Tipps fürs Vorstellungsgespräch

Hallo,

ich (27) habe nächste Woche ein Vorstellungsgespräch für eine Ausbildung als Stadtsekretäranwärter. Mir ist diese Chance sehr wichtig, da ich aufgrund eines abgebrochenen Studiums (Germanistik) noch keine Ausbildung habe. Die letzten 2 Jahre habe ich vollzeit gearbeitet (Verwaltung).
Nun bin ich etwas nervös, da ich keine rechte Vorstellung habe was bei dem Gespräch auf mich zukommt. Vielleicht weiß jemand ungefähr wie solch ein Gespräch abläuft, welche Fragen gestellt werden und wie ich am besten reagieren kann?
Für Hilfe wäre ich dankbar.

LG

Will

Hi wilkinson,

wat is ne Vorstellungsjespräch? Nu, da stelle mr uns ma jaanz blöd :wink: Ne Vorstellungsjespräch is ne jrosse schwarze Loch, da tut ma ne Bewerber rin und ein Job kömmt raus.

Oder etwas weniger pfeiffersch, pardon albern: Natürlich ist jedes Vorstellungsgespräch anders und je nach Firma bzw. zu besetzender Position sowie den beteiligten Menschen kann das sehr unterschiedlich sein. So als Beispiel: mein kürzestes war 2 min nach dem Handschlag zur Begrüssung zu Ende, ich war dem Herrn einfach unsympathisch (und nein, es ging um überhaupt nix schweinisches *fg*), das längste ging über 1 1/2 Tage. Im Normalfall reden wir aber von ein bis drei Stunden, das sollte Dir aber im Vorfeld mitgeteilt werden. Genauso wie Namen und Position der ebenfalls anwesenden Menschen. Falls nicht - unbedingt nachfragen. Denn das verschafft Dir schon den grossen Vorteil, dass Du nicht mit gespritzten Ohren lauschen musst, wenn sich ein nuschelnder Herr Vielleichtbaldscheffe vorstellt, sondern dass Du schon Bescheid weisst, dass das nur Herr Vielleichtbaldscheffe oder Herr Personalmichl sein können.

Sodele, wir gehen davon aus, dass Du in angemessener Kleidung erscheinst. Falls Du nicht sicher bist, was „angemessen“ ist, dann frag hier nochmal nach. Generell nur zwei Regeln

  1. lieber overdressed als underdressed
  2. Du musst in der Lage sein, längere Zeit in diesen Klamotten auszuharren ohne sofort zu ersticken oder Dich permanent zu kratzen

Du erscheinst natürlich pünktlich. 10 min vorher stehst Du unauffällig vor dem Gebäude rum, Auto ist sicher geparkt, die Haare gegebenenfalls nochmal gekämmt falls Du zu Verstrubbeln neigst (Damen würden auch nochmal nach ihrem Make-Up gucken, das fällt bei Dir wohl eher weg). 3-5 min vor dem Termin marschierst Du zum Empfang und bittest den netten Menschen Dich bei den Herren Vielleichtbaldscheffe und Personalmichl anzumelden. Dann wird man Dich entweder zum Besprechungszimmer geleiten, Dir den Weg beschreiben („gehn se schoma rauf“) oder Dich abholen.

Dann kommst Du in das Besprechungszimmer und wirst eventuell gefragt, ob und was Du trinken willst. Dass Du nicht nach nem Korn und Bier schreist ist klar, Mineralwasser oder Kaffe würde ich mir aber schon nehmen. Ist ganz nett, wenn man in „Denkpausen“ nen Schluck trinken kann.

Idealerweise erklärt Dir dann einer der anwesenden Menschen, wie der Zeitplan aussieht, also sowas wie „Zuerst erzähle ich (der Herr Personalmichel) Ihnen was über unseren ach-so-tollen Laden, dann gehen wir zum Vielleichtbaldscheffe mit dem führen Sie den fachlichen Teil, dann latschen wir nochmal durchs Haus“ oder so ähnlich. Die Reihenfolge kann variieren, sollte aber mehr oder weniger so stattfinden.

Sodele, die Vorstellung vom Unternehmen dient natürlich nicht dazu, dass sich der Herr Personalmichel toll findet und lange labert. Sondern das dient dazu, dass Du Dich erstmal in Ruhe hinsetzen und beruhigen kannst. Gleichzeitig ist’s hier natürlich überaus klug, wenn man im weiteren Verlauf des Gesprächs was kluges über den zukünftigen Arbeitgeber fragen kann. Vorher anhand der Internetseite informieren. Gut machen sich immer neue Produkte, Expansionspläne oder so - wie das bei Behörden ist ahne ich nicht :wink:

Je nachdem gehen der Herr Personalmichl und der Herr Vielleichtbaldscheffe Deinen Lebenslauf jeder für sich oder gemeinsam mit Dir durch. Auch hier gab es welche, die eine Geschichte zum Geburtsort wissen wollten und andere, die nichtmal der letzte Job interessiert hat. Du solltest aber zu allen Punkten eine Erklärung parat haben. Also warum Du vielleicht schon nach 5 Jahren (erst nach 15 Jahren) Dein Abi gemacht hast. Warum Du dieses oder jenes Praktikum gemacht hast, was Du dort relevantes gelernt hast. Warum Du Dein Studium abgebrochen hast. Klar, Erklärungen wie „Alles Deppen“ sind - selbst wenn’s wahr ist - tabu. Und in Deinem „greisen“ Alter wird man sicherlich auch eine gute Erklärung haben wollen, warum Du erst jetzt eine Ausbildung anfängst, ob Du glaubst mit 16- bis 18-jährigen Kollegen klarzukommen und warum Du die Sache diesmal zu Ende bringen wirst :wink:

Dann wird man wissen wollen, warum

  • Du Dich gerade bei ihnen bewirbst
  • es gerade dieser Job sein soll
  • sie gerade Dich einstellen sollten und nicht einen anderen

Und gerne hört man natürlich wenn Du in dem einen oder anderen relevanten Bereich schon Erfahrungen hast (was ja wohl bei Dir der Fall ist).

Dann noch ein wenig Gedöns über Stärken und Schwächen, vergangene Erfolge und Misserfolge und solches Zeug.

Wenn Du im Anschreiben interessante Hobbys angegeben hast, kann man auch darüber plaudern. Achtung: Bei Hobby „Lesen“ solltest Du erzählen können, was Du so zuletzt gelesen hast (und das sollte nach Möglichkeit nicht „das Fernsehprogramm“ sein *fg*). Wenn Du Dich mit irgendwelchen Fremdsprachenkenntnissen rühmst, wäre es nicht schlecht, darauf gefasst zu sein, dass es unter Umständen kurz- oder längerzeitig in dieser Sprache weitergeht :wink: Notfalls vorher nochmal üben…

Was, wenn nun was völlig anderes kommt als das was ich hier geschrieben habe und was Dir andere Leute und Internetseiten raten? Dann lehnste Dich zurück, nimmst einen tiefen Schluck aus dem Bierglas, pardon, der Kaffeetasse und denkst derweil nach. Meiner Erfahrung nach ist es bei „merkwürdigen“ Fragen ganz gut, wenn man ehrlich sagt, dass man kurz überlegen muss. Natürlich nicht auf Selbstverständlichkeiten aus dem Lebenslauf (Warum sind Sie in der siebten Klasse dreimal durchgefallen?), sondern auf eher ausgefallene Fragen. Die meisten wissen eh, dass diese Frage unüblich ist, und sind’s gewohnt, dass die Leute dann losstammeln. Darum isses da nicht dumm, sich erstmal nen Moment zu sammeln.

Wichtig aber auch beim Teil mit dem Herrn Vielleichtbaldscheffe: Du solltest ein paar Fragen zum Job selber (Aufgabenbereich, Verantwortung, Teamstruktur oder was auch immer) parat haben.

Achja, die Dinge, die Dich wirklich interessieren, nämlich Kohle, Urlaub, Gleitzeit, Wochenarbeitszeit spricht der routinierte Personaler von selber an. Du kannst Dich nur insofern darauf vorbereiten, dass Du eine konkrete und realistische Vorstellung vom Gehalt hast :wink: Je nachdem auch zwei Varianten „bei 35 Stundenwoche x Euro, bei 40 Stunden y Euro“.

Tja, und ansonsten halt: viel Erfolg, Du kriegst das schon hin!

*wink*

Petzi

Hallo,

ich (27) habe nächste Woche ein Vorstellungsgespräch für eine
Ausbildung als Stadtsekretäranwärter. Mir ist diese Chance
sehr wichtig, da ich aufgrund eines abgebrochenen Studiums
(Germanistik) noch keine Ausbildung habe. Die letzten 2 Jahre
habe ich vollzeit gearbeitet (Verwaltung).

Das hört sich nach Vorbereitungsdienst in der Stadtverwaltung an. Die Bezahlung ist ja dann geregelt.
Es kann passieren, dass dir mehrere Leute gegenüber sitzen, z.B. Personalmensch, Amtsleiter, Mitglied des Personalrates, … . Vielleicht werden Fragen zu der sog. Freiheitlich demokratischen Grundordnung gestellt, eher im allgemeinen gehalten, der Begriff wird sicher nicht abgefragt, aber wenn man das gut in seine Vorstellung einbetten kann, dann schadet das sicher nichts. http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitliche_demokrati… oder auch allgemein Fragen zum Beamtenstatus: Warum will jemand Beamter werden, obwohl das ja nicht gerade die angesehensten Leute sind? Wie will man mit den Anwärterbezügen überleben? Wie verhält man sich, wenn zurecht empörter Publikumsverkehr da ist? Was willst du in 10 Jahren erreicht haben?
Mach dich auf Fragen zum Studienabbruch gefasst.

Nicht viel, aber ein wenig,

Viel Glück
MK

Hallo zusammen,

vielen Dank für die Antworten. Zumindest hat es mir einen groben Eindruck vermittelt.
Ich bin allerdings immernoch besorgt was ich auf die Frage nach meinem abgebrochenen Studium und meines *hohen* Alters antworten soll.
Aber am besten wird wohl ein ich sag wie es ist…nebenbei gearbeitet…immer mehr gearbeitet und immer weniger studiert…

LG

der Will

Hi Will,

Ich bin allerdings immernoch besorgt was ich auf die Frage
nach meinem abgebrochenen Studium und meines *hohen* Alters
antworten soll.

Tja, das ist eine gute Frage und prinzipiell kannst Du natürlich zwei Extreme fahren

  1. die Wahrheit
  2. eine rührselige Geschichte

Ich für meinen Teil tendiere generell zu Variante 1), denn auch bei den perfektest ausgedachten rührseligen Geschichten kann es doch dumm gehen und aufkommen :wink: Ist jedoch die Wahrheit „alle doof - ausser ich“ sollte man an der Formulierung ein wenig feilen. So könnte das in Deinem Fall etwa so aussehen
Ich hab das Studium begonnen weil… Dabei war meine Hoffnung, am Ende als …-Beruf zu arbeiten. Leider hat sich herausgestellt, dass… Dummerweise habe ich die Entscheidung zum Abbruch des Studiums recht lange aufgeschoben, weil… Zudem kam noch, dass ich zunächst als Ferienjob bei… gearbeitet habe. Nun war es so, dass mir die Arbeit dort viel Freude bereitet hat und ich mehr und mehr gearbeitet habe, wodurch natürlich das Studium zu kurz kam. So habe ich mich entschlossen, das Studium abzubrechen und den Beruf des… von Grund auf zu lernen. Denn - wie gesagt - durch meinen Nebenjob habe ich schon viele Einblicke in den Beruf bekommen und glaube, dass ich dazu viel besser geeignet bin als für das … Studium.

Wichtig ist, dass das nicht einer stundenlangen Rechtfertigung endet, sondern dass Du immer wieder einfliessen lässt, dass Du für den Job dort prädestiniert bist und Dich einfach bei der Studienwahl geirrt hast :wink: Durch Deinen Nebenjob (der war ja in der gleichen Richtung wie die Ausbildung, wenn ich das recht verstehe) hast Du da beste Argumente. Du kannst sagen, dass Du den Alltag in dem „neuen“ Beruf schon ausgiebig getestet hast, dass Dir auch klar ist, was die Höhen und Tiefen in dem Beruf sind. Und dass Du auch sicher bist, dass Du genau das machen willst, denn „geschnuppert“ hast Du ja lange genug.

Vielleicht kannst Du es auch noch so darstellen, dass Dein „hohes Alter“ ein Bonus ist. Im Gegensatz zu Deinen Mitbewerbern bist Du ja um einiges reifer und hast auch Dinge wie Führerschein-machen und so schon hinter Dir :wink: Du solltest aber auch von Dir aus sagen, dass Du eben kein Problem hast, Dich als Lehrling „unterzuordnen“ bzw. einen Teil Deiner Zeit eben mit Leuten zu verbringen, die deutlich jünger sind als Du.

*wink* und viel Erfolg. Lässt uns dann wissen, wie’s Dir ergangen ist?

Petzi

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Hallo,

wollte nur mal Rückmeldung geben…also ich fand es war richtig schlecht. Wir saßen zu viert im Gespräch und es war mehr oder weniger ein 1 1/2 stündiger Test (Verwaltungsstruktur, Politik, Allgemeinwissen). Da ich darauf gar nicht vorbereitet war hatte ich ziemliches Blackout…obwohl ich mir eigentlich eine ganz gute Allgemeinbildung zuschreibe. Durch diese einstündige Fragerunde wurde ich immer nervöser im laufe des Gesprächs und hab später eigentlich nichts sinnvolles mehr von mir gegeben.
Ich kam mir bisschen vor wie bei *Popstars*…hatte schon nen gewissen Castingcharakter…

Naja…trotzdem vielen Dank für eure Ratschläge

LG

Will