Lieber Nachtfalke 80,
zunächst zum Thema Alkohol bei der Tinkturenherstellung: Sie wird mit Alkohol angesetzt, weil dieser eine geringere Viskosität aufweist - also dünnflüssiger ist - als Wasser. Er dringt tiefer in die Zellwände der Pflanze ein und zieht auch die Inhaltsstoffe heraus, die nicht wasserlöslich sind. Außerdem dient Alkohol gleichzeitig als Konservierungsmittel, macht also die Tinktur jahrelang haltbar.
Auch wenn man keinen Alkohol zu sich nehmen will, ist das Problem doch wohl sehr klein. Tinkturen werden üblicherweise so eingenommen: 3x täglich ca. 20 Tropfen auf ein Glas Wasser. 20 Tropfen sind weit weniger als 1 ml. Gibt man diese Tropfen nun in ein Glas Wasser mit - sagen wir: 100ml, erreicht man eine Verdünnung des Alkohols um weit mehr als das 100-fache. Aus z.B. 45% werden dann weniger als 0,05%. Der Alkoholgehalt ist dann zwar noch labortechnisch messbar, aber nicht mehr spürbar. Wenn man dann noch diese 20 Tropfen in eine Tasse mit 100ml kochenden Wassers gibt und 10-15 min wartet, verfliegt auch der größte Teil des Alkohols - der Gehalt wäre dann in der Nähe der labortechnischen Nachweisgrenze.
Zur Herstellung einer Tinktur: dazu gehört auch, dass man nach der ca. 14-tägigen Ansetzzeit und dem Absieben der Flüssigkeit den verbliebenen Kräuterrückstand mit Hilfe einer speziellen Tinkturenpresse (hydraulische oder Spindelpresse) unter Druck von 400-500 bar (das sind mehrere Tonnen Druck!) auspresst und die dabei anfallende Flüssigkeit (mit den wertvollsten Inhaltsstoffen) der Tinktur hinzufügt. Hat man eine solche Presse nicht zur Verfügung (und das nehme ich mal an), erzielt man mit dem Ansatz lediglich einen „Angesetzten Schnaps“, den man dann mangels Konzentration auch nicht mehr tropfenweise, sondern „schnapsglasweise“ zu sich nehmen sollte. Damit wäre dann aber alles, was ich zuvor zur Reduzierung des Alkoholgehaltes einer Tinktur gesagt habe, hinfällig. Ich empfehle deshalb dringend,
fertige Tinkturen von Baldrian und Hopfen zu kaufen und diese dann zu vermischen.
Freundlich grüßt
Kräuter Schulte