Thema Steuerwettbewerb

Heute ist ein schöner Artikel in der Börsenzeitung, der über eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung bzgl. der Unternehmensbesteuerung in den EU-Beitrittskandidaten berichtet.

Untersucht wurde die effektive Besteuerung einer Kapitalgesellschaft.

Ergebnis:

Litauen 15,4%
Zypern 16,7%
Lettland 23,4%
Estland 24,6%
Ungarn 24,9%
Slowakei 27,4%
Polen 29,8%
Tschechien 31,9%
Slowenien 33,4%
Malta 34,7%
.
.
.
Deutschland 37,2%

Fairerweise muß man festhalten, daß die anderen EU-Staaten kaum bereit sein werden, über die Beihilfen letztendlich die günstigen Steuersätze zu finanzieren. Dennoch ist klar, wie die Märkte in Osteuropa erschlossen werden bzw. wo die Produktion dafür stattfinden wird.

Gruß,
Christian

Frage dazu
Ich finde diese Zahlen interessant, aber um mir ein vages Bild machen zu können, muss ich hier eine Anfängerfrage stellen:

Untersucht wurde die effektive Besteuerung einer
Kapitalgesellschaft.

Heißt ‚effektive‘ Besteuerung in diesem Fall, wieviel Steuern Netto bezahlt wurden, oder bezieht sich der Wert auf den errechneten Durchschnitts-Steuersatz mit dem die Unternehmen beaufschlagt werden?

Danke schonmal!
Peter

Antwort dazu

Ich finde diese Zahlen interessant, aber um mir ein vages Bild
machen zu können, muss ich hier eine Anfängerfrage stellen:

Untersucht wurde die effektive Besteuerung einer
Kapitalgesellschaft.

Heißt ‚effektive‘ Besteuerung in diesem Fall, wieviel Steuern
Netto bezahlt wurden, oder bezieht sich der Wert auf den
errechneten Durchschnitts-Steuersatz mit dem die Unternehmen
beaufschlagt werden?

Die Frage ist keine Anfängerfrage, sondern berechtigt. Die Besteuerung bezieht sich auf ein fiktives deutsches Unternehmen, das im Ausland mit Tochtergesellschaften operiert, die ihre Gewinne an die Muttergesellschaft in Deutschland ausschütten. Die Prozentzahlen drücken aus, wieviel vom erzielten (=ausgeschütteten) Gewinn in Form von Steuern einbehalten wird.

Um noch eine Zahl nachzuliefern: Der nach der gleichen Methode berechnete Durchschnittssteuersatz für die EU-Staaten liegt bei 29,4%, wobei man anmerkt, daß der Wert durch Irland stark nach unten gezogen wird.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

wobei auch weiterhin gilt:
Nicht jeder billige Standort ist ein preiswerter Standort…

Das habe ich plastisch in mehreren Konzernen mit osteuropäischen Werken vorgeführt bekommen.

Grüße
Jürgen

Heute ist ein schöner Artikel in der Börsenzeitung,

In welcher Bördenzeitung finde ich den Artikel ?

Gruß

Richard

Hallo Jürgen,

wobei auch weiterhin gilt:
Nicht jeder billige Standort ist ein preiswerter Standort…

in den letzten Wochen habe ich es immer wieder betont: Der Kosten-/Steuervorteil muß nicht nur vorhanden sein, damit ein Unternehmen umsiedelt, sondern so groß sein, daß er die Risiken weitestgehend aufwiegt (und aus diesem Grund sollten wir uns Gedanken machen, warum immer mehr Unternehmen umsiedeln). Insofern stimme ich Dir zu. 22 % Unterschied beim Steuersatz ist da schon relativ nah dran, würde ich sagen.

Gruß,
Christian

Das habe ich plastisch in mehreren Konzernen mit
osteuropäischen Werken vorgeführt bekommen.

Grüße
Jürgen

Heute ist ein schöner Artikel in der Börsenzeitung,

In welcher Bördenzeitung finde ich den Artikel ?

In DER Börsenzeitung:
http://www.boersen-zeitung.de/online/redaktion/aktue…

Gruß,
Christian

merci : ) (o.w.T.)
.

Nicht unbedingt:wink:
Hallo Christian,

in den letzten Wochen habe ich es immer wieder betont: Der
Kosten-/Steuervorteil muß nicht nur vorhanden sein, damit ein
Unternehmen umsiedelt, sondern so groß sein, daß er die
Risiken weitestgehend aufwiegt (und aus diesem Grund sollten
wir uns Gedanken machen, warum immer mehr Unternehmen
umsiedeln). Insofern stimme ich Dir zu. 22 % Unterschied beim
Steuersatz ist da schon relativ nah dran, würde ich sagen.

Wie immer gilt hier: Erst einmal Gewinn erzielen und dann hat man noch immer genug Zeit, Steuern zu optimieren. Denn die erste Voraussetzung ist IMHO nicht bei allen Standorten in gleichen Maße mit dem gleichen Aufwand gegeben, was aber der eine oder andere „Unternehmer“ aus seinem Blick verliert.

Wie gesagt, ich kann ein mehrstrophiges Lied von östlichen Millionengräbern an ach so billigen Standorten singen.

Was aber nicht heißt, dass dieser Zustand von beliebiger Dauer sein wird und wir Deutsche uns auf unseren Errungenschaften ausruhen dürfen.

Mich langweilen nur mittlerweile die ewigen Standortmiesrednereien und Pauschalvergleiche, die derartig plump sind, sorry…

Grüße
Jürgen

Osteuropa - Chancen und Risiken
Hallo Jürgen,

ich fürchte, wir mißverstehen uns, was u.U. daran liegen kann, daß Du ein paar Diskussionen verpaßt hast.

Mir geht es darum, daß wir uns in Deutschland Debatten um ein oder zwei Stunden Arbeitszeit mehr oder weniger leisten und ob es einen Lohnausgleich (dieser Begriff ist schon pervers) gibt oder nicht. Wir leben nicht auf einer Insel der Glückseligkeit, sondern auf dieser Welt, die immer näher zusammenrückt. Was wir hier unter uns ausmachen ist uninteressant, die Frage ist, was da draußen passiert. Solange wir uns auf unserem Wohlstand ausruhen, darauf verweisen, daß wir Exportweltmeister sind oder eine stabile Währung haben, bewegen wir uns nicht, während die Welt da draußen nur wartet bzw. sich darum bemüht, uns Marktanteile und letztlich Arbeitsplätze abzujagen.

Die Anzahl der Unternehmen, die bereit sind, sich die erheblichen Risiken eines Sitzes/Produktionsstandortes im Ausland anzutun, steigt ständig. Unternehmer sind nur selten Hasardeure und sie wissen genau, was sie am Standort Deutschland mit Rechtssicherheit, einigermaßen vorhandener Planungssicherheit und einigermaßen vorhandener Tarifkultur haben.

Wenn diese Unternehmen nun abwandern, in welchem Umfang auch immer, sollte uns das ein Signal sein, daß die Kosten-/Steuervorteile im Ausland inzwischen signifikant sind. Die osteuropäischen Märkte werden so oder so schon bedient. Die Frage ist nun, ob wir zulassen wollen (und uns das erlauben können), daß die Produktion für diese Märkte nicht mehr hier, sondern vor Ort erfolgt.

Die Steuersätze sind ein Anhaltspunkt, die Arbeitskosten ein anderer, ein weiterer die Qualifikation der Mitarbeiter usw. Ich stelle in meinem Kundenkreis fest, daß man immer mehr realisiert, daß die Vorteile bei uns nicht mehr reichen, um die Risiken einer Produktion im Ausland aufzuwiegen. Auch ich habe Kunden, die Anfang der 90er ein Engagement in Osteuropa eingegangen sind und üble Rückschläge erleiden mußten.

Nur hat sich Osteuropa weiterentwickelt. Die meisten Länder sind stabile Demokratien mit akzeptabler Rechtssicherheit geworden, mit akzeptabler Infrastruktur und vernünftig qualifizierten und sehr motivierten Arbeitskräften. Ein Engagement dort ist längst nicht mehr mit den gleichen Risiken verbunden, wie noch vor sieben oder zehn Jahren. Und damit sind die Kostenvorteile um so interessanter.

Augen zuhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft rauf und runter zu meditieren ist der falsche Weg. Im Westen nichts neues, schon klar, aber im Osten wächst etwas heran, was der deutschen Wirtschaft zwar Chancen bietet, von denen die Deutschen u.U. nur wenig haben werden.

Gruß,
Christian

Danke für die ausführliche Antwort! owT
=)

Hallo Christian,

ich fürchte, wir mißverstehen uns, was u.U. daran liegen kann,
daß Du ein paar Diskussionen verpaßt hast.

Ich habe schon verstanden:wink:

Mir geht es darum, daß wir uns in Deutschland Debatten um ein
oder zwei Stunden Arbeitszeit mehr oder weniger leisten und ob
es einen Lohnausgleich (dieser Begriff ist schon pervers) gibt
oder nicht. Wir leben nicht auf einer Insel der
Glückseligkeit, sondern auf dieser Welt, die immer näher
zusammenrückt. Was wir hier unter uns ausmachen ist
uninteressant, die Frage ist, was da draußen passiert. Solange
wir uns auf unserem Wohlstand ausruhen, darauf verweisen, daß
wir Exportweltmeister sind oder eine stabile Währung haben,
bewegen wir uns nicht, während die Welt da draußen nur wartet
bzw. sich darum bemüht, uns Marktanteile und letztlich
Arbeitsplätze abzujagen.

Natürlich ganz meine Meinung

Die Anzahl der Unternehmen, die bereit sind, sich die
erheblichen Risiken eines Sitzes/Produktionsstandortes im
Ausland anzutun, steigt ständig. Unternehmer sind nur selten
Hasardeure und sie wissen genau, was sie am Standort
Deutschland mit Rechtssicherheit, einigermaßen vorhandener
Planungssicherheit und einigermaßen vorhandener Tarifkultur
haben.

Wenn diese Unternehmen nun abwandern, in welchem Umfang auch
immer, sollte uns das ein Signal sein, daß die
Kosten-/Steuervorteile im Ausland inzwischen signifikant sind.

Zumindest die scheinbaren, wie gesagt, ich kenne mittlerweile einige bekannten Unternehmen, die bei der Ausnutzung dieser objektiv tatsächlich vorhandenen Vorteile massiv Lehrgeld gezahlt haben und weiterhin zahlen (und damit ebenfalls vorhandene, in Deutschland erwirtschaftete Gewinne vernichten, mal so nebenbei erwähnt…)

Die osteuropäischen Märkte werden so oder so schon bedient.
Die Frage ist nun, ob wir zulassen wollen (und uns das
erlauben können), daß die Produktion für diese Märkte nicht
mehr hier, sondern vor Ort erfolgt.

Eine osteuropäisches Marktwachstum kann nur erfolgen, wenn vor Ort Arbeitsplätze entstehen. Alles andere zu versuchen, ist nonsens (was ja schließlich übertragen schon der reaktionäre Ford wußte). Es wird erst dann gefährlich, wenn aus dem Osten unser Markt bedient wird. Und diese Gefahr ist sehr viel realer, als die Gefahr, dass der Ostmarkt aus dem Osten bedient wird. Das Bau-Handwerk erlebt dies schließlich seit Jahren hautnah…

Die Steuersätze sind ein Anhaltspunkt, die Arbeitskosten ein
anderer, ein weiterer die Qualifikation der Mitarbeiter usw.
Ich stelle in meinem Kundenkreis fest, daß man immer mehr
realisiert, daß die Vorteile bei uns nicht mehr reichen, um
die Risiken einer Produktion im Ausland aufzuwiegen. Auch ich
habe Kunden, die Anfang der 90er ein Engagement in Osteuropa
eingegangen sind und üble Rückschläge erleiden mußten.

Nur hat sich Osteuropa weiterentwickelt. Die meisten Länder
sind stabile Demokratien mit akzeptabler Rechtssicherheit
geworden, mit akzeptabler Infrastruktur und vernünftig
qualifizierten und sehr motivierten Arbeitskräften. Ein
Engagement dort ist längst nicht mehr mit den gleichen Risiken
verbunden, wie noch vor sieben oder zehn Jahren. Und damit
sind die Kostenvorteile um so interessanter.

Ich denke, ich kann nahezu an allen Standorten Gewinn erwirtschaften mit einem Marktfähigen Produkt. Aber ich muss eben ein angepasstes System dort installieren. Ich glaube aber nicht, dass ich zwangsläufig davon ausgehen kann, dass ein Standort mit niedrigeren Arbeitskosten und steuerlichen Vorteilen einen höheren(!) Gewinn erzeugt. Das ist naiv.
Ich erlebe gerade, dass ein Konzern ein Werk im Osten aufbaut (aufgrund der niedrigen Lohnkosten), das aber nahezu vollautomatisierte Prozesse durchführt. Jetzt fehlen z.B. die Mitarbeiter, die diese Prozesse planen, bedienen und in Griff halten können.
Was soll das?

Augen zuhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Wirtschaft rauf und runter zu meditieren ist der falsche Weg.
Im Westen nichts neues, schon klar, aber im Osten wächst etwas
heran, was der deutschen Wirtschaft zwar Chancen bietet, von
denen die Deutschen u.U. nur wenig haben werden.

Das sehe ich aktuell anders. Ich denke weiterhin, dass wir in D mehr vom Osten profitieren werden, als er uns schadet. (Aber eben nicht alle in Deutschland gleichermaßen)
Was für mich in D nicht fehlt, sind Billigstlöhne, working poor, ein schlankester Staat, der seinen Regelungspflichten nicht mehr nachkommen kann etc.
Es fehlt eindeutig: Eine Besinnung darauf, was wir können. Das Eingeständnis, dass wir eben nicht mit aller Welt überall konkurrieren können (wollen und müssen). Die bewußte und gesteuerte Aufgabe von Industriezweigen, die sowieso geschieht, die wir nicht verhindern können und die wir nur bedingt herauszögern sollten.
Und: Das Eingeständnis, dass wir gut sind, aber sicher immer besser werden können und müssen (Kaizen), eben dass wir schneller und konsequenter werden müssen.

Ich sehe keine Sinn darin, mit irgendwelchen Statistiken den Standort D totzureden, was IMHO derzeit geschieht. Wir haben nicht umsonst derzeit eine unnötig hohe Sparquote und daraus resultierend eine Konsumverweigerung, weil jeder vorsorgt für eine Krise, die eigentlich nicht real ist. Und das ist IMHO unser derzeitiges Hauptproblem und dieses Problem bekommen wir nicht in den Griff, indem wir uns immer wieder mit durchaus fragwürdigen Statistiken eingestehen, dass wir höhere Löhne oder höhere Steuern als andere haben!

(Nebenbei: Das sind meines Erachtens einfache Positionierungsprozesse, die jedes Unternehmen regelmäßig und meist erfolgreich durchführt.)

Tschaka tschaka tschaka:wink:
Grüße
Jürgen

Hallo Jürgen,

Zumindest die scheinbaren, wie gesagt, ich kenne mittlerweile
einige bekannten Unternehmen, die bei der Ausnutzung dieser
objektiv tatsächlich vorhandenen Vorteile massiv Lehrgeld
gezahlt haben und weiterhin zahlen (und damit ebenfalls
vorhandene, in Deutschland erwirtschaftete Gewinne vernichten,
mal so nebenbei erwähnt…)

von der Sorte kenne ich auch einige. Daß es da Risiken gibt und sich die Goldgräberstimmung Anfang/Mitte der 90er nicht in allen Fällen ausgezahlt hat, bestreite ich nicht. Auch nicht, daß es in Osteuropa gewisse „spezielle“ Umstände gibt, die den Markteinstieg von außen schwierig machen.

Die osteuropäischen Märkte werden so oder so schon bedient.
Die Frage ist nun, ob wir zulassen wollen (und uns das
erlauben können), daß die Produktion für diese Märkte nicht
mehr hier, sondern vor Ort erfolgt.

Eine osteuropäisches Marktwachstum kann nur erfolgen, wenn vor
Ort Arbeitsplätze entstehen.

Die entstehen ohnehin schon. Die Nachfrage nach deutschen Produkten ist enorm und zwar sowohl was die Investitions- als auch die Konsumgüter angeht. Im Augenblick liegen allerdings die Investitionsgüter vorn. Auf diesen werden mitnichten nur Güter für die eigenen Märkte produziert, sondern auch für die westeuropäischen. Das macht hier schon so einigen das Leben schwer.

Alles andere zu versuchen, ist
nonsens (was ja schließlich übertragen schon der reaktionäre
Ford wußte).

Ich könnte ihn für diesen Spruch erschlagen, wenn er nicht schon tot wäre. Den Spruch auf unsere Zeit zu übertragen, grenzt schon an Geschichtsfälschung.

Aber wie dem auch sei: In Inlandspolitik gibt es einen langen Thread zwischen mir und Rainer/realsharkie. Da stehen auch noch ein paar Gedanken zu dem Thema drin.

Ich denke, ich kann nahezu an allen Standorten Gewinn
erwirtschaften mit einem Marktfähigen Produkt. Aber ich muss
eben ein angepasstes System dort installieren. Ich glaube aber
nicht, dass ich zwangsläufig davon ausgehen kann, dass ein
Standort mit niedrigeren Arbeitskosten und steuerlichen
Vorteilen einen höheren(!) Gewinn erzeugt. Das ist naiv.

Die Rechnung ist einfach: Die Absatzpreise sind vorgegeben, die Lohnkosten sind ein Zehntel so hoch wie hier und auf das eh schon erfreuliche Betriebsergebnis werden auch noch weniger Steuern gezahlt. Deutschland ist bei einigen Gütern nun wirklich gar nicht mehr konkurrenzfähig. Google mal mit Automobilindustrie und Timisoara (bzw. ein Link dazu steht auch in o.g. Thread).

Es geht nicht darum, daß man einfach da zusätzlich ein Werk aufmacht und dann verdient man einfach mal, sondern darum, daß Porduktionsstandorte verlagert werden. Der Trek der Automobilzulieferer nach Osten läuft seit rd. zehn Jahren und zwar immer weiter nach Osten und in immer größeren Ausmaßen.

Ich erlebe gerade, dass ein Konzern ein Werk im Osten aufbaut
(aufgrund der niedrigen Lohnkosten), das aber nahezu
vollautomatisierte Prozesse durchführt. Jetzt fehlen z.B. die
Mitarbeiter, die diese Prozesse planen, bedienen und in Griff
halten können.
Was soll das?

Keine Ahnung, wer macht so einen Blödsinn? Wie es richtig geht, macht uns die Automobilindustrie vor: Der VW-Konzern baute kürzlich zwei Werke. Das eine mit viel Subventionen in Ostdeutschland und schafft damit ein paar hundert Arbeitsplätze in der automatisierten Endmontage und ein anderes jenseits der Grenzen mit mehreren tausend für die Handarbeit.

Was für mich in D nicht fehlt, sind Billigstlöhne, working
poor, ein schlankester Staat, der seinen Regelungspflichten
nicht mehr nachkommen kann etc.

Wir werden aber nicht verhindern können, daß es andere Staaten mit diesen Ausprägungen gibt. Für uns ist das von unserem Niveau her ein Abstieg sein, für die anderen ist es sehr viel besser als alle Alternativen. Damit müssen wir umgehen und darauf müssen wir reagieren. Aber auch hier wieder ein Verweis auf den thread in Inlandspolitik.

Es fehlt eindeutig: Eine Besinnung darauf, was wir können. Das
Eingeständnis, dass wir eben nicht mit aller Welt überall
konkurrieren können (wollen und müssen).

Mein Reden. Nur derzeit haben wir wenig zu bieten, ganz im Gegensatz zu früher.

Ich sehe keine Sinn darin, mit irgendwelchen Statistiken den
Standort D totzureden, was IMHO derzeit geschieht. Wir haben
nicht umsonst derzeit eine unnötig hohe Sparquote und daraus
resultierend eine Konsumverweigerung, weil jeder vorsorgt für
eine Krise, die eigentlich nicht real ist.

Paß auf, daß Du nicht mit Schröder verwechselt wirst :wink: Der macht Kritik auch gerne mit dem Schlagwort „Schlechtrederei“ nieder. Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß die Lage bescheiden ist. Viel schlimmer ist aber, daß nichts dagegen getan wird. Wir brauchen langfristige Initiativen und nicht das Gerede um ein paar Zehntelprozente hier und ein paar Stunden Arbeitszeit weniger da.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

von der Sorte kenne ich auch einige. Daß es da Risiken gibt
und sich die Goldgräberstimmung Anfang/Mitte der 90er nicht in
allen Fällen ausgezahlt hat, bestreite ich nicht. Auch nicht,
daß es in Osteuropa gewisse „spezielle“ Umstände gibt, die den
Markteinstieg von außen schwierig machen.

Das blöde ist dabei, dass man mittlerweile sehr schnell dort drüben ist, um dann festzustellen, dass die Uhren einen Tick anders laufen:wink:

Alles andere zu versuchen, ist
nonsens (was ja schließlich übertragen schon der reaktionäre
Ford wußte).

Ich könnte ihn für diesen Spruch erschlagen, wenn er nicht
schon tot wäre. Den Spruch auf unsere Zeit zu übertragen,
grenzt schon an Geschichtsfälschung.

Warum: Es ist nunmal wahr, dass Du nur dort längerfristig Geschäfte machen kannst, wo auch Geld vorhanden ist. Wenn ich mir in Deutschland z.B. den Fuhrpark anschaue, dann weiß ich, dass die deutsche Autoindustrie sehr gute Geschäfte in D mit ihren hochpreisigen Produkten macht. Aber Autos über 30TEUR reihenweise absetzen zu wollen und gleichzeitig über die hohen Löhne (und eben nicht nur über die hohen Lohnnebenkosten) zu klagen, ist kurzfristig vielleicht eine Strategie, langfristig sägen die Unternehmen am eigenen Ast. Denn so manches große deutsche Unternehmen ist ein sehr(!) kleines internationales Unternehmen…

Ich denke, ich kann nahezu an allen Standorten Gewinn
erwirtschaften mit einem Marktfähigen Produkt. Aber ich muss
eben ein angepasstes System dort installieren. Ich glaube aber
nicht, dass ich zwangsläufig davon ausgehen kann, dass ein
Standort mit niedrigeren Arbeitskosten und steuerlichen
Vorteilen einen höheren(!) Gewinn erzeugt. Das ist naiv.

Die Rechnung ist einfach: Die Absatzpreise sind vorgegeben,
die Lohnkosten sind ein Zehntel so hoch wie hier und auf das
eh schon erfreuliche Betriebsergebnis werden auch noch weniger
Steuern gezahlt. Deutschland ist bei einigen Gütern nun
wirklich gar nicht mehr konkurrenzfähig. Google mal mit
Automobilindustrie und Timisoara (bzw. ein Link dazu steht
auch in o.g. Thread).

Und hier zeigst Du die Naivität der Rechnung. Wie gesagt, ich war bereits mehrfach als für dortige Verhältnisse sündhaft teurer Berater in ach so preiswerten Standorten im Osten und habe den Erfolg der Rechnung gesehen:wink:

Es geht nicht darum, daß man einfach da zusätzlich ein Werk
aufmacht und dann verdient man einfach mal, sondern darum, daß
Porduktionsstandorte verlagert werden. Der Trek der
Automobilzulieferer nach Osten läuft seit rd. zehn Jahren und
zwar immer weiter nach Osten und in immer größeren Ausmaßen.

Da hast Du recht, aber dort wurden bisher auch von einer ganzen Menge Unternehmen Millionen und Abermillionen verbrannt… (Denn genau von diesen Unternehmen rede ich die ganze Zeit)
Ich will aber nicht bestreiten, dass es a) auch erfolgreiche Unternehmensverlagerungen gibt und b) die soften Standortvorteile, die wir derzeit noch genießen wohl nicht von Dauer sein werden.

Keine Ahnung, wer macht so einen Blödsinn?

Tja, dieselben Manager, die plump von Mitarbeitern in Deutschland über die Presse den Verzicht auf 13% Gehalt fordern…:wink:

Wie es richtig
geht, macht uns die Automobilindustrie vor: Der VW-Konzern
baute kürzlich zwei Werke. Das eine mit viel Subventionen in
Ostdeutschland und schafft damit ein paar hundert
Arbeitsplätze in der automatisierten Endmontage und ein
anderes jenseits der Grenzen mit mehreren tausend für die
Handarbeit.

Na ja, wer jemals in der Automobilbranche war, weiß, dass die Endmontage das Handarbeitsaufwendigste am Autobau ist (so nebenbei:wink:) Alle Prozesse vorher haben schon vor 15 Jahren kaum mehr Menschen gesehen…

Wir werden aber nicht verhindern können, daß es andere Staaten
mit diesen Ausprägungen gibt. Für uns ist das von unserem
Niveau her ein Abstieg sein, für die anderen ist es sehr viel
besser als alle Alternativen. Damit müssen wir umgehen und
darauf müssen wir reagieren. Aber auch hier wieder ein Verweis
auf den thread in Inlandspolitik.

Ich sehe keinen zwangsläufigen Abstieg für Deutschland. Ich sehe vielmehr, dass wir derzeit in einem Umnruch größten Ausmaßes sind, vergleichbar mit dem Übergang von der Landwirtschaft zur Industrie in der Zeit der Industrialisierung.
Das betrifft die Industrie, aber auch euch Banker, eben ganz Deutschland.
Und ich sehe hier für Deutschland weiterhin sehr gute Chancen, wenn auch nicht für alle Deutschen, wohl war. Und mit diesem Problem werden wir wohl in den nächsten 20 Jahren fertig werden müssen.

Es fehlt eindeutig: Eine Besinnung darauf, was wir können. Das
Eingeständnis, dass wir eben nicht mit aller Welt überall
konkurrieren können (wollen und müssen).

Mein Reden. Nur derzeit haben wir wenig zu bieten, ganz im
Gegensatz zu früher.

Sehe ich nicht so negativ. Es gibt viel Handlungsbedarf, aber durchaus noch den einen oder anderen Vorteil:wink:

Paß auf, daß Du nicht mit Schröder verwechselt wirst :wink: Der
macht Kritik auch gerne mit dem Schlagwort „Schlechtrederei“
nieder. Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß die Lage
bescheiden ist.

Sie ist bescheiden, und das nicht erst seit vorgestern:wink:

Viel schlimmer ist aber, daß nichts dagegen
getan wird. Wir brauchen langfristige Initiativen und nicht
das Gerede um ein paar Zehntelprozente hier und ein paar
Stunden Arbeitszeit weniger da.

Da hast Du sicher recht, das haben wir hier schon ausreichend und erfolglos diskutiert. Was aber Deutschland in keinem fall braucht, ist Pessimismus und Selbstmitleid und das zeigen auf den anderen als den bösen.
Auch wenn Du mich mit Schröder verwechselst: Unser momentanes Hauptproblem ist für mich die miese Grundstimmung trotz guter Erfolge. Wir Deutschen wollen einfach nicht glücklich und erfolgreich sein:wink:

Beispiel: Als der Euro absackte, heulte jeder über den Wertverfall, jetzt wo der Euro über jedes Maß ansteigt, heulen wieder alle über unsere Exportverluste.
Das ist für mich typisch Deutsch.
Andere Länder hätten zunächst ihre verbesserten Exportchancen gefeiert, um jetzt die Stärke gegen den Dollar zu betonen.

Du verstehst, was ich meine? Und das geht mir mittlerweile wirklich auf den S*** hier!

Grüße
Jürgen

Hallo nochmal,

Den Spruch auf unsere Zeit zu übertragen,

grenzt schon an Geschichtsfälschung.

Warum: Es ist nunmal wahr, dass Du nur dort längerfristig
Geschäfte machen kannst, wo auch Geld vorhanden ist. Wenn ich
mir in Deutschland z.B. den Fuhrpark anschaue, dann weiß ich,
dass die deutsche Autoindustrie sehr gute Geschäfte in D mit
ihren hochpreisigen Produkten macht. Aber Autos über 30TEUR
reihenweise absetzen zu wollen und gleichzeitig über die hohen
Löhne (und eben nicht nur über die hohen Lohnnebenkosten) zu
klagen, ist kurzfristig vielleicht eine Strategie, langfristig
sägen die Unternehmen am eigenen Ast. Denn so manches große
deutsche Unternehmen ist ein sehr(!) kleines internationales
Unternehmen…

Zu Ford: Er baute ein Billigauto mit genau einer Modellvariation. Daß seine Arbeiter seine Kunden waren, ist vollkommen klar. Deutschlands Export wird zu großen Teilen vom Maschinenbau geprägt. Der deutsche Maschinenbau braucht aber nicht Kunden im Ausland, die seine Maschinen bauen, sondern Menschen, die das Zeug kaufen, das mit den Maschinen hergstellt wird und dafür brauchen wir keine Einkommensmillionäre, sondern Menschen, die gerne auf gepflasterten Wegen laufen, Windeln, Tampons und Binden kaufen, Getränke in Verpackungen oder Kleidung tragen.

Und hier zeigst Du die Naivität der Rechnung. Wie gesagt, ich
war bereits mehrfach als für dortige Verhältnisse sündhaft
teurer Berater in ach so preiswerten Standorten im Osten und
habe den Erfolg der Rechnung gesehen:wink:

Tja, was soll ich sagen: Von meinen Kunden hat nur einer sein Engagement in Osteuropa aufgegeben und zwar indem er es für das achtfache der Investitionskosten an einen amerikanischen Konzern verkauft hat, weil er selber auf Westeuropa beschränken wollte. Warum, kann ich hier nicht sagen. Alle anderen - und das sind so einige - nahmen den Weg dorthin als einzigen Ausweg vor dem hiesigen Kostenberg und sind dort glücklich und zufrieden. Anders als die früheren Beschäftigten hier, möchte ich noch anfügen.

Na ja, wer jemals in der Automobilbranche war, weiß, dass die
Endmontage das Handarbeitsaufwendigste am Autobau ist (so
nebenbei:wink:) Alle Prozesse vorher haben schon vor 15 Jahren
kaum mehr Menschen gesehen…

Es geht doch immer um ie Substitution von Arbeit durch Kapital und je teuerer hier die Arbeit wird, desto eher lohnt sich die Investition in Automatisierung. Ein Trend, den man in den 70er Jahren geschaffen hat und der seitdem durch unglückselige Tarifabschlüsse nicht mehr verlassen wurde.

Heute gibt es als Alternative nicht mehr nur das Kapital, sondern auch die billigere Handarbeit in anderen Ländern und diese Option wird genutzt. *Piiieeeep* und *pieeeep* kann man durchaus auch mit Maschinen produzieren, per Hand in Rumänien ist es billiger, wie es vorher in Ungarn billiger war, davor in Tschechien und davor in Österreich. Irgendwann - wenn man weit genug im Osten ist - werden die Transportkosten den Steuer- und Lohnkostenvorteil aufwiegen. Mal schaun, was dann kommt.

[Eurodiskussion]
Jetzt heulen andere als damals.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

Es geht doch immer um ie Substitution von Arbeit durch Kapital
und je teuerer hier die Arbeit wird, desto eher lohnt sich die
Investition in Automatisierung. Ein Trend, den man in den 70er
Jahren geschaffen hat und der seitdem durch unglückselige
Tarifabschlüsse nicht mehr verlassen wurde.

Die Automatisierung von Arbeit kann doch Niemand aufhalten.
Der Trend ist doch unausweichlich, Tarifabschlüsse hin oder her.

[Eurodiskussion]
Jetzt heulen andere als damals.

Das verstehe ich nicht.
Könntest Du Das bitte erklären?

Gruß
karin

Hallo Karin,

Die Automatisierung von Arbeit kann doch Niemand aufhalten.
Der Trend ist doch unausweichlich, Tarifabschlüsse hin oder
her.

nein, so ist es nicht, jedenfalls nicht generell. Automatisierung kostet Geld. Wenn sie mehr kostet als Arbeitskräfte einzustellen und zu bezahlen, wird sie unterlassen. Erst wenn es so aussieht, daß die Automatisierung über den Zeitraum der Investition hinweg deutlich günstiger zu sein scheint, als menschliche Arbeit, wird sie eingesetzt. Diesen Zustand haben wir inzwischen für Deutschland erreicht. Wobei „inzwischen“ das falsche Wort ist. Der Startschuß wurde in den 70ern abgegeben.

[Eurodiskussion]
Jetzt heulen andere als damals.

Das verstehe ich nicht.
Könntest Du Das bitte erklären?

Als der Euro bei seiner Einführung massiv an Außenwert (d.h. an Wert ggü. anderen Währungen) verlor, jammerten die Medien und danach die Menschen, wie sehr doch das schönen neue Geld an Wert verlor. Das war eine rein menschliche und teilweise irrationale Reaktion. Währungssschwankungen hat es immer gegeben und auch in viel stärkerem Ausmaß. Daß dieser Trend keine Einbahnstraße war, war damals schon absehbar. Stichwort: FAQ:284

Heute jammert die exportierende Industrie, weil durch den im Vergleich zu den letzten Jahren hohen Wechselkurs zum Dollar deutsche Waren im Ausland teurer sind.

Frage geklärt, oder soll ich noch etwas ergänzen? Wenn ja, immer raus damit.

Gruß,
Christian

Vielen Dank! Frage geklärt :smile: o.w.T.
Ich danke Dir Christian!

Gruß
karin