Tochter von der Schule zurückgestellt

Hallo,

meine Tochter (6 Jahre) wurde heute bei der Schuluntersuchung zurückgestellt; wir haben damit gerechnet. Die Schulärztin meinte, ein heilpädagogischer Kindergarten bis nächstes Jahr wäre sehr förderlich. Das mag ja sein, aber nach 3 Jahren in einem Kindergarten wo sich meine Tochter wohlfühlt noch einen Wechsel zu vollziehen, kann das gut sein? Sie hat sich gut integriert, wenn wir sie nun da herausreissen, kann das auch einen zusätzlichen Rückschritt bedeuten oder was sagt Ihr dazu? Die Schulärztin meinte, der Druck in einem „normalen“ Kindergarten könnte für sie zu hoch sein, in einem heilpädagogischen Kindergarten wären mehrere „schwache“ Kinder und sie würde sich dann weniger unterlegen fühlen. Ich weiss nicht, was besser ist, habt Ihr Ratschläge?

LG
Michael

Hallo Michael,

ich les das eher zufällig und in aller Kürze:

Eine solche doch relativ wichtige Entscheidung würd ich weder der Schulärztin (die hat dein Kind nur einmal gesehen?) noch den Forensmitgliedern hier überlassen, sondern deinen Kinderarzt und die Erzieher mit zu Rate ziehen.

Fachliche Ratschläge kann man nun sowieso nicht geben, da du auch nichts über dein Kind geschrieben hast.

Ich hoffe mal, es kommen hier vielleicht Antworten von ebenfalls betroffenen Eltern, die das eine (KiGa Wechsel) oder das andere (kein Wechsel) gemacht haben und darüber berichten können. Alles Gute.

Gruß,
Christiane

Hallo Michael,

letzten Endes wird es - wie so oft - eine Abwägung zwischen verschiedenen Vor- und Nachteilen werden. Ich versuche mal eine solche - soweit das möglich ist, ohne deine Tochter zu kennen. Entscheiden werdet das ohnehin ihr als Eltern.

Natürlich ist sicher erst mal angenehm für deine Tochter, in einer vertrauten Einrichtung zu bleiben. Veränderungen sind immer etwas, was bewältigt werden will. Wäre deine Tochter 3 Jahre alt, hätte das in meiner Bewertung aber mehr Gewicht als für eine Sechsjährige.

Vermutlich werden ihre gleichaltrigen Freunde, mit denen sie die letzten Jahre verbracht hat, nun in die Schule wechseln. Das macht ihr vielleicht ein komisches Gefühl. Zudem fallen einige Vertraute ab dem nächsten Jahr weg.

Wenn sie bislang in der Vorschulgruppe war - was wahrscheinlich ist - wird das, was sie im nächsten Jahr erwartet, ihr teilweise bekannt sein. Auch individuelle Fördermöglichkeiten sollte man in einem Regelkindergarten nicht überschätzen. Sie haben dort deutliche Grenzen.

Je nach Art der Entwicklungsverzögerung wird sie möglicherweise die Erfahrung machen, dass sie auch von Jüngeren überrundet wird. Fürs Selbstbewusstsein ist das nicht unbedingt förderlich. Wie sie damit zurechtkommt, wird aber stark von ihrer Persönlichkeit abhängen.

Der Vorteil heilpädagogischer Einrichtungen ist gleichzeitig auch ihr Nachteil: Hier wird stark auf den Ausgleich von Defiziten geachtet. Auf der positiven Seite ermöglicht das häufig tatsächlich ein starkes Aufholen in verschiedenen Bereichen. Regelschulbesuch wird oft dadurch erst möglich.

Auf der negativen Seite ist der Blick auf die Kinder auch oft stark an deren Defiziten ausgerichtet. Man schaut stärker auf das, was die Kinder (noch) nicht können, als sich an ihren Stärken zu orientieren. Fairerweise muss man aber sagen, dass Regelkindergärten das leider auch oft so praktizieren.

Es wird auch - wenn es denn so sein sollte - eher ein Problem für euch als Eltern sein, denn die Kinder empfinden das in aller Regel nicht so.

Angst vor einer Stigmatisierung solltet ihr nicht grundsätzlich haben. Schaut euch stattdessen lieber die zur Auswahl stehenden Einrichtungen an, es gibt hier große Qualitätsunterschiede. Ich würde euch aber raten, nachzufragen, wie groß der Anteil an verhaltensauffälligen Kindern ist. Gerade mit einem Sensibelchen ist es unter Umständen nicht die beste Wahl, in eine Gruppe von Kindern mit starken Problemen im Sozialverhalten zu kommen. In diesem Fall würde ich persönlich den Regelkindergarten vorziehen.

Wenn ihr eurer Tochter Mut macht und mit eigener Freude auf den Wechsel in eine „neue Vorschule“ herangeht, wird sie diesen sicher auch gut bewältigen.

Vielleicht schaut ihr euch auch mal nach einer alternativen Schule um? Ich denke konkret an eine Montessori-Schule. Wenn Druck ein Problem für eure Tochter ist, könnte das ein Weg sein.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,
was ist denn der Grund für die Zurückstellung und kann das in dem Kindergarten in dem sie ist nicht gefördert werden?

Es gibt sicher Umstände, wo ein Kind unter „Gleichgesinnten“ gut aufgehoben ist, aber nicht immer. Wenn sie unter gleich „Schwachen“ ist, kann auch eine fehlende Motivation und ein Entwicklungsrückschritt erfolgen. Nicht umsonst gibt es Integration.

Viele Grüße

Hallo,

gewisse motorische Fähigkeiten sind nicht „gut“ genug ausgebildet. Der übliche Schularztbesuch halt. Momentan ist sie in einem ganz normalen Kindergarten, dort kann sie aber nicht individuell gefördert werden, da zu viele Kinder dort sind. Ich denke, ein Umfeld mit „Schwächeren“ könnte sie selbst als stark erscheinen lassen. Sie spielt übrigens gerne mit jüngeren Kindern.

LG
Michael

Ich danke Dir für Deinen weisen Beitrag!

LG
Michael

Die Antwort suche ich auch nicht in einem Forum. Ich suche lediglich andere Perspektiven um das Ganze besser zu begreifen.

LG
Michael

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Alternativen
Hallo Michael,

gewisse motorische Fähigkeiten sind nicht „gut“ genug ausgebildet.

Da fielen mir noch folgende Alternativen ein:

  1. Ein Waldkindergarten. Was dort an motorischem Geschick trainiert wird, ohne dass die Kinder das überhaupt merken, ist JEDER anderen Einrichtung um Längen voraus. Von vielen anderen positiven Entwicklungen gar nicht zu reden. Im Gegensatz zur derzeit leider weit verbreiteten „Bildungswut“, die in vielen Regelkindergärten in eine Art „Lerndressur“ ausartet, kriegen die Kinder dort ein weitaus nützlicheres Handwerkszeug fürs Schulleben mit. Möglicher Nachteil: Die meisten Waldkindergärten haben nur eine Halbtagsbetreuung.

Wenns den nicht gibt oder er nicht in Frage kommt, könnte ich mir

  1. vorstellen, sie in ihrem Kindergarten zu lassen und sie zusätzlich in einem Sportverein anzumelden. Auch gegen ihren Willen :smile:. Hier kommt nach meiner Erfahrung „der Appetit oft mit dem Essen“, denn gerade motorisch ungeschicket Kinder entwickeln schnell Vermeidungsstrategien. Spätestens in der Schule, wenn Sportunterricht der Leistungsbewertung unterliegt, entsteht da schnell ein unerschöpflicher Quell von Frust.

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jule,

wir werden erst einmal mit unserem Kinderarzt darüber reden. Mal sehen, was er eigentlich zu Ihrem Entwicklungsstand sagt. Vielleicht lassen wir sie an einer Kombination von Ergo- und Logopädie teilnehmen. Einen heilpädagogischen Kindergarten sehe ich nicht unbedingt als besonders hilfreich an.

LG
Michael

Hallo Michael,

die Einschätzung des Kinderarztes ist sicher sinnvoll. Das große „Aber“, das für mich persönlich gleichermaßen gegen eine heilpädagogische Einrichtung wie auch gegen Ergo-/ Logopädie spricht ist, dass deine Tochter erfährt, dass sie „behandlungsbedürftig“ ist.

Wenn sie das tatsächlich sein sollte - was ich von hier aus nicht beurteilen kann - muss man in den sauren Apfel beißen und sich an eine gezielte Förderung machen. Auch wenn das zunächst ihr Selbstwertgefühl eher mindern als steigern wird. Hier wäre aber zu hoffen, dass sich dieses Gefühl mit einer Steigerung der Fähigkeiten verändert.

Vielleicht ist eine „Behandlung“ aber auch nicht wirklich nötig. Ergo- und Logopädie sind in Mode, ihre Wirksamkeit wird allerdings stark überschätzt. Die Kinder werden in einem (meist stark) beschränkten zeitlichen Rahmen gefördert, die dort geübten Dinge fließen aber nicht in den Lebensalltag ein. Gleichzeitig erfährt das Kind dabei seinen „Sonderstatus“ als zu „Fördernde“.

In diesem Fall wäre ein Sportverein die nach meiner Überzeugung weitaus bessere Lösung. Das Kind kriegt Bewegung - und davon mehr als in jeder Therapiesitzung - und ist gleichzeitig eingebunden in einen sozialen Rahmen, innerhalb dessen es sich auch als Mitglied definieren kann.

Familiäre Bewegungsaktivitäten (Wandern, Radfahren, Inlinern, Reiten…) unterstützen das Ganze. Gemeinsam mit Spaß und Freude für Bewegung zu sorgen, wird die motorische Entwicklung eines Kindes um ein Vielfaches mehr fördern, als es jede ergotherapeutische Maßnahme auch nur im Ansatz vermöchte. Ganz nebenbei fördert das Leben im Verein und im aktiven Familienumfang die Kommunikation und damit die Sprache.

Was es für das Selbstbewusstsein eines Kindes bedeuten kann, sich „normal“ zu fühlen, ist unschwer auszurechnen.

Ich unterrichte an einer Schule, die Erzieherinnen ausbildet und kriege eine Menge an Einrichtungen und Fördermöglichkeiten mit. Dabei höre ich auch immer wieder die Rückmeldungen von Grundschulen, dass (in der Relation betrachtet) die Anzahl der ausgeglichenen und lernfreudigen Kinder, die vorher in Waldkindergärten waren, deutlich höher ist als die der Kinder aus anderen Kindergärten und sonstigen Vorschuleinrichtungen. Und das, obwohl es dort weder Lernprogramme noch sonstige „Fördermaßnahmen“ gibt.

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jule,

es gibt auch die Möglichkeit, meine Tochter innerhalb des jetzigen Kindergartens zu „integrieren“. Wenn das genehmigt wird (psychologisches Gutachten), dann kommt jede Woche ein Pädagoge, der 5 Stunden die Woche sie seperat im Kindergarten betreut. Ich fände diese Möglichkeit auch nicht ohne.
Sportverein ist ja schön und gut, aber sie hat starke Abneigung gegen viel Bewegung. Radfahren mag sie überhaupt nicht lernen, Ball spielen in keiner Form, nur Schlttschuhlaufen, aber das wäre ja ein Ansatz. Bald hat sie Geburtstag, da bekommt sie Inline-Skater, mal sehen.
Jedenfalls danke für Deine wertvollen Beiträge!

LG
Michael

Hallo Michael,

aber sie hat starke Abneigung gegen viel Bewegung.

Das habe ich befürchtet. Deswegen auch mein Rat, sie auch gegen ihren Willen in einen Verein zu bringen. Sie meidet, weil sie Defizite hat. Diese Defizite werden dadurch aber nicht kleiner. „Kleiner“ werden sie nur in ihrem (und eurem) Bewusstsein, weil Konfrontationssituationen ausbleiben.

Spätestens in der Schule wird euch und vor allem eure Tochter aber das ganze Elend mit Macht einholen. Ein wenig Ergo in geschütztem Rahmen werden daran nicht viel ändern. In der Schule wird sie erleben, dass sie geforderte Leistung nicht bringt und dass andere Kinder sie deswegen ausgrenzen werden.

Ein Vereinstraining härtet sie ein Stück weit ab. Und das ist VIEL wichtiger, um gut durch die Schulzeit zu kommen, als behutsame Förderung im stillen Kämmerlein des netten Pädagogen. Deswegen würde ich sie nicht vor die Entscheidung stellen, ob sie Sport machen will oder nicht, ich würde sie lediglich zwischen Alternativen (Turnen, Fußball, Ballett…) wählen lassen.

Vermutlich wirst du feststellen, wie viel Energie sie bereits jetzt aufbringen kann, um Situationen, die ihr unangenehm sind, zu vermeiden. Das wird sie perfektionieren, je häufiger sie damit durchkommt. Und er wird ihr das Leben nicht wirklich leichter machen.

Dass sie regelmäßig zum Training geht - trotz Gemaule - ist euer Elternjob. Ebenso wie eure Anwesenheit bei jeder Vereinsfeier, bei jedem Wettkampf und bei allem, was euch Gelegenheit gibt, ihr zu zeigen, dass ihr gut findet, was sie tut.

Bald hat sie Geburtstag, da bekommt sie Inline-Skater, mal sehen.

Idealerweise schenkst du dir und der Restfamilie auch welche :smile:.

Schöne Grüße,
Jule

Leider reicht das Budget für Inliner nur noch für meine Tochter:smile:

Inliner sind für mich nix, da bekomme ich Schmerzen in den Unterschenkeln. Eher Fahrradfahren, aber das will sie ja (noch) nicht. Sportverein, Pädagoge, wir lassen uns das durch den Kopf gehen.
Zwingen zum Sportverein…hm, muss ich nachdenken. Vielleicht Ballet oder Reiten, mal sehen.

LG
Michael

Hallo Jule,

ich bin der Überzeugung, dass es in keinster Weise förderlich ist, ein Kind in einen Sportverein zu zwingen, sondern im Gegenteil sogar kontraproduktiv - das ist imho die sicherste Art und Weise, einem Kind die Freude an Bewegung gründlich auszutreiben (das Gleiche gilt auch für das zwangsweise Erlernen von Instrumenten u.ä.).

Für sehr viel sinnvoller halte ich es, bei dem anzusetzen, was das Kind bereits gerne und von sich aus macht - insofern ist die Idee mit den Inlinern nicht schlecht.

Gruß

=^…^=

Hallo KamikazeKatze,

das ist imho die sicherste Art und Weise, einem Kind die Freude an Bewegung gründlich auszutreiben

Das deckt sich nicht mit meiner Erfahrung. Wie soll ein Kind beurteilen können, ob es etwas nicht tun will, wenn es das nie wirklich ausprobiert hat? In vielen Fällen steckt hinter einer rein affektiven Ablehnung nur die Angst, es nicht zu können oder etwas falsch zu machen.

Das Problem ist, dass sich solche Verhaltensmuster des Meidens und Ausweichens schnell verfestigen. Und je stärker Dinge vermieden werden, desto größer wird die innere Hemmschwelle, sich ihnen doch zu stellen. Meiden ist viel weniger anstrengend.

Es spielt keine Rolle, ob ein Kind mit 3 oder mit 7 Jahren Radfahren lernt, aber je größer die Zahl der umgebenden Freunde ist, die es bereits beherrschen, desto höher wird der Druck auf das Kind. Natürlich gibt es Kinder, die dann irgendwann der Ehrgeiz packt, es doch zu lernen. Zwingend tritt diese Entwicklung aber nicht ein.

Ich halte es für einen durchaus richtigen erzieherischen Ansatz, das Kind zur Bewegung mit Gleichaltrigen zu bringen. Die Art derselben kann es sich gerne selbst aussuchen - die Entscheidung, ganz darauf zu verzichten, zunächst nicht. Dazu muss es erst ausreichend Erfahrung gesammelt haben, um das beurteilen zu können.

Mir war z.B. wichtig, dass meine Kinder alle einem Verein angehörten, weil ich den sozialisierenden Effekt für überaus wertvoll halte. Sie konnten wählen, welchem sie beitreten wollten und hatten die Verpflichtung, 12 Monate regelmäßig dorthin zu gehen. Danach stand ihnen die Entscheidung frei, etwas anderes zu versuchen oder zu bleiben. Meine jüngste Tochter habe ich 4 Monate lang beinahe an den Haaren hinschleifen müssen. Sie fand alles doof, hatte Probleme, sich einzufügen und hätte sich viel lieber allein beschäftigt. Dann ließ der Widerstand allmählich nach - zunächst sicher eher aus Resignation, als aus Begeisterung.

Nach und nach fanden sich aber erste Kontakte und sie merkte, dass sie Fortschritte machte. Noch bevor das Jahr um war, hatte sie Feuer gefangen und blieb bis zum Beginn ihrer Berufsausbildung aktiv dabei. Freiwillig wäre das niemals passiert, dazu war sie viel zu bequem.

Mit dem Zeitpunkt des Schuleintritts wird ohnehin keiner mehr fragen, ob die Tochter des UP Lust auf Bewegung hat. Was ist dann die nächste Stufe? Befreiung vom Sportunterricht, weil es dem armen Kind nicht zuzumuten ist, sich gegen seinen Willen zu bewegen - und das auch noch leistungsorientiert? Ich kenne nicht wenige Schulkinder, bei denen das so ist. Da bleiben völlig gesunde Kinder per Attest dem Sportunterricht fern, weil ihre Psyche nicht verkraftet, dass kein Kind sie in der Mannschaft haben will.

Für sehr viel sinnvoller halte ich es, bei dem anzusetzen, was das Kind bereits gerne und von sich aus macht

Das ist ganz sicher eine prima Idee - wenn es denn etwas gibt, wofür das Kind sich auf Dauer begeistern lässt.

Schöne Grüße,
Jule

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