Testurteil: Mangelhaft

Hallo,
alle versprechen alles und gemacht wird nichts.
Schade das man kein Umtauschrecht hat.

http://www.div-blickpunkt.de/bw02-05/blick-5.htm

Oder seht ihr das anders?

Gruß
Schnorz

Auch hallo.

Laut GG ist die BRD ein Rechts- und Sozialstaat. Wer die Begriffe kennt, weiss das diese zueinander eigentlich im Widerspruch stehen. Und genau da wo, beide Ideologien aufeinander treffen, müssen Gesetze her, die die Behandlung der Bürger miteinander und gegenüber dem Staat regeln (Stichwort: Gerechtigkeit).
Früher war es z.B. einfach Kranke medizinisch wie rechtlich (eher versorgerisch) zu behandeln. Klar, damals sahen die Zivilisationskrankheiten auch anders aus und davon gab es zudem auch weniger. Ausserdem lag der Grad der materiellen Versorgung auch geringer und die Menschen waren trotzdem glücklich.
Und heute ? Jeder, der die Krankheit XYZ hat muss medizinisch speziell behandelt werden -sofern der erreichte medizinische Stand das gestattet (und sich nebenbei bemerkt finanzieren lässt)- und einen Anspruch gegen den (Sozial)Staat haben, der sich auch durchsetzen lässt. Organisationen wie der VDK können davon ganze Arien singen.

Man stelle sich mal vor, der Gesetzgeber wolle alle Angehörigen einer Volksgruppe über einen Kamm scheren. Was würde passieren ? Dank des Gerechtigkeitsprinzips kommen dann Beschwerden wie „…Mutter mit 4 Kindern ohne Stütze…Singles bessergestellt als Familie mit 2 Kindern…[Krebskranke haben 2 Jahre Überlebenszeit]…“ auf. Das führt zu Protesten der Wählerschaft. Um diese nicht an politische Gegner zu verlieren startet die Fraktion eine Gesetzesinitiative. Irgendwann ist der Vorschlag (evtl. mit Modifikationen) zum Gesetz geworden. Dann geht das Spiel wieder von vorne los „…da was vergessen…ungerecht gegenüber der Gruppe ABC…“
usw…

Man sieht: das technisch Machbare muss sich nicht immer mit dem politisch & menschlich Machbaren decken. Und von aussen fällt es immer leicht das Gegenteil dessen zu propagieren was die Regierung an Aktionen unternimmt.
Sinnigerweise erinnert die Debatte 'Mehr oder weniger Gesetze’an die zwei Böcke über einer Brücke: keiner will nachgeben und am Ende landen beide im Wasser :smiley:
Oder daran, dass alle Parteien ihr jeweiliges Maximum haben wollen und am Ende alle leer ausgehen werden (Spieltheorie - Stichwort: Petrischale)

Was tun ?
Was tun !

HTH
mfg M.L.

Hallo,

Laut GG ist die BRD ein Rechts- und Sozialstaat. Wer die
Begriffe kennt, weiss das diese zueinander eigentlich im
Widerspruch stehen.

Nun ich kenne beide Begriffe. Sie stehen in keinem Widerspruch zueinander. Im Prinzip ist ein Sozialstaat ohne Rechtsstaatlichkeit gar nicht machbar. Wikipedia liefert z.B. folgende Definitionen:

Definition Rechtsstaat:

Als Rechtsstaat wird ein Gemeinwesen bezeichnet, in dem die 
gesamte öffentliche Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist und daraus
ihre alleinige Legitimation bezieht. In einem Rechtsstaat ist die 
Macht des Staates begrenzt und die Bürger vor staatlicher Willkür 
geschützt. Ein Rechtsstaat ist seinem Prinzip nach auf die Herstellung
und Erhaltung eines materiell gerechten Zustandes ausgerichtet. Die 
Rechtsstaatlichkeit ist eine Voraussetzung für die Demokratie.

Definition Sozialstaat:

Der Begriff Sozialstaat bezeichnet ein Gemeinwesen, das bestrebt 
ist, soziale Unterschiede - etwa materieller Natur - zwischen seinen 
Mitgliedern bis zu einem gewissen Grad auszugleichen, um die Teilhabe 
aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu 
gewährleisten.

Gleichlautende Definitionen findest du auch hier:
http://www.bund.de/nn_3466/Content/Hintergrund/Deuts…

mfg
deconstruct

Hallo nochmal.

Okay, auf materieller Ebene hab’ ich mich etwas vertan. Das kommt davon, wenn man sich auf Schlüsse von vor ~7 Jahren verlässt. Aber wenn ich mir die Definition anschaue kann ich z.B. sagen, dass ein Sozialstaat noch lange keine Demokratie beheimaten muss. Und DAS Beispiel eines Rechtsstaats (USA) zeigt doch wie grosszügig man den Begriff „Herstellung und Erhaltung eines materiell gerechten Zustandes“ interpretieren kann: im Extremfall kann man dort z.B. auf der Strasse verhungern. Im Sozialstaat dagegen wird von oben herab bestimmt, wer wieviel und wovon bekommt.

Oder ist die Benennung ‚Rechtsstaat‘ (Sozialstaat) ‚Rechts- und Sozialstaat‘ nur eine rein rhetorische Spitzfindigkeit ?

mfg M.L.

Hallo,

Aber wenn ich mir die Definition anschaue kann ich
z.B. sagen, dass ein Sozialstaat noch lange keine Demokratie
beheimaten muss.

Natürlich nicht. Ein Rechtsstaat muss ja auch keine Demokratie sein. Aber eine Demokratie (im heutigen Sinn) muss ein Rechtsstaat sein.

Und DAS Beispiel eines Rechtsstaats (USA)
zeigt doch wie grosszügig man den Begriff „Herstellung und
Erhaltung eines materiell gerechten Zustandes“ interpretieren
kann:

Du verstehst da glaub ich was falsch…
Der „materielle Rechtsstaat“ hat nichts mit „materiellem Besitz“ zu tun. Das Recht, das sich mit Prozeduren beschäftigt, wird als „formelles Recht“ bezeichnet, das Recht, das inhaltliche Fragen regelt, nennt man „materielles Recht“. Der deutsche Staat ist ein materieller Rechtsstaat, d.h. die Gesetzgebung der Bundesrepublik ist an die Werte der Verfassung gebunden.
In einem formellen Rechtsstaat wäre es z.B. möglich, dass man ein Gesetz erlässt, welches die Gerichte entmächtigt. Das Gesetz muss lediglich den prozeduralen Regeln genügen (also Gesetzesvorschlag, Zustimmung des Bundestags usw). In einem materiellen Rechtsstaat wäre so ein Gesetz, auch wenn es vom Verfahren her korrekt erlassen wurde, ungültig, da es gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt.

im Extremfall kann man dort z.B. auf der Strasse
verhungern.

Naja, auch dort gibts Sozialhilfe (im schlimmsten Fall Lebensmittelmarken) und Hilfsorganisationen (wie bei uns z.B. die Tafeln). Mir wäre kein Fall bekannt, wo jemand in den USA verhungert ist.

Im Sozialstaat dagegen wird von oben herab
bestimmt, wer wieviel und wovon bekommt.

Nö. Ein Sozialstaat versucht nur, Menschen in Not (Armut, Arbeitslosigkeit usw) soweit zu helfen, damit sie am öffentlichen Leben teilnehmen können. Für jemanden der nicht in Not ist, regelt ein Sozialstaat gar nichts.

Oder ist die Benennung ‚Rechtsstaat‘ (Sozialstaat)
‚Rechts- und Sozialstaat‘ nur eine rein rhetorische
Spitzfindigkeit ?

Rechtsstaat und Sozialstaat sind zwei ganz verschiedene paar Stiefel.

mfg
deconstruct

Hallo.

Laut GG ist die BRD ein Rechts- und Sozialstaat. Wer die
Begriffe kennt, weiss das diese zueinander eigentlich im
Widerspruch stehen.

da bringst du was durcheinander: „soziale Marktwirtschaft“ !
Da gibt es diesen (gewollten) Widerspruch.
Der Rechtsstaat hat damit gar nichts zu tun.

Gruß Ivo

Okay, ich zitiere das Herder Lexikon Politik
Morgen.

Dann mache ich bezüglich der Begriffe mal reinen Tisch
Soziale Marktwirtschaft , Form der Marktwirtschaft, die bei grundsätzl. Förderung des Wettbewerbs die soz. Gesichtspunkte einbezieht; bes. Bz. der Wirtschaftspolitik in der BRD seit 1948; Begriff v.A. Müller-Armack geprägt.
Sozialstaat , Staat, dessen Handeln u. Strukturen (->Subsidiaritätsprinzip) darauf gerichtet sind, die wirtschaftl. u. soz. Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten u. soz. Gg.sätze auszugleichen, bei gleichzeitiger Beachtung der Prinzipien von Freiheit, Gleichheit u. Gerechtigkeit. Die BRD bezeichnet sich als einen soz. Rechtsstaat (Art. 20 u. 28 GG)
Rechtsstaat , Staat, der die Staatsgewalt in Übereinstimmung mit den grundlegenden Prinzipien der materiellen Gerechtigkeit ausübt, bei dem diese Bindung an „Recht und Gesetz“ institutionell gewährleistet ist, u. der die Art u. Weise seines Tätigwerdens sowie die freie Sphäre seiner Bürger in der Weise des rechts genau bestimmt u. unverbrüchl. sichert; verfassungsgeschichtsrechtl. ein im Ggs. zum -> Polizeistaat entwickeltes Staatsprinzip. Nach dt. Auffassung u. Tradition gehören zur Rechtsstaatlichkeit bes.: Gewaltenteilung, persönl. Grundrechte, Regelung der Probleme des soz. Lebens, soweit das möglich ist, nicht erst im Einzelfall, sondern allg. Regelung der typ. staatl. Machtäusserungen durch Gesetze so, daß sie vorausberechenbar werden, grundsätzl. keine rückwirkenden Gesetze; Bindung des Gesetzgebers an seine Gesetze, bis er sie durch neue formelle Gesetze aufhebt, der Gerichtsbarkeit u. der Verw. an die Gesetze, Erfordernis gesetzl. Grundlagen für staatl. Eingriffe in Eigentum u. Freiheit, justizförmiger Rechtsschutz, Recht auf gesetzl. Richter.

Ganz schöne Bandwürmer :smile: Aber speziell der letzte Satz des Punkts Rechtsstaat zeigt auf, dass der GG zum Gesetze erlassen verpflichtet ist. Und Gesetze erlassen muss um Gesetze für unwirksam zu erklären.
Also ein herrliches Chaso. Da braucht man sich über „wolkige Formulierungen“ ja nicht mehr zu wundern: auf diese Weise lässt sich lässt sich nämlich alles je nach Wetterlage interpretieren. Und der Staat behält trotzdem recht…

mfg M.L.

Hallo.

Laut GG ist die BRD ein Rechts- und Sozialstaat. Wer die
Begriffe kennt, weiss das diese zueinander eigentlich im
Widerspruch stehen.

da bringst du was durcheinander: „soziale Marktwirtschaft“ !
Da gibt es diesen (gewollten) Widerspruch.
Der Rechtsstaat hat damit gar nichts zu tun.

Naja, dann lies mal Art. 20 GG. Ich zitiere:
„1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“

Zwar ist der Rechtsstaat nicht in den Staatszielbestimmungen (Art. 20 GG) aufgeführt, wird aber u.a. aus Art. 19 GG agbeleitet.
Ansonsten hat Markus schon recht. Wir haben in Deutschland 5 Staatszielbestimmungen. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Bundesstaatsprinzip, Sozialstaat und Republik (seid 10 Jahren auch den Tier- bzw. Naturschutz Art. 20a GG). In gewisserweise widersprechen sich die Prinzipien zum Teil, d.h. man kann nicht 100 % des einen Prinzips haben ohne damit nicht ein anderes Prinzip zu verletzen. Allerdings haben wir in Deutschland auch den „Entscheidungsspielraum“ der Legislative, die, je nach politischer Einstellungen, mehr zum einen oder mehr zum anderen tendieren kann (und darf). Allerdings dürfen die jeweils anderen Prinzipien nicht aufgehoben oder ausgehebelt werden (Art. 79 GG). Allerdings langt es bei einer 80-Millionen-Menschen-Gesellschaft nicht wenn man nur sagt „och jetzt machen wir es mal so“, sondern muss alles genau definieren und bestimmen damit jeder weiss was er kann, darf und was für Rechte er hat (das sind dann die Gesetze). Dabei muss aber auch alles so genau wie möglich formuliert sein (deswegen die zum Teil schwülstige Juristensprache). Das möglicherweise ein paar Gesetze zu viel sind, stimmt wahrscheinlich, aber lieber ein paar unwichtige zuviel als ein paar wichtige zuwenig und alles bricht in Anarchie aus.

Grüße
Raoul

Hallo,

Nun ich kenne beide Begriffe. Sie stehen in keinem Widerspruch
zueinander. Im Prinzip ist ein Sozialstaat ohne
Rechtsstaatlichkeit gar nicht machbar. Wikipedia liefert z.B.
folgende Definitionen:

sie können sich sehr wohl widersprechen. Der Rechtsstaat sichert jedem das Eigentum. Der Sozialstaat allerdings verlangt, dass der der mehr hat, dem der weniger hat etwas abgibt (profan gesagt). Da ist ein Widerspruch…

grüße
Raoul