Hallo Patrick,
Also im Prinzip gibt es nur drei Teesorten:
Weiss, Schwarz und Grün.
die Frage, wieviel Teesorten es gibt, ist ähnlich schwer zu beantworten wie die, wieviel Weinsorten es gibt. Was Du hier ‚Sorten‘ nennst, sind - wie Du selbst sagst - verschiedene Methoden der Verarbeitung/Aufbereitung.
Tee kann fermentiert werden (schwarzer oder nach chinesischer Bezeichnung roter Tee), er kann unfermentiert sein (grüner Tee) oder ‚halbfermentiert‘, d.h. der Fermentierungsvorgang wird gestopt. Dies kann bei unterschiedlichen Fermentationsgraden geschehen; es gibt ganz leicht anfermentierte Tees (weisse und gelbe Tees), leichtfermentierte (sog. ‚Wasserlilien‘-)Ooolongs mit grüner Tasse und dann die normalen Oolongs (braune Tees).
Grüner Tee kann zu (zeremoniellem) Pulvertee (Matcha) weiterverarbeitet werden oder zu Ziegeltee. Eine japanische Spezialität ist die Verarbeitung von Blattrippen zu Kukicha. Außerdem gibt es gepresste und mehrfachfermentierte Tees (Tuo-cha und Pu-erh) sowie spezielle medizinische Tees wie den Ein-Blatt-Tee oder den teeinarmen Wildtee Ke Ke Cha.
Dann können Tees aromatisiert werden. Die klassische Methode ist dabei, dass man Grüntee Blütendämpfen aussetzt (vor allem Jasmin und Osmanthus, die sparsam dem Tee beigemengten Blütenblätter sind eher ein optischer Gag). Findige westliche Teehändler sind auf Idee gekommen, auch Schwarztees mit den unterschiedlichsten natürlichen und künstlichen Essenzen zu aromatisieren. Hier ist der Bergamotte-Tee ‚Earl Grey‘ das klassische Vorbild. Bei Zusätzen sind der Fantasie im Gegensatz zum guten Geschmack kaum Grenzen gesetzt; altbewährt ist bei Nordafrikanern marokkanische Minze als Zusatz und bei Japanern Puffreis. Damit verdirbt man verständlicherweise idR keine guten und teuren Tees - die haben solche Beimengungen nicht nötig.
Außerdem wäre noch zu unterscheiden nach Blattgraden. Neben vollem Blatt gibt es verschieden Grade ‚gebrochener‘ (zerkleinerter) Teeblätter (Broken) bis hinunter zu Fannings und Dust, die für Beuteltee Verwendung finden. Bei unbeschädigtem Blatt wird bei den besten Qualitäten lediglich eine Knospe zusammen mit den zwei jüngsten Blättern gepflückt, wobei in China bei der sog. ‚kaiserlichen Pflückung‘ das etwas ältere zweite Blatt auch noch weggelassen wird.
Neben der Pflanzenrasse (die wichtigsten sind die Thea sinensis und die Thea assamica mit jeweils etlichen verschiedenen Varietäten, hinzu kommen Hybriden und die auf Japan beschränkte Thea japonica) ist natürlich auch das Anbaugebiet (Boden und Klima, Höhenlage) sowie die Anbauweise (große Teeplantagen oder kleine Teegärten, teilweise oder vollständige Beschattung, evt. Durchmischung mit Obstbäumen …) von Bedeutung. Und last not least natürlich auch der Zeitpunkt der Pflückung nach der Winterruhe.
Spätestens bei den Mischungen (englische, ostfriesische …) wird’s dann vollends unüberschaubar. Dies sind dann ausgesprochene Handelssorten, bei denen ein über Jahre hinweg gleichbleibender Geschmack erreicht werden soll - ein wenig vergleichbar dem Verschneiden bei manchen Weinen oder Spirituosen. Versteht sich, dass dabei schon aus Preisgründen bestenfalls durchschnittliche Massentees Verwendung finden.
Um auch über den Preis ein paar Worte zu verlieren - auch hier ist es ähnlich wie beim Wein. Zunehmende Qualität steht in einem logarithmischen Verhältnis zum Preis. Grundsätzlich ist die Preisskala nach oben offen, wobei es natürlich äußerst schwer ist, in Europa an wirkliche Spitzentees zu kommen. Selbst für meinen mutigen und engagierten Teehändler sind 50 Euronen für 100g im Endverkauf die oberste Schmerzgrenze - und diese Tees werden (selten genug) eher wegen des Prestiges als wegen des Profits angeboten, d.h. die Verdienstspanne ist gering. Teurere Tees sind bei uns praktisch unverkäuflich bzw. ein Verlustgeschäft. Unter fünf Kilo kriegt man so etwas im Großhandel nicht und Tee ist eine verderbliche Ware. Was nach einem Jahr nicht verkauft ist, kann man dem Kunden eigentlich nur noch in betrügerischer Absicht andrehen.
Freundliche Grüße,
Ralf