Aber vermutlich komponierte Beethoven diese Ouvertüre in der Hauptsonatensatz-Form oder?
Die Antwort kommt von Radio Eriwan… Das ist nämlich immer so eine Sache mit der Sonatenhauptsatzform (so herum! .
Sie hat so viele Ausprägungen, dass man oft Mühe hat zu entscheiden, ob ein Stück gerade noch in die Form passt oder eben nicht mehr. Bei Liszt z. B. finden sich dafür viele Beispiele.
Die Theoretiker des 19./20. Jahrhunderts haben im Nachhinein ein Ideal konstruiert (oder aus den Kompositionen destilliert), das in Reinform eher selten vorkommt.
Ganz kurz gesagt: Die Fidelio-Ouvertüre ist ein Sonatensatz
– mit langsame r Einleitung , die kurz durch das vorangestellte Motto unterbrochen wird,
– mit einem kaum angedeuteten Seitenthema
– mit extrem kurzer Durchführung
– mit einer Reprise , die tonartlich nicht direkt „ins Ziel geht“, sondern
– über eine Mediante eine Coda ansteuert, die zunächst
– das Motto und
– die langsame Einleitung zitiert und schliesslich
– in einen Presto-Schluss (um nicht zu sagen eine „Stretta“) mündet.
Weiter ins Detail zu gehen, würde wahrscheinlich den Rahmen hier sprengen, auf jeden Fall fehlt mir dazu leider gerade die Zeit. Obwohl Formanalysen gerade auch von klassischen Ouvertüren hochinteressant sind!
Hallo dodeka!
Vielen Dank für diese differenzierte Antwort, das ist schon viel mehr, als ich erwarten durfte!
Dass die Sonatenhauptsatzform kein Schema ist, nach dem ein Beethoven seine Musik stur aufgebaut hat, ist mir klar.
Wenn ich dich richtig verstehe, hat die Fidelio-Ouvertüre also nach deiner Analyse keine richtige Exposition, sondern das Hauptthema (wenn man es so nennen will) unterbricht die langsame Einleitung?
Wenn ich dich richtig verstehe, hat die Fidelio-Ouvertüre also nach deiner Analyse keine richtige Exposition, sondern das Hauptthema (wenn man es so nennen will) unterbricht die langsame Einleitung?
Nein, es gibt schon eine Exposition; sie enthält auch das „kaum angedeutete Seitenthema“, um einmal mich selbst zu zitieren…
Am Anfang war das Wort steht das Motto (Pamparam, pamparam, pamparam pam pam!). Auf diese vier Takte folgen acht Adagio-Takte, unterbrochen vom viertaktigen Motto (Pamparam…) diesmal eine Quarte höher (also in der Subdominante), dann entfaltet sich die langsame Einleitung und mündet schliesslich in die Exposition.