Todesspritze in den USA, warum so?

Hallo,

um nicht missverstanden zu werden: Ich bin grundsätzlich gegen die Todesstrafe. Aber da es sie trotzdem in vielen Ländern der Welt gibt, und wir aus den USA das meiste über diese Hinrichtungsart hören, folgende Frage:

Als ich unsere Katze im für Katzen hohen Alter von 18 Jahren einschläfern lassen musste, gab der Arzt ihr eine Spritze. Sie stand noch etwa eine halbe Minute still da, so wie vorher auch, während ich sie streichelte. Ich hatte keinerlei Eindruck, dass sie irgendwelche Schmerzen oder gar Qualen empfand. Dann kippte sie, immer noch still und schweigend, zur Seite, und nach einer weiteren halben Minute legte der Arzt ihr ein Stethoskop an und sagte, sie sei nun tot.

Die Amerikaner betreiben die Spritzen-Hinrichtung in drei Stufen. Wenn man die Begründung dafür liest, hört sich das an, als solle das dem Opfer Qualen ersparen und danach einen schnellen Tod herbeiführen. So ist das wohl auch gemeint. Aber, wie man hört, in letzter Zeit immer öfter, geht das oft schief. Die Leute quälen sich rum, im extremsten Fall hat es 45 Minuten gedauert, bis einer tot war.

Warum dieser Aufwand, wenn das angestrebte Ziel damit gar nicht erreicht wird, sondern oft sogar das Gegenteil? Wäre das von meinem Tierarzt benutzte Gift in höherer Dosierung nicht auch für Menschen einsetzbar?

Schmerzhafte Grüße
Carsten

Hi,

nun, eigentlich ist die Hinrichtung durch letale Injektion (die Todesspritze) so gedacht, das der Verurteilte quasi narkotisiert wird und dann medikamentös ein Herzstillstand herbeigeführt wird. Er bekommt zuerst ein Schlafmittel (= Narkose), dann ein Muskelrelaxans, dann ein Mittel, dass den Herzstillstand auslöst. Direkt einen Herzstillstand auszulösen wäre eine schmerzhafte Angelegenheit, und die Verfassung der USA verbietet die Zufügung von unnötigem Leid bei der Todesstrafe.

Nun kamen die Medikamente, die hierfür verwendet wurden, immer aus Europa, und Europa weigert sich, die Todesstrafe zu unterstützen. Jetzt gehen den USA die Medikamente aus, aber sie verzichten nicht auf die Todesspritze, auf die Todesstrafe an sich erst recht nicht. In ein oder zwei Bundesstaaten ist man wieder auf das Erschießungskommando umgestiegen. Aber die Todesspritze ist am beliebtesten, weil es die einzige Hinrichtungsart ist, bei der die Möglichkeit besteht, es schmerzfrei ablaufen zu lassen.
Nun fehlen aber die Medikamente dafür, und es wird experimentiert. Als erstes fehlte das Thiopental (in Europa ein ganz gängiges Narkotikum). Das wurde durch Pentobarbital (das vom UP genannte Mittel aus dem Köfferchen des Tierarztes) ersetzt, das schien auch gut funktioniert zu haben, aber jetzt liefert die dänische Firma nicht mehr, weil auch sie die Todesstrafe nicht mehr unterstützen will. Jetzt basteln die Bundesstaaten eigene Giftmischungen, die Ergebnisse kennen wir aus den Nachrichten. Amerikanische Hersteller wollen die funktionierenden Mischungen nicht produzieren oder sich gar an der Entwicklung neuer Medikamente beteiligen, weil es sich nicht rechnet. Pentobarbital aus den USA können sie nicht beziehen, weil der einzige Hersteller den Protesten nachgegeben hat.

Quellen:

http://www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de/nc/aktuelles/nachrichten/details/article/europa-keine-medikamente-fuer-giftinjektionen-in-den-usa.html?print=1

die Franzi

Hallo,

ich bin ebenfalls gegen die Todesstrafe und mir stellt sich auch die Frage, warum es so kompliziert ist. Ich könnte mir vorstellen, das man ein (starkes) Schlafmittel verabreicht und den Raum anschließend mit Kohlenmonoxid flutet. Fertig.

Gruß,
Steve

Moin auch,

der Punkt ist einfach, dass eine unnötig grausame oder schmerzvolle Hinrichtung illegal ist. Dummerweise lässt der Passus „unnötig grausam“ reichlich Platz für Interpretationen. Manche Bundesstaaten haben sich nur dafür entschieden, dass es am wenigsten grausam ist, wenn der Delinquent schnell das Bewusstsein verliert, dann wird die Atemmuskulatur gelähmt und zum Schluss der Herzmuskel zum Stillstand gebracht. Soweit die Theorie.

In der Praxis gbt es mehrere Probleme. Die „Medikamente“ werden über eine INfusion zugeführt, die aber kein Arzt legen darf, weil die ethischen Richtlinien der US-Ärzte eine Teilnahme an Hinrichtungen verbieten. Also machen das medizinische Laien mit entsprechend häufigen Problemen. Das Beruhigungsmittel wirkt schnell, aber nicht sehr lange. Tritt der Tod nicht fix ein, wacht der Delinquent wieder auf. Das MIttel zur Atemlähmung kam bisher aus Europa, aber die Europäer liefern nicht mehr, also wird jetzt alles mögliche andere Zeug benutzt…

Das MIttel, das der Katze verabreicht wurde ist für den Gebrauch am Menschen wahrscheinlich nicht zugelassen. Das klingt makaber, kann aber durchaus ein Grund sein.

Ralph

Hi,

das könnte an der folgenden Denkweise liegen:

Die „Schlimmsten der Schlimmsten“ hätten es verdient, ebenso schlimme Leiden zu erleben wie sie anderen zugefügt haben, argumentiert der New Yorker Rechtsprofessor Robert Blecker, der in den USA als Wortführer der Exekutionsbefürworter gilt. In seinem Buch The Death of Punishment bezeichnet Blecker das institutionalisierte Töten als einzigen Weg, „ausgleichende Gerechtigkeit“ herzustellen.

Es gibt erwiesenermaßen Tötungsmethoden die schmerzfrei und schnell sind. Die Frage ist ob das auch so gewollt ist. Wer die Todesstrafe will, der will offensichtlich Rache, selbst mit dem Risiko einen unschuldigen qualvoll hinrichten zu lassen.

Gruß
Grin