Dies ist nur als theoretische Gedankenuebung gedacht:
Ich hoerte vor einiger Zeit, dass in Liechtenstein gerne oesterreichische Juristen als Richter genommen werden. Liechtenstein hat angeblich oesterreichisches Recht und keine Uni. Liechtenstein soll aber auch noch die Todesstrafe im Strafgesetz vorgesehen haben, so hat man es mir jedenfalls erzaehlt. Was ist nun, wenn ein Oesterreicher als Richter in Liechtenstein jemanden zum Tode verurteilt? Ist er dann nach oesterreichischem Recht ein Moerder, zumindest als Beitragstaeter? Erwartet ihn in Oesterreich der Haftbefehl?
Franz slk
Zunächst einmal: ich weiß nicht, ob in Liechtenstein tatsächlich die Todesstrafe noch zulässig ist. Unterstellt, sie ist es:
Dann ist zunächst festzustellen, dass sich die „Tat“ grundsätzlich nach dem Ortsrecht bestimmt. Hiernach hätte sich der Richter nicht strafbar gemacht. Eine Bestrafung in Österreich wäre nur nach den folgenden Gesichtspunkten zulässig. Das österreichische Strafrecht müsste für diesen Fall eine Strafbarkeit für von Österreichern im Ausland begangene Delikte vorsehen. Dem ist jedoch nicht so; und es kann auch so nicht sein: diese Regelung im österreichischen StGB müsste dem internationalem Recht entsprechen. Hiernach darf eine Tat dem Grunde nach aber nicht im Heitmatland bestraft werden, wenn sie nach Ortsrecht der Tat straffrei ist. Ausnahme: international anerkannte Tatbestände. Beispiel: sollte in einem Land Mord zulässig sein, ist dies durch internationales Recht dennoch geächtet. einer bestrafung im Heimatland stünde dann nichts im Wege.
Danke fuer die Antwort. Ich habe leider das oesterreichische StGb nicht mit (bin in Ohio). Aber ich denke mich doch erinnern zu koennen, dass im allgemeinen Teil davon steht, dass auch Verbrechen, die eine Oesterreicher im Ausland begeht, in Oesterreich abgeurteilt werden kann und zwar dann, wenn die Tat um die es geht in Oesterreich ein Delikt darstellt. Bei Mord leuchtet das ein, aber bei anderen Delikten bin ich mir jetzt wieder nicht so sicher. Was ist wenn ich hier in den USA Nazigedankengut verbreite?
Es gibt im östereichischen StGB einen enumerativen Deliktskatalog, der bestimmte im Ausland verübte Straftaten auch in Österreich unter Strafe stellt. Dieser Katalog muss mit dem internationalen Recht abgestimmt sein, d.h. es dürfen nur solche Tatbestände unter Strafe gestellt werden, die „allgemein anerkannt sind“. Dass hierzu auch etwa die Verbreitung von Nazigedankengut gehört, kann ich mir - leider - nicht vorstellen. In den meisten Ländern der Welt steht dies nämlich nicht unter Strafe. Inhalt solcher Kataloge sind daher in der Regel Kapitalverbrechen und selbstverständlich solche, die die innere Sicherheit des Heimatlandes betreffen.
Das meine ich ja, im StGb steht so etwas, da faellt sicher auc Mord oder Beihilfe dazu. Die Frage ist, ob ich als Oesterreicher - bei uns ist die Todesstrafe verboten - in einem anderen Land mitwirken darf, jemanden anderen der Todesstrafe zuzufuehren. Dabei bleibt es sich als Beitrag doch gleich, ob ich das Todesurteil ausspreche (weil erlaubt im ausld. Gesetz) oder auf einen Verurteilten Steine werfe (auch erlaubt im ausld. Gesetz) bis er hin ist.
Das mit den Nazis sollte einmal international zur Sprache gebracht werden. Das ist wirklich eine Sauerei. Irgendwo hoert die freie Meinungsaeusserung auf.Nicht nur bei uns soll es so sein, sondern ueberall, dass man Nazipropaganda unter Strafrecht stellt.
mfg
Franz Kienesberger
Voraussetzung Ihrer letzten Ausführungen ist ja, dass die „Tat“ zunächst als Mord bzw. Totschlag zu qualifizieren wäre. Mord scheidet schon einmal wegen der hierzu erforderlichen besonderen Merkmale (insbesondere niedere Beweggründe) aus. Es käme also allenfalls Totschlag in Betracht. Sei es in unmittelbarer oder mittelbarer Täterschaft oder in Form der Anstiftung. Im dreistufigen Deliktsaufbau wäre sodann nach Rechtfertigungsgründen zu forschen. In diesem Zusammenhang wäre dann auch das Ortsrecht in der Weise zu diskutieren, inwieweit die dortige Straffreiheit berücksichtigungsfähig ist. Und an dieser Stelle wären eben die Gedanken aufzugreifen, die ich bereits zur Verfolgung von Auslandsstraftaten gemacht habe.
Und in diesem Zusammenhang ist eben darauf hinzuweisen, dass die ethisch-moralische Verantwortbarkeit der Verhängung der Todesstrafe zwar in den jeweiligen Ländern unterschiedlich mit unterschiedlichem Ergebnis behandelt wird, jedoch die dann gefundene Entscheidung im allgemeinen respektiert wird. Dies würde nämlich zu zwischenstaatlichen Problemen führen, da sich im Ergebnis ein Land politisch in die „inneren Angelegenheiten“ eines anderen Landes (zumindest indirekt) einmischen würde. Ein solches Verhalten ist aber eben gerade nur bei allgemein anerkannten Tatbeständen auf dieser Ebene konsensfähig. Die „Kritisierung“ der Zulässigkeit der Todesstrafe gehört in diesem Zusammenhang jedoch in der Regel nicht dazu.
Noch eine Ergänzung zu meinem letzten Beitrag:
Bedenken Sie bitte, dass neben der Gewaltenteilung auch die Unabhängigkeit der Justiz eines der tragenden Prinzipien aktueller Demokratiemodelle ist. Es bedarf insoweit bei verantwortungsvoller Gesetzgebung besonders hoher Anforderungen, hier in irgendeiner Form eingreifend zu wirken.
Meiner Meinung nach greift keiner der im oesterreichischen Gesetz angefuehrten „Entschuldigungsgruende“, da ja derjenige, der das Todesurteil verhaengt, als oesterreichischer Staatsbuerger auch dem oesterreichischen Gesetz unterworfen wird und das verbietet ihm eben einen Anderen zu toeten oder dazu beizutragen. Niedere Beweggruende als Bedingung zur Qualifikation einer Straftat als Mord gibt es im StGb nicht, es ist lediglich der Vorsatz bzw. der bedingte Vorsazt notwendig, einen anderen zu toeten. Totschlag waere es nur dann, wenn die Tat im Zustand einer allgemein verstaendlichen Gemuehtserregeung geschah, ein Zustand, den es bei Richtern eigentlich nicht geben sollte, ausser er verhaengt das Urteil ueber den Moerder seines Kindes (ich weiss schon, Befangenheit, war ja ironisch gemeint).
Dabei faellt mir ein, dass das von uns diskutierte Thema nicht bloss ein theoretisches ist, sondern auf rechtlicher und insbesondere moralischer Ebene doch Bedeutung hat. So ist einerseits danach zu fragen (wie wir es gerade tun), wie sich ein Oesterreicher im Ausland verhalten darf oder soll, wenn er Gefahr laeuft, oesterreichisches Strafgesetz zu brechen (denken Sie nur an die vielen Oesterreicher die fuer Firmen in den wildesten Laendern arbeiten oder an einen oesterreichischen Arzt, der in Afrika die Beschneidung an einer jungen Frau vornimmt). Andererseits aber auch inwieweit sich ein Oesterreicher im Ausland den gastlaendischen Sitten anpassen darf (soll), wenn diese der allgemeinen oesterreichischen Moral widersprechen. Zu beiden Fragekomplexen fallen mir auch die europaeischen Sextouristen in Thailand oder so ein, die kleine Maedchen oder Knaben vernaschen ohne von obigen Fragen ueberhaupt beruehrt zu werden.
Auch ein Nachtrag:
Entschuldigung gibt es keine auch deshab, weil ja der Richter weiss, dass er als Oesterreicher nicht einen anderen toeten darf (Wissenskomponente) und auch nicht dazu gezwungen ist es zu tun oder dazu beizutragen (Wollenskomponente), er braucht einfach kein oder ein milderes Urteil faellen oder er kann/muss den Job aufgeben. Der Erhalt der Erwerbstaetigkeit kann ja kein Entschuldigungsgrund etc. fuer das Toeten eines Menschen sein. Was glauben Sie, wieviele Kollegen ich schon erschiessen wollte und es dennoch unterliess (ich habe auch keine Pistole, das erschwert es noch dazu).