Thorit als Schmuckstein

Hallo und Guten Tag.

Thorit ist ein thoriumhaltiges Mineral und somit eine Quelle radioaktiver Strahlung, welche über das Maß der durchschnittlichen Lebensumgebung hinaus geht. Wie man mittels eines Geigerzählers leicht feststellen kann, können Thorite - je nach Gehalt an Thorium - erheblich strahlen.

Nun habe ich gesehen, dass Thorite auch als geschliffene Schmucksteine angeboten werden. Teilweise in Brilliantform, aber auch in anderen Schleifformen findet man sie.

Ich persönlich bin kein Strahlungs-Phobiker oder ein militanter Bekämpfer aller Arten von Strahlung was bei manchen Menchen ja bisweilen so weit geht, dass sie die elektromagnetische Ausstrahlung einer 230V-Leitung bei 50 Hz und 1A für gefährlich halten, jedoch tut sich mir die Frage auf, was auf Dauer geschehen könnte, wenn man einen Thorit-Stein - von sagen wir mal 15mm Durchmesser - an einer Kette auf der Brust trägt.

Hat jemand Erfahrungen, Messwerte, Abschätzungen?
Ist der Handel solcher Schmucksteine in Deutschland erlaubt?
Sind die Angebote gar Fälschungen?
Gibt es vielleicht nicht-strahlenden Thorit?

Vielen Dank schon mal für die Aufmerksamkeit?

Hallo Gene…

Zu Deiner ersten Frage: Ja, das können sie und tun es auch. Diese Lümmel gehören genauso wie Zirkon zu den radioaktiven Inselsilikaten.
Das tolle Orange kommt durch radioaktive Zerstörung des Kristallgitters, die sind pleochroitsch. Durch vorsichtiges Glühen wird das Gitter rekristallisiert. Bei Zirkonen macht man das auch, um das weniger attraktive Braun wieder zum Zirkonblau umzuwandeln.

Thorium ist zunächst nur ein Alpha-strahler, der den Menschen nicht pisackt, solange man ihn nicht mampft und auch noch verdaut. Die Folgeprodukte die durch weiteren radioaktiven Zerfall entstehen sind aber z. T. recht heftige Gammastrahler, die an kurzer Kette direkt über der Schilddrüse getragen, zum Beerben einer reichen Frau führen können. Da gab es in den frühen 50ern mal einen tollen Krimi drüber, in dem ein Erbschleicher mehrere Frauen innerhalb von wenigen Jahren weggeblichen hat, jeder hatte er zur Hochzeit den hochradioaktiven Zirkon geschenkt. Auch wenn das extrem übertrieben ist, möglich wäre es schon.

Sowohl im „Ramdohr Strunz“ Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie 15 Auflage, als auch im „Betechtin“ Lehrbuch der speziellen Mineralogie wird bemerkt, dass größere Einzelkristalle extrem selten sind. Im „Hochleitner“ Kosmos Mineralienführer ist Thorit nicht erwähnt.
Auch im Register vom „Eppler“ Praktische Gemmologie wird er nicht aufgeführt.
Im Mineralienatlas(.de) sind nur Fotos von Micromountern zu finden.
Es müsste ganz überraschend ein neuer Fundort erschlossen worden sein, aus dem schleifwürdiges Material kommt.

Im übrigen darf Zirkon in Deutschland (Idar O.-stein) nur noch unter Einhaltung besonders strenger Sicherheitsvorkehrungen geschliffen werden. (Inhalation von Staub)
Da es sich um natürliche Stoffe handelt, unterliegen sie eigenartiger Weise ganz anderen Handelsbestimmungen als menschengemachte radioaktive Strahler.

Es gibt andere Minerale, die auch schön orange sind und in annehmbarer Größe vorkommen (Padparadscha -wesentlich härter, Krokoit etwas weicher, aber spez. Gewicht passt besser, Descloizit und Wulfenit, die aber kaum so groß vorkommen und wenig schleifwürdig sind.
In der Gemmologie für Laien tummeln sich die abenteuerlichsten Namen für ganz profane billige Edelsteine: Kupferkieselsmaragd, Böhmischer Rubin, Herkimer Diamant uva.
Ich will es jetzt aber nicht zu epischer Breite austrampeln.
Kurze Rechnung:
15 mm Durchmesser, optimaler Brilliantschliff, Volumen ca. 0,6cm³ spez Gewicht lockere 4,5 g/cm³. Gewicht also etwa 2,6g. davon sind max 15% Th., also knappe 0,4g. Wenn das im Schrank liegt und man das 2 bis 10 mal im Jahr trägt, liegt das im Bereich des noch Verträglichen. Wird kaum in einem Ring verarbeitet, da zu weich (Mohs 5)
Googel mal nach der Radionuklidkarte von Seelmann-Eggebert und der Zerfallsreihe von Thorium, ich traue Dir zu, dass Du rechnen kannst. Gehe davon aus, dass die Minerale im radioaktiven Gleichgewicht sind (10 HWZ).

Gruß von Olschi,

der jetzt mal im Netz genauer nach neuen Fundorten von Thorit suchen wird.
Wer hat Dir die Krümel angeboten?
Brauchst du ein Szintillometer, ich kann Dir eines leihen.

Oh! Hab Dank für die umfangreiche und schnelle Antwort! - Tja, in der bedeutendsten und größten Internet-Auktions-Plattform finden sich Verkäufer wie z.B. „freakingcat_gems“ oder „cleopatra_hu2008“ die solche Steine in geschliffener Form anbieten. Ich bin da ja wirklich nicht pingelig, aber allein das Schleifen dieses Materials dürfte nicht ganz in die Hobby-Werkstatt gehören.

Mich faszinieren alle strahlenden Stoffe aus einem ganz subtilen Gefühl heraus, weil der radioaktive Zerfall nach derzeitiger Lehrmeinung den objektiven Zufall repräsentiert: Es scheint prinzipiell unmöglich zu sein, vorauszusagen, wann ein Kern denn nun wohl platzt: In 10 Sekunden? In 1 Milliarde Jahren? Ein fesselnder Gedanke - für mich persönlich eben, schwer zu erklären. Insofern scheint mir Schrödingers Katze die geheimnisvollste aller dieser Wesen zu sein. Nun, wie auch immer…

Veilleicht kannst Du beurteilen, wie diese Angebote zu werten sind? Wenn Thorite allgemein nur in kleinen Formen auftreten, wo kommen dann diese schleifwürdigen Rohstücke her?

Vielen Dank nochmals und bis bald!

Hallo Gene…
Inzwischen war ich mal auf den von Dir angegebenen Seiten.
Ich kenne so was. Da tummeln sich hunderte Händler im Netz und preisen ihre Steine für spezielle Sammler - auch die sammeln gerne Geschliffenes und Facettiertes - an.
Dass der „Freakingcat“ sogar Hackmanit im Angebot hat ist schon toll.
Meist sind solche Steine in Hinterindien geschliffen, wo man es mit der Arbeitssicherheit nicht sonderlich genau nimmt und nur der Chef weiss, was da gerade verarbeitet wird. Orangefarbenen Thorit habe ich auf die Schnelle nicht gesehen.
Die Qualitat des Schliffes ist meist wesentlich schlechter als in Europa und Rückgaberecht wird grundsätzlich abgelehnt. Auch weisst Du nie, welche Schrödingerkatze im Sack Du da kaufst. Halbtot geht ja nun mal nicht.
Mein Ex-Chef war Nuklearchemiker im Kernforschungszentrum in Karlsruhe und hat Ende der 70er erzählt, dass man mit extrem starken Magnetfeldern die HWZ beeinflussen kann (fällt aber nur statistisch auf). Ich habe aber nie nach Lit. darüber gesucht.
Ich habe früher Uran gesucht, einige Jahre ein Geochemielabor für Uran und andere Spurenelemente geleitet, war Strahlenschutzbeauftragter für offene natürliche radioaktive Stoffe und habe -als die Company 1988 dichtmachte- Etliches an Kernstrahlungsmessgeräten gekauft. Einiges funktioniert heute noch.

Gute Nacht von Olschi