstes Seminar. Eine Schande für die Universität und ihre Lehre. Es ist ein heimliches Gesetz, den guten Doktor Freud nicht anzuzweifeln zu dürfen.
Ja, es muss erstmal den Anschein der Großartigkeit, der Komplexität, der Kompliziertheit haben.

Liebe Grüße

BABSI

1 Like

Ach ja ‚shades of grey‘
Hallo Metapher,

Denn da du vermutlich Shades of Grey meinst, so ist das von einer Autorin verfaßt, die in den sensiblen Feinheiten von D&S wirklich nicht gerade beschlagen ist. Abgesehen davon, daß es an literarischer Qualität unterste Schublade ist.

Du hast ja nebenbei auch die Qualität des besagten Romans erwähnt. Mich würde interessieren, wie du zu dieser Ansicht kommst. Nur so aus Neugier.

Liebe Grüße

BABSI

Hallo Barbara!

ich hätte aber irgendwie gedacht, dass hier mehr Leute
schreiben.

Dann schreibe ich mal noch etwa … die Antwort von Metapher ist vollkommen richtig. Es gibt keine überzeugende und fundierte Theorie über die Entstehung dieser Präferenzen, vor allem wenn es um den nicht-pathologischen Bereich geht. Metapher hat das sehr fachklundig, kompetent und zutreffend beschrieben - da gibt es nichts hinzuzufügen.

Ist doch ein interessantes Thema

Ja, ist es. Wenn Dich ein Buch interessiert, in dem Du nochmal nachlesen kannst, was Metapher geschrieben hat, empfehle ich „Die Wahl der Qual“ von Passig & Strübel. Da beschäftigt sich ein Kapitel auch mit Theoruen zu Ursachen - mit dem gleichen Erfgebnis: Nichts überzeugendes dabei.

In den vergangenen Jahren gab es im Rahme Seminar- Bachelor und Magisterarbeiten meines Wissens verschiedene Studien, bei denen versucht wurde, herauszufinden, ob Korrelationen z.B. zwischen bestimmten Charakterzügen oder psychischen Erkrankungen und der sexuellen Präferenz bestehen. Ergebnis: Kein Ergebnis.

Zu „Shades of Grey“ teile ich Metaphers Einschätzung. Begründung: Ich habe es gelesen. Es gibt nette Dialoge und Mailwechsel drin, aber sonst ist es Groschenroman mit ein bißchen Verhauen. Der Vertrag, den sie schließen, ist verglichen mit dem, was passiert, völlig absurd. Und das, was passiert, ist völlig harmlos verglichen mit den (körperlichen) Folgen, die es angeblich hervorruft.

Das ist, als würde jemand in einem Roman als der größten Meisterverbrecher seid Fantomas beschrieben, der sein größtes Verbrechen ankündiget und dann 'ne packung Kaugummi an der Tanke stiehlt. Worauf dann Interpol, CIA, FBI und KGB nach ihm fahnden.

Gruß,
Max

vor allem weil

bestimmte Sexpraktiken jetzt auch Bestsellerlisten bestücken.
Wundert mich also etwas.

Einige psychologische Theorien, z.B. den Ödipuskomplex von
Freud, finde ich zu weit hergeholt oder schlicht und einfach
an den Haaren herbeigezogen. Dafür gibt es auch keine
empirische Basis, reine Spekulation.

Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum man so schwer
etwas (vor allem im dt. sprachigen Raum) findet. Es muss
gleich immer sonst wie kompliziert sein.

Liebe Grüße

BABSI

1 Like

Hallo Max,

Das ist, als würde jemand in einem Roman als der größten Meisterverbrecher seid Fantomas beschrieben, der sein größtes Verbrechen ankündiget und dann 'ne packung Kaugummi an der Tanke stiehlt. Worauf dann Interpol, CIA, FBI und KGB nach ihm fahnden.

Ein herrlicher Vergleich. Und sehr trefflich.

Schönen Gruß
Metapher