Suche nach guter weinkundeliteratur

liebe/-r experte/-in,
vor kurzem habe ich mit einem freund eine wunderschöne saalpaddeltour unternommen. als wir am vierten tag schließlich unser ziel erreicht hatten, kehrten wir in naumburg ein und haben - wenn man schonmal da ist - natürlich einen wein bestellt. die überaus freundliche kellnerin, fachkundig und mir weit überlegen, stellt mir daraufhin einige fragen, von denen ich lediglich einen bruchteil beantworten konnte. dennoch hat sie es geschafft, mir etwas „passendes“ zu servieren.
ich war von meinem trockenen (das kannte ich noch) grünen sylvaner so angetan, dass ich mir sogar einige flaschen mit nach hause nahm.
soweit die vorgeschichte, jetzt zu meinen eigentlichen fragen:

  • kannst du mir ein gutes buch zum einstieg ins thema „wein“ empfehlen (weinführer, weinkunde…). von „wein für dummies“ bis hin zum exquisiten brockhaus ist die auswahl ja schier unüberschaubar. ich weiß auch, dass mir solch ein buch nicht alle fragen beantworten kann und dass ich selbst probieren und auch den ein oder anderen fehltritt machen muss; es geht mir eher um dumme anfängerfehler, begriffserklärungen usw.
  • dann zur lagerung (auch meines sylvaners): sollte es ein weinregal im keller oder ein wein(kühl)schrank sein? kann man sylvaner überhaupt lagern, bringt es was und was ist generell der unterschied zwischen frisch- und lagerweinen?
  • und schließlich: wenn ich mir einem überblick, eine eigene meinung, zu thema bilden will, wie stellt man das am besten an? teuer gegen billig, arten verschiedener hersteller gegeneinander oder gleiche hersteller, andere sorten… oder infach quer durch?
    mit lieben grüßen
    hanny

Liebe hanny
Danke für deine Anfrage. Vorneweg: Es gibt keine dummen Anfängerfehler, auch beim Thema ‚Wein‘ nicht. Eine m.E. nützliches und gutes Buch ist der Johnson Weinatlas (diesen gibt es auch als CD Version). Da findest du alles Allgemeine über Wein und noch viel mehr. Dazu der Kleine Johnson für die Handtasche. Mit vielen Tipps (Welcher Wein zu welchem Essen, Jahrgangstabellen der wichtigsten Weinanbaugebiete inkl. Reifegrade etc). Schau mal unter amazon. de…

Lagerung
Den Sylvaner würde ich nicht über eine Saison hin lagern. Jung ist er m.E. am Besten. Also kein Lagerwein.
‚Lagerweine‘ nennt man Weine, welche sich auch nach der Abfüllung vom Tank/Fass in die Flasche noch weiterentwickeln, also weiter reifen. Heute sind sehr viele (Ich sag mal über 70%)Weine so ‚gemacht‘, dass sie nach dem Kauf schon trinkreif sind, jedoch auch noch einige Zeit gelagert werden können. Wie lange ist sehr unterschiedlich (vgl. Johnson Atlas…). Typische (rote) Lagerweine kommen aus Frankreich (Bordeaux,Côte du Rhone, Côte du Provence), Spanien (Rijocha, Ribero del Duero), Italien (Piemont, Toscana),teilweise aus Australien (McLaren Vale und und und)und USA (Nappa Valley), jedoch keltern auch Deutschland und Oesterreich Weine, welche mit den Jahren an Qualität gewinnen (Spätlesen). Die Traubensorten: Cabernet, Cabernet-Sauvignon, Shiraz, Mourvèdre, Zinfandel aus den USA), Pinot-Noir (USA, Burgund), Italien (Amarone, Barbaresco, Barolo, Chianti)
Zurück zur Lagerung: Wichtig ist eine gleichmässige Temperatur. Schwankungen bekommen dem Wein nicht besonders gut (Ich schreibe hier nur von Lagern über Jahre hinweg und somit von Spitzengewächsen). Je wärmer es ist, desto schneller reifen die (Lagerweine) bzw altern die jetzt schon trinkreifen Gewächse. Ein Weinkühlschrank ist eine schöne Sache. Ein Weinkühlschrank ist auch eine teure Sache, weil einer meistens nicht ausreichen wird. Mein Tipp. Investiere vorab mal in Wein und nicht in den Kühlschrank. Mit der Zeit hast du dir genug Wissen angeeignet um zu entscheiden, ob für dich ein Kühlschrank Sinn macht (Ja klar, macht er, wenn du jederzeit einen perfekt temperierten Weissen oder Roten bereit haben willst).

Welcher Wein mundet mir?
Wie gehst du am Besten vor: Herantasten bzw. Wein kaufen, degustieren, vergleichen, entscheiden. Es ist ganz einfach und du brauchst keine Weinkenntnisse dazu, nur etwas Budget für den Weinkauf und Zeit zum Degustieren. Am besten mit Freunden in kleinem Kreis. Das macht viel Freude. Entweder findest du einen Wein gut oder nicht (Die Oenologen wissen heute genau, was die Leute wollen, und die Technik hilft (manchmal leider) hilft mit, dass die ‚richtigen‘ Weine produziert werden. Die teuersten Weine sind nicht immer die besten.
Zuerst willst du vielleicht herausfinden, welche Traubensorten du am Liebsten hast. Und anschliessend findest du heraus, welche Provenienz dir am Meisten zusagt (Pinot-Noir aus den USA ist was ganz anderes als der PN aus dem Burgund oder der Schweiz). Das gilt für die meisten Rebsorten: Die Bodenbeschaffenheit ist in jedem Land,in jeder Region und vielfach auch in den einzelnen Terroirs einer Region anders. Wein ist mehr als nur ein Getränk! ‚smile‘. Und dann kommen noch die fast unendlich vielen und zum Teil grossartigen Assemblagen (Kombination von verschiedenen Traubensorten), zB. Shiraz-Cabernet oder Cabernet-Shiraz (abhängig davon, von welcher Traubensorte es mehr ‚drinnen hat‘) usw.
Teuer gegen Billig ist ein interessanter Versuch, aber investiere zu Beginn nicht allzu viele Euros in teuren Wein. Es gibt sehr gute zwischen 13 und 25 Euro. Was ist teuer? Das hängt vom Budget ab. Wenn du für eine Flasche mehr als 30 Euro bezahlst, ist das schon ziemlich viel und der Wein muss somit auch sehr gut schmecke. Eines ist wichtig: Wenn du eine Flasche Wein aus Übersee für 4 Euro kaufst, musst du dir einige Fragen stellen… Spätestens dann, wenn du mal ein Weingut besucht und eine Führung gemacht hast, weisst du, wieviel Aufwand hinter einem ehrlich produzierten Wein steht… (Heute sind etliche technische Tricks erlaubt, welche den Geschmack des Weines beeinflussen, für welches zu erreichen es auf natürliche Art mehrere Jahre dauern kann).

Wie weiter?
Grundsätzlich kann ich dir nicht sagen, mit welchen Traubensorten du beginnen sollst. Das hängt ganz von deinem Geschack ab, den ich nicht kenne. Also, frisch drauflos!
In einem guten Weinfachgeschäft (etwas teurer) oder in einem guten Lebenmittelgrossverteiler (etwas günstiger)kaufst du dir je nach Budget ca. 10-20 Flaschen Wein aus 3-4 Ländern mit verschiedenem Preisniveau. Konzentriere dich jeweils auf 3-5 Rebsorten (inkl Assemblagen) und auf verschiedene Produzenten (Das Vergleichen von Abfüllungen eines einzelnen Produzenten kommt dann ganz viel später, wenn du die Basis dafür geschaffen hast)sowie pro Degustationsabend auf allerhöchstens 5 Weine (als Beginnerin). So findest du bald heraus, was dir am Besten mundet. Mein Motto: Sei ehrlich zum Wein, der Wein ist auch ehrlich zu dir. Traue dich, schlechten Wein fortzuleeren oder für eine feine Tomatensauce aufzubewahren.
Also dann, viel Freude bei deiner Entdeckungsreise. Du wirst viele Überraschungen erleben, schöne Weine geniessen. Und wenn dir vor Prickeln unter der Haut die Häärlein aufstehen, dann hast du etwas ganz Besonders entdeckt.
Lieber Gruss, Rolf

sorry leider habe ich keinen aktuellen Überblick über geeignete
(W)einsteigerbücher.
Tipp: bei den örtlichen VHS werden gelegentlich Weinkurse angeboten.
Vorteil: sensorischer Aspekt wird (meist) integriert.

Hallo Hanny,

als alten Weinmann freut es mich ganz außerordentlich, dass offenbar wieder ein liebenswerter Mensch zum edelsten aller Getränke gefunden hat. Gern beantworte ich ihnen Ihre Fragen und beginne mal mit der letzten:

Sich einen Überblick über die Weine der Welt zu schaffen, ist ein größeres Unterfangen; ich hatte dazu fast ein halbes Jahrhundert Zeit – darunter dreißig Jahre als Weinimporteur – und werde fast täglich von neuen Tropfen überrascht…:wink:
Sprechen wir also zunächst einmal von E i n blick: Um den zu gewinnen, geht man am besten wie folgt vor:

  • Tun Sie sich sie sich möglichst oft mit Gleichgesinnten zusammen.

  • Suchen sie sich mindestens ein Weinfachgeschäft mit einem engagierten und freundlichen Händler/Verkäufer, der mehrere Weine unentgeltlich zur Verkostung anbietet. Seien Sie ehrlich, sagen sie, dass sie keine Ahnung haben, aber sehr am Wein interessiert sind, und kaufen sie am Ende eine oder zwei Flaschen. In Großstädten gibt es mehrere Fachgeschäfte, besuchen Sie nach und nach alle und finden Sie den Händler Ihres Vertrauens.

  • Trinken Sie nach Möglichkeit nur noch Wein, wenig andere alkoholischen Getränke. Trinken Sie bewusst: Fragen Sie sich bei jedem Wein, ob und weshalb er Ihnen schmeckt oder auch nicht schmeckt.

  • Machen sie sich nach Möglichkeit Notizen.

  • Gehen Sie bevorzugt in Lokale, in denen Wein aus 0,75-l-Flaschen offen (in 0,1-l-Gläsern) ausgeschenkt wird. Falls es ein Restaurant mit einem Sommelier ist, verwickeln sie diesen in ein Gespräch über Wein, fragen Sie ihm die Seele aus dem Leib. Die meisten mögen das.

  • Führen sie selbst Weinproben durch. Das geht schon mit zwei Verkostern und zwei Weinen, die man miteinader vergleicht. Mehr als zehn Weine und zehn Verkoster (am Anfang besser je sechs) sollten es nicht sein, weil Sie das in jedem Fall überforden würde.Wählen Sie für Ihre Weinverkostung ein Thema, die Auswahl an Themen ist schier unbegrenzt. Beispiele:
    Trockene deutsche und österreichische Rieslinge verschiedener Anbaugebiete; Fränkische Weißwein-Rebsorten; Weißweine zwischen vier und sechs Euro aus aller Welt; Weiße Burgundersorten: Pinot Blanc, Pinot Grigio (Ruländer), Chardonnay; Klassische italienische Rotwein-Rebsorten: Sangiovese, Nebbiolo, Primitivo, Nero d’Avola u.a.; Cabernet-Sauvignon aus Frankreich, Italien und Südamerika usw. usw.

  • Lesen Sie Bücher über Wein, abonnieren Sie ggfls. eine Fachzeitschrift.

  • Machen sie Urlaub in einem Weingebiet, so versäumen Sie nicht, Winzer zu besuchen. Wenn es sich nicht um ein allzu exclusives Haus handelt, hat man meist nichts dagegen, überfallen zu werden.

  • Zur Frage „Kellerregal oder Weinklimaschank“: Einen (durchweg recht teuren) Weinklimaschrank leistet man sich eigentlich nur dann, wenn man a) wirklich Weine zum Einlagern kaufen will und b) keinen geeigneten Keller hat. Ungeeignet sind Keller, in denen starke Gerüche vorhanden sind (Heizungskeller, Kartoffelkeller u.a), in denen es tagsüber sehr hell ist, die im Sommer wärmer als ca.18 Grad werden oder in denen der Wein ständig durchgerüttelt wird (wenn zB die U-bahn in der Nähe vorbeifährt). Für kleinere Mengen, die auch nicht länger als zwölf oder 18 Monate lagern sollen, geht auch der Schrank im ungeheizten Schlafzimmer.

  • Ein Sylvaner sollte in der Regel – je nach Qualität – nach ein, zwei oder drei Jahren getrunken sein. 95 Prozent der Weißweine sind keine Weine, die sich auf der Flasche verbessern. Großartige Ausnahmen sind die besten Rieslinge (etwa Auslesen von der Mosel und aus dem Rheingau) und die großen Chardonnay-Lagen aus Burgund. Welche Weine zum Einlagern geeignet sind, ist eine etwas komplexere Frage. Aber sie haben ja um eine Buchempfehlung gebeten:

Das meistprämierte Weinbuch Deutschlands ist „Wein – die neue große Schule“ von Jens Priewe, ein Autor, den ich gut kenne und sehr schätze. Für den Anfang sollte aber seine „Kleine Weinschule“ reichen. Beide Bücher kann ich sehr empfehlen, es gibt sie, jeweils neu und gebraucht, u.a. bei Amazon.

Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Ihrem neuen Hobby. Stehe Ihnen gern auch weiterhin mit Anregungen zur Verfügung. Vielleicht lassen Sie ja spätestens von sich hören, wenn Sie zur Expertin geworden sind….:wink:

Beste Grüße,
Wolf