Toi Toi Toi und Aberglaube

In dem Beitrag zu „Dämon / Daemon“ stand:

Wichtig dabei ist es, Glaube und Aberglaube zu differenzieren.
Dass es Dämonen gibt, ist eine Sache des Glaubens, damit
werden sich auch unsere nicht-christlichen Freunde abfinden
können. Dass Dämonen aber dadurch, dass man das Wort
wertneutral in einem technischen Umfeld verwendet, Macht über
uns gewinnen, ist nicht nur Aberglaube, sondern widerspricht
auch dem biblischen Zeugniss.

Ich halte das für einen höchst bemerkswerten Einwand! Viele Dank dafür.

Es gibt auch Christen, die beispielweise schockiert reagieren, wenn jemand „toi toi toi“ sagt, denn, so sagen sie, dies kein gutes Glück wünschen, sondern sei eine Abwandlung des Fluchs „In drei Teufels Namen!“

Selbst wenn es ethymologisch so ist, manifestiert sich nicht auch hier der Aberglaube? Oder ist das modernes Christentum?

Sagt man nicht auch „Hals und Beinbruch!“ im Sinne des Aberglaubens, damit eben jenes zu vermeiden?

Wenn jemand „toi toi toi“ sagt, und somit Glück wünscht, ruft er dann - auch unwillentlich - den Teufel an?

Wie gläubig muss jemand sein, um das zu glauben? Was ist überhauopt die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube?

Andi

Was ist überhauopt die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube?

Gibt es da eine Grenze? Ist nicht auch Aberglaube eine Art Glaube? Denn auch dabei glaubt jemand, dass das, was er tut oder sagt, eine bestimmte Wirkung hat. Oder meinst du mit Glaube christliche Religion und den Glauben an den christlichen Gott? Dann ist Aberglaube jede Art von Glauben, z. B. an Amulette o. Ä., der davon abweicht. Zum Teil werden sogar andere Religionen als Aberglaube abgetan.

Gruß, die Elbin

Hi,

Selbst wenn es ethymologisch so ist, manifestiert sich nicht
auch hier der Aberglaube? Oder ist das modernes Christentum?

Sagt man nicht auch „Hals und Beinbruch!“ im Sinne des
Aberglaubens, damit eben jenes zu vermeiden?

Wenn jemand „toi toi toi“ sagt, und somit Glück wünscht, ruft
er dann - auch unwillentlich - den Teufel an?

Wie gläubig muss jemand sein, um das zu glauben? Was ist
überhauopt die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube?

ich stimme Dir teilweise zu.
In einigen christlichen Kreisen eher „fundamentalistischerer“ Prägung beobachte ich immer wieder eine geradezu panische Angst, mit irgendwelchen Dingen in Kontakt zu kommen, die vermeintlich „dämonischen“, „okkulten“ oder sonstwie mysteriösen Ursprungs sind, und sei es nur eine Redewendung.
Gerade diese Christen zeichnen sich allerdings oft dadurch aus, dass sie mitleidig auf die „armen Heiden in Naturvölkern“ herabschauen, die in ständiger Angst vor Naturgeistern etc. leben. Letztlich geht es ihnen aber genauso.

Grüße,

Hasta Lavista

PS: Wobei das Beispiel mit Hals- und Beinbruch etwas deplaziert ist, da es sich etymologisch um eine Verballhornung eines jiddischen Segenswunsches handelt. (Nagel mich nicht fest, aber auf jiddisch klingt es ungefähr „hazloche und broche“ oder so, und bedeutet soviel ich weiß: Glück und Segen - Jiddischkenner bitte nicht lachen ob der sicherlich falschen Schreibweise).

Hi Andi,

Wie gläubig muss jemand sein, um das zu glauben? Was ist
überhauopt die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube?

Ist meines Erachtens ganz einfach. Aberglaube ist jeweils das,
was jemand entweder nicht mit seinem Weltbild vereinbaren kann
oder will (beispielsweise ein „rational“ denkender
Wissenschaftler der nicht an übernatürliche Phänomene glaubt).
Womit natürlich nicht notwendigerweise gesagt ist, welches
Weltbild nun der Wahrheit entspricht…

Das ist so ähnlich wie der unterschied zwischen der alltäglichen
Bezeichnung als „normal“ oder „verrückt“, würde ich sagen. Was
als verrückt, normal, Glaube oder Aberglaube angesehen wird,
hängt vom eigenen Weltbild sowie von der Gesellschaft ab in der
man lebt.

Schönen Tag noch,

Stephan

Hallo Andreas

Ich habe die Bemerkung geschrieben und als ich sie schrieb, war mir bewusst, dass die Grenze zwischen Aberglaube und Glaube in der Tat fliessend ist und es genügend Teilnehmer in diesem Brett gibt, die behaupten, mein Glaube an die Auferstehung oder an die Macht des Gebets sei Aberglaube.

Ich denke, allgemein und „von aussen“ lässt sich der Unterschied zwischen den beiden Begriffen nicht definieren, wohl aber von „innen“.

Nehemn wir als Beispiel das Christentum und „toi, toi, toi“ bzw. die Macht des Gebets. Dass Gebet wirkt und Folgen hat, ist im Rahmen der christlichen Fundamente und der Bibel bezeugt und von Gott zugesagt. Der Glaube daran ist also Teil des Christentums. Das „toi, toi, toi“ hat ihren Ursprung dagegen in dem alten Glauben der Germanen (und anderer Völker, wie heutzutage auch gerade in den asiatischen Religionen vertreten), dass das Aussprechen einer bestimmten Wortkombination (z.B. Zaubersprüche) festgelegte Wirkung hat bzw. dass das Nennen von „echten“ Namen Macht verleiht bzw. jemanden unter die Macht stellt. Dies ist in dieser Form aber in der Bibel nicht bezeugt und damit von der Sicht des Christentums gesehen Aberglaube.

Natürlich ist das alles noch etwas komplizierter als ich hier skiziere, denn auch in der Bibel wird ausgesagt, dass z.B. der Namen Jesu die Macht hatte, Wunder hervorzubringen. Aber es wird dort auch klar gesagt, dass nicht das Aussprechen der Worte, sondern der Glaube an Jesus die Ursache der Macht war.

Für mich heisst das, dass nicht die Worte, sondern der innere Glaube der entscheidende Faktor ist. Spreche ich Dinge wie „toi, toi, toi“ gedankenlos und ohne Absichten, dann sind es Worte - Schall und Rauch.

Glaube ich dagegen, dass solche Worte bei mir Wirkung haben, dann können diese auch Wirkung hervorrufen - können deshalb, weil neben meinem Willen auch noch der Wille Gottes eine Rolle spielt.

Gruss
Thomas

der rechte Umgang mit Dämonen
Hi Andy

es wird über nicht so soviel Aberglaube verbreitet wie über die Frage, was Aberglaube eigentlich sei :smile:

Das „aber“ ist eine andere Form von „über“. Und mit _Über_glaube wurde das lat. superstitio übersetzt. Damit waren Glaubensinhalte und Handlungsweisen gemeint, die zum Christentum Bekehrte aus ihren früheren religiösen Vorstellungen herübergerettet hatten, deren Sinn sie aber nicht mehr verstanden. Dieser Über(gebliebene)Glaube war dann oft mit den Glaubensinhalten der neuen Hauptreligion nicht mehr so ganz vereinbar und wurde daher als „Beiglaube“ behandelt - in dieser Bedeutung wird heute das Wort „Aberglaube“ verwendet.

Der Witz an dieser Sache ist, daß gerade in der christlichen rituellen Zeremonie, Mythologie und Dämonologie (dies beides als Sammlung von Mythen und Dämonenvorstellungen verstanden - nicht als gleichnamige Wissenschaften), nur ganz wenig zu finden ist, das man als originär christlich (oder auch jüdisch) identifizieren könnte. Fast alles rein Kultische ist aus denjenigen Kulten entnommen (in verwandelter Form natürlich), denen sich das Christentum (meist gewaltsam) überlagerte.

Man braucht sich nur mal genau die Fassage eine franz. Kathedrale anzuschauen, um das zu erkennen. Z.B. die „Teufel“, die der Welt den nackten Arsch entgegenstrecken…

Das hier und im vorigen diesbezüglichen Thread Angesprochene bezieht sich auf Dämonenvorstellungen und auf den Umgang mit ihnen.

Sofern im Christentum Dämonen angenommen werden (und das hat mit Fundamentalismus nicht die Bohne zu tun - es ist rein religionshistorisch zu erklären), wird mit ihnen natürlich auch „angemessen“ umgegangen. Es gehört zu den Grundregeln des Umgangs mit solchen „Gestalten“ in allen Völkern und Religionen, daß es zwei grundverschiedene Techniken der Bewältigung oder Abwehr von schädlichen Dmämonen gibt:

Das ist

  1. die Spiegelungs- oder Analog-Magie
  • hier tut man dasselbe wie der Dämon und verjagt ihn dadurch
  1. die Komplementär- oder Kontrast-Magie
    . hier tut man das Gegenteil wie der Dämon und verjagt ihn dadurch

Beides erfordert - so die magischen Vorstellungen - enmtsprechende psychische Fähigkeiten dessen, der die Praktiken ausführt.

Vieles von solchen Techniken ist nun eben auch in den nichtreligiös verstandenen Alltag übergegangen.
Ein Beispiel davon ist das erwähnte „toi toi toi“:
Es ist eine Literarisierung einer eigentlich lautlichen Geste (so was wie „hm“ oder „pah“ oder „tz tz tz“), in diesem Fall des Spuckens : Das „dreimal über die Schulter Spucken“ ist eine Technim der Dämonenabwehr. Der „Bespuckte“ wird damit immunisiert.

Der oder das so Geschützte kann auch eine Situation sein, nicht nur eine Person. Daher hat es sich besonders im Theater erhalten. Aus der Theatersprache kommt nämlich auch das Wort „toi toi toi“. Die Schauspielerei ist übrigens voll von sochen Überresten der Dämonenabwehr: So darf man z.B. hinter den Kulissen nicht flöten und strneg verboten ist es, private Kleidungssstücke oder Gegenstände auf der Bühne als Requisite zu verwenden … :smile:

„Hals- und Beinbruch“ ist ein typischer Spruch der Analog-Magie: Man „wünscht“ paradoxerweise das, was die schadenwollenden Dämonen tun wollen und verhindert deren Tätigkeit damit.

Grüße

Metapher