Hallo,
mich interessiert, ob es Sprachen gibt, die mit weniger Tempora auskommen als die in Europa verbreiteten romanischen und germanischen Sprachen. Vielleicht sogar nur drei Tempora (Perfekt, Präsens, Futur). Kennt jemand soetwas?
Gibt es in diesem Forum Leute, die „Randsprachen“ (präkolumbisch, afrikanisch, asiatisch, ozeanisch) beherrschen?
Hallo,
Russisch hat nur 3 Zeiten: Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. (Dafür gibt’s aber 2 Aspekte: vollendet und unvollendet.)
Ich hab mal gelesen, daß Bibelhebräisch nur 2 Zeiten hat. (Näheres weiß ich aber nicht.)
Ciao
Marco
Hallo!
Im Chinesischen gibt es auch nur die Zeiten Perfekt, Präsens und Futur. Und da Chinesisch eine stark isolierende Sprache ist, werden hier nicht die Verben konjugiert, sondern einfach nur Temporaladverben wie gestern, heute, morgen, etc. zur Kennzeichnung verwendet.
mfg Dirk
Vielleicht sogar nur drei Tempora
(Perfekt, Präsens, Futur).
hebräisch. nur vergangenheit und futur sind überhaupt konjugiert. das präsens bedeutet wörtlich „ich bin eine schreibende, du bist ein schreibender“ usw.
gruß
datafox
Ich hab mal gelesen, daß Bibelhebräisch nur 2 Zeiten hat.
nope. das war wohl neuhebräisch (siehe beitrag weiter oben).
im althebräischen gibt es noch weitere zeiten, die mit vorsilben zu den beiden (futur, vergangenheit) gebildet werden und den sprachaspekt ausdrücken (vollendet, unvollendet) usw.
gruß
datafox
Aktionsarten in Sprachen
Hoi, Datafox!
und den sprachaspekt ausdrücken (vollendet, unvollendet) usw.
Uns hat man an der Uni beigebracht, dass der Zeitaspekt im Hebräischen keine große Rolle spielt.
Dafür aber die Aktionsarten: inchohativ, kausativ, durativ, iterativ etc.
Weshalb denn die Übersetzung von Jahwes Selbstvorstellung als „Ich bin, der ich bin / der Seiende!“ besser „Ich bin der, als der ich mich erweisen werde.“ lautet.
Gershom Sholem konnte gar nicht oft genug auf diesen Punkt hinweisen.
Gruß Fritz
hallo,
Dafür aber die Aktionsarten: inchohativ, kausativ, durativ,
iterativ etc.
das sind die stämme und die haben mit der zeit nichts zu tun. inkohativ ist eine form des imperativs, der logischerweise keine zeitform hat.
als abgeschlossen gilt das perfekt mit VE (und) am anfang, als nicht abgeschlossen das imperfekt. witzigerweise haben sich genau diese beiden formen vertauscht. das perfekt ist jetzt das futur, das imperfekt die vergangenheit.
Weshalb denn die Übersetzung von Jahwes Selbstvorstellung als
„Ich bin, der ich bin / der Seiende!“ besser „Ich bin der, als
der ich mich erweisen werde.“ lautet.
das ist wohl eher eine theologische frage. „ich bin der der ich sein werde“ ist wohl korrekt.
aber mehr als 2 semester habe ich mit althebräisch nichts zu tun gehabt, und das meiste ist jetzt überlagert durch neuhebräisches verständnis… also keine gewähr.
gruß
datafox
Aloha,
Ich kenn mich ein wenig im Hawaiianischen aus. Diese Sprache ist ebenfalls isolierend, das heißt, man benutzt doch Wörter die man vor die Verben setzt, um die Zeit anzuzeigen…
ua + Verb = Perfekt
e + Verb + ana = Imperfekt / Futur
ke + Verb + nei = Präsens
Manchmal kann man diese Silben auch weglassen, wenn der Kontext klar ist. Dass das eine Imperfekt und Futur ist, liegt daran, dass „Imperfekt“ ja wörtlich einfach nur heißt, dass die Aktion noch nicht abgeschlossen ist. Im Deutschen verwenden wir ja auch manchmal die Vergangenheitsform für die Zukunft: „Morgen war doch schönes Wetter, oder?“
Zu künstlichen Sprachen kann ich mich nur dahingehend äußern, dass Esperanto normalerweise mit den 3 Grundzeitformen auskommt, aber wenn man genau sein will, ließe sich das auf insgesamt 9 erweitern. Volapük besitzt Vorsilben für das Präsens, Futur, Imperfekt, Futur II, Plusquamperfekt, Futur-im-Perfekt, Futur-im-Imperfekt und Perfekt. In der älteren Version gab es noch die Möglichkeit, anzuzeigen ob die Aktion häufiger oder dauerhaft ausgeführt wurde (ähnlich dem Aorist im Türkischen oder Griechischen). Klingonisch verwendet meistens die Gegenwartsform, es gibt aber Suffixe für gewollt-beendete Handlungen, ungewollt-beendete, und für ein willentliches Futur. Toki Pona besitzt ga keine Zeitformen, da bedient man sich einfach Zeitangaben wir „gestern“, „heute“ oder „morgen“.
Im Mittelägyptischen (das mit den Hieroglyphen) gab es folgende Tempora:
• Allgemeines Präsens: Verb + Personal-Endung (_sDm=j/b> = ich höre)
• Spezielles Präsens:„Hr“ + Infinitiv (Hr sDm = beim Hören)
• Vergangenheit: Verb + „n“ + Personal-Endung (sDm.n=j = ich hörte)
• Zukunft: nur bei wenigen Verben ein Unterschied zum allg. Präsens, bei einigen kommt ein „t“ zwischen Verb und Personal-Endung (z.B. jn.t=f = möge er bringen)
- André_
Vielen Dank für die aufschlussreichen Antworten!
Kennt jemand vielleicht Bücher über vergleichende Grammatik, in der verschiedene Modelle grammatischer Formen dargestellt werden?
Hallo, Markus!
Kennt jemand vielleicht Bücher über vergleichende Grammatik,
in der verschiedene Modelle grammatischer Formen dargestellt
werden?
Schon etwas älter, aber ein Standardwerk:
Frederick Bodmer, Die Sprachen der Welt, ISBN 3-88059-880-0 Buch anschauen
Gruß Fritz
Noch eine weitere Frage, die in eine ähnliche Richtung geht.
Wie steht es mit zusammengesetzten Wörtern in anderen Sprachen?
Wo das Deutsche ‚Kochlöffel erlaubt‘, will das Französische einen ‚cuillère de cuisson‘. Wie gehen andere Sprachen damit um?
Hallo Fritz und Markus,
Schon etwas älter, aber ein Standardwerk:
Frederick Bodmer, Die Sprachen der Welt, ISBN 3-88059-880-0 Buch anschauen
Wobei man darauf hinweisen sollte, daß dieses Buch sich zu ca. 80% auf die germanischen und romanischen Sprachen beschränkt.
Gruß Kubi