Suzanne Textsinn?

Hallo zusammen,

hmm - ich fühle mich als Grenzfall zu den Fremdsprachen und erkläre mich gegebenenfalls schon vorab mit einer Verschiebung einverstanden *fg*

Und zwar geht’s mir um den Text von Leonard Cohen „Suzanne“. Zwar verstehe ich die Worte (zumindest fast alle *fg*) doch der Sinn erschliesst sich mir nicht. Vielleicht kann jemand weiterhelfen? Kennt die Geschichte dahinter?

Hier der Text mit meinen Anmerkungen:

Suzanne takes you down to her place by the river
You can hear the boats go by, you can spend the night forever
And you know that she’s half crazy and that’s why you want to be there
And she feeds you tea and oranges that came all the way from China
And just when you want to tell her that you have no love to give her
She gets you on her wavelength and she lets the river answer
That you’ve always been her lover

Sie lockt also die Jungs zu ihrer Bude am Fluss um dieselben zu vernaschen?

And you want to travel with -her- and you want to travel blind
And you think you maybe trust -her- 'cause she’s touched your perfect body
With -her- mind

travel im Sinne von *piiiieeeep*, I presume

And Jesus was a sailor when he walked apon the water
And he spent a long time watching from his lonely wooden tower
And when he knew for certain only drowning men could see him
He said all men shall be sailors then until the sea shall free them
But he himself was broken long before the sky would open
Forsaken almost human he sank beneath your wisdom like a stone
And you want to travel with -him-…/…'cause -he’s-…

Jesus? DER Jesus? Oder doch ein Freund von ihr??? Und was für ein Holzturm? Oder macht sie die Jungs nur an um dann doch nicht zu *piepen* und sagt, dass sie nur Jesus liebt? Hääääh?

Suzanne takes your hand and she leads you to the river
She’s wearing rags and feathers from Salvation Army counters

Das ist wiederum klar - sie trägt Klamotten aus der Altkleidersammlung.

And the sun pours down like honey on our lady of the harbor
And she shows you where to look amid the garbage and the flowers
There are heroes in the seaweed, there are children in the morning
They are leaning out for love and they’ll lean that way forever

Sie sieht Gestalten in den Algen???

While Suzanne holds her mirror
And you want to travel with -her-…
…'cause you’ve touched her perfect body with your mind

gefunden auf: http://www.lyricsdepot.com/leonard-cohen/suzanne.html

Ich verzweifle, sehe schon Gestalten, die in Lumpen über’s Wasser wandeln und das Seegras vernaschen :wink: Kann mir jemand die Erleuchtung bringen?

*wink*

Petzi

Hi Petzi :smile:

aaaaaalso, auf der folgenden Seite:

http://www.webheights.net/speakingcohen/bbctrans.htm

gibt der kanadische „Lord Byron“ der Singer/Songwriterszene in einem englischsprachigen Interview viel Informationen wie das Lied entstanden ist, um wen es sich konkret handelt und was einzelne Textpassagen bedeuten …

Hoffe, das bringt etwas Licht ins Dunkel :smile:

Ciao Frank

Hallo, Petzi,

noch zwei Seiten, auf denen es zumindest ein paar Hinweise gibt:

http://perso.wanadoo.fr/pilgraeme/ (links „Suzanne“ anklicken)

http://www.songmeanings.net/lyric.php?lid=62576

Gruß
Kreszenz

Hallo Petzi,

ich tendiere prinzipiell dazu, nicht allzu viel auf die Aussagen der Songschreiber zu geben – gerade, wenn es sich um so einen alten Kiffer wie Cohen handelt. Außerdem traue ich ihm zu, sich in punkto Entstehungsgeschichte eine Story zusammengereimt zu haben, die interessanter klingt als die tatsächliche.

Zum Inhalt:
Was hältst du von der gewagten These, dass Suzanne in dem Lied die Rolle des Jesus einnimmt? Bei jemandem wie Cohen bezweifle ich, dass er einen Namen wie Jesus nebst textlich unleugbarer Parallelen zufällig hineinbringt. Suzanne lebt ausgesprochen einfach (“to her place by the river”, “wearing rags and feathers”), sie wird als wunderlich und deshalb anziehend empfunden (“And you know that she’s half crazy and that’s why you want to be there”). Sie schart junge Menschen um sich, die mit ihr ziehen wollen (“And you want to travel with her”), weil sie in ihnen etwas berührt, das nicht auf körperlicher, sondern auf geistig-spiritueller Ebene stattfindet (“‘cause she’s touched your perfect body with her mind”). Sie zeigt ihnen, was Wert ist, wahrgenommen zu werden, zwischen vermeintlich Hässlichem und Schönem (“And she shows you where to look amid the garbage and the flowers”).

Wenn man sich besser mit Jesus auskennte, ließe sich gewiss noch mehr herausholen.

Gruß
Christopher

Servus Petzi,

die in dem Link von Frank erzählte Episode gibt den unmittelbaren Sinn vollständig wieder.

Mittelbar steht die Frage, was dem Lied zu seinem riesigen Erfolg bei sehr vielen Hörern verholfen hat, denen die „Alltagsgeschichten“ ihrer Helden nicht so viel gegeben haben.

Hierzu keine regelrechte Interpretation, aber ein paar Splitter:

Ich denke, das ursprünglich mittelalterliche und in der Romantik wieder aufgegriffene Motiv der Minne, die den (nicht erhörten - so schreibt es die Regel vor) Minnesänger „deste werter“ macht, spielt in der Entstehungszeit von Suzanne eine bedeutende Rolle:

Im Sinn eines ONS etwa auf irgendeinem Open Air war es in jenen Jahren absolut einfach, „erhört“ zu werden. Suzanne verkörpert im Kontrast dazu die Schöne, „Reine“, dabei aber durchaus Erfahrene mit einem „perfect body“, den sie aber nicht zu naheliegenden Vergnügungen nutzt, sondern die „with one’s mind“ berührt werden will. Die zum travel zu einem imaginären „Sinn hinter den Dingen“ (das romantische Reisemotiv, auch dieses in der Entstehungszeit des Liedes und schon vorher seit Kerouac, Easy Rider und Persig sehr populär) einlädt.

Die eher vagen Allusionen zur „Lady of the Harbour“ passen dazu. Auch hier das romantische Motiv einer Reise zum „besseren, wirklichen Sinn der Dinge“, damals in Zusammenhang etwa mit dem Aufbruch zum unbekannten Land Westernis von den Grauen Anfurten aus (HdR, Ende Band III).

Ich erinnere mich wohl, dass ich 1976 in der Bretagne überall, wo ich eine Notre Dame du Port, des Marins usw. gefunden habe, ein Kerzlein anzünden musste (obwohl damals weder katholisch noch sonstwie kirchengläubig - wofür lässt man sich auch konfirmieren?).

„Tea and oranges“ waren übrigens auch ein Ingrediens der Zeit: Wir haben, spätestens ab dem grandiosen Sommer 1976 von Bier & Dope ein wenig satt, ganze Nächte mit regelrechten Teeräuschen verbracht…

Schöne Grüße

MM

Am Rande was ganz anderes für Dich
Hi.
Zuerst einmal TOLL dass Du Dich für sowas interessierst. Hintergründe von Songtexten, meiner Meinung nach wird auf sowas heute leider viel zu wenig Wert gelegt.
Wenn Du noch an zweien rumtüffteln möchtest habe ich hier Tips für Dich. Beides sind Texte mit unheimlich vielen Doppelbedeutungen und ich bin immer wieder fasziniert wie man mit so wenigen Worten soviel ausdrücken kann.

  1. Richard Shindell - Fishing. Ist vordergründig nur eine Imigrantenbefragung und der Kripotyp erzählt ein wenig vom Fischen. Man kann aber fast alles was er sagt auch ander deuten.

  2. Jeff Black - Carnival. Jeff bringt hier das ganze Leben anhand von Rummelplatzattraktionen auf einen Punkt.

Leider kann ich Dir die Texte nicht zumailen, habe sie nur in den Booklets aber ich denke google hilft.

Gruß
Gerald
Lass mal hören ob es gefallen hat. Gilt natürlich für jeden anderen auch der sich die 2 Songs mal reinzieht.

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