Hallo,
wer kann mir weiterhelfen? Ich suche das Gedicht „Chor der Sterne“ von Nelly Sachs.
Viele Grüße
Uwe
Hallo Uwe,
wer kann mir weiterhelfen? Ich suche das Gedicht „Chor der
Sterne“ von Nelly Sachs.
Fand nur dieses
Chor der Geretteten
Wir Geretteten,
Aus deren hohlem Gebein der Tod schon seine Flöten
schnitt,
An deren Sehnen der Tod schon seinen Bogen strich -
Unsere Leiber klagen noch nach
Mit ihrer verstümmelten Musik.
Wir Geretteten,
Immer noch hängen die Schlingen für unsere Hälse gedreht
Vor uns in der blauen Luft -
Immer noch füllen sich die Stundenuhren mit unserem
tropfenden Blut.
Wir Geretteten,
Immer noch essen an uns die Würmer der Angst.
Unser Gestirn ist vergraben im Staub.
Wir Geretteten
Bitten euch:
Zeigt uns langsam eure Sonne.
Führt uns von Stern zu Stern im Schritt.
Laßt uns das Leben leise wieder lernen.
Es könnte sonst eines Vogels Lied,
Das Füllen des Eimers am Brunnen
Unseren schlecht versiegelten Schmerz aufbrechen lassen
Und uns wegschäumen -
Wir bitten euch:
Zeigt uns noch nicht einen beißenden Hund -
Es könnte sein, es könnte sein
Daß wir zu Staub zerfallen -
Vor euren Augen zerfallen in Staub.
Was hält denn unsere Webe zusammen?
Wir odemlos gewordene,
Deren Seele zu Ihm floh aus der Mitternacht
Lange bevor man unseren Leib rettete
In die Arche des Augenblicks.
Wir Geretteten,
Wir drücken eure Hand,
Wir erkennen euer Auge -
Aber zusammen hält uns nur noch der Abschied,
Der Abschied im Staub
Hält uns mit euch zusammen.
MfG
zapriano
Hallo,
dieses Gedicht habe ich auch gefunden. Ich suche aber nach dem
Gedicht „Chor der Sterne“ von Nelly Sachs.
Aber trotzdem danke ich Dir!
MfG
Uwe
‚Chor der Sterne‘ von Nelly Sachs gefunden
Hallo allerseits,
ein freundlicher Mensch hat mir den Text zugemailt. Ich möchte ihn Euch nicht vorenthalten:
Aus: Nelly Sachs: Fahrt ins Blaue. Die Gedichte von Nelly Sachs.
Buchclub Ex Libris, Zürich [Nachdruck der Surkamp-Ausgabe von 1961], S. 60-61.
Chor der Sterne
Wir Sterne, wir Sterne
Wir wandernder, glänzender, singender Staub -
Unsere Schwester die Erde ist die Blinde geworden
Unter den Leuchtbildern des Himmels -
Ein Schrei ist sie geworden
Unter den Singenden -
Sie, die Sehnsuchtsvollste
Die im Staub begann ihr Werk: Engel zu bilden -
Sie, die die Seligkeit in ihrem Geheimnis trägt
Wie goldführendes Gewässer -
Ausgeschüttet in der Nacht liegt sie
Wie Wein auf den Gassen -
Des Bösen gelbe Schwefellichter hüpfen auf ihrem Leib.
O Erde, Erde
Stern aller Sterne
Durchzogen von den Spuren des Heimwehs
Die Gott selbst begann -
Ist niemand auf dir, der sich erinnert an deine Jugend?
Niemand, der sich hingibt als Schwimmer
Den Meeren von Tod?
Ist niemandes Sehnsucht reif geworden
Daß sie sich erhebt die der engelhaft fliegende Samen
Der Löwenzahnblüte?
Erde, Erde, bist du eine Blinde geworden
Vor den Schwesternaugen der Plejaden
Oder der Waage prüfendem Blick?
Mörderhände gaben Israel einen Spiegel
Darin es sterbend sein Sterben erblickte -
Erde, o Erde
Stern aller Sterne
Einmal wird ein Sternbild Spiegel heißen.
Dann o Blinde wirst du wieder sehn!
Bis bald!
Uwe