Hallo,
kann es sein, dass es x verschiedene Systematiken in der Biologie gibt? Wer kennt eine gute aktuelle Übersicht mit den verschiedenen Domänen etc. ?
Danke!
Hallo,
kann es sein, dass es x verschiedene Systematiken in der Biologie gibt? Wer kennt eine gute aktuelle Übersicht mit den verschiedenen Domänen etc. ?
Danke!
Hallo,
schonmal reingeguckt?: http://de.wikipedia.org/wiki/Systematik_(Biologie)
Das sollte schon einmal so einiges beantworten. Ansonsten sei Dir gesagt: Die Biologie schert sich leider einen Dreck um unseren Wunsch, alles in klar geordnete Schubladen packen zu wollen. Jedes Ordnungssystem hat seine Vor- und sein Nachteile. Historisch gesehen hat man eben auch immer mehr über die Eigenschaften (zB. molekulare Sachen wie DNA-Sequenzen) und über die Zusammenhänge zwischen den Arten (zB. Populationsgenetik, Symbiosen etc) gelernt, so dass man althergebrachte Einteilungen immer wieder überdenken musste. Das wird auch nicht aufhören. Wissenschaft ist ein *Prozess*.
LG
Jochen
Hallo Snej,
einfach und gut verständlich sowie systematisch auf dem neuesten Stand ist das Buch „Biologie“ von Purves, Sadava und anderen. Ein dicker Wälzer, aber nicht alles ist da Systematik. Darüber hinaus hat er sich bei mir bisher immer bewährt und wird auch von unseren Systematik-Profs derzeit als „richtig“ anerkannt.
Gruß,
Kyan
Hallo,
daß es in der Systematik verschiedene Einteilungsmöglichkeiten gibt, liegt auch an der verschiedenen Auffassung bezüglich der Aussagekraft einzelner Merkmale. Man versucht zwar heutzutage, möglichst nur derartige Merkmale heranzuziehen, die korrekte Rückschlüsse auf die Stammesgeschichte zulassen (sogenannte Synapomorphien), aber dies kann letztenendes nicht mit 100%iger Sicherheit durchgezogen werden. Der Auslegung liegen halt immer gewisse Annahmen zugrunde, deren Bestätigung nur im Nachhinein aus Übereinstimmung mit noch neueren Merkmalen erfolgen kann.
Grüße
Peter
Es ist ganz normal, dass sich in ein und dem selben Buch verschiedene Systematiken befinden, die sich in Details widersprechen. Meist wird das daran liegen, dass die Kapitel von verschiedenen Autoren stammen - aber keineswegs immer!
In der Praxis der allermeisten Bereiche der Biologie ist die Richtigkeit und Aktualität der systematischen Gliederung von geringem oder gar keinem Interesse. Es kommt meist nur darauf an, dass alle relevanten Arten untergebracht werden können. So hat das 1992 begonnene, inzwischen 13 bändige „Handbook of the Birds of the World“ ganz bewusst eine systematische Gliederung gewählt, die auch schon damals überholt, jedoch jedem Vogelkundler noch gut vertraut war. Es war eine weise Entscheidung keine der damaligen (angeblich so fundierten und exakten) Systematiken auf DNA-Analysen aufzugreifen, denn alle paar Jahre wird wieder eine neue, wieder erheblich abweichende veröffentlicht.
Auf http://de.wikipedia.org/wiki/Systematik_der_V%C3%B6gel wird ganz unten eine „völlige Revision“ von 2008 vorgestellt. Ich finde es zum Beispiel sehr bedenklich, aber auch amüsant, wie weit dort inzwischen die Falken (Falconiformes) von den normalen Greifvögeln (Accipitriformes) entfernt sind. Ich gehe mal davon aus, dass diese Veröffentlichung in 10 bis 20 Jahren allenfalls noch von wissenschaftshistorischem Interesse sein wird.
Ich möchte aber betonen, dass es tatsächlich eine absolut wahrhaftige Systematik aller Lebensformen (oder doch zumindest aller höheren Lebensformen) gibt! Die Wissenschaft ist allerdings noch weit davon entfernt, sie zu erkennen. Vielleicht gibt es auch echte Lücken in der „Dokumentation“ der Natur. Damit meine ich, dass es von manchen Aufzweigungsphasen tatsächlich keine Fossilien und auch keine genetischen, biochemischen oder physionomischen Ähnlichkeiten mehr gibt, aus denen sich die Vergangenheit objektiv rekonstruieren ließe.
Ich möchte aber betonen, dass es tatsächlich eine absolut
wahrhaftige Systematik aller Lebensformen (oder doch zumindest
aller höheren Lebensformen) gibt!
Hier möchte ich widersprechen, wenngleich es auch nur theoretischen Wert hat.
Sicher spielst Du auf eine Erbfolge an, die natürlich gegeben ist. Das aber macht noch keine Systematik (im Sinne eines Klassifizierungssystems). Ganz unmittelbar ist da das Problem des horizontalen Gentransfers und der Endosymbiose. Das verwischt schon mal die Erbfolge. Doch das eigentliche Problem ist tiefgreifender:
Eine „echte“ Klassifizierung braucht klare Grenzen. Die gibt es in der Natur in aller Regel nicht. Gerade in der Evolution gibt es immer nur weiche Übergänge (in der Zeit manchmal innerhalb recht weniger Generationen, manchmal über Äonen). Die Übergänge betreffen unterschiedliche Merkmale, zum großen Teil überlappend und sich nicht parallel verändernd. Jede Abgrenzung, die in einer Hinsicht sinnhaft scheinen mag, ist aus mindestens zwei anderen Perspektiven unsinnig.
Schaut man sich mal die Dendrogramme für Verwandschaftsbeziehungen, d.h. für Ähnlichkeiten igrendwelcher Merkmale an, so ist da schon deutlich, dass wir in Ermangelung einer a-priori-Klassifikation immer nur „ähnlichste Paare“ beschreiben können, die wir zu einer Gruppe zusammenfassen und so iterativ fortfahren, bis alle Arten zu irgendeiner Gruppe zugeordnet sind. So ergibt sich ein hierarchisches System von Ähnlichkeitsbeziehungen. Eine Klassifizierung bedeutet nun aber, dieses Gebilde (anschaulich: das Dendrogramm) quer zu schneiden, also eine Hierarchieebene zu bestimmen, welche mit ihren Gruppen dann die Klassen definiert. Jenachdem, wo man diesen Schnitt macht, gibt es natürlich ganz unterschiedliche Einteilungen. Gäbe es einen augenfälligen Sprung in de Zuordnungsdichte des Dendrogramms, wäre das wohl ein guter Hinweis auf eine sinnvolle Klassifikation, aber sowas kommt real nicht vor.
Tja, und das war nur für *ein* Merkmal. Macht man das selbe für ein anderes Merkmal, bekommt man ein mehr oder weniger ähnliches, aber nicht gleiches Gebilde. Es wird zwangsläufig zu unterschiedlichen Klassifikationen führen.
Also, die Dendrogramme zeigen sehr wohl einen wichtigen Aspekt über die verwandschaftliche Nähe zwischen verschiedenen Arten, aber sie erlauben keine sinnvolle Klassifikation. Und genau das ist auch korrekt, weil es sowas nicht gibt.
Die Wissenschaft ist
allerdings noch weit davon entfernt, sie zu erkennen.
Vielleicht gibt es auch echte Lücken in der „Dokumentation“
der Natur.
Nehmen wir an, alle DNA-Sequenzen aller Arten (rezent und fossil) und aller Individuen(!) seien bekannt, und überhaupt seinen alle Arten fossiliert und entdeckt. Wir hätten den vollständigen genetischen Stammbaum des Lebens auf der Erde. - Es würde uns bei der Klassifikation nicht helfen. Wir würden Unterschiede von einem Basenpaar pro Genom finden, von zwei, drei, … einer Milliarde…
Wo wird es sinnvoll, Grenzen zu ziehen? Die gleiche Argumentation gilt für anatomische, physiologische oder etiologische Merkmale.
Eine Klassifikation ist für uns wichtig, um Dinge zusammenzufassen, die bestimmte Aspekte, die wir betrachten, gemein haben. Das ist praktisch. Aber die genauen Grenzen unserer Klassifikationen offenbaren keine wahren Strukturen. An den Rändern werden Klassifikationen immer unbrauchbar.
LG
Jochen
Da habe ich mich wohl doch etwas zu pauschal ausgedrückt.
Ganz unmittelbar ist da das Problem
des horizontalen Gentransfers und der Endosymbiose.
Das ist tatsächlich eine sehr schwierige Sache - vielleicht sogar nach dem bisherigen Regelungen überhaupt nicht lösbar? Ich bin wohl vornherein gedanklich zu sehr im System der höheren Tiere, speziell der Wirbeltiere gewesen.
Das Problem mit den vielen weichen Übergängen und dem Fehlen der klaren Grenzen ist ja eher das der Taxonomie/Nomenklatur als der eigentlichen Systematik. Wenn einem das Problem bewusst und im Detail bekannt ist, ist es ja für einen selber keines mehr. Die Schwierigkeiten entstehen dann eher bei der Dokumentation oder in der Diskussion mit anderen Personen.
Jede Abgrenzung, die in einer Hinsicht sinnhaft scheinen mag, ist
aus mindestens zwei anderen Perspektiven unsinnig.
Aber die genauen Grenzen unserer Klassifikationen offenbaren keine
wahren Strukturen. An den Rändern werden Klassifikationen immer
unbrauchbar.
Auch aus der Feld-Wald-Wiesen-Naturkunde, die ja mein eigentlicher Bereich ist, kenne ich diese Probleme. Neuerdings ist es seltsamer Weise Mode geworden Raben- und Nebelkrähe als Arten einzustufen. Nun ist aber das Überschneidungsgebiet dieser beiden Taxa nur eine Autostunde von meinem Wohnort entfernt und wenn man sich dort aufhält kann man wortwörtlich sehen, dass das eine Frage der Interpretion oder besser gesagt des Geschmacks ist. Also ich mach den Unsinn nicht mit, für mich bleiben das Unterarten.
Die südlichen und die nordischen Unterartgruppen der Schafstelze werden neuerdings auch als Arten gedeutet. In ihrem Überschneidungsbereich bin ich nie gewesen, die nordische „thunbergi“ sehe ich nur ganz vereinzelt als Durchzügler und dann als typische Exemplare. Dieser Fall ist mir ganz gleichgültig.
Viele Vogelkundler hat diese Entwicklung aber scheinbar so verunsichert, dass sogar Artikel veröffentlicht werden, die ernsthaft behaupten es gebe gar keine Arten. Auf die Frage, warum sich dann die Amsel niemals mit der Rotbuche und noch nicht einmal mit der Kohlmeise kreuzt, sind diese Leute wahrscheinlich nie gekommen. Taxonomische Einheiten, eben auch die Ebene der Art, sind Konstrukte, aber das sind die chemischen Elemente (Stilrichtungen der Architekur, Sprachgruppen der Linguistik usw. usw.) ebenfalls. Ein Chemiker käme wohl kaum auf die Idee die Existenz von Elementen zu leugnen, weil diese ja letztlich auch nur zeitlich begrenzt sind oder weil es im Augenblick eines Zerfalls eines Isotops eine definitorische Grauzone gibt. (Das letztere Beispiel dauert nur einen extremen Bruchteil einer Sekunde, die Grauzone bei biologischen Arten kann sich dagegen über viele Jahrtausende hinziehen)
Vermutlich beruht jede Wissenschaft auf solche Konstrukte.
Ich denke der Fehler war letztlich, das ich „Systematik“ sagte, aber eigentlich „System“ meinte. Das ist ja eine sehr häufige sprachliche Ungenauigkeit, dass man die Wissenschaft des Phänomens mit dem Phänomen gleichsetzt.
Schöne Grüße, Eckhard
Hallo Eckhard!
Das Problem mit den vielen weichen Übergängen und dem Fehlen
der klaren Grenzen ist ja eher das der Taxonomie/Nomenklatur
als der eigentlichen Systematik.
Genau anders rum, würde ich sagen:
Die Probleme, die von nicht exakt festgelegten Arten ausgehen, betreffen eben das Natürliche System der Organismen, also die Systematik. Aber nicht die Taxonomie bzw. die Nomenklatur, die als Wissenschaften von klassifizierten Objekten durch entsprechende Änderung der Regeln dieser Klassifizierungen flexibel an das jeweilige Problem angepasst werden könnten. Derartige Anpassungen des Natürlichen Systems der Lebewesen schließen sich aber aus, da es den Anspruch in sich trägt, die natürliche Stammesgeschichte wiederzuspiegeln.
Wenn einem das Problem
bewusst und im Detail bekannt ist, ist es ja für einen selber
keines mehr.
Was meinst du damit?
…dass sogar Artikel veröffentlicht werden, die
ernsthaft behaupten es gebe gar keine Arten.
Nun, das stimmt insofern, als es eigentlich nur Individuen gibt, die sich halt oft untereinander kreuzen, was zu einem gemeinsamen Genpool führt. Aber selbst bei dem Begriff „gemeinsamer Genpool“ kann man bezüglich der Zuordnung mancher Individuen zur „Art“ zumindest theoretisch schon untereinander streiten. Jedwede Begrifflichkeit des Menschen ist eben ein Konstrukt wie du ja selbst schreibst und somit künstlich der Natur aufgepfropft.
Taxonomische Einheiten, eben auch
die Ebene der Art, sind Konstrukte, aber das sind die
chemischen Elemente (Stilrichtungen der Architekur,
Sprachgruppen der Linguistik usw. usw.) ebenfalls.
Da stimme ich dir zu.
Ein
Chemiker käme wohl kaum auf die Idee die Existenz von
Elementen zu leugnen, weil diese ja letztlich auch nur
zeitlich begrenzt sind oder weil es im Augenblick eines
Zerfalls eines Isotops eine definitorische Grauzone gibt. (Das
letztere Beispiel dauert nur einen extremen Bruchteil einer
Sekunde, die Grauzone bei biologischen Arten kann sich dagegen
über viele Jahrtausende hinziehen)
Vermutlich beruht jede Wissenschaft auf solche Konstrukte.
Richtig, aber unser Gehirn ist auf die Benutzung derartiger Klassenbildungen angewiesen und da ist es doch nur recht und billig, wenn man auch versucht, diese Konstrukte an der „realen Natur“ zu orientieren, also im Fall der Arten an der Stammesgeschichte, die ja stattgefunden hat (auch wenn man sich vielleicht über die Einheiten dieser Stammesgeschichte nicht immer so im Klaren sein kann).
Viele Grüße,
Peter
Mal als wirkliche, nicht rhetorisch gemeinte Frage: Ist das Individuum nicht ebenfalls ein Konstrukt? Jetzt nicht nur bei so eigentümlich erscheinenden Gruppen wie den Schwämmen, Schleimpilzen oder Flechten, und auch nicht nur bei sich vorwiegend oder ausschließlich vegetativ vermehrenden Taxa - sondern auch bei sich geschlechtlich vermehrenden Lebewesen? Sind Eizellen und Samenzellen andere Individuuen in uns? Wenn eine befruchtete Eizelle während der Zellteilung mutiert, verwandelte sich dann ein Individuum in ein anderes? Wenn man bei Taxa mit geschlechtlicher Vermehrung das Individuum über seiner Vermehrungsmöglichkeit definiert, sind dann unfruchtbare Individuuen vornherein garkeine? Wenn man sagt, Exemplar x wäre ja fruchtbar, wenn es z.B. keine Eileiterverkrümmung hätte, dann hätte man das gleiche „hätte“ auf das auch all die Artdefinitionen beruhen.
Ich vermute, jetzt während des Schreibens, dass auch das biologische Individuum ein Konstrukt ist.
Wenn einem das Problem
bewusst und im Detail bekannt ist, ist es ja für einen selber
keines mehr.Was meinst du damit?
Ich meine das ganz einfach anwendungsbezogen auf Beispiele, eben als Feld-Wald-Wiesen-Naturkundler. Ich weiß z.B., dass es eigentlich gleichgültig ist, ob ich eine nordische Schafstelze als Motacilla thunbergi, Motacilla (flava) thunbergi, Motacilla flava thunbergi bezeichne. Solange es keine abschließende Untersuchung mit eindeutigen (überraschenden) Ergebnissen gibt, sind alle drei Bezeichnungen zulässig.
Ich will noch mal mein Beispiel aufgreifen:
Die belebte Natur besteht offensichtlich aus Arten, sonst würde sich DIE Amseln ja mit DEN Rotbuchen kreuzen. Wenn ich jetzt meine, das Individuum wäre eine bessere, klarere Einheit könnte ich sagen: … sonst würde sich EINE Amsel mit EINER Rotbuche kreuzen. Oder: … sonst würde sich ein Exemplar einer Abstammungsgemeinschaft, der wir den deutschen Namen „Amsel“ gegeben haben, mit einem anderen Exemplar einer anderen Abstammungsgemeinschaft, der wir deutschen Namen „Rotbuche“ gegeben haben, kreuzen. Die letzte Aussage klingt nicht nur albern gestelzt, sie ist wirklich nichts weiter als Wortklauberei und - pardon, nicht auf dich, sondern auf besagtem vogelkundlichen Artikel bezogen - Wichtigtuerei. In diesem Artikel wurde nichts derartiges formuliert, es wurde aber fälschlicherweise behauptet, dass das eigentlich notwendig wäre.
Ein Chemiker der in einem Pharmazieunternehmen arbeitet braucht sich auch nicht um Gravitationkräfte im Atomkern kümmern. Würde er derartige Bereiche in einer Forschungsarbeit über Augentropfen hineinbringen, würde er sich lächerlich machen.
Amseln kreuzen sich nicht mit Rotbuchen - ergo gibt es Arten (zumindest zwei ) ).
Das Problem mit den vielen weichen Übergängen und dem Fehlen
der klaren Grenzen ist ja eher das der Taxonomie/Nomenklatur
als der eigentlichen Systematik.Genau anders rum, würde ich sagen:
Die Probleme, die von nicht exakt festgelegten Arten ausgehen,
betreffen eben das Natürliche System der Organismen, also die
Systematik. Aber nicht die Taxonomie bzw. die Nomenklatur, die
als Wissenschaften von klassifizierten Objekten durch
entsprechende Änderung der Regeln dieser Klassifizierungen
flexibel an das jeweilige Problem angepasst werden könnten.
Derartige Anpassungen des Natürlichen Systems der Lebewesen
schließen sich aber aus, da es den Anspruch in sich trägt, die
natürliche Stammesgeschichte wiederzuspiegeln.
Ich sehe das anders.
Die Probleme, die von nicht exakt festgelegten Arten ausgehen,
betreffen eben das Natürliche System der Organismen, also die
Systematik.
Das „Natürliche System der Organismen“ hat überhaupt keine Probleme mit den nicht „exakt festgelegten Arten“, das kennt gar keine Probleme. Das „System der Organismen“ ist ein Phänomen, die „Systematik“ ist bloß deren Wissenschaft. Die Probleme haben die Wissenschaftler, nicht das System. Die Wissenschaftler wissen einerseits nicht absolut, wie die historische Entwicklung des Systems erfolgte, andererseits wissen sie nicht wie sie die vielen, teilweise sehr verworrenen Übergangsbereiche in ein knappe, allgemeinverständliche Kategorie (also eine Nomenklatur) hineinbringen sollen.
Schöne Grüße, Eckhard
Hallo Eckhard!
Ist das
Individuum nicht ebenfalls ein Konstrukt?
Du hast recht, wir könnten diese Diskussion tatsächlich bis ins Unendliche weiterführen. Es gibt Schwierigkeiten, den Begriff „Individuum“ wirklich allgemeingültig anzuwenden.
Aber gehen wir doch noch eine Stufe tiefer: dann reden wir eben über Zellen. Auf dieser Stufe verschwinden die Probleme, die wir mit den „Individuen“ hatten. Aber dann wirfst du bestimmt doch gleich Zweifel ein, auch der Begriff Zelle ist ein Konstrukt und da hast du schon wieder recht. (Ich meine hier z.B. die Definitionen von Zellen, die als Symbionten[oder auch Parasiten]in anderen Zellen leben; oder die Viren, die können ja nicht als Zellen bezeichnet werden, sind aber wohl als Lebewesen anzusehen.)
Wir könnten wiederum auf einer Stufe tiefer fortfahren, da hätten wir dann die Probleme mit der „Zelle“ nicht mehr.
Aber das Problem ist doch ein anderes: wir sind im Denken unseres Gehirns darauf angewiesen, Begriffe zu benutzen, also eine Klassenbildung im Sinne der Mengenlehre. Die Natur hält sich selbstverständlich nicht an unsere Vorgaben und erzeugt auch Elemente dieser Mengen (Klassen) mit Eigenschaften, die nicht mehr ganz der Definition dieser Menge entsprechen. Nun können wir nur die Definition der Menge erneut überdenken und ändern. Da aber nicht andauernd neue Mengen (=Begriffe) benutzt werden können, da käme unser Gehirn dann auch nicht mehr mit, können wir nur mit diesem Widerspruch zwischen der Natur und unseren aufgepfropften Begriffen leben.
Solange es keine
abschließende Untersuchung mit eindeutigen (überraschenden)
Ergebnissen gibt, sind alle drei Bezeichnungen zulässig.
Leider nur für dich; die Systematiker haben eben doch die Probleme damit…
Das „Natürliche System der Organismen“ hat überhaupt keine
Probleme mit den nicht „exakt festgelegten Arten“, das kennt
gar keine Probleme. Das „System der Organismen“ ist ein
Phänomen, die „Systematik“ ist bloß deren Wissenschaft. Die
Probleme haben die Wissenschaftler, nicht das System. Die
Wissenschaftler wissen einerseits nicht absolut, wie die
historische Entwicklung des Systems erfolgte, andererseits
wissen sie nicht wie sie die vielen, teilweise sehr
verworrenen Übergangsbereiche in ein knappe,
allgemeinverständliche Kategorie (also eine Nomenklatur)
hineinbringen sollen.
Nun, ich meinte mit der Bezeichnung „das Natürliche System der Organismen“ nicht die Stammesgeschichte als solche, sondern eben den Versuch der Wissenschaftler, diese zu rekonstruieren.
Mir scheint, wir meinen im Prinzip schon das gleiche, aber du stehst halt auf dem pragmatischen Standpunkt, wir bräuchten keine exakten Definitionen, da das ja eh nicht möglich ist.
Aber diese Definitionen werden doch von den Menschen gemacht und dürfen deshalb auch für ihre Zwecke geändert werden.
Lieber Gruß
Peter
Hallo Peter,
Mir scheint, wir meinen im Prinzip schon das gleiche, aber du
stehst halt auf dem pragmatischen Standpunkt, wir bräuchten
keine exakten Definitionen, da das ja eh nicht möglich ist.
Hier fühle ich mich aber ganz falsch verstanden. Ich verteidige doch die ganze Zeit die bestehenden Modelle (oder, wenn man will, auch Konstrukte) der biologischen Arten!
Nach meiner Auffassung ist zum Beispiel eine Auflistung der Flamingoarten genauso präzise und wissenschaftlich wie das allgegenwärtige Periodensystem chemischer Elemente.
Aber diese Definitionen werden doch von den Menschen gemacht
und dürfen deshalb auch für ihre
Zwecke geändert werden.
Genau das meine ich ja mit „Nomenklatur“ (ich habe damit nicht ausschließlich die binäre linneische Nomenklatur der Lebewesen gemeint).
Schöne Grüße, Eckhard