The Royal Navy - 2 Fragen

Guten Morgen alle miteinander,

ich lese gerade die Aubrey-Romane von Patrick O’Brian. Dort werden zwei Dinge beschrieben, die ich nicht so ganz verstehe:

1. Pressen
Zu dieser Zeit war es zumindest in Kriegszeiten möglich Leute mit Gewalt zum Dienst in der Royal Navy zu zwingen. Was mir noch nicht so ganz klar ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Zwang ausgeübt wurde und ob sie nur auf die Marine beschränkt war? Wann wurde das abgeschafft?

2. Beförderung
Wenn ich dass richtig verstanden habe, waren die ersten Karrierschritte für einen jungen Offizier die schwersten:
Nach mehrjähriger Fahrenszeit als Kadett und Fähnrich wurde er von seinem Kapitän zur Leutnantsprüfung geschickt. Nach deren bestehen ging er dann als Leutnant Dienst als Wachoffizier und wurde irgendwann zum Kapitänleutnant befördert und mit einem Kommando betraut. Mit viel Glück folgte dann einige Jahre später die Beförderung zum Vollkapitän mit einem entsprechenden Kommando. Ob man diese Karrierschritte durchlaufen konnte hing nicht zuletzt von der Verfügbarkeit entsprechender Posten und dem Glück des Offiziers beim Ausfüllen der Tätigkeit aus und der Protegierung durch seine Vorgesetzten ab.
Sobald man den Posten des Vollkapitäns aber erstmal erreicht hat war alles irgendwie egal: Sobald man ein entsprechendes Dienstalter erreicht hat, vor ihm kein Bewerber mit einem höherem Dienstalter auf der Liste stand und ein Admiralsposten frei wurde, wurde man automatisch auf diesen gesetzt. Ob man für diesen Posten auch geeignet war, war dabei vollkommen egal.
War das damals wirklich so „einfach“ oder war das in Wirklichkeit doch ein bisschen schwieriger?

Danke für Eure Antworten.

Euer
Ebenezer

Hallo

1. Pressen
Zu dieser Zeit war es zumindest in Kriegszeiten möglich Leute
mit Gewalt zum Dienst in der Royal Navy zu zwingen. Was mir
noch nicht so ganz klar ist, auf welcher Rechtsgrundlage
dieser Zwang ausgeübt wurde und ob sie nur auf die Marine
beschränkt war? Wann wurde das abgeschafft?

Die Grundlage dürfte zu der Zeit der Recruiting Act von 1703 sein und wurde (ausschliesslich?) nur für die Marine angewandt, da man dort nicht einfach die Reihen mit Bauern auffüllen konnte, sondern nur für eine begrenzte Anzahl von erfahrenden Seemännern pro Schiff Platz hatte. Darum wurden auch fast nur Seefahrer gepresst, kein normales Landvolk, wobei auch Flussschiffer dran sein konnten.

Nach Kriegsende 1815 war der Bedarf nicht mehr gegeben, einige Gesetze zum Schutz von Matrosen wurden erlassen, aber ganz abgeschafft wurde dieser Act meines Wissens nach nie, oder erst im 20 Jhrd.(?)

Andererseits ist das doch eigentlich nichts besonderes, verbindlicher Militärdienst ist war doch quasi der Normalfall und kommt heute auch noch oft vor. In Deutschland wurde das ja erst kürzlich abgeschafft.

Grüße,
.L

Hallo,

2. Beförderung
[…] Dienstalter […]
War das damals wirklich so „einfach“ oder war das in
Wirklichkeit doch ein bisschen schwieriger?

Formal war das genau so. Das Dienstälter regelte das Verhältnis der Offiziere gleichen Ranges untereinander, und es war allein ausschlaggebend für die Beförderungen ab dem Kapitänsrang.

Auf Schiffen mit mehreren Leutnants entschied allein das Dienstalter, wer 1. Offizier, 2. Offizier etc. war.

Unter Kapitänen regelte das Dienstalter die Rangfolge. Operierten Schiffe gemeinsam, ohne einem Admiral oder Commodore unterstellt zu sein, führte der dienstälteste Kapitän.

Wurde ein Admiralsposten frei, rückten zunächst die nachfolgenden Admirale eins auf, und der dienstälteste Kapitän wurde der rangniedrigste Admiral (in dieser Reihenfolge: Rear Admiral of the Blue). Ein Kapitän konnte also nur dadurch aufsteigen, dass die dienstälteren Kapitäne starben oder in den Ruhestand gingen.

Nichtsdestoweniger war die Admiralität über die Fähigkeiten ihrer Kapitäne im Bilde. Diese (und Protektion!) entschieden mit darüber, welche Art von Kommando ein Kapitän bekam. Der Kommandant eines Schiffes in einem Blockadegeschwader konnte sehr viel weniger eigenständig agieren als ein Kapitän, der auf eine Expedition geschickt wurde oder Handelskrieg in Westindien führte (was auch noch finanziell sehr einträglich war).

Ungeeignete Kapitäne konnten auch aus dem Verkehr gezogen werden, in dem sie kein Kommando erhielten oder auf Verwaltungsposten geschoben wurden. Trotzdem wurde so ein Kapitän doch irgendwann Admiral. Für derartige Fälle gab es die Möglichkeit der „Aus-dem-Weg-Beförderung“ zum Admiral without distinction of squadron. Er war keinem der drei Geschwader zugeordnet, sondern effektiv Admiral a.D. auf Halbsold.

Gruß,
KHK

Press Gangs and Naval Recruitment
Hier noch ein Link (englisch) zu dem Thema:

http://www.royalnavalmuseum.org/info_sheet_impressme…

Also war das dann doch so wie im Buch beschrieben…

Danke für Eure Antworten!

Euer
Ebenezer

1. Pressen
Zu dieser Zeit war es zumindest in Kriegszeiten möglich Leute
mit Gewalt zum Dienst in der Royal Navy zu zwingen. Was mir
noch nicht so ganz klar ist, auf welcher Rechtsgrundlage
dieser Zwang ausgeübt wurde und ob sie nur auf die Marine
beschränkt war? Wann wurde das abgeschafft?

Capable of „reading english“ ? http://en.wikipedia.org/wiki/Impressment

Gruß
nicolai

  1. Beförderung

Bis 1871 konnte man im britischen Heer alle Dienstgrade bis hinauf zum Oberstleutnant für Geld kaufen. Ob das in der (vermutlich als wichtiger erachteten) Marine ebenso war, weiß ich allerdings nicht. Es ist aber schwer vorstellbar, dass es im Heer nur nach dem Geldbeutel ging und in der Marine nur nach dem Können. Wahrscheinlicher ist, dass die Marine daneben auch nach Herkunft beförderte.

Ansonsten zog die britische Marine ihre Überlegenheit aus der größeren Zahl und zahlreichen überseeischen Stützpunkten und nicht aus dem größeren Können oder der besseren Technik. Im Grunde war sie ein nahezu ebenso herzerweichend schlecht geführtes Instrument wie das britische Heer.

Gruß
s.

Wahrscheinlicher ist, dass die Marine daneben

auch nach Herkunft beförderte.

Nichts neues. Bis zum 1. WK konnten nur Mitglieder des Adels Offiziere bei der kaiserlichen Armee werden. Im Krieg gab es Mangel. Darum konnten andere nachrücken.

Ob das in der
(vermutlich als wichtiger erachteten) Marine ebenso war, weiß
ich allerdings nicht.

Warum antwortest Du dann?

Ansonsten zog die britische Marine ihre Überlegenheit aus der
größeren Zahl und zahlreichen überseeischen Stützpunkten und
nicht aus dem größeren Können oder der besseren Technik. Im
Grunde war sie ein nahezu ebenso herzerweichend schlecht
geführtes Instrument wie das britische Heer.

Und das kannst Du mit Gewissheit sagen, obwohl Du über Offizierslaufbahn in der Marine nichts weißt. Auf welche Quellen stützt sich Deine Analyse?

Nichts neues. Bis zum 1. WK konnten nur Mitglieder des Adels
Offiziere bei der kaiserlichen Armee werden.

Bei der Armee welches Kaisers?

In Preußen jedenfalls gab es schon im Krieg 1870/71 Bürgerliche im Generalsrang.

Ob das in der
(vermutlich als wichtiger erachteten) Marine ebenso war, weiß
ich allerdings nicht.

Warum antwortest Du dann?

Wegen des darauf folgenden, von dir wohlweislich unterschlagenen Satzes.

Ansonsten zog die britische Marine ihre Überlegenheit aus der
größeren Zahl und zahlreichen überseeischen Stützpunkten und
nicht aus dem größeren Können oder der besseren Technik. Im
Grunde war sie ein nahezu ebenso herzerweichend schlecht
geführtes Instrument wie das britische Heer.

Und das kannst Du mit Gewissheit sagen, obwohl Du über
Offizierslaufbahn in der Marine nichts weißt. Auf welche
Quellen stützt sich Deine Analyse?

Speziell auf den hinlänglich bekannten Verlauf der größten Seeschlacht der Weltgeschichte. Und allgemein auf den Analogieschluss mit dem System des Offiziersnachwuchses beim britischen Heer. Du kannst ihn gerne widerlegen, wenn dir dazu neutrale Quellen zur Verfügung stehen.

Ob das in der
(vermutlich als wichtiger erachteten) Marine ebenso war, weiß
ich allerdings nicht.

Warum antwortest Du dann?

Wegen des darauf folgenden, von dir wohlweislich
unterschlagenen Satzes.

Der lautet „Es ist aber schwer vorstellbar, dass es im Heer nur nach dem Geldbeutel ging und in der Marine nur nach dem Können. Wahrscheinlicher ist, dass die Marine daneben auch nach Herkunft beförderte.“
Das ist eine andere Art, „Ich weiß es nicht“ auszudrücken.

Auf welche

Quellen stützt sich Deine Analyse?

Speziell auf den hinlänglich bekannten Verlauf der größten
Seeschlacht der Weltgeschichte.

Welche „größte Seeschalcht“ meinst Du? Die Skagerrakschlacht? Die war ein Jahrhundert nach der Epoche, auf die sich die Frage des UP bezieht.
Wenn nach der Leistungsfähigkeit der deutschen Armee im Kaiserreich gefragt ist, würdest Du doch auch nicht auf die Drohnen der Bundeswehr verweisen.

Und allgemein auf den
Analogieschluss mit dem System des Offiziersnachwuchses beim
britischen Heer. Du kannst ihn gerne widerlegen, wenn dir dazu
neutrale Quellen zur Verfügung stehen.

(Ich rede jetzt von der Epoche, nach der im UP gefragt ist)
Der Analogieschluss funktioniert nicht, da die Marine einen viel höheren Stellenwert hatte als die Armee. Marineoffiziere wurden (meistens!) nach Fähigkeit ausgewählt, während ein Offizierspatent in der Armee oft ein Privileg war. Mitunter wurden Seeoffizieren in Anerkennung ihrer Verdienste auch Offiziersränge der Landarmee als zusätzliche Einkommensquelle verliehen.
Das Offiziere der Navy waren großteils bürgerlicher Herkunft, und Fähnrichszeit und Offiziersprüfung waren seit dem 17 Jhdt obligatorisch.
Es kam durchaus vor, dass „bessere junge Herren“ durch die Marinelaufbahn geschleust wurden, aber die taten dann eher Dienst auf komfortablen Schiffen und blieben später dekoriert an Land, sofern sie sich nicht durch Fähigkeit auszeichneten.

Gruß,
KHK