Testamentsvollstrecker statt Berliner Testament: Kind aus früherer Ehe erst nach Ehefrau bedenken?

Hallo,
ich habe schon mal hier nachgefragt, ob es ein BT für eine aktuell fast „normale Familie“ mit Kind aus früherer Ehe gibt. Scheint es ja nicht so zu geben, wundert auch nicht.
Noch lebt er, möchte aber sein Erbe per Testament regeln und seine etwa gleichaltrige Frau à la BT erst einmal als Alleinerbin (hauptsächl. eigengenutzte Immobilie) berücksichtigen, aber sein leibliches Kind aus früherer Ehe, auch bedenken. Nur eben erst ab dem Zeitpunkt, wenn dann auch die jetzige Frau nicht mehr auf der Erde weilt (dann wiederum am Liebsten mit 1/2 oder sogar dem ganzen Erbe, denn es gibt keine weiteren Nachkommen oder nahe Angehörige bei der Frau).
Das geht wohl eben nicht über ein BT. Aber das Kind würde per gesetzlicher Erbfolge 1/4 erben (die Hälfte Frau, die zweite Hälfte teilen sich dann Frau und Kind, richtig?),
und solange es minderjährig ist,hätte somit Ex-Frau (Mutter des Kindes) „Zugriff“ auf z.B. Immobilie. Das ist für den zukünftigen Erblasser unerwünscht - es gibt selten Konstellationen, wo das reibungslos ginge.

Reicht das, wenn man dann die jetzige Frau als Testamentsvollstrecker (für das Kind) einsetzt? (Durch sie ist im Testament auch die Vormundschaft vorgesehen, sollte der Mann der letzte dahinscheidende Elternteil des Kindes gewesen sein).
Kann man das so regeln, bis das Kind 18 ist, oder hat man darüber hinaus freie Hand, was das Alter angeht (könnte man das dann so formulieren, dass quasi ein BT draus wird?).
Ich weiß, das einfachste wäre, die jetzige Frau einfach zu überleben, aber das geht statistisch nicht :grinning: , und ein Testament macht man ja für den Fall…
Grüße, ynot

Ein „Berliner Testament“ ist zunächst mal dadurch gekennzeichnet, dass sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben einsetzen, und bzgl. einer Schlusserbeneinsetzung eine Bindungswirkung für den überlebenden Ehegatten eintritt (wenn man nicht genau die ausdrücklich im Testament ausschließt).

Das funktioniert grundsätzlich auch in Patchwork-Familien.

Aufpassen muss man aber damit, wie die konkrete Schlussebeneinsetzung aussieht. Denn in der Minimalform eines „Berliner Testaments“ entfällt diese oft in ausdrücklicher Form, und dann gilt nach dem Letztversterbenden gesetzliche Erbfolge, was für eine Patchwork-Familie regelmäßig nicht passend ist. weil es somit von der zufälligen Reihenfolge des Versterbens der Ehegatten abhängt, in welcher Familie das Erbe dann landet, wenn Kinder von anderen Partnern vorhanden sind.

Hier spricht natürlich nichts gegen die Einsetzung des einzigen Kindes als Schlusserbin. Allerdings ist es dabei egal, ob dies über ein „Berliner Testament“ oder wie auch sonst immer passiert, wenn der Erbe minderjährig ist, und man den Zugriff/die Einmischung des Vormundes und einen ggf. hierüber geltend gemachten Pflichtteilsanspruch fürchtet.

Den Pflichtteilsanspruch wird man - außer wenn Gründe für eine Pflichtteilsentziehung vorliegen würden - nicht los! Daran ändert weder ein „Berliner Testament“ noch eine Testamentsvollstreckung etwas! Denn diese ist letztlich nur eine Auflage, die es ermöglicht, das Erbe auszuschlagen, und statt dessen dann den Pflichtteil geltend zu machen.

Was allerdings möglich ist, ist die Gestaltung einer Situation, in der die Geltendmachung des Pflichtteils für den Erben (bzw. dessen Vormund) möglichst unangenehm und finanziell nachteilig endet.

Auf der anderen Seite muss man aber natürlich auch den Erben und den Vormund verstehen, die durchaus berechtigte Interessen haben können, den Pflichtteil geltend zu machen, wenn sie befürchten müssen, dass der Erbe sonst am Ende leer ausgeht, weil der überlebende Ehegatte das Erbe „aushöhlt“.

Der Königsweg sind hier oft Gestaltungen, die eine entsprechende Absicherung des Erben vorsehen, am Ende tatsächlich auch noch etwas zu erhalten, und andererseits die Geltendmachung des Pflichtteils erschweren (bei minderjährigen Erben wird man regelmäßig nicht zu einem Pflichtteilsverzicht kommen).

Das sind aber alles Dinge, die man nicht in einem Forum abschließend klären kann. Da ist der Gang zum spezialisierten Anwalts- oder Notarkollegen nötig, der sich den konkreten Sachverhalt dann mal ganz genau anschaut, und daraus dann verschiedene Vorschläge ableiten kann.

Hallo Wiz,
danke erst mal für die ausführlichen Ausführungen (!), dass da irgendwann Fachhilfe nötig sein wird ist schon klar.

Es geht nicht darum, den Pflichtteil „loszuwerden“. Beim BT wird der ja auch nicht losgeworden sondern zeitlich verschoben, bis der zweite stirbt.
Und meine Frage war, ob das Einsetzen des/der Überlebenden als Testamentsvollstrecker (und damit Verwalter) durch die Verwaltung des Pflichtteils diese zeitliche Brücke schließen könnte.
(Selbst wenn es im Willen des potentiellen Erblassers ist, dass evtl. seine überlebende Frau das Erbe des Kindes verprassen könnte, wenn sie ihre Persönlichkeit so ändern könnte, sollte er seinen letzte Willen da auch durchsetzen können.)

Es gibt den Fall, dass der potentielle Erblasser seiner Frau genau das anvertrauen will und sie zum Testamentsvollstrecker einsetzen will, damit sie seinen Willen weiter lebt, oder nicht? Und da frage ich mich, ob das so durchgeht.
Evtl. verstehe ich das falsch, dass Kinder auch beim BT ihren Pflichtteil nicht einklagen können, ich dachte gerade für den Fall gilt das.
Grüße
ynot

… weil im BGB steht:
§ 2205 Verwaltung des Nachlasses, Verfügungsbefugnis
Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen.

und weil der Erblasser doch eigentlich bestimmen kann, wie lange der Testamentsvollstrecker diese Verwaltung ausführen soll, versteh ich das richtig? Nur die Sache mit dem unentgeldlichen …
Grüße ynot

Du musst hier Erb- und Pflichtteilsrecht auseinander halten. Die erbrechtliche Regelung eines Testaments kann mit Auflagen wie einer Testamentsvollstreckung versehen werden. D.h. man bekommt den zugedachten Erbteil nur unter den Auflagen, die der Erblasser gemacht hat. Wohlgemerkt: Hier geht es um den Erhalt des Erbteils. Also in deinem Fall bei nur einem Schlusserben für beide Ehegatten, „alles“.

Der durch eine Auflage belastete Erbe kann aber auch das Erbe ausschlagen, und statt dessen den Pflichtteil geltend machen. Der ist nur halb so groß wie der gesetzliche Erbteil, und ein Anspruch der sich auch ausschließlich auf Geld bezieht. Und hierdurch kann ein auch pflichtteilsberechtigter Erbe dann die Auflagen los werden, die für den Erbteil gelten würden, Nachteil ist dann natürlich, dass es nur die Hälfte gibt, aber die ist dann eben unbelastet.

Im Fall der Patchwork-Familie würde es zudem so aussehen, dass das Pflichtteilsrecht natürlich nur nach dem leiblichen Elternteil greift. D.h. verstirbt dieses zuerst, dann bezieht sich der Pflichtteil nur auf den Nachlass dieses Elternteils. Beim anderen Ehegatten geht das Kind dann leer aus, weil hiernach kein Pflichtteil besteht, und man für diesen Fall normalerweise Strafklauseln vorsieht, die das Kind für den Fall der Geltendmachung des Pflichtteils für den zweiten Erbfall enterben. Besser stellt sich das Kind in dem Falle, dass der leibliche Elternteil nachverstirbt, weil in dessen Nachlass dann natürlich auch der ererbte Vermögensanteil des Ehegatten fällt, der damit dann auch pflichtteilsrelevant wird.

1 Like

Moin,
danke, das war mir nicht bekannt und…

… meine Worte, wenn du da den Trick kennst, wie man das anstellt, … nein behalt ihn für dich, ich überlass das dann doch der Natur oder dem Himmel …
Grüße ynot