Tötung?oder palliative Versorgung?

Hallo, 
ich bin mir nicht sicher ob dieses das richtige Forum ist,aber ich würde Euch gerne um Eure Meinung bitten.
Mein Opa hat in den letzten Jahren enorm abgebaut,rein körperlich und hatte nur noch wenig Lebensqualität. Er hat sich oft gewünscht einfach"einzuschlafen".Nun wurde im Januar eine Krebserkrankung festgestellt und er wurde in einem wesentlich schlechteren Allgemeinzustand aus dem Krankenhaus entlassen und wurde zu Hause von der Familie versorgt. Kopfmässig war er aber immer klar .In einer Nacht war er recht durcheinander  und hat daraufhin von seinem Hausarzt Morphium bekommen , daraufhin hat er stundenlang geschlafen und wurde in der Aufwachphase sehr unruhig ,daraufhin hat jemand vom Pflegedienst ihm wieder Morphium gegeben und so ging es dann ein paar Tage. Er hat in dieser Zeit nicht gegessen oder getrunken und jedesmal wenn er unruhig wurde hat er irgendwas bekommen , Schmerzen hat er immer verneint. Oft hat er meinen Namen gerufen , wie ein Hilferuf . Eine Woche später ist er gestorben.
Mein Gefühl sagt mir, dass es nicht richtig gelaufen ist , natürlich wollte er nicht mehr leben , aber letztendlich ist er nicht von alleine gestorben , wir haben ihm die Möglichkeit genommen.Letztendlich ist er wohl verhungert/verdurstet ,weil wir ihn immer schlafend gespritzt haben.Ich gönne ihm seine Ruhe,aber hätte es mir anders gewünscht.

es geht mir hier nicht um eine rechtliche Sache ,sondern nur um eure persönliche Meinung.

Zum Thema ‚falsche Versorgung‘
Hallo Lotte,

man muss hier zwischen zwei Sachen unterscheiden, nämlich zwischen palliativer und falscher Versorgung.

Auf eine falsche Versorgung (es kommt häufig aufgrund einer Fehlinterpretation der Symptome vor) lässt mich diese Passage deines Postings schließen:

Er hat in dieser Zeit nicht gegessen oder
getrunken und jedesmal wenn er unruhig wurde hat er irgendwas
bekommen

Nahtlos schließt sich bei mir gedanklich „bis auf Wasser“ an… Ich weiß nicht, wie und in welcher Form dein Opa versorgt wurde, aber häufig wird bei betagten Menschen ein Flüssigkeitsmangel übersehen. Alte Menschen dehydrieren recht schnell (auch weil das Durstgefühl nachlässt), was zu einem Delir führen kann.

Achten Ärzte und Pflegekräfte nicht auf die Flüssigkeitszufuhr bzw. halten sich nicht an die Pflegestandards zur Dehydrationsprophylaxe, wird ein alter Mensch schon mal mit Psychopharmaka vollgestopft, obwohl es - im übertragenen Sinne - auch ein Glas Wasser getan hätte…

Grüße
EP
mit einigen Jahren Berufserfahrung in der Geriatrie

Hallo Lotte.
Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Vorgangsweise bei sterbenden Menschen die Regel ist. Ich habe es auch so empfunden wie du. Ein Familienmitglied lag fünf Tage lang im Sterben und ich saß fünf Tage lang daneben. Der Arzt klärte mich darüber auf, dass der Sterbeprozess beginnt, wenn der Mensch aufhört, zu essen und zu trinken. Dann kann es eine Stunde dauern oder auch mehr als eine Woche, bis er diese Welt verlässt. In dieser Zeit werden normalerweise Flaschen angehängt, um die Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten. Auch die Morphium-Geschichte kenne ich. Aber zumindest konnte dein Opa ohne Schmerzen von euch gehen. Ich persönlich war nach dem Tod des Familienmitglieds rückblickend sehr dankbar, dass es Morphium gibt. Es hat dessen Tod erleichtert. Bitte quäle dich nicht zu sehr damit, dein Opa hatte ein langes Leben und hätte sich bestimmt einen schmerzlosen Tod gewünscht. Alles Liebe.

Ja das könnte tatsächlich sein , mich beschäftigt das sehr , denn auch wenn er nicht mehr leben wollte , sollte niemand den Zeitpunkt seines Todes bestimmen außer er selber bzw. sein Körper .ich will auch gar niemanden die Schuld geben , bin selber mitverantwortlich :frowning:

Ich gönne es ihm auch ,aber vielleicht sollte es noch garnicht sein und wir haben quasi manipuliert…der Sterbeprozess hatte nicht eindeutig eingesetzt,er war nur durcheinander .Am Abend vorher habe ich ihn noch zum Abendbrot rausgesetzt.

Hallo,

Angehörige haben oft das Bedürfnis, ihren Lieben in der Sterbebegleitung Essen zu geben. Man tut demnjenigen quasi etwas Gutes; das ist tief in uns verwurzelt.
Sterbende haben in der Regel keinen Hunger.

Es bliebe zu klären, ob dein Opa in der Sterbephase war, als er verwirrt war, und ihm das Sterben durch das Morphin erleichtert wurde, oder ob er „einfach nur“ verwirrt war und man ihm Morphin gab, was dann über Umwege zu seinem Ableben führte.
Das lässt sich im Nachhinein vermutlich nicht abschließend sagen; erst recht nicht in einem Forum ohne Kenntnis deines Großvaters und seiner Geschichte.

Sein Wunsch war es - wie du sagtest - einfach einzuschlafen. Nach einigen Tagen war es das, was mit ihm passierte. Ohne Schmerzen, vermutlich ohne Angst (auch das bewirkt Morphin) und im Kreise seiner Angehörigen, ohne allzu lang an seinem Krebs zu leiden und das sogar bei klarem Verstand bis kurz vor seinem Ende.
Das erscheint mir - beträfe es mich - wesentlich angenehmer als nach langem Siechtum am Krebs (je nachdem, was es war) zu sterben.

Ich würde dir empfehlen, zu versuchen, deinen Frieden mit der Sache zu schließen.

Alles Gute
Liete

Deine Vorstellung eines „natürlichen Todes“ würde aber auch heißen: ein Tod, der noch schmerzhafter ist, als er so oder so schon ist. Oder auch ein Tod nach „langem, schweren Leiden“, wie man oft auf Verabschiedungsanzeigen lesen kann. Eine natürliche Geburt ist ja auch die schmerzhafteste Form der Geburt. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch von Natur aus Schmerzen verhindern möchte. Vielleicht hätte dein dir nahestehender Opa noch ein Monat gelebt - vielleicht - aber er hätte diesen Monat mit Schmerzen auf dieser Welt verbracht. Schmerzpatienten sagen es immer wieder: Ein Leben mit Schmerzen ist kein Leben mehr. Viele Krebspatienten mit Schmerzen wünschen sich nur eines. Endlich einzuschlafen. Du hast mein Mitgefühl in dieser schweren Zeit des Abschieds.

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Hallo,

hatte dein Opa eine Patientenverfügung? Hat er sich mündlich gegenüber dem behandelnden Arzt ggf. eindeutig verklärt? Der von Dir wiedergegebene Satz, dass er „einfach nur einschlafen wollte“, lässt dies zumindest nicht unwahrscheinlich erscheinen.

Dann wäre hier doch der Wille deines Opas umgesetzt worden.

Leider haben viele Menschen - auch Ärzte - einen enormen Meidungskonflikt dieses Thema offen und direkt anzusprechen. Und dies kann dann durchaus auch zu Fehlinterpretationen oder Situationen führen, in denen Angehörige - ggf. sogar zu Recht - meinen, hier sei mehr als zulässige Sterbehilfe geleistet worden.

Auf der anderen Seite muss man sich aber natürlich auch die konkrete Situation vorstellen, einem hier sogar bereits z.B. aufgrund einer Hirnmetastase verwirrtem Menschen klar machen zu müssen, dass man nun die (vermutlich) gewünschte finale Sedierung einleiten wird, aus der es dann kein Erwachen mehr gibt.

Ein Arzt kann recht genau einschätzen, wann dafür der richtige Zeitpunkt ist, um unnötiges Leiden zu vermeiden. Offiziell müsste er dieses Wissen mit dem Patienten (und ggf. von ihm in Gesundheitsfragen Bevollmächtigten) teilen, und dürfte nicht alleine entscheiden, dann die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten. Ob es nicht gnädiger ist, den Patienten damit nicht mehr zu belasten (und ob es überhaupt dann noch machbar ist) steht auf einem anderen Blatt. Zumindest müssten aber ggf. Bevollmächtigte dann in diesem Fall einbezogen werden (wenn es sie denn gibt).

Und BTW: Mach Dir bitte wegen Nahrung und Flüssigkeitszufuhr nicht zu viel Gedanken. Viele Menschen schließen genau diese Dinge bewusst in ihren Patientenverfügungen aus, um dadurch einen ohnehin nicht mehr abwendbaren Sterbeprozess zu beschleunigen. Und in der Tat - wie schon beschrieben - ist in so einer Phase normalerweise kein Hunger mehr da, und führt Nahrungsaufnahme oft sogar zu zusätzlichen Belastungen wie Übelkeit und Erbrechen.

Beim Durstgefühl streiten sich zwar die Gelehrten, aber es ist natürlich auf jeden Fall etwas daran, dass alte Menschen ein deutlich reduziertes Durstgefühl haben, und daher oft „gezwungen“ werden müssen ausreichend zu trinken. Das hat dann einen Sinn, wenn jemand ansonsten noch gut dabei ist, um einen klaren Kopf zu bewahren. In der Sterbephase fällt aber genau dieser Sinn weg.

Gruß vom Wiz

Hi!

Ja, der Tod, der darf nicht sein.
Und wenn er dann doch kommt, dann war bestimmt etwas falsch daran,
denn eigentlich hätte er noch gar nicht sein sollen.

Unter welchen Umständen wärst du denn bereit gewesen, den Tod zu akzeptieren?

Geht es wirklich um drei Tage mehr von einem Leben, dass du bereits als vermindert lebenswert beschrieben hattest, als der Krebs noch gar nicht da war?

Vergib dem Tod und vergib dir selbst. Er liegt nun einmal nicht unserer Hand.

Ich glaube, dein Großvater hatte eine der angenehmeren Arten zu sterben.

Alles Gute
wünscht
Fo

Ich find Tötung eigentlich netter

  • aber wer soll’s machen?
  • aber wer soll’s machen?

Optimalerweise: man selbst.
Alternativ (so man selbst nicht mehr in der Lage dazu ist): Vertraute, die den Arsch in der Hose haben, das durchzuziehen.

Gruß
T.