Hallo!
und erst mal Bitte ich um Entschuldigung, das es solange gedauert hat, bis ich antworte, aber ich komme aus der Lebensmittelbranche und die EHEC-Krise verlangt uns einiges ab.
Die Frage ist nur, WARUM sind die Lebensmittel bei Tengelmann teurer?
Schlägt Tengelmann nur seine höheren sonstigen Kosten auf den Preis um oder sind die Produkte im Einkauf teurer, weil hochwertiger, also weil bessere Rohstoffe verwendet werden?
Ein kleines bischen von beiden.
Zunächst mal ist Lidl einiges größer, dadurch kann Lidl etwas günstigere Preise im Einkauf erzielen. Dann kommt durch die reine Größe bzw. Dichte der Filialen einiges durch eine kürzere und schnellere Logistik zusammen.
Und zuletzt - ja, Lidl ist bereit, für die Preisführerschaft auch gewisse qualitative Einbußen hinzunehmen.
Der wesentliche Unterschied dürfte aber im Einkauf liegen: Durch die reine Größe (also, Abnahmemenge) kann Lidl den Preis beinahe diktieren. Da sich kaum ein Produzent erlauben kann, solch einen großen Kunden zu verärgern, ziehen die zähneknirschend mit und arbeiten dann teilweise zum Selbstkostenpreis.
Tengelman macht das nicht so brutal, teilweise aus Firmenpolitik, teilweise, weil die Hersteller dann u.U. nicht mitspielen würden.
Nehmen wir ein konkretes Beispiel unabhängig von Lidl oder Tengelmann, um meine Frage deutlicher zu machen.
Die Tafel Alpia Schokolade kostet pro Tafel 35 Cent, die Tafel Lindt ca. 1.70 €.
Wenn die Tafel Lindt deshalb so viel teurer ist, weil bessere und hochwertigere Rohstoffe verwendet werden, bin ich gerne bereit, diesen Preis zu zahlen. Ist das aber so?
Zum Teil.
Bei Schokolade hat die Herstellungsmethode (die Länge und Art des Conchierens) auch einen Einfluss auf den Preis. Sicherlich sind die Rohwaren etwas hochwertiger - nicht so unterschiedlich, das es diesen Presiunterschied rechtfertigen würde, aber ein wenig bestimmt.
Druch die Größe (also, hier vielmehr Kleinheit) von Lindt haben diese natürlich auch Nachteile im Einkauf, Rohwaren sind für die immer etwas teurer als für die, die Täglich hunderte Tonnen Schokolade produzieren. Weiterhin versucht Lindt, durch feste Verträge feste Partner an sich zu binden, um immer exakt die gleiche Qualität produzieren zu können. Das sehen die „Billigheimer“ etwas entspannter, wenn in der Schokolade statt 12,5% Zucker mal nur 12,3% Zucker drin sind, ist das für die nicht unbedingt ein Beinbruch. Ob das nötig ist, muss jeder für sich selber entscheiden.
Es gibt ja noch andere Faktoren, welche die Lindt teurer machen, die allerdings nichts mit deren Qualität zu tun haben, z. B. Marketingkosten, Markenbonus, höhere Löhne, etc.
Das kommt auf jeden Fall noch obendrauf.
Das sind jetzt natürlich auch die beiden Extremfälle. Der absolute Billigheimer, bei dem Masse vor Qualität geht und der Marktführer in Sachen Name und Qualität. Meine persönliche Meinung: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Milka von mir aus.
Nur zur Klarstellung: Qualität ist kein festgelegter Begriff - das bedeutet für jeden etwas anderes! Es gibt auch Leute, die für ein Steak über 1000 Euro bezahlen, weil das Rind biologisch gefüttert wird, Bier zu saufen bekommt und täglich massiert wird. Auch das ist natürlich eine Art von Qualität.
Aber es gibt in Deutschland rechtliche Mindestanforderungen, die kein Hersteller unterschreitet. Selbst die billigste Billigware hält sich an diese Mindestqualität, kein Hersteller verkauft schlechte Ware. Und aus Sicht des Ernährungsphysiologen ist es unserem Körper völlig egal, ob er Schlachtabfälle oder feinstes Rumpsteak bekommt - im Magen ist beides einfach nur Protein.
Von daher: kaufen sie einmal beides und probieren Sie. Ob der Unterschied so groß ist, das es die Preisdifferenz rechtfertigt, werden Sie dann schon schmecken. Aber meistens wird man irgendwo im Mittelfeld landen.
Der Spruch „Qualität hat ihren Preis“ ist zwar im Grunde richtig - aber was Qualität wirklich ist, muss jeder für sich selber und für jedes einzelne Produkt entscheiden. Und letztlich muss der „Gewinn“ durch höhere Qualität natürlich auch in einem sinnvollen Verhältnis zum höheren Preis stehen.
lg, mabuse